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Ärzte Woche

06.09.2021 | Praxis und Beruf

Personalisierte Mitarbeitermotivation

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Motivierte Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital einer jeden Praxis oder Institution. Arbeiten die Angestellten gerne, so sind sie leistungsbereit und voll konzentriert. Welchen Beitrag können Führungskräfte leisten? Häufig zeigen überkommende Maßnahmen keine Wirkung mehr.

Ein wichtiger Bestandteil guter Mitarbeiterführung ist die Motivation. Basisleistungen wie ein monatliches Gehalt und leistungsbezogene Einmalzahlungen garantieren leider noch lange keine Motivation. Und viele Maßnahmen, die Führungskräfte als anregend ansehen, können sogar kontraproduktiv sein, weil sie auf den fünf größten Irrtümern in puncto Mitarbeitermotivation basieren. Ganz ablehnen kann man die folgenden Punkte nicht, sie müssen aber neu gewichtet und mit Angeboten ergänzt werden, die in die digitale Welt passen


- Irrtum Nummer eins: „Geld motiviert am meisten“. Diese Strategie setzen Unternehmen ein, da materielle Motivationsinstrumente leicht als einziges Belohnungsmodell für die gesamte Belegschaft entwickelt werden können. Aber Psychologen bestätigen: Der Motivationsschub hält nur kurzzeitig. An ein höheres Gehalt wird sich der Mitarbeiter schnell gewöhnen, genauso wie an das Firmenauto oder -telefon. Konsequenz: Es müssen ständig neue monetäre Anreize geschaffen werden. Aktuelle Studien beweisen, dass das Motivationslevel eines Arbeitnehmers dreimal stärker an intrinsische als an extrinsische Motive wie das Gehalt gekoppelt ist. Das heißt: Wer Spaß an seiner Arbeit hat und sich wertgeschätzt fühlt, wird bessere Leistungen erbringen als jemand, der viel verdient, aber seinem Job keinen Sinn abgewinnt.

- Irrtum zwei: „Mitarbeiter brauchen klare Vorgaben“. Es stimmt, dass Mitarbeiter Zielvorgaben brauchen. Aber Vorsicht: Ein zu enger Führungsstil ist kontraproduktiv und schränkt die Kreativität ein. Denn wenn Beschäftigte strikte und detaillierte Anweisungen bekommen, reduzieren sie ihre eigene Erwartung an sich und machen nur sogenannten „Dienst nach Vorschrift“. Besser ist es und zudem viel motivierender, wenn der Vorgesetzte eine Richtung vorgibt und der Mitarbeiter selbst mitdenkt und gestalten kann. Im anschließenden Feedback wird dann zusammen ausgewertet, ob der Weg und das Ergebnis gestimmt haben. So wachsen Angestellte an jeder Aufgabe, trauen sich etwas zu, bleiben kreativ und vor allem motiviert.

- Irrtum drei: „Keine schlechten Nachrichten überbringen“. Manche Führungskräfte befürchten, dass die Motivation durch das Überbringen von schlechten Nachrichten leidet. Genau dieses Verhalten schadet jedoch, da dem Mitarbeiter nicht auf Augenhöhe begegnet wird. Wenn Mitarbeiter merken, dass alle im gleichen Boot sitzen, wird das ihre Motivation deutlich fördern. Probleme müssen unbedingt transparent kommuniziert werden, damit alle zusammen handeln können.

- Der vierte Irrtum: „Lob motiviert am meisten“. Ein Schulterklopfer reicht und Frau/Herr Meier wird nächste Woche hochmotiviert unbezahlte Überstunden machen? So leicht ist es dann doch nicht mit der Anerkennung. Mitarbeiter möchten nicht als selbstverständlich, sondern als wertvolle Ressource angesehen werden. Das bedeutet, dass Angestellte aktiv von der Führungskraft bei ihren täglichen Aufgaben unterstützt werden wollen. Lob und Anerkennungen motivieren also, aber diese Wertschätzung muss tagtäglich in die Prozesse integriert werden.

- Irrtum fünf: „Gleiche Motivationsmaßnahmen für alle“. Der One-Size-Fits-All-Ansatz funktioniert schon lange nicht mehr. Denn Mitarbeiter sind Individuen mit unterschiedlichen Vorlieben und Interessen. Führungskräfte müssen sich dafür sensibilisieren und herausfinden, was jeden einzelnen motiviert. Incentivierung muss auf die Bedürfnisse des Einzelnen ausgerichtet sein, nur so profitieren die Mitarbeiter davon und die Benefits werden auch als solche wahrgenommen.


Fazit: Mitarbeitermotivation ist ein Top-Thema jeder Führungskraft. Falls altbewährte Maßnahmen nicht mehr funktionieren, muss die Strategie hinterfragt werden. Mitarbeitervorteile müssen so einzigartig wie die Arbeitnehmer selbst sein, damit die Effekte wirklich positiv wahrgenommen werden.

Warum Mitarbeiter kündigen

Gute Praxismitarbeiter zu finden oder zu halten ist heutzutage schwer. Die Fluktuation von Medizinischen Fachangestellten (MFA) in Arztpraxen ist hoch. Laut einer Umfrage des deutschen Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) kündigen 65 Prozent in den ersten fünf Jahren. 25 Prozent der Arztpraxen sind vom Weggang selbstausgebildeter MFA betroffen, mehr als 37 Prozent davon wechselten trotz Übernahmeangebots in eine andere Arztpraxis.
Wie lässt sich diese Fluktuation erklären? „Immenser Stress bei schlechter Bezahlung“, fasst Heike Rösch vom Verband medizinischer Fachberufe , Deutschland, zusammen. Der Verband zeigt sich besorgt über die starke Abwanderung von MFA in Kliniken und andere Berufe. „Diese Kolleginnen fehlen in der ambulanten Versorgung. Damit steigt die bereits hohe Stressbelastung bei den verbleibenden noch mehr“, sagt Hannelore König, Präsidentin des Verbandes.
Der Nürnberger Praxisberater Wolfgang Apel unterstützt mit seiner Agentur MediKom Consulting Arztpraxen seit Jahren im Management und hat dabei zentrale Baustellen ausgemacht, die die Mitarbeiter dazu treiben, eine Praxis zu verlassen:
  Team. „Wenn es im Team nicht passt, ist das für die MFA der Hauptgrund zu gehen“, sagt Apel. Eine zu große Spreizung in der Altersstruktur sei für eine gute Atmosphäre nicht ideal und führe häufig zu Schwierigkeiten. Er empfiehlt, potenzielle Kolleginnen und Kollegen an zwei Probearbeitstagen unter die Lupe zu nehmen, dabei ließe sich relativ einfach erkennen, ob sich die Kandidaten gut ins Team integrieren ließen. Mehr Mitspracherecht der MFA bei der Einstellung neuer Kollegen hält er für sinnvoll.
  Gehalt: Wie groß der Unmut der MFA über ihre Bezahlung nach wie vor ist, zeigt ein Blick in den Facebook-Account des Verbandes: „Wen wundert es, dass viele den Job wechseln, wenn man davon noch nicht einmal leben kann“, heißt es beispielsweise.
  Kommunikation: Eine gute Kommunikation ist laut Apel die Voraussetzung dafür, dass sich die MFA an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen. Die Praxischefs sollten unbedingt darauf achten, die Mitarbeiter bei wichtigen Projekten frühzeitig ins Boot zu holen – sei es bei Änderungen in den Abläufen oder bei der Einrichtung. Zwar gehörten Teammeetings zum Instrumentenkasten des Qualitätsmanagements, doch in den meisten Praxen fänden diese viel zu selten statt. „Das Team sollte sich einmal in der Woche zusammensetzen“, empfiehlt er. Auf diese Weise bekämen die Praxischefs ein gutes Gespür für die Sorgen und Wünsche ihres Personals.
  Mitarbeitergewinnung: Passende Mitarbeiter zu finden, braucht Zeit. Laut Apel müssten Praxen zwischen drei bis sechs Monate einplanen, freie Stellen zu besetzen. Weil die Ärzte erfahrungsgemäß wenig Zeit hätten, müsse der Recruiting-Prozess gut organisiert sein. Dazu gehöre auch, den Bewerbern zeitnah eine Rückmeldung zu geben. „Wenn gute Kandidaten auf ihre Bewerbung länger nichts hören, verlieren sie das Interesse.“ Helfen, die richtigen Mitarbeiter zu finden, können auch klar ausgestaltete Stellenanzeigen, die es Jobsuchenden erleichtere, sich ein Bild von ihrem zukünftigen Arbeitgeber und dem Arbeitsplatz zu machen.

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Metadaten
Titel
Personalisierte Mitarbeitermotivation
Publikationsdatum
06.09.2021
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 36/2021

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