Eine 2019 publizierte Pilotstudie unserer Forschungsgruppe, erbrachte Ergebnisse, dass eine vorab im Rahmen einer Notfallinformation festgelegte Entscheidung bezüglich eines Transports von Palliativpatient*innen mit dem tatsächlichen Sterbeort zusammenhängt und so auch der Patient*innenwille hinsichtlich Sterbeort umgesetzt werden konnte. Weiters ergaben sich Hinweise wie Hausbesuche von mobilen Palliativteams in Umfang, Dauer und Häufigkeit zu gestalten sind, um Patient*innenwünsche hinsichtlich Sterbeort zu erfüllen. In systematischen Review-Artikel wird auf ein Missverhältnis zwischen Sterbeortpräferenz und realisiertem Sterbeort sowie fehlenden prospektiven Studien und Daten, wie Betroffene und ihre Betreuer dabei unterstützt werden können, hingewiesen.
Mit der nun vorliegenden Beobachtungsstudie wurden alle in der Steiermark tätigen mobilen Palliativteams für Erwachsene für ein Jahr lang in die Datenerhebung eingebunden und insgesamt 1425 Patienten eingeschlossen (52,6 % Männer). Das Medianalter zum Todeszeitpunkt betrug 78,1 (IQR = 17,4). 76,9 % der Stichprobe waren Krebspatient*innen. Daneben gab es noch Herz-Kreislaufsystem-Erkrankungen (6,3 %), neurologische Erkrankungen (4,1 %) und Atemwegserkrankungen (2,3 %).
Die eingesetzte Notfallinformation wurde bereits in der Pilotstudie 2019 erprobt und durch Rückmeldungen aller Palliativteams evaluiert und für die vorliegende Studie optimiert.
Insgesamt haben 109 Personen (7,6 %) der gesamten Stichprobe an der Intervention (Notfallinformation) teilgenommen. Davon wiederum gaben 85 Personen (78,9 % der Interventionsgruppe) an, eine Therapie vor Ort, d. h. ohne Transfer, zu bevorzugen. Nur 8 (7,3 %) Patient*innen gaben im Rahmen der Intervention an, einen Transport zu wünschen, und 16 (14,7 %) Personen gaben keine Präferenz an. Bei jenen 85 Patient*innen die die keinen Transport wünschten, verstarben 75 (88,2 %) zuhause, d. h. in etwa 9 von 10 Fällen wurde dem Patient*innenwillen entsprochen. Bei jenen 8 Personen die dagegen einen Transport wünschten, verstarben nur 3 (37,5 %) zuhause, d. h. der größere Teil (5 bzw. 62,5 %) verstarb im Krankenhaus bzw. auf einer Palliativstation, d. h. auch hier wurde in einer Mehrheit der Fälle der Patient*innenwille umgesetzt.
Die in der Notfallinformation geäußerte Präferenz für eine Behandlung vor Ort und gegen einen Transport ging mit einer mehr als fünf Mal höheren Chance einher, in Folge auch wirklich zu Hause zu versterben. Durch die im Rahmen der Notfallinformation geäußerte Präferenz konnte die Wahrscheinlichkeit, zuhause zu versterben, von 63 % in der Kontrollgruppe auf 89 % in der Interventionsgruppe erhöht werden.
Ein signifikanter Unterschied zeigt sich auch nach der Anzahl der ärztlichen Kontakte, d. h. Patient*innen die an der Intervention teilnahmen und keinen Transport wünschten hatten doppelt so viele Kontakte mit Ärzt*innen (p = 0,031).
Die Resultate des logistischen Regressionsmodells legen zudem einen Einfluss des Alters, der Erkrankung und der Betreuungsintensität durch Ärzt*innen auf die Chance zuhause zu versterben nahe: Ältere Personen und jene Minderheit der Palliativpatient*innen die nicht an einer Krebserkrankung litt, hatte eine höhere Chance zu Hause zu versterben als jene mit Krebserkrankungen. Während sich kein Zusammenhang zeigte bezüglich der Betreuungsdauer und der Gesamtanzahl der Betreuungskontakte, erhöhte sich die Chance zu Hause zu versterben aber mit der Anzahl ärztlicher Kontakte (+7 % pro Kontakt).
Hinweise
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Einleitung
Der Sterbeort ist ein wesentliches Kriterium in der Qualität des Sterbens. Große Metaanalysen zeigen, dass ein „guter“ Tod damit verbunden ist, den Wunsch nach dem bevorzugten Sterbeort der Patient*innen zu erfüllen [1]. Über 90 % der Palliativpatient*innen äußern auch klar Wünsche zu ihrem Sterbeort gegenüber ihren Betreuer*innen [2]. Allerdings zeigt sich, dass Wünsche von älteren Patienten*innen und deren Betreuer*innen oft keine Berücksichtigung finden [3]. Die Auswahl des Sterbeorts selbst ist für Patient*innen von so besonderer Bedeutung, dass deren Vorstellungen dazu in einem Behandlungsplan jedenfalls berücksichtigt werden sollten [4]. Studien aus unterschiedlichen Ländern haben eine Reihe von Einflussfaktoren und einen unterschiedlichen Grad der Erfüllung des Patient*innenwunsches zum bevorzugten Sterbeort dokumentiert [5‐8]. In systematischen Review-Artikeln wird auf ein Missverhältnis zwischen Sterbeortpräferenz und realisiertem Sterbeort sowie fehlenden prospektiven Studien und Daten dazu, wie Betroffene und ihre Betreuer*innen dabei unterstützt werden können, hingewiesen [9, 10].
Eine Entscheidungsfindung im Notfall ist oft geprägt von Zeitdruck, weswegen weltweit unterschiedliche Projekte im Rahmen von advance care planning versuchen im Vorfeld Maßnahmen für den Notfall zu besprechen und festzulegen [11‐14]. Diese Maßnahmen betreffen auch den Transport sterbender Patient*innen in ein Krankenhaus oder das Versterben zu Hause zu ermöglichen und zuzulassen.
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Eine Pilotstudie [15] unserer Forschungsgruppe deutet darauf hin, dass eine vorab im Rahmen einer Notfallinformation festgelegte Entscheidung bezüglich eines Transports mit dem tatsächlichen Sterbeort zusammenhängt. In der vorliegenden Arbeit soll anhand einer größeren und auf ein ganzes Bundesland (Steiermark) ausgeweiteten Stichprobe überprüft werden, ob das Instrument der Notfallinformation (Abb. 1) geeignet ist, den Patient*innenwillen hinsichtlich des präferierten Sterbeorts zu erfüllen.
Abb. 1
Information für den behandelnden (Not-)Arzt
Material und Methoden
Alle 9 in der Steiermark (Österreich) tätigen Palliativteams für Erwachsene wurden aufgefordert über ein Jahr lang die vorliegende Notfallinformation (Abb. 1) im eigenen Ermessen den von ihnen betreuten Patient*innen und/oder deren Angehörigen zum Ausfüllen durch ausgebildete Palliativärzt*innen anzubieten. Die verwendete Notfallinformation enthielt eine Telefonnummer des jeweilig zuständigen mobilen Palliativteams (MPT) wodurch auch anderen Helfersystemen ermöglicht wurde vor einer Entscheidung mit dem MPT Rücksprache zu halten. In der Notfallinformation wurde der Wunsch hinsichtlich Transport abgefragt. Patient*innen und Angehörige hatten die Möglichkeit sich im Fall der Verschlechterung des Zustandes mit begrenzten kurativen Therapiemöglichkeiten nach einem ärztlichen Beratungs- und Aufklärungsgespräch mit dem MPT hinsichtlich Transport für folgende Optionen zu entscheiden
„bevorzugt wird eine Therapie vor Ort (ohne Transfer)“
„bevorzugt wird ein Transfer auf eine geeignete stationäre Einrichtung (Krankenhaus)“
„keine Präferenzen hinsichtlich Transfer“
Die Entscheidung wurde von einsichtsfähigen Patient*innen oder sonst als mutmaßlicher Patient*innenwille gemeinsam von der Ärztin/dem Arzt mit den Angehörigen/betreuenden Personen getroffen. Die Entscheidung wurde dann innerhalb des betreuenden MPT an alle Mitarbeiter*innen kommuniziert. Die Notfallinformation selbst blieb vor Ort bei der Patientin oder dem Patienten, und Patient*innen und die Betreuungspersonen wurden darauf hingewiesen im Falle des Einsatzes eines Notarztsystems (z. B. Notärztin/-arzt, Hausärztin/-arzt, Rettung) diese Notfallinformation vorzuzeigen.
Der Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der Errichtung der Notfallinformation und der Sterbeort der Proband*innen wurden in folgenden 4 Kategorien erhoben: Palliativstation (1), Krankenhaus (2), zu Hause (3), oder Pflegeheim (4). Jede Änderung des Aufenthaltsortes innerhalb dieser Kategorien zwischen dem Zeitpunkt der Errichtung der Notfallinformation und dem Sterbezeitpunkt wurde als Transfer gewertet. Aufenthaltsorte zwischen diesen beiden Zeitpunkten (z. B. zwischenzeitliche Krankenhausaufenthalte) wurden nicht erhoben. Sehr wohl vorgesehen war die Erfassung von Änderungen im Wunsch hinsichtlich des Transfers im Krankheitsverlauf. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass ein Transfer von zu Hause (3) in ein Pflegeheim (4) für eine Akutsituation (Notfall) nicht vorgesehen war (und auch nicht vorkam).
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Danach wurde eine retrospektive Datenanalyse der von den MPTs im Zeitraum 04/2022 bis 03/2023 betreuten und in diesem Zeitraum verstorbenen Palliativpatient*innen durchgeführt. Erhoben wurden zudem Information zu Geschlecht (männlich/weiblich), Sterbealter (in Jahren), der zugrundeliegenden Erkrankung (Krebserkrankung/andere Erkrankung), der Betreuungsdauer (in Wochen), und der Gesamtanzahl der Kontakte des MPTs sowie der Anzahl der ärztlichen Kontakte.
Alle Palliativteams und deren Patient*innen wurden pseudonymisiert und die Datenauswertung extern durchgeführt. Fehlende Daten, insbesondere beim Geschlecht der Patient*innen (n = 44, 3,1 %) wurden imputiert (multiple Imputation, m = 5). Die gesammelten Daten wurden mittels deskriptiver Statistik und einem logistischen Regressionsmodell (R-Paket brms v2.19.0) analysiert. In Letzterem wurde der Zusammenhang zwischen der Intervention und dem tatsächlichen Sterbeort (zu Hause vs. anderer Ort) untersucht und um etwaige konfundierende Faktoren (soziodemographische Variablen, Hauptdiagnose, Betreuungsdauer sowie die Anzahl der Kontakte und Palliativteam) bereinigt. Weiters wurde eine Fragebogenauswertung in den teilnehmenden Palliativteams über die Zufriedenheit mit und Erfahrungen aus dem Projekt durchgeführt.
Resultate
Insgesamt wurden 1425 Patienten in die Studie eingeschlossen (52,6 % Männer), das Medianalter zum Todeszeitpunkt betrug 78,1 (IQR = 17,4) Jahre. 76,9 % der Stichprobe waren Krebspatient*innen. Andere Erkrankungen umfassten daneben noch Herz-Kreislaufsystem-Erkrankungen (6,3 %), neurologische Erkrankungen (4,1 %) und Atemwegserkrankungen (2,3 %). Die Medianbetreuungsdauer betrug 3,6 Wochen (IQR = 7,6), die durchschnittliche Anzahl der Gesamtkontakte betrug 31 (IQR = 41) und die der ärztlichen Kontakte 4 (IQR = 6). Insgesamt haben 109 Personen (7,6 %) der Stichprobe an der Intervention (Notfallinformation) teilgenommen. Davon wiederum gaben 85 Personen (78,9 % der Interventionsgruppe) an, eine Therapie vor Ort, d. h. ohne Transfer, zu bevorzugen. Nur 8 (7,3 %) Patient*innen gaben im Rahmen der Intervention an, einen Transport zu wünschen, und 16 (14,7 %) Personen gaben keine Präferenz an. Bei jenen 85 Patient*innen die keinen Transport wünschten, verstarben 75 (88,2 %) zuhause, d. h. in etwa 9 von 10 Fällen wurde hier dem Patient*innenwillen entsprochen. Bei jenen 8 Personen die dagegen einen Transport wünschten, verstarben nur 3 (37,5 %) zuhause, d. h. der größere Teil (5 bzw. 62,5 %) verstarb im Krankenhaus bzw. auf einer Palliativstation, d. h. auch hier wurde in einer Mehrheit der Fälle der Patient*innenwille umgesetzt. Allerdings wurde aufgrund der geringen Anzahl Personen die im Rahmen der Notfallintervention einen Transport wünschten bzw. keine Präferenz angaben, von der weiteren statistischen Analyse ausgeschlossen. Von den 1401 verbleibenden Patient*innen verstarben insgesamt 718 (51,2 %) zu Hause, 312 (22,2 %) im Spital, 183 (13,1 %) auf Palliativstationen, 175 (12,5 %) im Pflegeheim und 13 Personen (0,9 %) an einem anderen Ort. Insgesamt verstarben 860 (61,4 %) zuhause bzw. an dem Ort wo sie sich zum Erhebungszeitraum aufhielten.
Merkmale der Stichprobe geschichtet nach Interventions- (d. h. jenen die keinen Transport wünschten) und Kontrollgruppe (keine Notfallinformation) sind in Tab. 1 abgebildet. Ein signifikanter Unterschied zeigt sich hier nur nach der Anzahl der ärztlichen Kontakte, d. h. Patient*innen die an der Intervention teilnahmen und keinen Transport wünschten hatten doppelt so viele Kontakte mit Ärzt*innen (p = 0,031).
Tab. 1
Stichprobenmerkmale nach Interventions- und Kontrollgruppe
Notfallinformation: „kein Transport“
(n = 85)
Kontrollgruppe
(n = 1316)
Frauen: n (%)
38 (44,7)
606 (47,6)
Sterbealter: median (IQR)
80,5 (14,8)
78,0 (17,5)
Krebserkrankung: n (%)
59 (69,4)
1,017 (77,5)
Betreuungsdauer (Wochen): median (IQR)
2,7 (5,0)
3,6 (7,5)
Gesamtanzahl der Kontakte: median (IQR)
38 (41)
31 (39)
Anzahl ärztliche Kontakte: median (IQR)
6,0 (5,0)
3,0 (6,0)
Es zeigte sich ein Zusammenhang zwischen dem im Rahmen der Notfallinformation geäußerten Wunsch einer Therapie vor Ort und dem tatsächlichen Sterbeort. Von den Patient*innen die keinen Transport wünschten, verstarben 88,2 % zuhause, während von jenen Patient*innen die nicht an der Intervention teilgenommen hatten, nur 59,7 % zuhause verstarben (Χ2 = 27,5, df = 1, p < 0,001). Die nicht-adjustierte Odds Ratio (OR) betrug 5,89 (95 %-KI = 2,78–11,70). Die um soziodemographische Variablen, der Hauptdiagnose, der Betreuungsdauer und Kontaktanzahl adjustierte OR war praktisch deckungsgleich und betrug 5,64 (95 %-CI: 2,63–11,20). Demnach ging die in der Notfallinformation geäußerte Präferenz für eine Behandlung vor Ort und gegen einen Transport mit einer mehr als fünf Mal höheren Chance einher in Folge auch wirklich zu Hause zu versterben. D.h. durch die im Rahmen der Notfallinformation geäußerte Präferenz konnte die Wahrscheinlichkeit zuhause zu versterben von 63 % in der Kontrollgruppe auf 89 % in der Interventionsgruppe erhöht werden (Abb. 2). Die Resultate des logistischen Regressionsmodells (Tab. 2) legen zudem einen Einfluss des Alters, der Erkrankung und der Betreuungsintensität durch Ärzt*innen auf die Chance zuhause zu versterben nahe: Ältere Personen und jene Minderheit der Palliativpatient*innen die nicht an einer Krebserkrankung litt, hatte eine höhere Chance zu Hause zu versterben als jene mit Krebserkrankungen. Während sich kein Zusammenhang zeigte bezüglich der Betreuungsdauer und der Gesamtanzahl der Betreuungskontakte, erhöhte sich die Chance zu Hause zu versterben aber mit der Anzahl ärztlicher Kontakte (+7 % pro Kontakt).
Abb. 2
Vorhergesagte Wahrscheinlichkeit zuhause zu versterben in Notfallinformation- und Kontrollgruppe. Vorhergesagte Wahrscheinlichkeit auf Basis des adjustierten logistischen Regressionsmodells. Werte beziehen sich auf Männer mit Krebserkrankung, mittlerem Sterbealter, mittlerer Betreuungsdauer, und mittlerer Kontaktanzahl (Gesamtanzahl, Ärzte)
Tab. 2
Ergebnisse des multiplen logistischen Regressionsmodells: Determinanten des Versterbens zu Hause
OR (95 %-KI)
Intervention („kein Transport“)
5,64 (2,63, 11,20)
Alter (Jahre)
1,04 (1,03, 1,05)
Frauen (vs. Männer)
0,91 (0,71, 1,14)
Krebserkrankung (vs. andere Erkrankung)
0,52 (0,38, 0,70)
Betreuungsdauer (Wochen)
0,99 (0,90, 1,01)
Anzahl Kontakte gesamt
1,00 (0,99, 1,00)
Anzahl Kontakte Ärzt*innen
1,07 (1,03, 1,40)
n = 1408, R2 = 0,14 (95 %-KI = 0,11, 0,16). Ergebnisse adjustiert für Palliativteam
OR Odds Ratio, 95%-KI 95 % Konfidenzintervalle
Die Auswertung der von den Palliativteams ausgefüllten Fragebögen ergab einen Rücklauf von 50 %. Zusammengefasst wird in der Notfallinformation ein hilfreiches Tool gesehen, um den Patient*innenenwillen umzusetzen und mit den Patient*innen und deren Angehörigen ins Gespräch über existentielle Themen zu kommen. Gleichzeitig wird dabei kritisch auf eine mögliche Überforderung mit der Fragestellung und auf einen situativ nicht immer passenden Einsatz hingewiesen. Allen Rückmeldungen gemeinsam war eine gute individuelle Anwendung, die im Einzelfall entschieden werden soll.
Diskussion
Im Rahmen dieser Beobachtungsstudie wurde untersucht, ob eine im Rahmen einer Notfallinformation geäußerte Präferenz für eine Therapie vor Ort, d. h. keinen Transport in ein Krankenhaus durchzuführen, einen Einfluss auf den Sterbeort hatte. Es zeigt sich, dass von jenen Patient*innen die im Rahmen der Intervention die Präferenz einer Therapie vor Ort (kein Transport) geäußert hatten, 88,2 % zu Hause verstarben, während dies nur auf 59,7 % in der Gruppe ohne Notfallinformation zutraf. Dies deutet darauf hin, dass unabhängig von anderen gemessen Einflussgrößen (Soziodemographie, Grunderkrankung, Betreuungsdauer und -intensität) der Sterbeort durch die Notfallinformation verändert wurde. Anzumerken ist, dass es in der Studie nicht darum ging, den Sterbeort selbst in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen oder zu bewerten, sondern dem Patient*innenwillen Gehör zu verschaffen. Daher war es wichtig zu überprüfen, ob der Patient*innenwille auch tatsächlich berücksichtigt wurde. Einerseits sollten nicht Patient*innen, die eigentlich lieber im Krankenhaus sterben wollten, zu Hause versterben und ihnen damit ein Transfer in eine stationäre Einrichtung „vorenthalten“ werden. Andererseits sollten aber auch Patient*innen, die sich gegen einen Transfer in einer Krisensituation entschieden haben und zu Hause versterben wollten, in der Terminalphase nicht in ein Krankenhaus verbracht werden. Diese beiden „Befürchtungen“ konnten widerlegt werden und die in der Notfallinformation getroffene Entscheidung hinsichtlich Transport korrelierte hoch signifikant mit dem tatsächlichen Sterbeort.
Die vorliegende Arbeit erbrachte zudem Hinweise darauf, dass nicht die Betreuungsdauer oder die Gesamtanzahl der Hausbesuche, sondern die Anzahl der ärztlichen Kontakte entscheidend für die Teilnahme an der Intervention Notfallinformation war. Die Anzahl der ärztlichen Hausbesuche war zudem ein Prädiktor dafür, dass Patient*innen zuhause verstarben. Aus diesem aufgezeigten Zusammenhang und der aufgezeigten Differenzierung (Betreuungsdauer versus Betreuungshäufigkeit und Dauer einzelner Hausbesuche versus Frequenz auch „kurzer“ Hausbesuche) können sich klare Handlungsanweisungen für die Arbeitsweise von mobilen Palliativteams hinsichtlich Umfang, Dauer und Häufigkeit von Hausbesuchen ergeben und damit der in der Literatur und in Leitlinien nicht exakt definierter Begriff der „Betreuungskontinuität“ konkretisiert werden. Die vorliegende Studie zeigt, dass die Anzahl der ärztlichen Patient*innenkontakte (unabhängig von deren Dauer) entscheidend ist, den Patient*innenwunsch hinsichtlich Sterbeort umzusetzen. Für den Sterbeort von den in dieser Studie betreuten Palliativpatient*innen war der entscheidende Faktor für die Erfüllung des Wunsch(e)s nach dem bevorzugten Sterbeort die Betreuungshäufigkeit durch die Ärztin/den Arzt.
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Eine zentrale Einschränkung der vorliegenden Arbeit besteht darin, dass die Wirkung der Intervention Notfallinformation nur im Rahmen einer Beobachtungsstudie erfolgte, d. h. dass die Teilnahme an der Intervention freiwillig durch Patient*innen und MPTs erfolgte, und durch diese Selbstselektion eine residuale Konfundierung durch nicht erhobene Patient*innencharakteristika nicht ausgeschlossen werden kann. Allerdings zeigte sich im Rahmen des Regressionsmodells, dass zumindest die erhobenen Patient*innenmerkmale keinen Einfluss auf den Zusammenhang zwischen Intervention und dem Sterbeort hatten.
Interessenkonflikt
G. Polt, G. Muhri, A.T. Schultz und E. Stolz geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.