Psychiatr Prax 2001; 28(5): 226-229
DOI: 10.1055/s-2001-15575
ORIGINALARBEIT
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zahl der Einweisungen nach PsychKG in 10 Jahren verdoppelt

Number of Hospitalisations According to German „PsychKG” Legislation has Doubled in 10 YearsKirstin  Inga Darsow-Schütte, Peter Müller
  • Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Göttingen
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Zusammenfassung

Ziel: In einer überschaubaren und gut versorgten Region soll die Häufigkeit von unfreiwilligen Einweisungen nach PsychKG über ein Jahrzehnt untersucht werden. Methodik: Im südniedersächsischen Einzugsbereich von Landeskrankenhaus und Universitätsklinik Göttingen wurde in 2-Jahres-Schritten von 1988 bis 1998 eine Vollerhebung von „Zwangseinweisungen” anhand der Ordnungsamtsunterlagen durchgeführt. Ergebnisse: Die Einweisungszahlen haben sich in diesem Jahrzehnt verdoppelt, trotz gleicher Bevölkerungsdichte und guter und in diesem Zeitraum noch ausgebauter ambulanter Versorgungsstruktur. Es fand sich bei fehlenden anderen Korrelationen ein Zusammenhang mit den in diesem Zeitraum verdoppelten Aufnahmezahlen beider Kliniken, insbesondere im Landeskrankenhaus, so dass die Einweisungsquoten im Großen und Ganzen konstant blieben. Schlussfolgerung: Ähnlich wie in anderen Regionen stieg in Göttingen die Zahl der unfreiwilligen Einweisungen erheblich an. Die Entwicklung zu immer kürzeren stationären Behandlungen mit gehäuften Wiederaufnahmen scheint keine grundlegende Veränderung des Krankheitsverlaufs und insbesondere zukünftiger krisenhafter Zuspitzungen mit sich zu bringen. Möglicherweise treten bei an sich zu erwartender Verminderung dieser Einweisungen gegenläufige Effekte im Arztverhalten hinzu.

Number of Hospitalisations According to German „PsychKG” Legislation has Doubled in 10 Years

Aim: to examine the frequency of involuntary hospitalisation according to PsychKG (german law concerning psychiatric practice) in a comprehensive region with good overall medical/psychiatric services, over the course of a decade. Method: All cases of compulsory admission into Psychiatric Clinics within the greater Göttingen area (Central Germany) were evaluated every two years between 1988 and 1998. Results: The number of involuntarily hospitalised patients doubled within the ten years of evaluation although the density of population remained stable and the already good quality out-patient treatment experienced further improvement. However, the total number of in-patients also doubled during this time, so that the proportion between compulsory admission and voluntary hospitalisation remained the same. Conclusion: Similar to other regions, the increase in compulsory admissions is considerable. The development towards shorter treatments and an increasing frequency of re-hospitalisation seem to have no significant influence on the courses of disease or on future pathological crises of the patients in question. It is possible that the expected lack of a decreasing rate of compulsory admission is partly caused by behaviour on the part of the physician.

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Dr. med. Kirstin Inga Darsow-Schütte

Am Lindenberg 21

28759 Bremen

Prof. Dr. med. Peter Müller

Psychiatrische Universitätsklinik

Von-Siebold-Sraße 5

37075 Göttingen

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