Dtsch Med Wochenschr 2016; 141(22): 1610
DOI: 10.1055/s-0042-116217
Dossier
Vorhoffflimmern / Antikoagulation
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vorhoffflimmern: Therapie wird immer individueller

Atrial fibrillation: therapy gets more and more individualized
Nikolaus Marx
1   Medizinische Klinik I, RWTH Aachen
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Publication Date:
04 November 2016 (online)

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung und geht mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität einher. Allein in Deutschland sind ca. 1,8 Millionen Menschen daran erkrankt. Da die Prävalenz mit dem Alter steigt, leidet nach gegenwärtigen Einschätzungen mindestens jeder Zehnte über 75-Jährige an Vorhofflimmern.

In Bezug auf die Risikostratifizierung für thrombembolische Ereignisse und die daraus resultierende Therapie hat sich bei Vorhofflimmern in den letzten Jahren wissenschaftlich viel getan. Unabhängig davon, ob ein paroxysmales, permanentes oder persistierendes Vorhofflimmern vorliegt, haben die Betroffenen ein 5-fach höheres Risiko als Gesunde, einen Schlaganfall zu erleiden.

Das Schlaganfallrisiko kann durch eine Antikoagulation hocheffektiv reduziert werden, wobei hier zwischen dem Thrombembolie- und Blutungsrisiko abgewogen werden muss. Die Entwicklung von neuen Antikoagulanzien hat dazu geführt, dass neben dem über Jahrzehnte einzig verfügbaren Phenprocoumon (Marcumar®) mittlerweile mit den neuen oralen Antikoagulanzion (NOAKs) eine ganze Reihe neuer Substanzen verfügbar sind.

Das Dossier behandelt ausführlich die klinisch relevanten, praktischen Aspekte des Vorhofflimmerns. Der Übersichtsartikel von Hörmann et al. beschäftigt sich dabei mit der Frage, was bei der Therapie im Vordergrund stehen sollte – die Rhythmus- oder Frequenzkontrolle? Im zweiten Beitrag befasst sich Karl Mischke mit dem aktuellen Stand der antikoagulativen Therapie und neuen Therapieoptionen einschließlich des Vorhofohrverschlusses. Der Artikel von Stefan Frantz beleuchtet schließlich das klinisch häufige Problem der Antikoagulation in Kombination mit einer dualen Thrombozytenaggregationshemmung – z. B. im Rahmen von Koronarinterventionen oder vor Operationen.

Die neuen Erkenntnisse zur Risikostratifizierung und die Weiterentwicklung der therapeutischen Möglichkeiten erlauben es heute, die Therapie des Vorhofflimmerns zunehmend zu individualisieren. Die Versorgung von Patienten mit Vorhofflimmern ist ein gutes Beispiel dafür, dass ein „One-fits-all“-Konzept nicht mehr angemessen ist. Eine stärkere Personalisierung der Therapie, wie wir sie aktuell in vielen Bereiche der Medizin erleben, wird für das Wohl unserer Patienten immer wichtiger.