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Ärzte Woche

28.02.2022

Pfitschipfeilartige Geschwindigkeit

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Dass der Gepard pfeilschnell ist weiß jeder. Kaum bekannt waren bisher aber jene physikalischen Eigenschaften, von denen das Tempo im Tierreich abhängt.

Menschliche Spitzensprinter können Laufgeschwindigkeiten von fast 45 Stundenkilometern erreichen. Dies entspricht etwa der Höchstgeschwindigkeit einer Hauskatze. Geparden können mit etwa 100 km/h Spitzengeschwindigkeit mehr als doppelt so schnell und Antilopen mit 90 km/h zweimal so schnell laufen. Selbst Warzenschweine und Hasen würden mit knapp 60 km/h menschliche Sprinter abhängen. Denksport auf höchstem Niveau! „Unser Modell widerlegt, dass eine Ermüdung der Muskulatur für die Limitierung der Geschwindigkeit bei großen Tieren verantwortlich ist. Dafür haben wir die Energiebereitstellung des Stoffwechsels nachgerechnet. Dass große Tiere langsamer sind, liegt also nicht an fehlender Bereitstellung von Energie ihres Organismus, sondern an der Trägheit ihrer eigenen Masse,“ sagt Dr. Robert Rockenfeller, Universität Koblenz.

Eine elefantengroße Maus wäre schlicht nicht lebensfähig, weil ihre Knochen unter dem eigenen Gewicht brechen würden. Elefanten haben entsprechend relativ zum Gewicht viel dickere und schwerere Knochen sowie deutlich gestrecktere Beine. Diese ermöglichen die enorme Größe der Tiere. Die schweren Knochen und geraden Beine begrenzen aber die Höchstgeschwindigkeit, die deutlich niedriger ist als die von Geparden, obwohl Elefantenbeine viel länger sind. Die Höchstgeschwindigkeiten hängen aber nicht nur von der Größe, sondern auch von der Konstruktion der Tiere ab, zum Beispiel von der Anzahl der Beine und der Beweglichkeit der Wirbelsäule. So sind viele vierbeinige Säugetiere in der Lage, viel höhere Laufgeschwindigkeiten zu erreichen als zweibeinige Entwürfe wie Menschen und Vögel, weil sie galoppieren und dabei ihre Rumpfmuskulatur für den Vortrieb nutzen können. Werden die Tiere zu schwer, helfen allerdings auch kräftigere Muskeln nicht mehr weiter, da größere Muskeln mehr Zeit benötigen, um sich mit höchster Geschwindigkeit zusammen zu ziehen.

Entsprechend liegt die Gewichtsgrenze, ab der die Sprintgeschwindigkeiten wieder abnehmen, bei etwa 50 Kilogramm, also dem mittleren Gewicht von Geparden und Gabelböcken, den schnellsten Sprintern auf unserem Planeten. Das Modell lässt sich sogar auf Fantasiewesen anwenden. So würde die Riesenspinne Kankra aus Tolkiens „Herr der Ringe“ eine Spitzengeschwindigkeit von etwa 60 km/h erreichen. Bezogen auf die menschliche Körpergeometrie zeigt das Modell, dass Spitzensprinter im Sport schon sehr nah an ihrem Geschwindigkeitsoptimum sind. Abgesehen von speziellen Laufschuhen oder Exoskeletten, durch die verlängernde Hebel oder zusätzliche Elastizitäten verfügbar werden können, würden nur längere Beine oder elastischere Sehnen höhere Geschwindigkeiten ermöglichen.

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Metadaten
Titel
Pfitschipfeilartige Geschwindigkeit
Publikationsdatum
28.02.2022
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 9/2022

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