Psychiatr Prax 2010; 37(4): 207-208
DOI: 10.1055/s-0030-1254200
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Posttraumatische Belastungsstörung

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Publication Date:
18 May 2010 (online)

 

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) gilt als Prototyp einer diagnostischen Kategorie von psychopathologischen Auswirkungen von traumatischen Ereignissen, wie z.B. Kriegserlebnissen, körperlichen oder sexuellen Gewalttaten, schweren Unfällen oder Naturkatastrophen. Seit der Einführung der PTBS-Diagnose in das international bedeutsame und von der American Psychiatric Association herausgegebene Klassifikationssystem der psychischen Störungen, DSM III (1980), ist die Untersuchung von psychischen Folgen von traumatischen Ereignissen und deren Behandlung auf ein zunehmendes Interesse in der Fachöffentlichkeit von Psychologie und Medizin gestoßen. Das von Andreas Maercker herausgegebene Buch Posttraumatische Belastungsstörungen ist nun in der 3. Auflage mit dem Ziel erschienen, den Aufhol.bedarf an neuen Informationen über Grundlagen und Behandlung von PTBS zu decken. Während die 1. (1997) und 2. Auflage (2003) dieses Buches als Therapiebuch der PTBS dargestellt wurde und der Titel noch das Wort Therapie enthielt, versteht sich die neue Auflage als ein Handbuch zur PTBS. Der Herausgeber hält das Buch denn auch für das deutschsprachige Handbuch zur PTBS.

Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, wurde die 3.Auflage umfassend überarbeitet und erweitert. Der Grundlagenteil befasst sich neben der PTBS-Symptomatik und Diagnostik mit psychologischen Theorien zur Entstehung und Aufrechterhaltung von PTBS. Neue Kapitel in diesem Abschnitt beschäftigen sich mit neurobiologischen Kenntnissen zur PTBS und Fragen der Begutachtung. Gleichfalls bemerkens- und begrüßenswert ist das neue Kapitel zur Resilienz und posttraumatischer Reifung, womit das Buch auch die positiven Folgen der Auseinandersetzung mit und Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen in den Blick nimmt.

Das Kernstück des Buches befasst sich nach wie vor mit der Behandlung von posttraumatischen Belastungsreaktionen. Der Leser findet im II. Abschnitt ("Therapie") ausführliche Darstellungen von verschiedenen psychotherapeutischen Interventionen wie etwa Expositionstherapie, kognitive Therapie, psychodynamisch-imaginative Traumatherapie und integrative psychodynamisch-kognitive Psychotherapie. Weiterhin werden in diesem Teil Informationen über psychologische Frühinterventionen sowie Psychopharmakotherapie der PTBS dargestellt. Neu in diesem Abschnitt sind das Kapitel zur narrativen Expositionstherapie und EMDR (Eye-Movement-Desensitization and Reprocessing).

Der III. Abschnitt ("Spezielle Aspekte") informiert ausführlich über PTBS bei spezifischen Populationen mit traumatischen Erfahrungen sowie deren Behandlung. Sehr begrüßenswert ist der Raum, der posttraumatischen Belastungsreaktionen bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Überlebenden von Kindesmisshandlung, einschließlich der Behandlung erwachsener Überlebender, eingeräumt wird. Weitere behandelte Themen in diesem Teil sind beispielsweise Gerontopsychotraumatologie, komplizierte Trauer, PTBS und deren Behandlung bei Folteropfern und Opfern politischer und militärischer Gewalt.

Die Stärke des Buches liegt in der Vielfalt von detaillierten Informationen über verschiedene Psychotherapieverfahren zur Behandlung der PTBS, die auch spezielle Populationen mit traumatischen Erfahrungen berücksichtigt. Somit wendet sich das Buch an ein breites Publikum, und zwar unabhängig vom therapeutischen Hintergrund bzw. Interesse, und ist sicher auch für nicht psychotherapeutisch arbeitende Leser eine bereichernde Lektüre. Wünschenswert – aber im Rahmen eines Sammelbandes oft schwer zu realisieren – wäre ein klarerer roter Faden, der die einzelnen Kapitel sinnvoll miteinander verknüpft. Beispielsweise bleibt beim Lesen des Kapitels zu Folteropfern und Opfern politischer Gewalt unklar, weswegen dieses Kapitel ohne Bezug zum Kapitel zur Narrativen Expositionstherapie bleibt, obwohl diese Therapieform im Rahmen der Behandlung von Kriegs- und Folterfolgen weiterentwickelt wurde und als solche positive Wirksamkeitsergebnisse erzielte.

Das Buch profitiert andererseits natürlich enorm von der vielseitigen Expertise der versammelten Autoren. Dem Herausgeber ist es gelungen, neben vielen deutschsprachigen Autoren mehrere namhafte internationale Traumaforscher als Beitragsautoren zu gewinnen. Dank dieser Syntheseleistung bietet es eine umfassende Analyse des Themas PTBS mit dem Fokus auf psychotherapeutischen Interventionen. In der Tat kann diese Publikation daher als maßgebliches Standardwerk und akademisches Lehrbuch zur posttraumatischen Belastungsstörung im deutschsprachigen Raum gelten, das einen aktuellen, informativen sowie inhaltlich breiten Überblick über die Grundlagen und Behandlung von PTBS bietet. Es ist daher jedem nachdrücklich zu empfehlen, der sich mit dem Thema PTBS befasst.

Nexhmedin Morina, Amsterdam

Email: n.morina@uva.nl

Maercker A (Hrsg.). Posttraumatische Belastungsstörungen. Berlin: Springer, 2009, 522 S., 17 Abb., 10 Tab., 59,95 €. ISBN: 978-3-540-88488-0

  • 01 Maercker A  (Hrsg.).. Posttraumatische Belastungsstörungen. Berlin: Springer; 2009. 522 S., 17 Abb., 10 Tab., 59,95 €. ISBN: 978-3-540-88488-0
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