Klin Monbl Augenheilkd 2010; 227(5): 369
DOI: 10.1055/s-0029-1245390
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Augenentzündungen durch Herpes-simplex-Virus und Varicella-/Zoster-Virus

Inflammations of the Eye due to Herpes Simplex Virus and Varicella/Zoster VirusW. Behrens-Baumann1 , A. Heiligenhaus1
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Publication Date:
20 May 2010 (online)

Herpesviren umfassen eine diverse Gruppe von DNA-Viren. Die Durchseuchung der Bevölkerung mit Herpes-simplex-Virus (HSV) und Varicella-Zoster-Virus (VZV) ist außerordentlich hoch. Nach einer primären Virusreplikation verbleiben die Viren im Stadium der Latenz im Wirt. Die klinische Manifestation erfolgt in aller Regel erst nach der Virusreaktivierung, welche von der Pathogenität des Virusstamms und der individuellen Immunreaktion des Wirtes abhängig ist.

Die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung haben in den letzten Jahren zu einem besseren Verständnis der Erkrankungen geführt. Da das individuelle klinische Bild in unterschiedlichem Maße von der Virusreplikation, den neurotrophen Störungen und der begleitender Immunreaktion abhängig ist, ist das Management im Einzelfall schwierig und muss dem individuellen Krankheitsverlauf angepasst werden.

Die antivirale Therapie ist in den letzten Jahren durch eine Reihe von wirksamen und kommerziell erhältlichen Virustatika bereichert worden. Dennoch ist bislang keines in der Lage, die Reaktivierung aus der Latenz und damit künftige Rezidive zu verhindern. Das Spektrum der antientzündlichen Medikamente ist um unterschiedlich potente Kortikosteroide und Cyclosporin A erweitert worden. Da der Pathomechanismus der Immunreaktion in vielen wichtigen Aspekten aber noch ungeklärt ist, kann bislang keine komplette Ausheilung erreicht werden. Trotz aller Fortschritte ist die Visusprognose der akuten Netzhautnekrose auch aktuell noch sehr schlecht. Gerade hier sind eine frühzeitige Diagnosestellung und der Beginn einer wirksamen antiviralen und antientzündlichen Therapie für den Visuserhalt von besonderer Bedeutung.

Aufgrund der Erkrankungshäufigkeit und der oft gravierenden Krankheitsfolgen kommt den HSV- und VZV-Augeninfektionen international ein großes klinisches und sozioökonomisches Interesse zu – insbesondere, da die Inzidenz der Krankheitsbilder, und insbesondere des Zoster ophthalmicus, in der älter werdenden Gesellschaft steigt.

Eine häufige Komplikation bei Zoster ophthalmicus ist die postzosterische Neuralgie. Risiko und Schwere können mit einer unverzüglichen Virustatikagabe reduziert werden. Das Spektrum der Therapieoptionen konnte mit den Neuerungen in der Schmerzforschung erweitert werden. Ein großer Forschritt wurde mit der Einführung einer Zostervakzine in die Klinik erzielt, mit der sich Häufigkeit und Schwere der Zostermanifestation und Neuralgie reduzieren lässt.

Wichtige Innovationen haben zu einer besseren Prognose beim operativen Management geführt, wie beispielsweise die perioperative antivirale und immunsuppressive Therapie bei Keratoplastiken. Dennoch zählen Hornhauttransplantationen bei Herpespatienten immer noch zu den Risikokeratoplastiken. Mit der Amnionmembran-Transplantation steht für die Behandlung von schweren neurotrophischen und nekrotisierenden Ulzera eine sehr effektives Therapiekonzept zur Verfügung, sodass die oft mit einer schlechten Visusprognose behaftete Keratoplastik à chaud nunmehr in den Hintergrund getreten ist.

Im vorliegenden Schwerpunktthema werden viele der aktuellen Fragen zu den klinisch relevanten Krankheitsbildern von Herpesviren am Auge beleuchtet und die aktuellen Therapiekonzepte dargelegt. Dem interdisziplinären Behandlungskonzept der Erkrankungen entsprechend werden die Themenkomplexe von Ophthalmologen, Dermatologen, Neurologen und Schmerztherapeuten erörtert. Die Übersicht stellt eine aktuelle Standortbestimmung dar. Da viele der für die Langzeitprognose bedeutenden Fragen aber noch offen sind, bleibt zu hoffen, dass mit den künftigen Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung neue kurative und präventive Strategien für die klinische Versorgung zur Verfügung stehen werden.

Prof. Dr. med. W. Behrens-Baumann, Magdeburg

Prof. Dr. med. A. Heiligenhaus, Münster

Interessenkonflikt: Nein

Prof. Dr. Wolfgang Behrens-Baumann

Universitäts-Augenklinik, Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg

Leipziger Str. 44

39120 Magdeburg

Phone: ++ 49/3 91/6 71 35 71

Fax: ++ 49/3 91/6 71 35 70

Email: augenklinik@ovgu.de

Prof. Dr. Arnd Heiligenhaus

Augenabteilung, St. Franziskus Hospital

Hohenzollernring 74

48145 Münster

Phone: ++ 49/251/933080

Email: arnd.heiligenhaus@uveitis-zentrum.de

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