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Erschienen in:

Open Access 01.10.2024 | consensus paper

Positionspapier der ÖGR und ÖGP zur Diagnose und Therapie der Sarkoidose 2024

verfasst von: Georg Sterniste, Klaus Hackner, Florentine Moazedi-Fürst, Marie Grasl, Marco Idzko, Guangyu Shao, Claudia Guttmann-Ducke, Emina Talakić, Helmut Prosch, Sylvia Lohfink-Schumm, Michael Gabriel, Clarice Lim, Johann Hochreiter, Brigitte Bucher, Barbara C Böckle, Hans Peter Kiener, Christina Duftner, Kastriot Kastrati, Eva Rath, Marion Funk, Judith Löffler-Ragg, Monika Steinmaurer, Gabor Kovacs, Nicolas Verheyen, Holger Flick, Marlies Antlanger, Gerhard Traxler, Elisabeth Tatscher, Ralf Harun Zwick, David Lang

Erschienen in: Wiener klinische Wochenschrift | Sonderheft 17/2024

Zusammenfassung

Die Sarkoidose ist in vielen Fällen eine Multisystemerkrankung, die eine interdisziplinäre medizinische Zusammenarbeit in Diagnostik, Therapie und in der medizinischen Betreuung im Verlauf erfordert. Aufgrund des oft chronischen Verlaufes ist es besonders wichtig, Patientinnen und Patienten mit ihren Prioritäten und Wünschen frühzeitig und umfassend in die medizinische Betreuung einzubinden und, wenn möglich, ein „shared decision making“ zu etablieren. Beim Verfassen dieses gemeinsamen Positionspapieres war es der Expertengruppe für interstitielle Lungenerkrankungen und „orphan diseases“ der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie sowie der Arbeitsgruppe Rheuma und Lunge der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation ein besonderes Anliegen, sowohl PatientInnenvertreter als auch ExpertInnen für seltenere Organmanifestationen der Sarkoidose einzubeziehen. Dieses Positionspapier soll nicht nur ein Spiegel der aktuellen klinischen und wissenschaftlichen Praxis sein, sondern auch die nationale Expertise bündeln und durch Vernetzung und Austausch ein erster Schritt zu einer Stärkung der Betreuungsstruktur von PatientInnen mit Sarkoidose sein.
Hinweise
Die ursprüngliche Online-Version dieses Artikels wurde überarbeitet:
In diesem Artikel wurde der Name von dem Autor M. Idzko fälschlicherweise als M. Izdko angegeben.
Weiterhin waren die Adressdaten bzw. die Daten zur institutionellen Zugehörigkeit für K. Kastrati falsch angegeben. Statt Universitätsklinik für Innere Medizin II, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich hätte sie Universitätsklinik für Innere Medizin III, Klinische Abteilung für Rheumatologie, Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich lauten sollen.
Außerdem waren die Adressdaten für R.H. Zwick unvollständig und hätten lauten sollen Ambulante Rehabilitation, Ludwig Boltzmann Institute for Rehabilitation Research, Therme Wien Med, Wien, Österreich
A correction to this article is available online at https://​doi.​org/​10.​1007/​s00508-024-02487-2.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Einleitung, Definition, Epidemiologie

Dieses Positionspapier der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) und Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR) richtet sich an alle medizinischen Fachdisziplinen. Interdisziplinäres Ziel ist es, einen aktuellen Überblick über die Epidemiologie, Pathogenese, Klinik, Diagnostik, Organmanifestationen und Therapiemöglichkeiten der Sarkoidose zu geben.
Die Sarkoidose ist eine komplexe, polyätiologische, inflammatorisch-granulomatöse Multisystemerkrankung, deren Genese noch nicht vollständig geklärt ist. In bis zu 95 % aller Fälle liegt eine pulmonale Beteiligung vor. Das klinische Bild ist sehr variabel und reicht von asymptomatischen Verläufen bis hin zur manifesten Organschädigung [13].
Die Prävalenzraten variieren in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, Ethnizität und Geografie: Weltweite Angaben reichen von 2,2 pro 100.000 Einwohner in Taiwan bis zu 46 pro 100.000 in Deutschland [46]. Daten zur Prävalenz in Österreich liegen bis dato nicht vor. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 46 ± 15 Jahren [7], Frauen sind tendenziell häufiger und in höherem Lebensalter von Sarkoidose betroffen als Männer [2].

Diagnostik der Sarkoidose

Histopathologische Untersuchung

In vielen Fällen wird eine Biopsie angestrebt, auch um andere Differenzialdiagnosen wie maligne Erkrankungen und Infektionen auszuschließen. Die Probe sollte von einer möglichst gut zugänglichen, betroffenen Stelle entnommen werden (z. B. Haut oder Lymphknoten) [8].
Das histologische Markenzeichen der Sarkoidose ist das Granulom: Es ist meistens nicht nekrotisch, hat einen zentralen Kern aus Makrophagenaggregaten und vielkernigen Riesenzellen und eine äußere Schicht aus locker organisierten Lymphozyten, dendritischen Zellen und gelegentlich B‑Zellen [9]. Bei Unklarheiten sollte eine Färbung auf säurefeste Stäbchen, eine Kultur auf Pilze und Mykobakterien und eine Mycobacterium-tuberculosis-PCR erfolgen (Abb. 1).

Bronchoalveoläre Lavage

Die bronchoalveoläre Lavage (BAL) ist ein relativ einfaches, risikoarmes bronchoskopisches Verfahren, wobei eine Lymphozytose > 15 % und ein CD4:CD8-Verhältnis > 3,5 die Diagnose einer pulmonalen Sarkoidose unterstützt [10, 11]. Daneben sollte am gewonnenen Material auch eine Färbung auf säurefeste Stäbchen, eine konventionelle Kultur auf Bakterien und Pilze, eine Mykobakterienkultur und eine Mycobacterium-tuberculosis-PCR durchgeführt werden, um eine Infektion als alternative Diagnose auszuschließen.

Blutbasierte Diagnostik

Es existiert kein sicherer diagnostischer Laborbiomarker zur Erkennung der Sarkoidose oder ihrer Organmanifestationen, Laborbefunde können aber die Abklärung und Verlaufskontrollen gut komplementieren. Die Tab. 1 gibt aktuelle Empfehlungen hierzu wieder [4, 8, 12, 13]. Die höchste Evidenz besteht für die Testung von Serumkalzium initial und auch im Verlauf, da eine Hyperkalzämie unmittelbare therapeutische Konsequenzen nach sich zieht [8, 14].
Tab. 1
Empfehlungen zur Labordiagnostik der Diagnosestellung der Sarkoidose und bei Verlaufskontrollen. (Nach Crouser ED et al. [8])
Baseline-Screening
Verlaufskontrollen bei unauffälligem Baseline-Screening
Untersuchung
Indikation
Untersuchung
Intervall/Indikation
Serumkreatinin, Serumkalzium
Nierenbeteiligung/Hyperkalzämie
Serumkreatinin, Serumkalzium
Jährlich
Leberfunktionsparameter
Leberbeteiligung
Leberfunktionsparameter
Jährlich
Blutbild
Differenzialdiagnostik
Optional: ACE, löslicher IL-2-Rezeptor, Neopterin
Differenzialdiagnostik, Ausgangbefund für Verlaufsbeurteilung
Wenn initial erhöht: ACE, löslicher IL-2-Rezeptor, Neopterin
Verlaufsbeurteilung
Speziellere Laborbiomarker wie „angiotensin-converting enzyme“ (ACE), löslicher Interleukin-2-Rezeptor oder Neopterin sind zwar alleine in der Diagnostik unspezifisch, können aber in unklaren Situationen hilfreich sein und – vor allem wenn initial erhöht – als zusätzliche Verlaufsparameter dienen [12, 13].

Radiologische Diagnostik

Die initiale Evaluierung erfolgt in der Regel mittels Thorax-Röntgen, dessen Sensitivität jedoch in frühen oder subklinischen Krankheitsstadien limitiert ist. Die pulmonale Sarkoidose wird historisch thoraxradiographisch in Stadien nach Scadding eingeteilt: Stadium I und II umfassen eine mediastinale/hiläre Lymphadenopathie (LAP) mit/ohne Lungenparenchymbefall, Stadium III eine Lungenparenchymbeteiligung ohne begleitende Lymphadenopathie und das Stadium IV die Ausbildung einer Lungenfibrose („sarcoidosis-associated pulmonary fibrosis“ [SAPF]) [1, 2, 15, 16].
Die Computertomographie (CT) des Thorax ist ein wesentlich präziseres diagnostisches Werkzeug, welches eine detaillierte Darstellung granulomatöser Manifestationen sowie lymphatischer Involvierung intra- und extrathorakal ermöglicht (Abb. 2 und 3).
In der CT werden Lungenparenchymveränderungen bei Sarkoidose in nichtfibrotische und fibrotische Veränderungen unterteilt, wobei nichtfibrotische Lungenparenchymveränderungen sich als multiple peribronchovaskuläre, perifissurale oder subpleurale Mikronoduli, als multiple größere peribronchovaskuläre Noduli, als verstreute größere Knötchen oder als Konsolidierung als die vorherrschende oder einzige Anomalie manifestieren [17]. Eine Lungenfibrose bei Sarkoidose kann sich mit bronchozentrischen Retikulationen mit oder ohne dichte parenchymale Konsolidierungen, mit oder ohne Kavernenbildung oder als große bronchozentrische Konsolidierungen manifestieren [17]. Vor allem eine bihiläre Lymphadenopathie in Kombination mit mikronodulären Parenchymveränderungen mit perilymphatischer Anordnung (Beteiligung der Pleura und der Fissuren) ist bei entsprechendem klinischem Kontext hochgradig suggestiv für die pulmonale Sarkoidose [18].

18F-FDG-PET/CT und andere spezielle Bildgebung

Die 18Fluor-Fluordesoxyglucose-Positronenemissionstomographie in Kombination mit der CT (18F-FDG-PET/CT) gewinnt in speziellen Indikationen bei Sarkoidose an Bedeutung [3]. Die aktuelle Leitlinie der American Thoracic Society (ATS) zur Diagnostik der Sarkoidose empfiehlt die Durchführung einer nach Fasting-Protokoll vorbereiteten PET/CT bei Patienten mit suspizierter Herzbeteiligung, wenn eine Herz-Magnetresonanztomographie (MRT) nicht möglich oder inkonklusiv ist [8]. In Fällen von pulmonaler Sarkoidose ermöglicht die 18F-FDG-PET/CT eine hochsensitive Darstellung der Entzündungsaktivität der Lunge, der mediastinalen Lymphknoten sowie der extrathorakalen Beteiligung inklusive Identifikation möglicher leicht zugänglicher Biopsiestellen. Außerdem kann insbesondere bei Multiorgansarkoidose und in therapierefraktären Fällen das Therapieansprechen beurteilt werden [11, 19, 20].
Bei speziellen Fragestellungen kommt je nach Organbefall auch die MRT zum Einsatz, z. B. in der Abklärung der kardialen Sarkoidose, wobei das Auftreten eines Late-Gadolinium-Enhancements (LGE) das Vorhandensein fibrotischer sowie entzündlicher Prozesse im Myokard signalisiert [21].

Pathogenese

Die granulomatöse Entzündung der Sarkoidose wird als dysregulierte Immunreaktion auf noch unbekannte Antigene aus der Umwelt bei genetisch anfälligen Personen angesehen [4, 9]. Ein erhöhtes Risiko für Sarkoidose wurde bei Menschen mit Exposition gegenüber Insektiziden, Schimmelpilzen, Metall-, anorganischen und organischen Stäuben sowie in Berufen wie der Brandbekämpfung und der Landwirtschaft identifiziert [4, 22]. Mikroben wie Cutibacterium acnes und verschiedene Mykobakterienarten wurden ebenfalls mit der Krankheit in Verbindung gebracht [4].
Bei positiver Familienanamnese besteht ein 2‑ bis 4faches Risiko, die Krankheit zu entwickeln [23, 24]. Varianten von Genen, die an der Antigenpräsentation beteiligt sind (HLA-Klasse II), und andere Gene wie BTNL2 und Tumor-Nekrose-Faktor‑α (TNF-α) wurden mit Sarkoidose assoziiert [4].
Diese Dysregulationen in der angeborenen Immunantwort können zur Persistenz von epitheloidzelligen Granulomen führen, die dann als Brennpunkt für weitere Inflammation und Entwicklung von Fibrose fungieren können [4]. Der „mammalian target of rapamycin complex“(mTORC1)-Stoffwechselweg hält beispielsweise die Granulombildung aufrecht [2528]. Die Ansammlung von CD4-T-Zellen in den betroffenen Organen ist ein weiteres Kennzeichen der Sarkoidose, und Zytokine wie TNF‑α, Interferon‑γ (IFN-γ), IL‑6 und transformierender Wachstumsfaktor (TGF-β) werden ebenfalls hochreguliert [3, 4, 12].

Allgemeine Therapieziele

Sarkoidose präsentiert sich in unterschiedlichsten Ausprägungen und Verlaufsformen – vom asymptomatischen Zufallsbefund, dem akuten, oft selbstlimitierenden Löfgren-Syndrom bis hin zur chronischen Multiorganform und zum plötzlichen Herztod. Trotzdem hat sich eine einfache Regel etabliert: Behandeln, um Organschäden zu vermeiden oder um die Lebensqualität zu verbessern [29].
Die Einschätzung der Organgefährdung erfordert einerseits klinische Untersuchungen, andererseits auch die Befragung des Patienten, speziell im Hinblick auf kardiale Symptome (z. B. Synkopen, Palpitationen). Die Lebensqualität wird häufig auch durch nicht organspezifische Symptome wie Fatigue beeinflusst [30].
Ein strukturierter Untersuchungsplan und ein definiertes Behandlungsziel sind für die gemeinsame Entscheidung zur Therapie hilfreich [4]. Während sich granulombedingte Probleme meist gut medikamentös behandeln lassen, beeinträchtigen Fatigue sowie Gelenk- und Muskelprobleme selbst gut therapierte Patienten oft noch beträchtlich [31]. Naheliegenderweise werden deshalb in Befragungen von Patienten das Funktionieren im Alltag und Lebensqualität als wichtigste Therapieziele genannt [32]. Problematisch wird von Patienten auch das Thema der oft nötigen, aber nebenwirkungsträchtigen Steroidtherapie wahrgenommen.
Der subjektive Begriff Lebensqualität kann über sog. PROMs („patient-reported outcome measures“) objektiviert werden. Hierfür existieren verschiedene Fragebögen, wie z. B. der King’s Sarcoidosis Questionnaire [33], welche allerdings eher in Studiensettings als in der täglichen Praxis Anwendung finden. Für die Klinik gilt aber jedenfalls, dass nicht nur organspezifische Symptome abgefragt werden sollen, sondern auch nichtorganbezogene Symptome wie Fatigue, Schmerzen, alltägliche kognitive Störungen, Small-fiber-Neuropathie, Bewegungseinschränkung und Depressionen [34]. Die Wertschätzung der patientenberichteten Symptome ist wichtig: So wird schwere Dyspnoe im Vergleich selten von Lungenpatienten, aber häufiger von Patienten mit kardiologischer Beteiligung berichtet [35]. Fatigue bleibt bei 2 von 3 Patienten auch nach Verschwinden aller organspezifischen Symptome bestehen. Begleitende Gedächtnisprobleme und depressive Symptome prognostizieren Fatigue, eine Lungenbeteiligung per se tut es nicht [36].
Ein kürzlich vorgestelltes Betreuungsmodell umfasst 5 Stufen [37]:
  • die Beurteilung der Symptome und Bedürfnisse des Patienten,
  • die Stärkung des Patienten durch Unterstützung und Aufklärung,
  • die Behandlung von Beschwerden und Komorbiditäten,
  • die medikamentöse Behandlung der Organmanifestationen,
  • die Behandlung und Einbindung extrapulmonaler Spezialisten bei Bedarf.
Die Aufklärung und Schulung sind die Voraussetzung für eine qualifizierte Mitentscheidung des Patienten zur Therapie, aber auch eine notwendige Qualifikation zur Darstellung und Diskussion von Symptomen und ein Mittel zur Verbesserung der Lebensqualität. Auf dieser Basis soll das Behandlungsziel, individuell an Klinik und Risikokonstellation angepasst, zwischen Patient und Behandler definiert werden.

Medikamentöse Therapie

Die Indikation zur Behandlung hängt von 2 Hauptfaktoren ab: (1) Risiko für Tod oder Organschaden und (2) Beeinträchtigung der Lebensqualität durch Symptome [38]. Die Gesamtmortalität der Sarkoidose liegt bei etwa 5 % [3941]. Die kardiale sowie pulmonale Beteiligung inklusive pulmonaler Hypertonie und Lungenfibrose stellen die häufigsten Todesursachen dar [4, 40, 4245]. Die aktuell empfohlene Therapie – unabhängig vom Manifestationsort – versteht sich als Stufentherapie (Abb. 4), beginnend mit Glukokortikoiden als „first-line“ [40].

Erstlinientherapie

Glukokortikoide

Dosis: Prednison/Äquivalent 20–40 mg/Tag, in absteigender Dosierung.
Primäres Therapeutikum der Wahl ist ein Glukokortikoid in der niedrigsten möglichen Dosierung und Therapiedauer. Eine Langzeitanwendung ist mit erheblicher Organ- und Systemtoxizität verbunden [13, 40, 46, 47]. Daher empfiehlt ein rezenter Delphi-Konsens eine Begrenzung der anfänglichen Kortikosteroidtherapie auf 3 bis 6 Monate mit dem Ziel, nach klinischem Ansprechen auf eine Erhaltungsdosis von < 10 mg Prednison/Tag zu reduzieren [48]. Im Falle einer Langzeitkortisontherapie (> 3 Monate) werden eine ausführliche Aufklärung über das Nebenwirkungsprofil und eine Osteoporoseabklärung empfohlen [49]. Bei Normokalzämie sollte entsprechend den allgemeinen Empfehlungen auf eine ausreichende Kalzium- (1000–1200 mg/Tag) und Vitamin-D-Zufuhr (Serum-Vitamin-D3-Ziel ≥ 30–50 ng/ml) geachtet werden [49], bei Mangelzuständen soll unter regelmäßiger Laborkontrolle substituiert werden. Eine Kalziumsubstitution bei Sarkoidose sollte immer unter regelmäßigen Laborkontrollen erfolgen.

Zweitlinienbehandlung bei Nichtansprechen auf Kortikosteroide bzw. als glukokortikoidsparende Medikation

In symptomatischen Fällen, in denen die Krankheit trotz Kortikosteroidtherapie fortbesteht, inakzeptable Steroidnebenwirkungen auftreten oder ein hohes Risiko für Mortalität oder bleibende Organschäden besteht, ist eine steroidsparende, nichtbiologische immunsuppressive Zweitlinientherapie indiziert [40].

Methotrexat (MTX)

Dosierung: 10–15 mg wöchentlich, dazu Folsäure 5 mg 1‑ bis 2‑mal wöchentlich [40].
Die Dosis von Methotrexat (MTX) kann bei Bedarf und akzeptablem Nebenwirkungsprofil auf 20 mg oder mehr erhöht werden. Es wird empfohlen, MTX mit Folsäure zu kombinieren [40, 50]. Subkutanes MTX wird bei ungenügendem klinischem Ansprechen und/oder gastrointestinalen Nebenwirkungen empfohlen [51]. Verlässliche Empfängnisverhütung ist angezeigt!

Azathioprin (AZA)

Dosierung: 50–250 mg täglich [40].
Eine genetische Analyse der TPMT-Allele vor Einleitung kann helfen, die Verträglichkeit vorherzusagen, Mittel der Wahl bei Kinderwunsch.

Drittlinientherapie in refraktären Fällen (Auswahl)

Es besteht eine Vielzahl an Drittlinientherapeutika, wobei TNF-α-Inhibitoren die gängigsten Medikamente sind. Eine Auswahl ist hier genannt, für detaillierte Informationen verweisen wir auf die jeweiligen Fachgesellschaften und Leitlinien [40].
Infliximab: Dosis 3–5 mg/kg i.v. initial und nach 2 Wochen; Wiederholung dann alle 4 bis 6 Wochen [40, 52].
Adalimumab: Dosis 40 mg alle 1 bis 2 Wochen s.c. [40, 53].

Antifibrotische Therapie

Nintedanib: Im Falle eines progressiv fibrosierenden Verlaufs einer SAPF soll eine antifibrotische Medikation mit Nintedanib erfolgen [54, 55].

Zukünftige Entwicklungen: neue therapeutische Ansätze

Neue Erkenntnisse betreffen den JAK-STAT-Signalweg und die Typ-1-Immunität. Die Wirksamkeit von Tofacitinib (5–10 mg 2‑mal täglich) bei Patienten mit kutaner Sarkoidose ist umfassend nachgewiesen, wenn auch nur in kleinen Kohorten [5658].
In einer Reihe von Studien wurde eine aktive mTOR-Signalübertragung in Granulomen von Sarkoidosepatienten mit Lungen- [25, 27], Herz- [28, 59] und Hautbefall [60] nachgewiesen. Klinische Studien mit dem systemischen mTOR-Inhibitor Sirolimus haben eine Wirksamkeit bei Patienten mit kutaner Sarkoidose [61] (6 mg 1‑malig und 2 mg oral/Tag über 4 Monate) mit einer lang anhaltenden Wirkung von mehr als einem Jahr nach der Behandlung und bei einem Lungensarkoidosepatienten [62] (2 mg/Tag/10 Monate) mit einer Besserung der CT und der Hustensymptomatik gezeigt.
Für alle hier genannten Substanzen gilt, dass noch weitere, größere klinische Studien nötig sind, bis sie als Routinetherapie für Sarkoidose empfohlen werden können.

Pulmonale Sarkoidose

Die pulmonale Beteiligung stellt mit bis zu 95 % die häufigste Manifestation der Sarkoidose dar und ist oft durch eine mediastinale und bihiläre LAP charakterisiert. Eine Parenchymbeteiligung kann sich als typisch noduläres Muster mit perilymphatischer Verteilung bis hin zur irreversiblen Fibrose („sarcoidosis-associated pulmonary fibrosis“ [SAPF]) manifestieren [1, 2, 16, 63]. Mit zunehmendem Parenchymbefall nehmen die Spontanremissionsrate und die generelle Prognose ab [4, 15, 44].
Die klinische Präsentation ist sehr variabel und bei Erstmanifestation teils oligo- bis asymptomatisch. Respiratorische Symptome wie Husten, Dyspnoe oder thorakales Druckgefühl, systemische Zeichen wie Fieber, B‑Symptomatik, Fatigue oder Symptome anderer Organmanifestationen können vorliegen [44].
Die thorakale Beteiligung bei akuten Formen der Sarkoidose (beispielsweise Löfgren-Syndrom oder Heerfordt-Syndrom) weist mit bis zu 85 % eine hohe Rate an Spontanremissionen auf [4, 44]. Eine invasive Diagnostik ist hier in aller Regel bei typischer Klinik und Bildgebung nicht indiziert, jedoch eine engmaschige Verlaufskontrolle. Die Therapie besteht primär in einer symptomorientierten Behandlung, wie beispielsweise mit NSAR [4, 8, 40].
Je nach Befallsmuster kann die Lungenfunktion unauffällig, obstruktiv oder restriktiv sein, sowie eine Diffusionsstörung aufweisen. Belastungsuntersuchungen wie der 6‑Minuten-Gehtest oder die Spiroergometrie können funktionell relevante pulmonale Beteiligungen demaskieren [64].
Der Entscheidung zur histologischen Diagnosesicherung sollte eine Risiko-Nutzen-Abwägung sowie die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit benigner und maligner Differenzialdiagnosen (z. B. Lymphom, Bronchialkarzinom, Tuberkulose, Silikose) vorausgehen. Eine reine LAP mit typischer Präsentation und ohne Therapieindikation kann durchaus ohne histologische Sicherung beobachtet werden, wobei eine Abwägung im Einzelfall erfolgen soll [8]. Wenn eine invasive Abklärung notwendig erscheint, sollte diese bei LAP mittels endobronchialer ultraschallgezielter Lymphknotenbiopsie (EBUS-TBNA) erfolgen, eine lymphozytäre BAL mit CD4/CD8-Ratio > 3,5 kann die Diagnose unterstützen. Bei makroskopisch auffälliger Bronchialschleimhaut ist eine Zangenbiopsie empfohlen, Biopsien aus dem Lungenparenchym sind insgesamt nur selten nötig [8, 44].
Die Therapie von potenziell chronischen Formen der Sarkoidose abseits von akuter Organ- oder Lebensbedrohung sollte im Rahmen von „shared decision making“ mit den Patienten gemeinsam getroffen werden und ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig: Für die Einleitung einer Therapie sprechen eine Einschränkung der Lebensqualität aufgrund von Symptomen sowie das Risiko einer Organschädigung z. B. bei Verlust von Lungenfunktion, ausgedehntem Lungenparenchymbefall und/oder Ausbildung von fibrotischen Veränderungen [40].

Kutane Sarkoidose

Bis zu 30 % der Sarkoidosepatienten präsentieren sich mit einer Hautmanifestation, oft als Erstsymptom [65].
Bei Hautsarkoidose wird einerseits zwischen akut und chronisch, andererseits zwischen spezifischen und unspezifischen Hautmanifestationen differenziert (Tab. 2; [6668]). Dies ist wichtig, da die Diagnose einer Hautsarkoidose nur bei spezifischen Hautmanifestationen aus der Hautbiopsie gesichert werden kann. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Ausprägungen der Hautsarkoidose sollte ein Facharzt für Dermatologie zur Beurteilung herangezogen werden.
Tab. 2
Unterschiedliche Hautmanifestationen der Hautsarkoidose [6668]
Häufigkeit
Spezifische Hautmanifestationen
Unspezifische Hautmanifestationen
Sehr häufig
Papeln
Erythema nodosum
Plaques
Häufig
Lupus pernio
Steroidakne
Subkutane Knoten
Narbensarkoidose
Selten
Ichthyosiform
Calcinosis cutis
Nagelbeteiligung
Trommelschlegelfinger
Alopezie
Psoriasis
Erythrodermie
Ulzera
Das Erythema nodosum ist eine unspezifische Hautmanifestation der akuten Verlaufsform der Sarkoidose, dem Löfgren-Syndrom und präsentiert sich mit livid-roten Knoten am häufigsten im Bereich der Schienbeine. Histologisch zeigen sich eine septale Pannikulitis, aber keine nackten Granulome. Die Diagnose eines Löfgren-Syndroms wird klinisch in Zusammenschau mit der weiteren Organsymptomatik (Erythema nodosum, bihiläre Lymphadenopathie, Arthritis) gestellt.
Die Therapie der Hautsarkoidose wird bestimmt durch den Typ der Hautmanifestation, die Ausprägung, die Gefahr einer Narbenbildung, den Leidensdruck des Patienten und das Ausmaß der weiteren Organbeteiligung (Abb. 5). Die Behandlung der Haut (z. B. durch topische Therapien) muss auch mitbedacht werden, wenn primär andere Organsysteme das Therapieregime bestimmen. Wird eine Systemtherapie begonnen, sollte diese für mindestens 3 Monate durchgeführt werden, bevor die Wirksamkeit bezüglich der Haut bewertet wird [61, 6668].

Artikuläre und muskuläre Manifestationen

Muskuloskeletale Manifestationen treten bei bis zu einem Drittel der Patienten auf, können komplexe Krankheitsbilder bedingen und reichen von Arthralgien bis zu destruktiven ossären Läsionen [69, 70]. Muskuloskeletale Beteiligungen zeigen sich in der Regel früh im Verlauf der Erkrankung. Verschiedene bildgebende Verfahren wie die 18F-FDG-PET/CT könnten sich als nützlich erweisen, um das Ausmaß der Beteiligung und die Aktivität der Krankheit zu erfassen [71]. Bei der Behandlung der rheumatischen Sarkoidosemanifestationen haben bis dato Glukokortikoide einen zentralen Stellenwert inne. Methotrexat stellt das bevorzugte steroidsparende Agens dar, sofern keine renale Beteiligung oder andere Kontraindikationen vorliegen. Therapien mit Biologika, insbesondere TNF-α-Inhibitoren, werden in schwerwiegenden Fällen eingesetzt [70, 72].

Gelenkbeteiligung

Akute Arthritis (Löfgren-Syndrom)

Die häufigste muskuloskeletale Manifestation der Sarkoidose ist das Löfgren-Syndrom, welches die Triade aus symmetrischer hilärer Lymphadenopathie, (Peri‑)Arthritis und Erythema nodosum umfasst [73]. Die Gelenkbeteiligung betrifft typischerweise beide Sprunggelenke, kann selten aber auch andere Regionen einschließlich der Knie‑, Hand‑, Ellenbogen- und Metakarpophalangealgelenke (MCP) betreffen [74]. Sonographisch imponiert die betroffene Gelenkregion meist durch eine periartikuläre Weichteilschwellung und Tenosynovitis. Die Erkrankung tritt saisonal gehäuft insbesondere im Frühling auf und zeichnet sich durch eine vergleichsweise hohe Spontanremissionsrate und niedrige Rezidivwahrscheinlichkeit aus [75, 76]. Bei entsprechender klinischer Präsentation ist eine histologische Gewebssicherung in der Regel nicht notwendig [70], die Behandlung erfolgt symptomatisch mittels nichtsteroidaler Antirheumatika (NSARs).

Chronische Arthritis

Die chronische Form der Sarkoidose-assoziierten Arthritis geht oftmals mit anderen extrapulmonalen Manifestationen, insbesondere der Hautbeteiligung, einher [77]. Charakteristisch ist eine symmetrische Oligoarthritis der mittleren bis großen Gelenke. Destruktiv verlaufende Arthritiden sind selten. Das klinische Bild der Jaccoud-Arthropathie, die sich durch eine deformierende, jedoch nicht erosive Arthritis auszeichnet, kann beispielsweise bei Patienten mit Organbeteiligung im fortgeschrittenen Krankheitsstadium beobachtet werden [71]. Die Ausschlussdiagnose von Gicht, Kalziumpyrophosphatarthropathie (Pseudogicht) und septischer Arthritis ist wichtig. Eine Synovialbiopsie ist oftmals hilfreich, um ein granulomatöses Infiltrat nachzuweisen und andere Differenzialdiagnosen auszuschließen [70]. Eine axiale, die Wirbelsäule respektive das Sakroiliakalgelenk affektierende Verlaufsform ist oft asymptomatisch – Läsionen werden oft während bildgebender Untersuchungen per Zufall detektiert [78]. Obwohl die Sakroiliitis im Rahmen der Sarkoidose in der Regel unilateral auftritt, kann es ohne bioptische Abklärung schwierig sein, sie von Tuberkulose oder einer durch eine andere Infektion verursachten Sakroiliitis zu differenzieren. Eine weiterführende Abklärung und die Bestimmung von HLA-B27 kann hilfreich sein, um sie von einer axialen Spondyloarthritis (SpA) zu unterscheiden [71, 79].

Daktylitis

Eine weitere Manifestationsform der Sarkoidose-assoziierten Arthropathie ist die Daktylitis, welche sonst typischerweise bei Psoriasisarthritis auftritt und durch plumpe, aufgetriebene, verdickte und gerötete „Wurstfinger“ charakterisiert ist [70]. Sie ist gehäuft bei Patienten afrikanischer Abstammung und in Zusammenhang mit einer systemischen Beteiligung [70, 71], typischerweise asymmetrisch an den zweiten und dritten Fingergliedern unter Aussparung der MCP-Gelenke lokalisiert [80]. Histologisch finden sich Tenosynovitis und Granulome im Weichgewebe [81].

Muskelbeteiligung

Die Sarkoidose-assoziierte Myopathie mit Beteiligung der Skelettmuskulatur tritt histologisch in bis zur Hälfte aller Sarkoidosepatienten auf, jedoch hat nur ein Bruchteil (0,5–2 %) eine klassische Symptomatik [70, 82, 83]. Das Beschwerdebild umfasst neben generalisierter Schwäche, Fatigue und reduzierter Leistungsfähigkeit auch Myalgien sowie eine proximal betonte Muskelschwäche [84]. Die Unterscheidung zu anderen Muskelerkrankungen kann oftmals herausfordernd sein [85], insbesondere bei Myopathie unter Glukokortikoidtherapie. Eine Muskelbiopsie ist hier zur Differenzialdiagnose hilfreich [70].

Okuläre Sarkoidose

Die Sarkoidose kann jede Struktur von Auge und Augenanhangsgebilden wie Orbita, Lider, Tränendrüse und -wege, Bindehaut und das Augeninnere betreffen. Der Anteil der okulären Beteiligung bei systemischer Sarkoidose wird in der Literatur mit 10–71 % recht variabel angegeben [86]. Die häufigste visusrelevante Manifestation ist eine Entzündung der Uvea, der mittleren Augenhaut. Die Uveitis wird nach dem primären Fokus der Entzündung in Uveitis anterior (Iris, Ziliarkörper), intermedia (Vitreus, Pars plana), posterior (Choroidea, Retina) und Panuveitis (alle Bereiche betroffen) unterteilt. Uveitis ist also ein Überbegriff für klinisch und prognostisch unterschiedliche Krankheitsbilder. Eine Uveitis wird bei 20–30 % aller Patienten mit Sarkoidose beschrieben. Häufig ist die Uveitis dabei die klinische Erstmanifestation einer systemischen Sarkoidose (30–79 %) [87]. Bei mehr als einem Drittel der Sarkoidose-assoziierten Uveitisfälle bleibt die Uveitis die einzige Manifestation einer Sarkoidose.
Die Diagnose einer okulären Sarkoidose kann insbesondere in Abwesenheit systemischer Zeichen schwierig sein. Eine Biopsie von intraokulärem Gewebe wird aufgrund des Komplikationsrisikos nur selten in dieser Indikation durchgeführt. Diagnostische Kriterien wurden vom IWOS (International Workshop on Ocular Sarcoidosis) erstellt [88]. Diese umfassen 7 typische klinische intraokuläre Zeichen (z. B. Irisknötchen, noduläre oder segmentale Periphlebitis) sowie diverse systemische Untersuchungen, die zum Verdacht einer okulären Sarkoidose führen sollen. Die Symptome einer Uveitis bei Sarkoidose sind allesamt unspezifisch und je nach Uveitisform, Lokalisation und zeitlichem Verlauf unterschiedlich. Photophobie, Skotome, Schleiersehen sowie Schmerzen und Rötungen sind häufigere Symptome.
Die Therapie der Sarkoidose-assoziierten Uveitis ist abhängig von Schweregrad und Uveitisform. Kortikosteroide sind der Hauptpfeiler der Behandlung. Da topisches Kortison nur im vorderen Augensegment wirkt, ist in der Regel eine systemische Therapie angezeigt. Lokale Therapiealternativen sind periokuläre und intravitreale Kortisoninjektionen, deren Nutzen/Risiko im Einzelfall abzuwägen ist. Bei chronischem Verlauf sowie häufigen Rezidiven besteht die Indikation für eine systemische immunsuppressive Therapie (Antimetabolite, Calcineurinantagonisten) oder Biologika, wobei eine Zulassung für die Behandlung einer Uveitis derzeit nur für Adalimumab besteht [89].
Bei Verdacht und zum Ausschluss einer aktiven Entzündung genügen augenärztliche Standarduntersuchungen. Eine zeitnahe Überweisung zum Augenfacharzt sollte bei unklaren akuten oder rezidivierenden Augenrötungen und -schmerzen erfolgen oder bei unklaren Sehstörungen. Die Betreuung an einem Spezialzentrum für Uveitis ist angezeigt bei schweren Uveitisfällen und chronischen oder häufig rezidivierenden Verläufen.

Pulmonale Hypertonie

Anhand der aktuellen ESC/ERS pulmonale Hypertonie(PH)-Leitlinien wird eine PH durch den Anstieg des pulmonalarteriellen Mitteldrucks (mPAP) > 20 mm Hg definiert [90, 91]. Wenn eine PH bei einer Sarkoidose auftritt, wird diese laut der aktuellen klinischen Klassifikation in die Gruppe 5 (PH mit unklaren und/oder multifaktoriellen Mechanismen) eingeteilt. Epidemiologische Studien berichten, dass 6–20 % der Patienten mit Sarkoidose eine PH entwickeln [92]. Die Ursache der pulmonalen Druckerhöhung ist multifaktoriell, wobei die Bildung von Granulomen in den Lungengefäßen, entzündliche Veränderungen, chronische Thromboembolien, fibrosierende Prozesse in der Lunge und im Mediastinum sowie die Kompression der Lungengefäße durch Lymphknoten eine Rolle spielen können.
Das häufigste Symptom einer PH bei Sarkoidose ist eine Belastungsdyspnoe, welche nicht mit der Grunderkrankung selbst erklärt werden kann. Die wichtigste nichtinvasive Untersuchungsmethode ist die Echokardiographie, welche direkte und indirekte Hinweise für eine pulmonale Druckerhöhung liefert. Die Diagnose wird mit einer Rechtsherzkatheteruntersuchung bestätigt, welche die Messung des mPAP und die Berechnung des pulmonalen Gefäßwiderstandes erlaubt [90, 91].
Es liegen derzeit keine zugelassenen Medikamente zur spezifischen Therapie der PH bei Sarkoidose vor. Kleinere Studien zeigten eine hämodynamische bzw. klinische Besserung auf zugelassene PH-Medikamente, diese Ergebnisse sind aber nicht in größeren Untersuchungen validiert [9396]. Bei entzündlich aktiver Erkrankung wurde auch über die Effektivität einer Behandlung mit Kortikosteroiden bzw. immunsuppressiven Medikamenten berichtet. Die Prognose einer schweren PH bei Sarkoidose ist schlecht, deswegen soll in ausgewählten Fällen rechtzeitig eine Lungentransplantation in Erwägung gezogen werden [97].

Kardiale Sarkoidose

Eine kardiale Beteiligung tritt bei 25 % aller Patienten mit Sarkoidose auf, allerdings ist sie nur in 2–7 % klinisch relevant [98]. In diesen Fällen stellt die kardiale Beteiligung jedoch einen schwerwiegenden Befund dar, da 13–25 % aller Sarkoidose-bedingten Todesfälle auf die kardiale Mitbeteiligung zurückgeführt werden [3, 99]. Ungefähr bei einem Drittel der Patienten mit kardialer Sarkoidose besteht eine isolierte kardiale Beteiligung. Die kardiale Sarkoidose ist pathophysiologisch durch eine inflammatorische, potenziell reversible granulomatöse Infiltration, gefolgt von einer irreversiblen Fibrosierung charakterisiert. Der direkte histologische Nachweis mittels Endomyokardbiopsie gelingt aufgrund der fokalen Infiltration nur in ca. 25 % der Fälle („sampling error“) [100102].
Je nach Lokalisation und Ausmaß der Infiltrate treten Erregungsleitungsstörungen, ventrikuläre Arrhythmien und eine abnehmende systolische Funktion auf. Besonders bei Patienten im Alter unter 60 Jahre mit hochgradigem AV-Block, ventrikulären Arrhythmien bis hin zum plötzlichen Herztod oder nichtischämischer Herzinsuffizienz ist die kardiale Sarkoidose daher eine wichtige Differenzialdiagnose. „Red flags“ sind neben Palpitationen, Synkopen und Zeichen bzw. Symptomen der Herzinsuffizienz regionale, nicht durch KHK erklärbare Wandbewegungsstörungen mit narbiger Wandverdünnung im Herzultraschall (v. a. basal inferiores Septum), des Weiteren treten häufig Erregungsleitungsstörungen wie Schenkel- oder AV-Block im EKG auf [103]. Bei gesicherter extrakardialer Sarkoidose ist dementsprechend eine Anamnese hinsichtlich kardialer Symptome empfohlen, ebenso wie die Durchführung eines Routine-EKG. Eine Echokardiographie kann weiterführend erwogen werden. Die oben genannten „red flags“ sind indikativ für das Vorliegen einer kardialen Beteiligung und sollten ein Screening auf kardiale Beteiligung nach sich ziehen [99, 104].
Bei einer isolierten kardialen Sarkoidose ist gemäß internationalen Richtlinien ein bioptischer Nachweis gefordert, welcher aufgrund der niedrigen Sensitivität der Endomyokardbiopsie jedoch häufig nicht gelingt [8, 98]. Diagnostisch wegweisend ist der Nachweis von fokaler Inflammation bzw. fibrotischer Areale in der kardialen MRT oder im Fasting-FDG-PET. Beim Fasting-PET wird ein spezifisches Patientenvorbereitungsprotokoll vor der Untersuchung eingehalten (12–24 h fettreiche Diät ohne Kohlenhydrate, 12–18 h Fasten und ggf. zusätzlich noch i.v. Heparin 15 min vor der Untersuchung) [105]. In der klinischen Realität wird daher häufig rein auf der Grundlage der nichtinvasiven Bildgebung im Kontext mit typischer Anamnese, Klinik und Zeichen einer kardialen Sarkoidose eine immunsuppressive Therapie eingeleitet, auch wenn ein bioptischer Sarkoidosebeweis nicht gelingt [106, 107]. Bei bioptisch gesicherter extrakardialer Sarkoidose ist die kardiale Bildgebung ausreichend für den Nachweis einer kardialen Mitbeteiligung [98]. Eine immunsuppressive Therapie ist indiziert bei Vorliegen eines AV-Blocks, ventrikulären Arrhythmien oder Herzinsuffizienz. Des Weiteren bestehen spezifische Indikationskriterien für die primärprophylaktische Implantation eines implantierbaren Kardioverter-Defibrillators (ICD) [104].

Renale Sarkoidose

Die exakte Prävalenz der renalen Beteiligung der Sarkoidose liegt nach Schätzungen bei 10–30 % [108, 109]. Dabei wird grundlegend unterschieden zwischen:
  • der renalen Sarkoidosebeteiligung im Sinne einer granulomatösen interstitiellen Nephritis,
  • der durch Hyperkalzämie/-kalzurie verursachten Nephrokalzinose mit oder ohne Nephrolithiasis.
Hinsichtlich des Verlaufs treten sowohl akute Nierenfunktionseinschränkungen (AKI) als auch chronische Formen (CKD) auf.
Diagnostisch sollten bei jedem Sarkoidosepatienten eine Bestimmung des Serumkreatinins sowie eine Berechnung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) erfolgen, um die quantitative Einschränkung der Nierenfunktion einschätzen zu können [8]. Des Weiteren sollten das Serumkalzium sowie – bei Auffälligkeiten in der Routinediagnostik – idealerweise das Parathormon und 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3 (Calcitriol) bestimmt werden. Differenzialdiagnostisch kommen zahlreiche andere, häufigere Ursachen für ein AKI bzw. eine CKD infrage, die renale Sarkoidosebeteiligung ist daher meist eine Ausschlussdiagnose. Bildgebend sollte eine Sonographie der Nieren und ableitenden Harnwege bei jedem Verdacht auf Nierenbeteiligung durchgeführt werden [110].
Die Nephrokalzinose ist die häufigste renale Komplikation einer Sarkoidose und Ausdruck einer sekundären Schädigung durch eine Hyperkalzurie und verläuft häufig asymptomatisch. Bei Vorliegen einer Nephrolithiasis oder Hyperkalzämie sollte unbedingt eine suffiziente medikamentöse Sarkoidosetherapie erfolgen, zusätzlich empfiehlt sich ein konventionelles CKD-Management [111].
Stellt sich der Verdacht auf eine interstitielle Beteiligung im Sinne einer granulomatösen Nephritis (mittelgradig bis stark eingeschränkte Nierenfunktion mit AKI III° oder CKD G4–5, häufig diffus aktive Sarkoidose, unauffälliges Harnsediment), sollte an eine Nierenbiopsie zur Diagnosesicherung gedacht werden [112, 113]. Hier zeigen sich nicht-verkäsende interstitielle Granulome, welche bei fehlendem bzw. geringem Fibrosierungsgrad als therapeutische Konsequenz eine Kortikosteroidtherapie bedingen [114].

Neurosarkoidose

In 5–10 % kommt es zum Auftreten neurologischer Symptome im Rahmen einer Sarkoidose [115]. Darüber hinaus konnte bei 15–25 % eine asymptomatische nervale Beteiligung mittels histologischer Aufarbeitung in Autopsiestudien nachgewiesen werden [116]. Eine isolierte Neurosarkoidose tritt in rund 10–20 % auf. Diese Fälle stellen eine besondere diagnostische Herausforderung dar, da die Abgrenzung zu anderen neurologischen Erkrankungen schwierig ist [115].
Die Neurosarkoidose (NS) betrifft bevorzugt das zentrale Nervensystem inklusive Hirnnerven, kann jedoch seltener auch das periphere Nervensystem einschließlich der Muskulatur involvieren. Das Vorliegen einer aseptischen basalen Meningitis (in ca. 30 % der Fälle) sowie eine ein- oder beidseitige Hirnnervenaffektion (50–75 %) gelten als „typisches“ Bild einer Neurosarkoidose. Hierbei kommt es bevorzugt zu einer Beeinträchtigung des N. opticus (in ca. einem Drittel der Fälle) mit Auftreten einer Sehstörung oder einer peripheren Fazialisparese (in ca. einem Viertel der Fälle) [117]. Seltener manifestiert sich eine NS mit Ausfällen anderer Hirnnerven, einer Myelopathie (in ca. einem Viertel der Fälle), Polyneuropathie (zumeist in Form einer Mononeuritis multiplex, axonal führenden sensomotorischen Polyneuropathie oder Small-fiber-Polyneuropathie) oder Myopathie (< 10 %). Ausgeprägte leptomeningeale und parenchymatöse Veränderungen mit Involvierung der Hypophysenachse, Enzephalopathien, Hydrozephalus oder epileptischen Anfällen sind beschrieben [116].
Bei Verdacht auf eine neurologische Beteiligung sind zusätzlich zur allgemeinen Sarkoidoseabklärung eine Bildgebung mittels MRT und eine Lumbalpunktion indiziert. Eine pathognomonische Befundkonstellation der Bildgebung und des Liquors existiert allerdings nicht. Die MRT sollte mit Kontrastmittel (KM) durchgeführt werden und liefert in bis zu 80 % der Fälle mit NS einen auffälligen Befund wie eine leptomeningeale Anreicherung (65 %) oder basale und periventrikuläre Hyperintensitäten in T2-gewichteten Bildern (46 %) [118]. Der Liquor weist zumeist eine lymphozytäre Pleozytose mit fehlender intrathekaler Immunglobulinbildung auf, dennoch ist der Nachweis transienter oligoklonaler Banden möglich. Die zusätzliche Bestimmung von ACE, Beta-2-Mikroglobulin, Lysozym, löslichem IL-2-Rezeptor und Neopterin im Liquor können nützlich sein [119].
Neben der neurologischen Abklärung sollte eine intensive systemische Abklärung inklusive Ausschluss einer Tuberkulose erfolgen, auch um mögliche Biopsiestellen zu identifizieren, um nach Möglichkeit auf eine Nerven- oder Hirnbiopsie verzichten zu können. Ist das nicht möglich, muss eine solche aber dennoch in unklaren Fällen bei mutmaßlich isolierter NS aufgrund der Konsequenz einer langfristigen Immunsuppression ernsthaft erwogen werden.
Gesonderte wissenschaftlich abgesicherte Therapieempfehlungen bezüglich NS existieren nicht. Glukokortikoide werden analog zur pulmonalen Sarkoidose als First-line-Therapie eingesetzt. Je nach Schweregrad der Beschwerden wird zudem zuvor oft ein Kortisonstoß (z. B. 1 g Methylprednisolon pro Tag für 3 bis 5 Tage) verabreicht. Bei unzureichendem Therapieansprechen oder Rezidiv wird bevorzugt der zusätzliche Einsatz von Methotrexat empfohlen. Alternativen bei Therapieversagen sind Azathioprin, Hydroxychloroquin, Mycophenolat oder Infliximab [40].
Bei Vorliegen einer krankheitsassoziierten (Small-fibre‑)Polyneuropathie kann unter etablierter immunmodulatorischer/-suppressiver Therapie eine Stabilisierung oder Besserung eintreten. Zur Behandlung persistierender neuropathischer Schmerzen bestehen keine gesonderten Empfehlungen, es sollen analog zur Behandlung anderer neuropathischer Schmerzen Antikonvulsiva, Antidepressiva, Opiate und Lokalanästhetika angewandt werden [120].

Gastrointestinale und hepatale Sarkoidose

Eine klinisch manifeste Beteiligung des Gastrointestinaltrakts bei Sarkoidose ist äußerst selten (< 1 %), wohingegen eine symptomatische Beteiligung der Leber mit 5–20 % häufiger zu beobachten ist. Die Rate an subklinischen Beteiligungen der Organe aus dem Gastrointestinaltrakt ist wesentlich höher.

Gastrointestinale Sarkoidose

Eine gastrointestinale Beteiligung im Rahmen einer Sarkoidose kann vom Mund bis zum Rektum auftreten [121]. Der obere Gastrointestinaltrakt (insbesondere der Magen) scheint hier häufiger betroffen zu sein als der untere [122].
Im Mund kann sich die Sarkoidose als Knoten oder Ulzerationen im Bereich der bukkalen Schleimhaut oder des Zahnfleisches als Gingivahyperplasie bzw. Gingivitis manifestieren. Ein Mitbeteiligung der Ösophagusschleimhaut und/oder -muskulatur betrifft meist das untere Ösophagusdrittel und kann zur Dys- und/oder Odynophagie bis hin zu einem Achalasie-ähnlichen Bild führen [122]. Die endoskopisch sichtbaren Veränderungen sind meist unspezifisch (plaqueartige oder knotig) und bedürfen einer bioptischen Abklärung [123].
Die Magenbeteiligung ist durch Vorliegen einer granulomatösen Gastritis charakterisiert. Wichtige Differenzialdiagnosen sind der Morbus Crohn oder andere Formen der chronischen Gastritis, da diese ebenfalls zu Granulomen in der Magenschleimhaut führen können. Die Magenbeteiligung ist meist ein Zufallsbefund: Dyspeptische Beschwerden oder Komplikationen wie eine gastrointestinale Blutung oder Obstruktion sind selten [121, 122]. Patienten mit bekannter Sarkoidose, die entsprechende Symptome aufweisen, sollten endoskopisch abgeklärt werden [122]. Den dyspeptischen Symptomen kann – obwohl kontrollierte Studien hierzu fehlen – mit Protonenpumpenhemmern entgegengewirkt werden [121, 122, 124]. Eine Beteiligung von Dünndarm, Kolon, Rektum und Pankreas ist äußerst selten.

Leberbeteiligung

Eine Leberbeteiligung bei Sarkoidose kommt häufig vor (50–90 %), ist aber nur in 5–15 % symptomatisch [125]. Das klinische Spektrum kann von einer asymptomatischen Erhöhung der Leberenzyme (vorrangig cholestatisches Muster mit Erhöhung der alkalischen Phosphatase und Gamma-Glutamyl-Transferase) bis hin zu Hepatomegalie, Schmerzen im rechten Oberbauch und Juckreiz reichen. Das morphologische Erscheinungsbild der hepatalen Sarkoidose kann dem einer primär sklerosierenden Cholangitis (intrahepatische biliäre Strikturen) oder einer primär biliären Cholangitis ähneln [126], aber auch intrahepatische Raumforderungen (meist in Nahbeziehung zu Pfortaderästen, in der Regel bis maximal 3 cm) können auftreten [127]. Zur Entwicklung einer biliären Fibrose oder Zirrhose mit portaler Hypertension kommt es nur selten (bei 6–8 %) [121]. Die Diagnosestellung erfolgt auch hier histologisch und erfordert den Ausschluss anderer Ursachen von Granulomen in der Leber (z. B. TBC, granulomatöse Hepatitis im Rahmen einer „drug-induced liver injury“, primär biliäre Cholangitis, andere Autoimmunerkrankungen wie Vaskulitiden …) [128]. Neben der Standardtherapie der Sarkoidose kann im Falle einer intrahepatischen Cholestase eine empirische Therapie mit Ursodeoxycholsäure 13–15(–20) mg/kg zur Verbesserung der Cholestaseparameter führen [129131].
Eine Beteiligung der Milz bei Sarkoidose ist häufig und meist asymptomatisch. Bei bis zu 80 % der Patienten liegt eine Splenomegalie vor, auch Rundherde in der Milz können in der Bildgebung detektiert werden [110].

Rehabilitation

Eine multimodale interprofessionelle Rehabilitation wird je nach Leitsymptom/-organ (Lunge/Herz/Neuro/Bewegungs- und Stützapparat) über die Sozialversicherungsträger ambulant bzw. stationär beantragt und hat nachgewiesene positive Effekte bei Patienten mit Sarkoidose. So kann die Leistungsfähigkeit, bemessen am 6‑Minuten-Gehtest, verbessert werden [132], ähnliche Daten gibt es auch zu Kraftzuwächsen der unteren Extremität. Das Leitsymptom Fatigue, welches mit eingeschränkter Lebensqualität, kognitiven Defiziten bis hin zu Depressionen einhergehen kann, konnte ebenfalls signifikant verbessert werden. Eine prospektive deutsche Multicenterstudie [133] und eine Studie zu Langzeiteffekten der Reha [134] konnten diese Daten bestätigen – hier wurden zusätzlich Daten zur Lebensqualität erhoben, die ebenso positiv waren. Für die Sozialversicherungsträger waren positive Aspekte für die Arbeitsfähigkeit darstellbar, was entscheidend ist, da Sarkoidosepatienten üblicherweise im erwerbsfähigen Alter erstdiagnostiziert werden. Auch eine Zuweisung zu einer Rehabilitation mit rheumatologischem Schwerpunkt sollte in entsprechend gearteten Fällen erwogen werden.
Aufgrund der Komplexität der Erkrankung ist bei Sarkoidose eine sehr genaue prä-/rehabilitative Diagnostik notwendig und hat entsprechende Konsequenzen: Ein Schlafapnoescreening kann indiziert sein, ebenso kann eine belastungsinduzierte Hypoxämie bzw. eine Diffusionsstörung demaskiert werden, welche therapeutisch zu einem Intervalltraining führen sollte [135]. Eine kardiale Mitbeteiligung bedingt eine Umstellung des Settings im Sinne einer rhythmologischen Überwachung, und eine pulmonale Hypertonie würde ebenso eine deutliche Änderung der medizinischen Trainingstherapie nach sich ziehen. Neurokognitive Veränderungen bedingen eine ergotherapeutische Intervention, darüber hinaus können eine psychologische Betreuung [136] und sozialmedizinische Maßnahmen notwendig sein.
Ebenso werden Schulungen im Sinne einer ausführlichen Erklärung der Erkrankung von Patienten als sehr hilfreich empfunden.

Patientenperspektive in Bezug auf Symptome, Diagnose und Patientenpfade in der Abklärung

Je nach Krankheitsschwere und initialem Manifestationsort ergeben sich unterschiedliche Latenzzeiten von den ersten Symptomen bis hin zur Diagnose und daher variable Patientenpfade. Bei der akuten Sarkoidose oder der Hautsarkoidose ergibt sich der Erkrankungsverdacht oft schon durch Blickdiagnose. Vielfach präsentieren Betroffene aber unspezifische Symptome, und es vergehen oft mehrere Jahre mit Konsultation vieler Ärzte bis zur richtigen Diagnose. In diesen Fällen fehlt auch oft ein „Leitfaden“ durch das Gesundheitssystem, da für Sarkoidose hierzulande eine standardisierte, strukturierte Versorgungsstruktur wie auch bei anderen seltenen und chronischen Erkrankungen fehlt. Auch kommt es in diesem Stadium aufgrund der oft wechselnden und unspezifischen Beschwerden zu Fehldiagnosen (wie Asthma, Burn-out, Depression) [137].
Ist die Diagnose Sarkoidose etabliert, werden Patienten immer noch häufig mit „Mindermeinungen“ konfrontiert, z. B. dass Sarkoidose eine „gutartige“ Erkrankung sei, die meist von selber verschwinde, oder dass bei Sarkoidose immer die Lunge mitbetroffen sei und andere Beschwerden keinen relevanten Krankheitswert hätten. Besonders problematisch ist, dass Sarkoidose häufig in der Mitte des Lebens auftritt, zu einer Zeit in der soziales, familiäres und berufliches „Funktionieren“ besonders gefordert werden. In dieser Situation ist es umso belastender, krank oder leistungsunfähig zu sein, während z. B. Lungenfunktionstests oft normale Werte zeigen [13]. Die Anwesenheit von Granulomen in Organen erklärt bei Sarkoidose nicht alle Symptome: Es gibt neben organspezifischen Auffälligkeiten, die durch Funktionstests und Labor überprüft werden können, eine Vielzahl allgemeiner Symptome wie Fatigue, Fieber, Anorexie, Arthralgie, Muskelschmerzen, kognitives Versagen und Schwäche. Obwohl sie speziell aus Patientensicht wesentliche Bestandteile des Krankheitsbildes der Sarkoidose sind, werden diese Symptome oft nicht als solche erkannt, beachtet oder dokumentiert [34, 138]. Fatigue ist hierbei wahrscheinlich das am meisten einschränkende Problem des täglichen Lebens vieler Sarkoidosepatienten [139], die damit einhergehende Leistungslimitierung wird von außen oft unterschätzt [140]. Als Prioritäten von Patienten bei ihrer Behandlung gelten nicht Lungenfunktion oder Bildgebung, sondern Besserung/Erhalt ihrer Lebensqualität und Funktionieren im Alltag [32].
Bei einem komplexeren Verlauf, wenn mehrere Organe betroffen sind, ist es empfehlenswert, die Patienten an einem interdisziplinären Zentrum zu betreuen, an dem die verschiedenen Fachrichtungen unter einem Dach vereint sind und an dem Expertise für seltene Krankheiten besteht. Idealerweise haben diese Zentren auch Möglichkeiten, die Patienten in ihrem Erkrankungsbild zu schulen [31, 37, 141].
Ein interdisziplinäres Zentrum mit hoher Fallzahl ermöglicht das Erkennen und die anspruchsvolle Betreuung auch von seltenen Krankheitskonstellationen nach internationalen Standards [4]. Daneben braucht es aber natürlich auch eine gute Anbindung an Hausarzt und betreuende niedergelassene Fachärzte als Basis der Versorgung und idealerweise als „Vertrauensärzte“ neben dezidierten Spezialisten mit naturgemäß begrenzten Ressourcen.

Fazit und Ausblick

Seit ihrer Erstbeschreibung im Jahr 1869 durch Jonathan Hutchinson [142] ist die Sarkoidose Gegenstand medizinischer Forschung, jedoch verbleiben weiterhin offene Fragen bezüglich exakter Pathogenese, optimaler Therapie und prognostisch unterschiedlichen Verläufen [4].
Genetische Varianten [4], mTOR Pathway [25], die Beteiligung von Zytokinen, T‑Helferzellen sowie Januskinasen [4, 56] sind nur einige Bereiche aktueller pathophysiologischer Forschung und Therapieentwicklung [4]. Die klinische Variabilität der Sarkoidose ist hoch und führt oft zu unklaren Verläufen und unsicheren Prognosen [4]. Eine Differenzierungsmöglichkeit bietet eine klinische Phänotypisierung nach führender Organbeteiligung (Auge-Haut-Herz-ZNS, muskuloskeletal-Haut, Lunge-Lymphknoten, gastrointestinal), was auch Implikationen für die Therapie hat [1, 143].
Die medikamentöse Behandlung, bestehend aus Steroiden und Immunsuppressiva, ist weithin akzeptiert und auch relativ standardisiert, jedoch häufig mit Nebenwirkungen verbunden [40]. Es bestehen internationale Leitlinien und Positionspapiere zur Therapie [13, 40, 107], die optimalen Dosierungen, die Therapiedauer und die Möglichkeit von Kombinationstherapien sind jedoch noch nicht ausreichend evidenzbasiert geklärt. Gerade bei einer sich so variabel manifestierenden und häufig chronisch verlaufenden Erkrankung, die mit einer hohen und oft polytopen Beschwerdesymptomatik einhergehen kann, sind Patientenschulung, Aufklärung und „shared decision-making“ sowie multidisziplinäre Betreuung nach standardisierten Abläufen unerlässlich. Sowohl aus Sicht der Patienten als auch der Behandler gibt es jedenfalls für die Zukunft einen hohen Bedarf an Forschung in der Klinik und an der Basis sowie auch an Optimierung der bestehenden Abläufe in der Beziehung zwischen Patienten, betreuenden extramuralen Ärzten und Spezialisten in Zentren. Dieses Positionspapier soll als Versuch verstanden werden, diesen Prozess der Vernetzung und Weiterentwicklung anzustoßen und ein Stück weiterzuführen (Abb. 6).

Interessenkonflikt

G. Sterniste, K. Hackner, F. Moazedi-Fürst, M. Grasl, M. Idzko, G. Shao, C. Guttmann-Ducke, E. Talakić, H. Prosch, S. Lohfink-Schumm, M. Gabriel, C. Lim, J. Hochreiter, B. Bucher, B.C. Böckle, H.P. Kiener, C. Duftner, K. Kastrati, E. Rath, M. Funk, J. Löffler-Ragg, M. Steinmaurer, G. Kovacs, N. Verheyen, H. Flick, M. Antlanger, G. Traxler, E. Tatscher, R.H. Zwick und D. Lang geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Metadaten
Titel
Positionspapier der ÖGR und ÖGP zur Diagnose und Therapie der Sarkoidose 2024
verfasst von
Georg Sterniste
Klaus Hackner
Florentine Moazedi-Fürst
Marie Grasl
Marco Idzko
Guangyu Shao
Claudia Guttmann-Ducke
Emina Talakić
Helmut Prosch
Sylvia Lohfink-Schumm
Michael Gabriel
Clarice Lim
Johann Hochreiter
Brigitte Bucher
Barbara C Böckle
Hans Peter Kiener
Christina Duftner
Kastriot Kastrati
Eva Rath
Marion Funk
Judith Löffler-Ragg
Monika Steinmaurer
Gabor Kovacs
Nicolas Verheyen
Holger Flick
Marlies Antlanger
Gerhard Traxler
Elisabeth Tatscher
Ralf Harun Zwick
David Lang
Publikationsdatum
01.10.2024
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Wiener klinische Wochenschrift / Ausgabe Sonderheft 17/2024
Print ISSN: 0043-5325
Elektronische ISSN: 1613-7671
DOI
https://doi.org/10.1007/s00508-024-02444-z