Die zystische Fibrose (CF) ist die häufigste der „rare diseases“: Mit einer Inzidenz vom 1:3500 werden in Österreich etwa 25 Kinder pro Jahr mit CF geboren.
Erfreulicherweise hat sich der Trend der letzten Jahre mit einer deutlich gesteigerten Lebenserwartung [
1,
2] (bei den nach 2000 geborenen Kindern wird die prognostizierte mediane Lebenserwartung mit etwa 55 Jahren berechnet) fortgesetzt, sodass die Hälfte der in Österreich betroffenen Patienten (800 Patienten im Register) bereits im Erwachsenenalter ist und die CF-Ambulanzen der pneumologischen Abteilungen seit Jahren die Betreuung der erwachsenen Patienten von den Kinderkliniken übernommen haben [
3].
Dennoch ist die Erkrankung nach wie vor unheilbar und ein hoher Therapieaufwand ist erforderlich, um das Ziel einer normalen Gewichtsentwicklung und einer altersentsprechenden Lungenfunktion zu erreichen und dies so lange wie möglich zu halten; zusätzlich wird eine abgeschlossenen Schul- und Berufsausbildung für alle Patienten angestrebt.
Die große Herausforderung in der Betreuung der Erkrankung ist die Multiorganproblematik, die Progredienz der Veränderungen und die mit zunehmendem Alter auftretenden Komorbiditäten. Für alle betroffenen Organe, wie Lunge, Nasennebenhöhlen, Darm, Bauchspeicheldrüse, Leber, Schweißdrüsen, ist das vorgegebene Therapieschema täglich und konsequent umzusetzen, was für die betroffenen Familien und Patienten eine erhebliche Limitation für ein normales Alltagsleben bedeutet.
Zusätzlich belastend ist die Sorge vor einer Besiedelung der Lunge mit Bakterien oder Pilzen; der zähe Schleim ist ein idealer Nährboden für diese. So ist eine Lebensweise zur Verhütung einer Infektion mit Aspergillus fumigatus, Pseudomonas aeruginosa, Burgholderia cepacia und anderen Feucht- und Erdkeimen von der Diagnosestellung an ein beherrschendes Thema im Alltag der Familien.
Diagnosestellung
Screening – Schweißtest – Genetik – Stuhlelastase
In Österreich wird seit 1997 die Diagnose im Säuglingsalter über das Neugeborenenscreening gestellt. Im allgemeinen Stoffwechsel-Neugeborenenscreening werden alle der etwa 80.000 in Österreich pro Jahr geborenen Babys auf etwa 30 verschiedene Stoffwechselerkrankungen getestet. Besteht der Verdacht auf CF bei Nachweis erhöhter Proteine der Bauchspeicheldrüse (immunreaktives Trypsinogen [IRT], Pankreas-assoziiertes Protein [PAP]) werden die Babys daraufhin in das regionale CF-Zentrum zum Schweißtest bestellt. Dieser wird bei erhöhten Chloridkonzentrationen >60 mmol/l als pathologisch, bei Werten zwischen 30 und 60 mmol/l als grenzwertig befundet (Richtlinien der Europäischen CF-Society [ECFS]). Der Schweißtest kann ab 3 kg und dem Alter von 2 Wochen in jedem Lebensalter durchgeführt werden und ist schmerzlos.
Nach der Diagnosestellung der CF durch den pathologischen Schweißtest erfolgt ein Erstgespräch mit der Familie; die genetische Untersuchung wird nach erfolgter Aufklärung und Einverständniserklärung zur Bestimmung der Mutationsart durchgeführt.
Bei Kindern mit einem grenzwertigen Schweißtest erfolgt die genetische Untersuchung zur Diagnosestellung der CF; diese ist dann meist mit einer Mutation mit milderer Ausprägung und mit Pankreassuffizienz verbunden [
4‐
6].
Ausnahmen vom beschriebenen Diagnosealgorithmus bilden Kinder, die mit einem Mekoniumileus geboren werden. Bei diesen können die Entzündungsenzyme des Pankreas zur Zeit der Geburt bereits wieder normalisiert sein, sodass das CF-Screening falsch negativ sein kann. Daher gilt für alle mit Mekoniumileus geborenen Kinder, dass man sobald wie möglich einen Schweißtest oder eine genetische Untersuchung zur Diagnostik durchführt, je nach klinischem Zustand des Babys.
Um eine Pankreasinsuffizienz zu testen, wird von 3 Stühlen eine Untersuchung der Pankreaselastase durchgeführt; dies kann bei klinischer Notwendigkeit auch parallel zur beginnenden Enzymsubstitution erfolgen, da die Werte durch eine Enzymgabe nicht beeinflusst werden.
Wir kennen derzeit über 2000 verschiedene Mutationen, ein Teil dieser kann in Klassen eingeteilt werden, die den Mechanismus der Störung des CFTR-Proteins (Cystic Fibrosis Transmembrane Protein) und den damit verminderten Chlorid-und Bikarbonattransport darstellen (Tab.
1).
Tab. 1
CFTR-Mutationen und ihre Auswirkungen auf die Bildung oder Funktion des CFTR-Proteins
Klasse I: keine CFTR-Protein-Synthese, z. B. G542X |
Klasse II: Synthese eines falschen Proteins mit Transportstörung, z. B. dF 508 (häufigste Mutation) |
Klasse III: kein Ionenfluss (Gatingmutationen), z. B. G551D |
Klasse IV: verminderter Ionenfluss, z. B.R117H |
Klasse V: zu geringe Bildung des CFTR-Proteins, z. B. 3849 + 10kbC‑T |
Klasse VI: zu rascher Abbau des CFTR-Proteins, z. B. 4326 del TC |
Die Klassen I–III sind mit einer Pankreasinsuffizienz verbunden, Klassen IV–VI meist mit Pankreassuffizienz und eher mildem Verlauf. Bei compound-heterozygoten Patienten bestimmt die mildere Mutation den klinischen Verlauf.
Symptome
Die Symptome sind sehr unterschiedlich. Je jünger das Kind ist, umso stärker imponieren die gastrointestinalen Probleme, vor allem die Gedeihstörung mit Durchfällen, fettigen Stühlen und Bauchkoliken, weiterhin bestehen die Symptome einer chronischen Bronchitis, oftmalige Lungenentzündungen, Nebenhöhlenentzündungen, Nasennebenhöhlenpolypen, Elektrolytentgleisung, aber auch eine Leberbeteiligung und ab dem Jugendalter zusätzliches Auftreten eines Diabetes mellitus.
Die Lunge mit zunehmender respiratorischer Insuffizienz ist bei fast allen Patienten das limitierende Organ; bei 2 % der Patienten ist eine Lebertransplantation erforderlich.
Therapie: Symptomatisch – Kausal
Das Problem der Erkrankung ist sicherlich die extrem aufwendige etagenbezogene symptomatische Therapie. Alle betroffenen Organsysteme müssen konsequent und täglich behandelt werden, und dies ab der Diagnosestellung im Alter von einigen Wochen. In den letzten Jahren kam es jedoch erfreulicherweise zur Zulassung von kausal wirkenden Substanzen.
Im Folgenden werden die Therapiekonzepte aufgelistet.
Respirationstrakt
Die Dosierung der Antibiotika ist meist doppelt so hoch wie bei gesunden Kindern und sollte 2 Wochen nicht unterschreiten. Insgesamt versucht man konsequent nach den Befunden der Mikrobiologie zu behandeln und keine Breitbandantibiotika zu verwenden.
Je nach Gesundheitszustand oder nach Keimbefund ist auch immer wieder eine i.v. Antibiose erforderlich.
Gastrointestinales System
Die Enzyme werden als Mikropellets, in Kapseln befindlich, angeboten. Die Eltern bzw. Patienten werden genau bezüglich der Dosierung geschult. Diese hängt vor allem vom Fettgehalt der Ernährung ab. Die Gabe ist bei jeder Mahlzeit erforderlich, somit auch bei der Jause in Kindergarten bzw. Schule oder in der Arbeit; diese Möglichkeit muss man mit den betreuenden Personen genau besprechen.
Zusätzlich werden fettlösliche Vitamine (ADEK), Ursodesoxycholsäure zur Verflüssigung der Gallenflüssigkeit und orale Mukolytika (Acetylcysteinsäure, PEG 400) verordnet.
Ernährung
Das Thema Ernährungszustand begleitet die Eltern bzw. Patienten bereits ab der Diagnosestellung. In vielen Studien wurde gezeigt, dass Kinder mit einem guten Ernährungszustand eine deutlich bessere Lungenfunktion im Erwachsenenalter und somit ein besseres Überleben haben.
Jede Mahlzeit soll hochkalorisch angereichert werden; insgesamt ist der Kalorienbedarf 120–150 % von gesunden Personen. Bei zusätzlicher Notwendigkeit, d. h. Abfall der Body-Mass-Index(BMI)-Perzentile, werden proteinreiche Zusatzshakes rezeptiert. Falls trotz aller oralen Maßnahmen eine Dystrophie auftritt, kann über eine bestimmte Zeit eine Versorgung mit einer Perkutane-endoskopische-Gastrostomie(PEG)-Sonde erfolgen und so eine nächtliche Kaloriengabe möglich gemacht werden.
Diese Diktion der hochkalorischen Ernährung muss bei Beginn einer kausalen Therapie neu überdacht werden, da zunehmend Adipositas im Rahmen der Modulatorentherapie zu sehen ist.
Kein Patient mit CF sollte vom Turnunterricht befreit werden, eventuelle Einschränkungen sind nach Rücksprache mit der Ambulanz zu besprechen.
Therapie der Komorbiditäten
Beim Diabetes mellitus Typ III ist immer eine Insulintherapie erforderlich; die Pumpentherapie ist derzeit sicherlich die Therapie der Wahl. Die Ernährung bleibt hochkalorisch, das Insulin muss danach angepasst werden.
Sauerstofftherapie, nichtinvasive Beatmung, Transplantation
Bei zunehmender respiratorischer Insuffizienz wird eine Sauerstofftherapie verordnet, vorerst nachts und bei Belastung, bei globaler Insuffizienz 24 h täglich. Auch die nichtinvasive Beatmung zu Hause kann als „bridging“ die letzten Monate vor einer geplanten Lungentransplantation erleichtern. Diese ist zum Glück in Österreich im Kindesalter kaum mehr notwendig. Bei etwa 1 % der CF-Patienten, meist Knaben, kann schon im Kindesalter eine Lebertransplantation aufgrund einer schweren Leberzirrhose erforderlich sein.
Kausale Therapie: Modulatoren
In den letzten Jahren haben sich erstmals kausale Therapieansätze auf zellulärer Ebene entwickelt. Diese beeinflussen den Aufbau und die Funktion des CFTR-Proteins in der Epithelzelle (CFTR-Modulatoren). Erfreulicherweise ist diese orale Therapie systemisch wirksam und bringt somit eine Verbesserung aller betroffenen Organsysteme. Regelmäßig müssen Elektrokardiogramm, Leberenzyme, Kreatinkinase, Schweißtest und eine Augenuntersuchung als Monitoring durchgeführt werden.
Fazit für die Praxis
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Wenn Neugeborenen-Screening auffällig: Abklärung in einem CF-Zentrum
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Therapiebeginn ab Säuglingsalter
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Antibiotikatherapie mit doppelt so hoher Dosierung und zumindest 14-tägig, letzten Mikrobiologiebefund erfragen
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Sport als Therapiekonzept, keine Sportbefreiung
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Modulatorentherapie als Hoffnung, engmaschiges Monitoring
Einhaltung ethischer Richtlinien
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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