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24.09.2024 | Prävention und Gesundheitsförderung

Mit Harry aus der Auswegslosigkeit

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Suizide sind nach Unfällen nach wie vor die zweithäufigste Todesursache bei jungen Menschen. Wie sich durch das Lesen von HarryPotter-Büchern Krisen bewältigen lassen, zeigt ein innovatives Projekt.

Das Schulprojekt „Lesen für die psychische Gesundheit“, auch „Meine Eule“ genannt, hat zum Ziel, die psychische Gesundheitskompetenz und die Bewältigungsfähigkeiten von Jugendlichen zu fördern. Im Zentrum steht der Roman „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“, der von Thomas Niederkrotenthaler und seinem Team vom Zentrum für Public Health der MedUni Wien als Unterrichtsmaterial ausgewählt wurde.

Therapeutisches Potenzial

Die Entscheidung fiel, weil die Autorin J. K. Rowling ihre eigenen Erfahrungen mit Depressionen in den Roman einfließen ließ, die sie nach eigenen Angaben mithilfe von kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) überwunden hat. Was Rowling öffentlich nur selten erwähnt: Sie hat Elemente der KVT, einer bewährten Therapieform zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen, subtil in den Roman integriert. „Tatsächlich kann der Roman als Allegorie für ihre Erfahrungen und als einführende Anleitung zur KVT gelesen werden“, erklärt Projektleiter Thomas Niederkrotenthaler. Das Lehrpersonal hat die Möglichkeit, den Roman zu nutzen, um den Schülerinnen und Schülern zu zeigen, wie Harry mit seinen Herausforderungen umgeht und dabei KVT-Strategien einsetzt, um Resilienz zu entwickeln. Die Leser erleben mit Harry, was es bedeutet, sich in einer depressiven Phase zu befinden und wie er diese mithilfe von KVT überwindet.

Transmission beachten

Ab dem Sommersemester 2025 wird das Projekt an österreichischen Mittelschulen umgesetzt und von Niederkrotenthaler und seinem Team wissenschaftlich evaluiert. Schulleitungen sind bereits eingeladen, sich für die Teilnahme zu bewerben. Eine bereits durchgeführte Studie zeigt, dass Jugendliche durch die Beschäftigung mit Harry Potter tatsächlich lernen können, besser mit Krisen umzugehen.

Parallel dazu hat das Forschungsteam um Niederkrotenthaler die Suizidprävention unter dem Aspekt der Transmission untersucht. Dieser Begriff beschreibt die Übertragbarkeit von suizidalen Gedanken und Verhaltensweisen, die beispielsweise in Schulen zu sogenannten Suizidclustern führen können. Ein Suizid in der Schulgemeinschaft kann die Aufmerksamkeit auf das Thema lenken und das Risiko weiterer Suizide erhöhen.

Es gibt aber auch positive Übertragungseffekte: Wenn Jugendliche lernen, gesunde Bewältigungsstrategien anzuwenden, kann dieses Verhalten auf ihre Mitschüler übergehen und zur Stabilisierung der gesamten Schulgemeinschaft beitragen. „Weltweit werden schulbasierte Lehrpläne für psychische Gesundheit entwickelt. Die Übertragbarkeit und Verallgemeinerbarkeit der Inhalte stellen dabei die größte Herausforderung dar“, erklärt Niederkrotenthaler. Harry Potter bietet hier eine besondere Chance: Die Figur Harry ist international bekannt und ermöglicht eine starke Identifikation. Pädagoginnen und Pädagogen können diese emotionale Verbindung nutzen, um das Wohlbefinden und die psychische Stabilität von Jugendlichen zu stärken.

Damit wird erstmals ein umfassendes, wissenschaftlich fundiertes Curriculum zur psychischen Gesundheit direkt in den Unterricht integriert.

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Metadaten
Titel
Mit Harry aus der Auswegslosigkeit
Publikationsdatum
24.09.2024