Suchttherapie 2000; 1(3): 126-136
DOI: 10.1055/s-2000-10426
Schwerpunktthema
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Prozessqualität in der stationären Suchtrehabilitation

Stephan Kawski1 , Ulrich Dorenburg2 , Ulrike Beckmann3 , Uwe Koch1
  • Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf, Abteilung für Medizinische Psychologie
  • , Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, Frankfurt/Main
  • , Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Berlin
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Publication History

Publication Date:
31 December 2000 (online)

Zusammenfassung

Im Rahmen des Reha-Qualitätssicherungsprogramms der gesetzlichen Rentenversicherung wurde ein auf die spezifischen Belange der Suchterkrankung zugeschnittenes Verfahren zur Beurteilung der Prozessqualität entwickelt. Das Peer Review-Verfahren nutzt dabei als Informationszugang zu den Prozessabläufen die nach einem einheitlichen Raster erstellten Entlassungsberichte der Patienten. Pro Klinik zufällig ausgewählte Berichte werden von erfahrenen und geschulten Fachkollegen (Peers) auf der Grundlage einer detaillierten Liste qualitätsrelevanter Prozessmerkmale und eines Manuals bewertet. Die bereits bei anderen rehabilitativen Indikationen erprobte Methode des Peer-Reviews zeigt bei der empirischen Überprüfung auf der messtechnischen Ebene auch gute bis zufriedenstellende Kennwerte für den Bereich der Abhängigkeitserkrankungen. Das Verfahren erlaubt eine differenzierte Beschreibung und Analyse der Stärken und Schwächen bei der Durchführung der rehabilitativen Behandlungsmaßnahmen. Ein ausgearbeitetes Rückmeldungssystem, das die Ergebnisse der eigenen Klinik vor dem Hintergrund vergleichbarer Suchtkliniken darstellt, schafft die Voraussetzung für eine Optimierung der Verlaufsprozesse. Sich aus dem Peer-Review ergebende Möglichkeiten wie auch mit dem Verfahren verbundene Probleme werden ausführlich diskutiert.

Process Quality in the Inpatient Rehabilitation of Substance Dependency Patients

As part of the quality assurance program of the German state pension scheme's section for medical rehabilitation, a procedure for the evaluation of process quality was developed. This peer review procedure is tailored to the specific demands of substance dependency treatment. It utilizes the patients’ medical discharge reports, which are drawn up using a standardized format as a source of information regarding the procedural quality of rehabilitation processes. The selected reports, chosen randomly from each clinic, are evaluated by experienced and trained specialists in the same field (peers) on the basis of both a detailed list of quality-related procedural characteristics and a manual. In an empirical evaluation, the peer review method,which has already been tested with regard to other rehabilitative indications, also sachieves satisfactory to good results in the field of substance dependency. The procedure allows for a differentiated description and analysis of the strengths and weaknesses of rehabilitative treatment measures. A detailed feedback system, permits performance data for individual clinics to be compared with data for other, similar against the dependency clinics, makes it possible to optimize the processes. Options for improving treatment which are offered by the peer review method of evaluation, as well as problems associated with this method, are discussed in detail.

Literatur

  • 1 ICIDH International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps .Beta-2 draft, Full Version. Genf; World Health Organisation 1999
  • 2 Koch U. Entwicklungstrends in der Rehabilitation - Der Beitrag der Rehabilitationswissenschaften und Qualitätssicherung.  Deutsche Rentenversicherung 2000. 5 251-268
  • 3 Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) .Kommission zur Weiterentwicklung der Rehabilitation in der gesetzlichen Rentenversicherung: Abschlussbericht. Frankfurt/Main; VDR 1991
  • 4 Müller-Fahrnow W. Zwischenbilanz zur Programmumsetzung - Ergebnisse und Perspektiven. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rehabilitation. Berlin; BfA 1995: 74-114
  • 5 Schliehe F. Das Reha-Qualitätssicherungsprogramm der gesetzlichen Rentenversicherung - Perspektiven und Ziele.  Deutsche Rentenversicherung. 1994;  11 745-750
  • 6 Egner U, Gerwinn H, Müller-Fahrnow W, Schliehe F. Das Qualitätssicherungsprogramm der gesetzlichen Rentenversicherung für den Bereich der medizinischen Rehabilitation - Konzept, Stand der Umsetzung und Perspektiven.  Die Rehabilitation. 1998;  (Suppl. 1) S2-S7
  • 7 Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) .Das Qualitätssicherungsprogramm der gesetzlichen Rentenversicherung in der medizinischen Rehabilation - Instrumente und Verfahren. Deutsche Rentenversicherung, DRV-Schriften Band 18. Frankfurt/Main; VDR
  • 8 Jäckel W H, Maier-Riehle B, Protz W, Gerdes N. Peer Review: Ein Verfahren zur Analyse der Prozessqualität stationärer Rehabilitationsmaßnahmen.  Die Rehabilitation. 1997;  4 224-232
  • 9 Asendorpf J, Wallbott H G. Maß der Beobachterübereinstimmung: Ein systematischer Vergleich.  Zeitschrift für Sozialpsychologie. 1979;  10 243-252
  • 10 Finn R H. A note on estimating the reliability of categorial data.  Educational and psychological measurement. 1970;  30 71-76
  • 11 Maier-Riehle B, Jäckel W H, Gerdes N, Protz W. Übereinstimmung und Unterschiede zwischen Beurteilern bei einem Peer Review-Verfahren.  Das Gesundheitswesen. 1998;  60 290-296

1 Darstellungen zur Entwicklung, Methodik und Umsetzung des 5-Punkte-Programms lassen sich u. a entnehmen bei Müller-Fahrnow [4], Schliehe [5], Egner et al. [6] und VDR [7].

2 Orthopädie/Rheumatologie, Kardiologie, Onkologie, Neurologie, Pneumologie und Gastroenterologie

3 Allerdings reduzierte sich dieser Umfang bei einzelnen der in den nachfolgenden Abschnitten dargestellten Analysen aufgrund fehlender Angaben in begrenztem Ausmaß.

4 Die Stichprobe der Kontrollberichte wurde zufällig aus der Gesamtgruppe der Entlassungsberichte gezogen. Die Peers hatten in der Regel jeweils fünf Kontrollberichte zu beurteilen; stammte ein zu bewertender Kontrollbericht aus der eigenen Klinik eines Peers, war er entsprechend den Regeln des Gesamtverfahrens nicht zu bearbeiten; in diesem Fall bewertete der Peer nur vier Kontrollberichte.

Dipl.-Psych. Stephan Kawski

Forschungsgruppe Qualitätsmanagement Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf Abteilung für Medizinische Psychologie

Martinistraße 52, Pav. 69

20246 Hamburg

Email: kawski@uke.uni-hamburg.de

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