Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(12): 352
DOI: 10.1055/s-2001-12098
Leserbriefe
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Bedeutung des Knochen-Isoenzyms der alkalischen Phosphatase

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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Labordiagnostische Parameter des Knochenstoffwechsels, die als Indikatoren dynamische Stoffwechselprozesse des gesamten Skelettsystems im Verlauf und therapiebegleitend besser dokumentieren können als bildgebende Verfahren, gewinnen aufgrund der veränderten Altersstruktur der Bevölkerung und den damit verbundenen Erkrankungen des Bewegungsapparates an Bedeutung. Zu diesen Parametern gehören zweifellos als Knochenformationsmarker die knochenspezifische Alkalische Phosphatase (bone AP; BAP) im Serum und als Knochenresorptionsmarker die Deoxypyridinoline im Urin, die beide als Ergänzung klinischer und bildgebender, ggf. auch histomorphologischer Verfahren als Osteoblasten- bzw. Osteoklastenmarker ihren Wert in der Osteologie gefunden haben. Durch ihre alleinige Messung ist es aber nicht möglich, Knochenerkrankungen zu diagnostizieren; im klinisch-chemischen Routineprogramm sollte eine erhöhte Aktivität des einfachen preiswerten Parameters Gesamt-AP hinsichtlich hepatobiliärer, ossärer oder maligner Erkrankungen abgeklärt werden. Ein einzelner Wert ist meist nutzlos für die Diagnose und nur selten zusammen mit Anamnese und Klinik wirklich zu werten.

Bei der Patientin, deren Kasus unter der Rubrik »Fragen aus der Praxis« [1] berichtet wurde, wurde Ansicht nach sehr spät die erhöht gemessenen Gesamt-AP abgeklärt. Ohne gleichzeitige hepatobiliäre Erkrankungen setzt sich die Leber- und Knochenaktivität der Gesamt-AP zu etwa gleichen Anteilen zusammen. Der selektive Nachweis der knochenalkalischen Phosphatase weist nach osteologischen Gesichtspunkten jedoch eine höhere Spezifität und Sensitivität auf und ist als klinisch-chemische Messgröße bei Knochenstoffwechselbeurteilungen zu bevorzugen.

Eine Erhöhung der Gesamt-AP beim monoostischen oder polyostischen Krankheitsbild des Morbus Paget wird bei der Mehrzahl der asymptomatischen Patienten im Rahmen von Routineuntersuchungen oftmals zufällig beobachtet und stellt häufig das erste Zeichen dieser ätiologisch unklaren Knochenerkrankung dar. Die Diagnose wird nicht selten zu spät gestellt aufgrund der uncharakteristischen Symptome. Eine Therapiebedürftigkeit ergibt sich aus der klinischen Symptomatik. Bei Osteopathien wie dem Morbus Paget hat sich gezeigt, dass bei der herdförmig massiv gesteigerten Knochenmatrixbildung die Bestimmung der BAP gegenüber der Gesamt-AP keine zusätzliche Information liefert. Bei milden Formen findet man die Gesamt-AP aber durchaus auch im Referenzbereich. Daher sollte bei einem begründeten Verdacht die sensitivere BAP bestimmt werden.

Fazit: Die insgesamt niedrigen Kosten etablierter Laborparameter sollten Anlass sein, erhöhte Gesamt-AP-Konzentrationen differentialdiagnostisch in Einklang mit klinischen Symptomen, anamnestischen Angaben und den indizierten bildgebenden Verfahren im Sinne des Patienten in einem angemessenen Zeitraum zu klären. Eine gleichzeitige Mitbestimmung der LAP ist bei dem Verdacht auf eine Knochenstoffwechselstörung bei erhöhten Gesamt-AP Aktivitäten wenig hilfreich.

Literatur

  • 1 Werner K. Bedeutung des Knochen-Isoenzyms der alkalischen Phosphatase.  Dtsch Med Wschr. 2000;  125 1248

Dr. Christiana Zingler
Prof. Dr. Peter Schuff-Werner

Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie

Ernst-Heydemann-Straße 6

18055 Rostock

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