B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2014; 30(04): 143
DOI: 10.1055/s-0034-1384419
Editorial
Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

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Freerk Baumann
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Publication Date:
20 August 2014 (online)

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Liebe Leserinnen und Leser,

jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 500 000 Menschen neu an Krebs. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 10 % der erwachsenen Gesamtbevölkerung mit der Diagnose „Krebs“ konfrontiert wurden. Früherkennungsmaßnahmen und verbesserte Behandlungsoptionen führen dazu, dass zurzeit ca. 60 % aller Krebserkrankten geheilt werden. Darüber hinaus können immer mehr Krebspatienten mit ihrer Erkrankung noch viele Jahre leben. Die maligne Erkrankung sowie deren medizinische Behandlung im kurativen oder palliativen Ansatz hat zahlreiche Auswirkungen auf physischer, psychischer sowie psychosozialer Ebene des Patienten. Inzwischen beschreibt eine Vielzahl von Studien den positiven biopsychosozialen Einfluss der Bewegungstherapie im Genesungsprozess des onkologischen Patienten. Ging man noch in den 90er-Jahren davon aus, dass bei diesem Kollektiv körperliche Aktivität schaden könnte, so wurden dahingehend gerade in den letzten 10 Jahren bedeutende wissenschaftliche Fortschritte gemacht. Die Studienfragen beschäftigten sich zunehmend mit dem Einsatz bewegungstherapeutischer Interventionen in der Akut-Klinik, um als vorrangiges Ziel die Nebenwirkungen der medizinischen Therapie zu reduzieren. Die Ziele definieren sich dabei nicht in erster Linie durch eine „Verbesserung“ verschiedener Parameter, sondern orientieren sich vorwiegend am „Status idem“ des Patienten, also an dem Erhalt einer stabilen körperlichen und psychischen Konstitution. In der Rehabilitation jedoch steht die Wiederherstellung im Vordergrund.

An diesen zentralen Themen anlehnend beschreiben in der aktuellen Schwerpunktausgabe „Onkologie“ Joachim Wiskemann und Friederike Scharhag-Rosenberger in ihrem wissenschaftlichen Übersichtsartikel (S. 146) nebenwirkungsorientierte Behandlungspfade für die bewegungstherapeutische Betreuung von onkologischen Patienten. Darüber hinaus widmen sich Wibke Jensen und Karin Oechsle einem immer bedeutenderen Forschungsfeld: der Bewegungstherapie in der onkologischen Palliation (S. 162). Mit der Lebensstiländerung durch körperlich-sportliche Aktivität bei Kolorektalkarzinom-Patienten in der Nachsorge beschäftigt sich der Artikel von Andreas Lau und Kollegen (S. 167). Regine Söntgerath et al. analysieren in ihrem Review die Kraftdefizite bei an Krebs erkrankten Kindern und Jugendlichen (S. 151). In den Praxisartikeln werden mit der Harninkontinenz und der Polyneuropatie 2 klinisch hoch relevante Themenkomplexe berücksichtigt, die durch Eva Zopf et al. (S. 175) sowie Fiona Streckmann et al. (S. 179) erstellt wurden.

Um den Effekt der bewegungstherapeutischen Intervention in der Onkologie zu optimieren, werden zukünftig systematische Forschungsprojekte zur Trainingssteuerung generiert werden müssen. Anlehnend an das individuelle Therapieziel bilden bewegungstherapeutische Inhalte und ihre Frequenz, Intensität, Trainingsdauer, Wiederholungzahl sowie die Regenerationszeit die nachfolgenden wissenschaftlichen Fragestellungen, um damit die Versorgung von Krebspatienten zu fördern und die damit verbundene Lebensqualität weiter zu verbessern.

Ihr

Freerk Baumann