1 Einführung
1.1 Zielgruppen, Ziele und Hintergrund der Leitlinie
1.2 Definition der Osteoporose
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Entsprechend einer WHO-Empfehlung kann eine Osteoporose bei Männern ab dem 50. Lebensjahr und postmenopausalen Frauen im Sinne der operationalen Definition dann diagnostiziert werden, wenn die mittels 2‑Spektren-Röntgenabsorptiometrie (i. e. DXA) erfasste KMD 2,5 SD unter dem mittleren Normwert gesunder junger Erwachsener liegt (i. e., T‑Score ≤ −2,5); bedingte Empfehlung.
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Der von der WHO empfohlene diagnostische Schwellenwert (T-Score ≤ −2,5) sollte nicht als therapeutischer Schwellenwert angewandt werden; starke Empfehlung.
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Eine Osteoporose sollte jedenfalls diagnostiziert werden, wenn bei nur osteopenisch verminderter oder normaler KMD eine Fraktur unter geringem Trauma auftritt; starke Empfehlung.
1.3 Definition der osteoporotischen Fraktur
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Tritt eine Fraktur unter Krafteinwirkung eines Sturzes aus Standhöhe oder weniger auf, kann eine osteoporotische Fraktur angenommen werden; bedingte Empfehlung.
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Die Mehrheit aller Frakturen tritt bei nicht-osteoporotisch verminderter KMD auf; starke Empfehlung.
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Ein osteoporotisch veränderter Knochen bricht unter einem schweren Trauma eher als ein nicht-osteoporotisch veränderter Knochen; starke Empfehlung.
2 Epidemiologie
2.1 Prävalenz der Osteoporose im Sinne der WHO-Definition
2.2 Inzidenz osteoporotischer Frakturen
2.3 Inzidenz von hüftnahen Frakturen
2.4 Inzidenz von distalen Unterarmfrakturen
2.5 Inzidenz von proximalen Humerusfrakturen
2.6 Inzidenz von vertebralen Frakturen
2.7 Inzidenz von Beckenfrakturen
2.8 Epidemiologie „echter“ Fragilitätsfrakturen in Österreich
3 Risikofaktoren für Osteoporose
3.1 Klinische Risikofaktoren
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Klinische Risikofaktoren beeinflussen das individuelle Bruchrisiko unabhängig vom Alter und von der KMD; starke Empfehlung.
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Arithmetische Anpassungen der FRAX®-Wahrscheinlichkeit für eine MOF (hüftnahe Fraktur, klinisch vertebrale Fraktur, Unterarmfraktur, Humerusfraktur) oder hüftnahe Fraktur (s. Tab. 5) können in der klinischen Praxis berücksichtigt werden und werden vom FRAX®-Algorithmus automatisch kalkuliert. Ebenfalls gilt dies für zusätzliche klinische Risikofaktoren, wie z. B. eine Glukokortikoidtherapie, eine diskordant niedrige KMD an der Lendenwirbelsäule, einen Diabetes mellitus Typ 2 oder Stürze in der Anamnese; bedingte Empfehlung.
Risikofaktor | Frakturrisiko | Evidenz |
---|---|---|
Niedrige KMD Referenz: DXA Schenkelhals | Evidenzgrad Ia | |
Evidenzgrad IIa | ||
Alter | Evidenzgrad Ia | |
Geschlecht | Lebenszeitrisiko für osteoporotische Fraktur bei Frauen 40–50 %, bei Männern 13–22 % [24] | Evidenzgrad IIa |
Niederer BMI | Vor allem hüftnahe Fraktur [25] Verglichen mit einem BMI von 25 kg/m2 ist ein BMI von 20 kg/m2 mit einem ca. 2fachen Anstieg des Risikos für eine hüftnahe Fraktur assoziiert [25] | Evidenzgrad Ia |
Vorbestehende Fraktur | Evidenzgrad Ia | |
Evidenzgrad Ic | ||
Hüftnahe Fraktur bei Eltern | RR 1,54 für osteoporotische Fraktur, RR 2,27 für hüftnahe Fraktur, Anstieg weitgehend unabhängig von KMD [30] | Evidenzgrad Ia |
Rauchen | Gegenwärtiges Rauchen: RR für hüftnahe Fraktur 1,84. Bei Raucheranamnese Frakturrisiko höher als durch KMD zu erwarten [31] | Evidenzgrad Ia |
Alkoholkonsum | Frakturrisiko steigt dosisabhängig ab ≥ 3 Einheiten Alkohol/Tag (1 Einheit: 8–10 g Alkohol) Abnahme der KMD und vermehrt Stürze RR 1,38 für osteoporotische Fraktur, RR 1,68 für hüftnahe Fraktur [38] | Evidenzgrad Ia |
Orale Glukokortikoidtherapie | Siehe auch GIOP (Abschn. 3.2. „Sekundäre Osteoporosen“) | Evidenzgrad Ia |
Sturzanamnese | Evidenzgrad Ib | |
Immobilität | Erhöhtes Frakturrisiko bei Personen, die in ihrer Mobilität stark eingeschränkt sind Erhöhtes Risiko für MOF und hüftnahe Fraktur bei Frauen (75 bis 80 Jahre), wenn Timed-up-and-Go-Test > 12 s [51] | Evidenzgrad IIb |
Apoplektischer Insult | 2fach erhöhtes Risiko für hüftnahe Fraktur [52] | Evidenzgrad Ia |
Morbus Alzheimer/Demenz | 2fach erhöhtes Frakturrisiko [53] | Evidenzgrad Ia |
Chronische Hyponatriämie ≤ 135 mmol/l | Sturzrisiko erhöht 2fach erhöhtes Frakturrisiko, v. a. hüftnahe Fraktur [54] | Evidenzgrad Ia |
Thoraxkyphose, Höhenverlust > 4 cm | Evidenzgrad IIa | |
Sekundäre Osteoporosen | Siehe Abschn. 3.2. „Sekundäre Osteoporosen“ | Evidenzgrad Ia |
Arzneimittelinduzierte Osteoporose | Siehe Abschn. 3.2. „Sekundäre Osteoporosen“ | Evidenzgrad Ia |
3.2 Sekundäre Osteoporosen
Erkrankung | Ergänzung | Evidenz |
---|---|---|
Endokrine Erkrankungen | ||
Cushing-Syndrom, subklinischer Hyperkortisolismus | KMD und TBS reduziert bei aktiver Erkrankung Frakturrisiko bei Frauen und Männern erhöht, teilweise unabhängig von KMD, teilweise reversibel nach Behandlung der Grunderkrankung | Evidenzgrad IIIb |
Hyperthyreose, manifest und subklinisch | FRAX®-Score: „sekundäre Osteoporose“ [62] | Evidenzgrad Ia |
Diabetes mellitus Typ 1 | FRAX®-Score: „sekundäre Osteoporose“ Erhöhtes Risiko für hüftnahe Frakturen und periphere Frakturen [34] | Evidenzgrad Ia |
Diabetes mellitus Typ 2 | FRAX®-Score: Adjustierung „Rheumatoide Arthritis“ | Evidenzgrad Ia |
Hypogonadismus beim Mann | FRAX®-Score: „sekundäre Osteoporose“ Erniedrigtes Serumtestosteron assoziiert mit erhöhtem Frakturrisiko [65] | Evidenzgrad IIa |
Hypogonadismus bei Frauen (Östrogenmangel) | FRAX®-Score: „sekundäre Osteoporose“ [66] Primäre Amenorrhö, späte Menarche, frühe Menopause (< 45 Jahre) [42] | Evidenzgrad IIb |
Primärer Hyperparathyreoidismus | Frakturrisiko erhöht, OR 2,01 [67] | Evidenzgrad Ia |
Wachstumshormonmangel bei Hypophyseninsuffizienz | Bei Wachstumshormonmangel 2,66fach höhere Frakturrate als bei normalem Wachstumshormonspiegel [68] | Evidenzgrad IIIb |
Chronisch entzündliche Erkrankungen | ||
Rheumatoide Arthritis | FRAX®-Score: „Rheumatoide Arthritis“ | Evidenzgrad Ia |
Niedrig dosierte Glukokortikoidtherapie bei rheumatoider Arthritis scheint das Frakturrisiko nicht zu erhöhen, der Risikofaktor „rheumatoide Arthritis“ bleibt jedoch erhalten [71] | Evidenzgrad IIIb | |
Spondylitis ankylosans | Erhöhtes Risiko für Wirbelkörperfrakturen [72] | Evidenzgrad Ia |
Chronische Atemwegserkrankungen (COPD, Asthma, zystische Fibrose, interstitielle Lungenerkrankungen/Sarkoidose) | Evidenzgrad Ia | |
Tuberkulose | Risiko für hüftnahe Frakturen am höchsten [76] | Evidenzgrad Ib |
Nierenerkrankung | ||
CKD | Evidenzgrad Ia | |
Neuromuskuläre Erkrankungen | ||
Epilepsie bzw. Antiepileptika | Frakturrisiko erhöht, häufig im Rahmen von Anfällen [80] | Evidenzgrad Ia |
Leberenzym-induzierende Antiepileptika assoziiert mit höherem Frakturrisiko vs. nicht-Leberenzym-induzierende Antiepileptika [81] | Evidenzgrad IIb | |
Morbus Parkinson | Evidenzgrad Ia | |
Multiple Sklerose | Erhöhtes Frakturrisiko bei Frauen unabhängig von Medikation und Sturzrisiko [83] | Evidenzgrad Ia |
Gastrointestinale Erkrankungen | ||
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen | FRAX®-Score: „sekundäre Osteoporose“ Morbus Crohn, Colitis ulcerosa Erhöhtes Frakturrisiko, signifikant für Wirbelkörperfrakturen [84] | Evidenzgrad Ia |
Laktoseintoleranz | FRAX®-Score: „sekundäre Osteoporose“ Niedrigere KMD bei laktoseintoleranten postmenopausalen Frauen vs. gesunde Kontrollen [85] | Evidenzgrad Ia |
Chronische Lebererkrankungen | FRAX®-Score: „sekundäre Osteoporose“ | Evidenzgrad Ia |
Zöliakie | FRAX®-Score: „sekundäre Osteoporose“ – Malabsorption [89] | Evidenzgrad Ia |
Bariatrische Chirurgie | FRAX®-Score: „sekundäre Osteoporose“ – Malabsorption [90] | Evidenzgrad Ia |
Ernährungsstörung | ||
Anorexia nervosa | FRAX®-Score: „sekundäre Osteoporose“ – vermehrtes Auftreten von Osteoporose (OR 12,59) und Frakturen (OR 1,84) [91] | Evidenzgrad Ia |
Herzinsuffizienz | HR für alle Frakturen 1,67, für hüftnahe Frakturen 2,2 [92] | Evidenzgrad Ia |
Osteoporose nach Transplantation | Im FRAX®-Score anklicken: „Glukokortikoide“: bei Glukokortikoidtherapie „Sekundäre Osteoporose“: bei postoperativer immunsuppressiver Therapie nach Stammzelltransplantation, Knochenmarkstransplantation, Transplantation von Herz, Lunge, Leber, Niere [93] | Evidenzgrad IIa |
HIV, AIDS | AIDS per se und antiretrovirale Therapie. OR 2,3 für Wirbelkörperfrakturen bei HIV-infizierten Personen [94] | Evidenzgrad Ia |
Hämatoonkologische Erkrankungen | ||
Malignome | Maligne Erkrankungen per se und Chemotherapie/endokrine Therapie/Strahlentherapie [95] | Evidenzgrad IIa |
Multiples Myelom | Evidenzgrad IIa | |
MGUS | Frakturrisiko erhöht (RR 1,36), v. a. für vertebrale Frakturen (RR 2,5) [97] | Evidenzgrad Ia |
Systemische Mastozytose | 10-Jahres-Frakturrisiko 31 % [98] | Evidenzgrad IIa |
Medikament | Ergänzung | Evidenz |
---|---|---|
Systemische Glukokortikoide (GIOP) | FRAX®-Score: „Glukokortikoide“, wenn aktuell oder über 3 Monate tägliche Dosis ≥ 5 mg Prednisolonäquivalent Rascher Anstieg des Frakturrisikos (v. a. vertebrale Frakturen) Zusammenhang KMD und kumulative Glukokortikoiddosis [99] | Evidenzgrad Ia |
Hohe kumulative Glukokortikoiddosen (≥ 1 g) stellen einen Risikofaktor für hüftnahe Frakturen und vertebrale Frakturen dar [100] Initial vermehrte Osteoklastenaktivität, langfristig Suppression der Osteoblastenfunktion [33] | Evidenzgrad IIIb | |
Das Frakturrisiko unter inhalativen Glukokortikoiden ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht vollständig geklärt. Inhalative Glukokortikoide stellen einen maximal schwachen Risikofaktor für osteoporotische Frakturen dar [101] Frakturrisiko (v. a. vertebral) dosisabhängig; bereits ab Glukokortikoidtherapiebeginn knochenprotektive Behandlung bei – vorbestehender Fragilitätsfraktur – Frauen ab 70 Jahren – bei postmenopausalen Frauen und Männern ab 50 Jahren, bei ≥ 7,5 mg Prednisolon oder Äquivalent/Tag über 3 Monate Anmerkung: Korrektur des Frakturrisikos nach Glukokortikoiddosis (s. Tab. 4) Empfehlungen für GIOP bei prämenopausalen Frauen und jungen Männern s. ACR-Leitlinien [102] | Evidenzgrad Ia | |
Aromatasehemmer bei Mammakarzinom | Hohes Frakturrisiko bei Patientinnen und Patienten für alle Frakturen unabhängig von der initialen KMD [103] | Evidenzgrad Ib |
Hormonablative Therapie Frauen (GnRH-Analoga) | Geringes Frakturrisiko [104] | Evidenzgrad IIa |
Hormonablative Therapie bei Prostatakarzinom (Androgen-Rezeptor-Inhibitoren) | Evidenzgrad Ia | |
Depot-Medroxyprogesteron-Acetat | Evidenzgrad IIIb | |
Antidepressiva – selektive Serotonin-Reuptake-Inhibitoren | Erhöhtes Frakturrisiko unter SSRI-Therapie [107] | Evidenzgrad Ia |
Neuroleptika | Erhöhtes Frakturrisiko – hüftnahe Fraktur OR 1,46 [108] | Evidenzgrad Ia |
Protonenpumpeninhibitoren | Evidenzgrad Ia | |
Glitazone | Evidenzgrad Ia | |
Antikoagulanzien | Gering erhöhtes Frakturrisiko bei VKA-Langzeittherapie bei Frauen und bei älteren Personen ab 65 Jahren [112] | Evidenzgrad Ia |
Dosis | Korrektur für Wahrscheinlichkeit einer hüftnahen Fraktur (%) | Korrektur für MOF-Wahrscheinlichkeit (%) |
---|---|---|
< 2,5 mg/Tag | −35 | −20 |
≥ 7,5 mg/Tag | +20 | +15 |
4 Prävention und Basismaßnahmen
4.1 Prävention durch Ernährung und Lebensstilveränderungen
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Eine tägliche Zufuhr von zumindest 1000 mg Kalzium, 800 IE natives Vitamin D und 0,8 g/kgKG (Sollgewicht) an Protein wird empfohlen, bei > 65-Jährigen wird mindestens 1 g/kgKG Protein empfohlen; starke Empfehlung.
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Besondere Ernährungsformen oder Unverträglichkeiten wie vegane Ernährung oder Laktoseintoleranz können problematisch sein und sollten im Rahmen einer individuellen Ernährungsberatung thematisiert werden; bedingte Empfehlung.
4.2 Prävention durch Bewegung und Sport
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In der Jugend wie im jungen Erwachsenenalter wird regelmäßige körperliche Aktivität zur Reduktion eines späteren Osteoporoserisikos empfohlen; starke Empfehlung.
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Postmenopausalen Frauen und Männern ≥ 50 Jahre wird zur Verbesserung der KMD und Prävention von Fragilitätsfrakturen eine Kombination von abrupt gewichtsbelastendem Training („Impact Training“) und Krafttraining empfohlen; starke Empfehlung.
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Die Trainingsfrequenz bei Krafttraining soll mindestens 2‑mal/Woche betragen und, basierend auf der Ausgangssituation, individualisiert geplant werden; starke Empfehlung.
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Die Trainingsfrequenz bei Gleichgewichtstraining soll idealerweise bis zu 7‑mal/Woche betragen und, basierend auf der Ausgangssituation, individualisiert und ggf. in den Alltag eingebaut geplant werden; starke Empfehlung.
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Das Training soll nach Möglichkeit supervidiert ausgeführt werden; starke Empfehlung.
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Eine Sturzrisikoeinschätzung sollte bei allen Patienten > 65 Jahre durchgeführt werden; jenen mit erhöhtem Sturzrisiko sollte ein Übungsprogramm zur Verbesserung von Balance und Kraft empfohlen werden; starke Empfehlung.
5 Diagnose
5.1 Anamnese und Klinik
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Osteoporose zeigt vor der ersten osteoporotischen Fraktur keine spezifischen klinischen Symptome; starke Empfehlung.
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Eine Abnahme der Körpergröße von ≥ 4 cm ist ein möglicher Hinweis auf eine manifeste Osteoporose mit einer Wirbelkörperfraktur; starke Empfehlung.
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Bei postmenopausalen Frauen und bei allen Männern ab dem 50. Lebensjahr mit einem klinischen Risikofaktor für eine Fraktur wird jedenfalls eine FRAX®-Analyse ohne KMD-Messung empfohlen; starke Empfehlung.
5.2 Bildgebende Verfahren
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Eine radiologische Untersuchung der Brust- und Lendenwirbelsäule mittels Röntgen zur Detektion von Wirbelkörperfrakturen ist Teil einer osteologischen Abklärung; alternativ kann eine laterale Darstellung der Wirbelsäule mittels DXA (sog. vertebrales Frakturassessment) erfolgen; starke Empfehlung.
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Der alleinige radiologisch bildgebende Nachweis einer verminderten KMD und/oder eines erhöhten Frakturrisikos ist aufgrund vieler Faktoren nicht möglich; bedingte Empfehlung.
5.3 Knochenmineraldichte
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Das Standardverfahren ist die DXA-Messung an der Lendenwirbelsäule und am linken Femur, ggf. ergänzt oder ersetzt durch die Messung des rechten Femurs und/oder unter bestimmten Umständen des distalen Radius des weniger belasteten Unterarms. Die Untersuchung inklusive Auswertung und die Interpretation der Messdaten sollen durch medizinisches Fachpersonal mit spezieller Ausbildung/Zertifizierung in der DXA-Interpretation und in Übereinstimmung mit den aktuellen Empfehlungen der ISCD erfolgen; starke Empfehlung.
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Die Ergebnisse der DXA-Untersuchung sollten zeitnah dem Zuweiser mitgeteilt werden; starke Empfehlung.
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Ergänzend soll die Beurteilung den TBS sowie klinische Risikofaktoren beinhalten; bedingte Empfehlung.
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Die Verwendung von QUS und QCT wird derzeit für die Diagnose von Osteoporose nicht empfohlen. FRAX® ist für diese Methoden nicht validiert; starke Empfehlung.
Risikovariable | Anpassung an FRAX® | Literatur |
---|---|---|
Gleichzeitige Daten zur KMD der Lendenwirbelsäule (L1–L4) | Erhöhung/Verringerung der MOF-Wahrscheinlichkeit um 10 % für jede gerundete T‑Score-Differenz zwischen Lendenwirbelsäule und Schenkelhalsa | |
Trabecular Bone Score | Erhöhung der MOF-Wahrscheinlichkeit um 30 % für jede SD des TBS | [167] |
Hüftachsenlänge | Erhöhung der Wahrscheinlichkeit von hüftnahen Frakturen um 30 % für jede SD-Erhöhung der HAL | [168] |
5.4 Sonstige radiographische Verfahren
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Die Radiographie (konventionelle Röntgenaufnahmen) ist der Standard zum Nachweis von Wirbelkörperfrakturen und als Surrogatmarker anerkannt. Wirbelkörperfrakturen ohne akutes Trauma sollen entsprechend der Einschätzung nach Genant semiquantitativ erfasst werden; starke Empfehlung.
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Zufallsbefunde von Wirbelkörperfrakturen (morphometrische Wirbelkörperfrakturen) im Rahmen einer aus anderen Gründen durchgeführten radiologischen Untersuchung sollen im Befund dokumentiert werden; bedingte Empfehlung.
5.5 Osteologisches Labor
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Bei allen Patienten mit Verdacht auf Osteoporose sollten die in der Folge dargestellten Basislaboruntersuchungen durchgeführt werden; starke Empfehlung.
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Diese Untersuchungen werden empfohlen, da sie dazu beitragen, sekundäre Osteoporoseformen zu identifizieren bzw. die Osteoporose von anderen Knochenerkrankungen abzugrenzen und ggf. Kontraindikationen für bestimmte Osteoporosetherapien aufzuzeigen; starke Empfehlung.
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Die Bestimmung von Knochenumbaumarkern wird empfohlen, wenn in bestimmten Situationen relevante Informationen erforderlich sind; starke Empfehlung.
Serum-Kalzium (gegebenenfalls ionisiertes Kalzium) |
Serum-Albumin |
Serum-Phosphat |
Serum-alkalische Phosphatase |
Serum-Gamma-Glutamyl-Transferase |
eGFR |
Komplettes Blutbild |
Blutkörpersenkungsgeschwindigkeit oder C‑reaktives Protein |
Serum-Eiweißelektrophorese |
Serum-25-Hydroxy-Vitamin D |
Serum-TSH |
5.6 Knochenbiopsien
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Bei Verdacht auf bestimmte systemische Knochenerkrankungen sollten die Biopsien am Beckenkamm entnommen und analysiert werden; bedingte Empfehlung.
6 Frakturrisiko
6.1 Risikomodelle – Ermittlung des Frakturrisikos
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Eine FRAX®-Bewertung sollte bei jeder postmenopausalen Frau oder jedem Mann im Alter von ≥ 50 Jahren mit einem klinischen Risikofaktor für Fragilitätsfrakturen durchgeführt werden, um ggf. eine KMD-Messung am Schenkelhals mittels DXA zu initiieren und eine rechtzeitige Überweisung und/oder medikamentöse Behandlung einzuleiten; starke Empfehlung.
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Bei der Verwendung von FRAX® zur Berechnung der Frakturwahrscheinlichkeit sollte eine klinische Beurteilung erfolgen, wenn das klinische Risiko jene Faktoren übersteigt, die in FRAX® eingegeben werden können; starke Empfehlung.
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Arithmetische Anpassungen der FRAX®-Wahrscheinlichkeiten für MOF (hüftnahe Fraktur, klinisch vertebrale Fraktur, Unterarmfraktur, Humerusfraktur) sowie die eigenständige FRAX®-Auswertung für hüftnahe Frakturen können in der klinischen Praxis verwendet werden, um zusätzliche klinische Risikofaktoren zu berücksichtigen; bedingte Empfehlung.
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Die Untersuchung auf Wirbelkörperfrakturen (seitliches Röntgen der Brust- und/oder Lendenwirbelsäule, VFA im Rahmen einer DXA-Messung) ist bei postmenopausalen Frauen und Männern im Alter von ≥ 50 Jahren indiziert, wenn in der Anamnese ein Höhenverlust von ≥ 4 cm, eine Kyphose, eine kürzliche oder derzeitige systemische Glukokortikoidtherapie, andere mit einem erhöhten Risiko für vertebrale Frakturen assoziierte Faktoren oder akut auftretende Rückenschmerzen mit Risikofaktoren für Osteoporose vorliegen; starke Empfehlung.
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Die Ergebnisse der DXA-Untersuchung sollten dem Patienten zeitnah nach der Untersuchung von medizinischem Fachpersonal mit spezieller Ausbildung/Zertifizierung in der DXA-Interpretation in Übereinstimmung mit nationalen und internationalen Diagnose- und Berichtsstandards mitgeteilt werden; starke Empfehlung.
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Patienten mit Osteoporose und/oder einer Fragilitätsfraktur (= absolute Behandlungsindikation unabhängig von T‑Score) sollten auf zugrunde liegende Ursachen hin untersucht werden, wozu auch die Notwendigkeit von Basislaboruntersuchungen gehört; starke Empfehlung.
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Die Verwendung von QUS wird für die Diagnose von Osteoporose nicht empfohlen; starke Empfehlung.
6.1.1 Instrumente zur Bewertung des Frakturrisikos
6.1.2 Sonderfall Aromatasehemmer
6.2 Bestimmung des Frakturrisikos
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Das Frakturrisiko einer Einzelperson sollte als absolutes Frakturrisiko oder, präziser ausgedrückt, als Frakturwahrscheinlichkeit über einen Zeitraum von 10 Jahren dargestellt werden; starke Empfehlung.
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Das weltweit wichtigste Werkzeug zur Berechnung der 10-Jahres-Frakturwahrscheinlichkeit ist FRAX®; starke Empfehlung.
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FRAX® ist unter Berücksichtigung des länderspezifischen Frakturrisikos sowie der länderspezifischen Mortalität auf die österreichische Bevölkerung kalibriert; es wird daher empfohlen, als Land „Österreich“ für die Berechnung des individuellen Frakturrisikos zu verwenden; starke Empfehlung.
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Der TBS kann ein zum FRAX® ergänzender Prädiktor des Frakturrisikos sein; starke Empfehlung.
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Eine Adjustierung von FRAX® soll für folgende klinische Risikofaktoren erfolgen:
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niedrige, moderate oder hohe Glukokortikoidexposition; bedingte Empfehlung;
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KMD der Lendenwirbelsäule; starke Empfehlung;
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Hüftachsenlänge; starke Empfehlung;
-
Sturzanamnese; bedingte Empfehlung;
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Herkunftsland; starke Empfehlung;
-
Diabetes mellitus Typ 2; starke Empfehlung;
-
rezente MOF; starke Empfehlung;
-
Anzahl vorangegangener Frakturen; starke Empfehlung.
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6.2.1 Möglichkeiten der Adjustierung des FRAX®-Tools
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eine niedrige, moderate oder hohe Glukokortikoidexposition [113]; Evidenzgrad IIa;
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Hüftachsenlänge [168]; Evidenzgrad Ib;
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Sturzanamnese [50]; Evidenzgrad IIa;
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Herkunftsland [201]; Evidenzgrad Ib;
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Typ-2-Diabetes mellitus [202]; Evidenzgrad Ib;
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rezente MOF [29]; Evidenzgrad Ib;
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Anzahl vorangegangener Frakturen [203]; Evidenzgrad Ib.
6.3 Interventionsschwellen
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Eine Ersteinschätzung der 10-Jahres-Frakturwahrscheinlichkeit für MOF (hüftnahe Fraktur, klinisch vertebrale Fraktur, Unterarmfraktur, Humerusfraktur) sowie die hüftnahe Fraktur isoliert sollte unter Verwendung der Österreich-spezifischen FRAX®-Version erfolgen, einschließlich einer Zuordnung zu einer der Österreich-spezifischen, FRAX®-basierten Risikokategorien „niedrig“, „mittel“, „hoch“ oder „sehr hoch“; starke Empfehlung.
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Alle Patienten mit prävalenter und/oder rezenter niedrigtraumatischer Fraktur sollten eine Osteoporose-spezifische Behandlung erhalten; starke Empfehlung.
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Männer und Frauen mit einem hohen oder sehr hohen Frakturrisiko sollten eine Osteoporose-spezifische Behandlung erhalten, und eine initiale DXA-Messung sollte zum Zweck des Therapiemonitorings durchgeführt werden; starke Empfehlung.
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Männer und Frauen, welche in der Österreich-spezifischen FRAX®-Version ein mittleres Risiko (d. h. zwischen der unteren und oberen Assessmentschwelle) aufweisen, sollen eine DXA-Messung erhalten. Nach erfolgter DXA-Messung sollte eine Neuberechnung der 10-Jahres-Frakturwahrscheinlichkeit mittels Österreich-spezifischem FRAX® erfolgen; starke Empfehlung.
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Wenn die KMD in das FRAX®-Tool integriert werden kann, ist für die Beurteilung der Risikokategorie (niedrig, hoch oder sehr hoch) die Region (d. h. MOF oder Hüfte) mit der höheren 10-Jahres-Frakturwahrscheinlichkeit heranzuziehen; starke Empfehlung.
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Männer und Frauen, welche in der Österreich-spezifischen FRAX®-Version ein mittleres Risiko (d. h. zwischen der unteren und oberen Assessmentschwelle) aufweisen, aber keine DXA-Messung erhalten können, sollten behandelt werden, wenn die Interventionsschwelle überschritten ist oder in der Anamnese eine Fragilitätsfraktur erhoben wurde; starke Empfehlung.
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Männer und Frauen mit einem niedrigen Risiko und ohne prävalente Fragilitätsfraktur sollen Empfehlungen zur Lebensstiloptimierung erhalten; starke Empfehlung.
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Männer und Frauen mit sehr hohem Frakturrisiko sollten bevorzugt einer osteoanabolen Therapie durch einen Spezialisten mit Kenntnis und Erfahrungen auf dem Gebiet der Osteoporose zugeführt werden. Folgende Indikationen kommen hierfür infrage; bedingte Empfehlung:
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Vorhandensein eines einzigen, aber signifikanten Risikofaktors:
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kürzliche (weniger als 24 Monate) MOF,
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> 2 MOF (unabhängig vom Zeitpunkt des Auftretens),
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KMD T‑Score ≤ −3,5;
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Vorhandensein mehrerer klinischer Risikofaktoren, insbesondere im Falle einer kürzlich aufgetretenen Fragilitätsfraktur mit einem sehr hohen (unmittelbar bevorstehenden) Risiko einer nachfolgenden Fraktur;
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andere Hinweise auf ein sehr hohes Frakturrisiko.
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Die Entscheidung, welche Therapie primär eingeleitet werden sollte, sollte unter Berücksichtigung des Frakturrisikos einschließlich allfälliger zusätzlicher klinischer Risikofaktoren sowie der Präferenz der Patienten getroffen werden; starke Empfehlung.
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Verweise auf die österreichische Version des FRAX®-Tools bzw. die Österreich-spezifischen Therapieschwellen sowie die vorliegenden österreichischen Osteoporose-Leitlinien sollten in medizinischen Befundberichten enthalten sein; starke Empfehlung.
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Für die Zuordnung zu einer der FRAX®-Risikokategorien ist die höhere 10-Jahres-Frakturwahrscheinlichkeit im FRAX® (MOF) heranzuziehen; starke Empfehlung.
MOF | Hüftnahe Fraktur | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
Alter, Jahre | Untere Assessmentschwelle | Obere Assessmentschwelle | Hohes Risiko (Behandlung) | Sehr hohes Risiko | Hohes Risiko (Behandlung) | Sehr hohes Risiko |
40 | 2,9 | 7,8 | 6,5 | 10,3 | 0,6 | 1,0 |
45 | 3,0 | 8,0 | 6,7 | 10,6 | 0,9 | 1,5 |
50 | 4,2 | 10,9 | 9,1 | 14,6 | 1,4 | 2,2 |
55 | 5,3 | 13,3 | 11,1 | 17,7 | 1,9 | 3,1 |
60 | 6,1 | 15,5 | 12,5 | 20,0 | 2,7 | 4,4 |
65 | 8,5 | 19,9 | 16,6 | 26,5 | 4,3 | 6,9 |
70 | 11,6 | 25,6 | 21,3 | 34,1 | 7,1 | 11,3 |
7 Nicht-medikamentöse Therapie der Osteoporose
7.1 Rehabilitation
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Die Versorgung und Rehabilitation nach einer Fragilitätsfraktur soll so rasch wie möglich begonnen werden, am besten im Rahmen eines Fracture Liaison Service; starke Empfehlung.
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Im Fall einer Wirbelkörperfraktur soll nach entsprechender Schmerztherapie und ärztlicher Freigabe ein supervidiertes individualisiertes Trainingsprogramm begonnen werden, anfänglich, wenn nötig, in entlasteter Position; bedingte Empfehlung; in der Folge soll es ein progressives Kraft- und Kraftausdauertraining der Rückenmuskulatur beinhalten; starke Empfehlung.
-
Die routinemäßige Verordnung von Orthesen im akuten oder subakuten Stadium nach Wirbelkörperfrakturen wird nicht empfohlen; starke Empfehlung.
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Bei peripheren Fragilitätsfrakturen sollen im Falle einer konservativen Versorgung nicht ruhiggestellte Gelenke bewegt werden; nach chirurgischer Versorgung entscheidet der Operateur bezüglich der Belastungsstabilität; bedingte Empfehlung.
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Zur Reduktion des Sturzrisikos werden Übungen zur Verbesserung von Gleichgewicht und Kraft (nach Möglichkeit in den Alltag eingebaut), und – wenn nötig – wird die Beseitigung von Stolperfallen empfohlen; starke Empfehlung.
7.2 Chirurgische Maßnahmen
7.2.1 Hüftnahe Frakturen
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Hüftnahe Frakturen sind zeitnah (< 48 h) operativ zu versorgen; starke Empfehlung.
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Bei Implantation von Hemiprothesen sollte ein zementiertes Verfahren verwendet werden; starke Empfehlung.
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Jede osteoporotische hüftnahe Fraktur soll noch während des stationären Aufenthaltes hinsichtlich weiterer osteoporotischer Therapie evaluiert werden; starke Empfehlung.
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Die Diagnose Osteoporose und die daraus resultierenden therapeutischen Konsequenzen sollen im Entlassungsbrief vermerkt werden, eine Therapieverzögerung ist zu vermeiden; starke Empfehlung.
7.2.2 Periprothetische Frakturen
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Periprothetische Frakturen sollten je nach Komplexität des Eingriffes an geeigneten Zentren zeitnah versorgt werden; bedingte Empfehlung.
7.2.3 Extremitätenfrakturen
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Distale Radiusfrakturen bei > 60-jährigen Patienten sollen primär konservativ versorgt werden; starke Empfehlung.
7.2.4 Wirbelkörperfrakturen
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Osteoporotische Wirbelkörperfrakturen (Typ A) sollen konservativ behandelt werden, wenn kein signifikanter Wirbelkörperkollaps, keine Spinalkanalkompression mit Neurologie oder Kyphose vorliegen; starke Empfehlung.
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Typ-B/C-Frakturen sollten operativ versorgt werden; bedingte Empfehlung.
8 Medikamentöse Therapie der Osteoporose
8.1 Therapieziele
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Die Wahl der medikamentösen Behandlung sollte von der Bewertung des Frakturrisikos, der Eignung (Alter, Kontraindikationen, Unverträglichkeiten von spezifischen Medikamenten) und Präferenz des Patienten abhängen. Bei den meisten Personen mit einem erhöhten Frakturrisiko ist eine antiresorptive Therapie die erste Wahl. Ziel jeder Osteoporosetherapie ist die Verhinderung der ersten Fraktur bzw. einer weiteren Fraktur; starke Empfehlung.
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Bei allen postmenopausalen Frauen und allen Männern ab dem 50. Lebensjahr soll eine FRAX®-Analyse zur Erfassung des individuellen Frakturrisikos erfolgen; starke Empfehlung.
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Alle Patienten ab dem 50. Lebensjahr mit einer MOF (hüftnahen Fraktur, klinisch vertebralen Fraktur, Unterarmfraktur, Humerusfraktur) sind bezüglich einer Therapieeinleitung abzuklären. Nach vertebralen oder hüftnahen Frakturen ist eine unmittelbare Therapie einzuleiten; starke Empfehlung.
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Kalzium- und/oder Vitamin-D-Gabe ist als Ergänzung zur medikamentösen Behandlung der Osteoporose notwendig, wenn die Kalziumzufuhr über die Nahrung niedrig ist bzw. eine Vitamin-D-Insuffizienz ein Risiko darstellt; starke Empfehlung.
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Der Ausgleich eines Vitamin-D-Mangels oder einer Vitamin-D-Insuffizienz vor Beginn jeder medikamentösen Osteoporosetherapie ist indiziert; starke Empfehlung.
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Bisphosphonate (Alendronat, Risedronat, Ibandronat, Zoledronat) und Denosumab sind effiziente Medikamente. Zu den alternativen Optionen gehören MHT und Raloxifen; starke Empfehlung.
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Nach mehrjähriger oraler antiresorptiver Vorbehandlung mit Alendronat kann auf eine antiresorptive Therapie mit Denosumab oder Zoledronat umgestellt werden; starke Empfehlung.
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Intravenöses Zoledronat, sofern keine Kontraindikationen vorliegen, ist als erste Behandlungsoption ab mindestens 14 Tagen nach einer Hüftfraktur möglich und empfohlen; starke Empfehlung.
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Denosumab, sofern keine Kontraindikationen vorliegen, ist als erste Behandlungsoption unmittelbar nach einer Hüftfraktur möglich und empfohlen; starke Empfehlung.
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Vor Beginn der Behandlung mit Denosumab sollte sichergestellt werden, dass ein langfristiger, individueller Osteoporosebehandlungsplan vorliegt; starke Empfehlung.
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Ein ungeplantes Absetzen von Denosumab ist zu vermeiden, da es zu einem erhöhten Risiko für Wirbelbrüche führen kann; daher darf es nicht abgesetzt werden, ohne eine alternative Therapie in Betracht zu ziehen; starke Empfehlung.
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Das Absetzen von Denosumab kann zu rapidem Knochenverlust und zu multiplen Wirbelkörperfrakturen führen. Daher sollte eine Anschlusstherapie mit einem anderen osteoprotektiven Medikament durchgeführt werden; bedingte Empfehlung.
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Wenn eine Denosumab-Therapie abgebrochen wird, wird eine intravenöse Infusion von Zoledronat 6 Monate nach der letzten Denosumab-Injektion empfohlen, wobei die anschließende Überwachung des Serum-CTX den Zeitpunkt der weiteren Behandlung (nochmalige Applikation nach 6 Monaten) bestimmt; bedingte Empfehlung.
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Bei mit Denosumab vorbehandelten Patienten sollte Denosumab parallel zur neu eingeleiteten osteoanabolen Therapie mit Teriparatid oder Abaloparatid weiter verabreicht werden, entweder über die gesamte Dauer der osteoanabolen Therapie oder einen Teil derselben; bedingte Empfehlung.
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Die MHT kann bei peri-/postmenopausalen Frauen mit geringem Risiko für Thrombose bzw. maligne Erkrankungen bis zu einem Lebensalter von 60 Jahren bzw. bis zu 10 Jahre nach Beginn der Menopause zur Reduktion des Frakturrisikos eingesetzt werden; starke Empfehlung.
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Eine Besprechung gemeinsam mit der Patientin über die weitere Anwendung einer MHT nach dem 60. Lebensjahr wird empfohlen, wobei die Entscheidung auf einer individuellen Risiko-Nutzen-Analyse beruht; bedingte Empfehlung.
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Teriparatid, Abaloparatid und Romosozumab sind Erstlinienbehandlungen für postmenopausale Frauen mit sehr hohem Frakturrisiko; starke Empfehlung.
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Teriparatid ist eine Erstlinientherapie bei Männern ab 50 Jahren, die ein sehr hohes Frakturrisiko haben; starke Empfehlung.
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Nach der zugelassenen Behandlungsdauer mit Teriparatid, Abaloparatid oder Romosozumab (24 bzw. 18 Monate oder 12 Monate) sollte unverzüglich eine antiresorptive Behandlung mit Alendronat, Zoledronat oder Denosumab eingeleitet werden; starke Empfehlung.
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Raloxifen soll als Option für die Folgebehandlung nach einem Osteoanabolikum bei Frauen in Erwägung gezogen werden; bedingte Empfehlung.
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Der Effekt einer osteoanabolen Therapie im Anschluss an eine antiresorptive Therapie hinsichtlich einer KMD-Zunahme ist in der Regel geringer als bei nicht vorbehandelten Patienten; starke Empfehlung.
8.2 Überblick über die Therapieoptionen
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Antiresorptive Medikamente hemmen in erster Linie die osteoklastische Knochenresorption mit späteren Sekundäreffekten auf die Knochenbildung.
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Osteoanabole Medikamente stimulieren in erster Linie die Knochenbildung über erhöhte Osteoblastenaktivität mit verschiedenen Auswirkungen auf die Knochenresorption. Diese Substanzklasse führt zu einer raschen Verbesserung der Knochenmikroarchitektur und in weiterer Folge zu einer Verbesserung der Mineralisierung.
Medikament | Vertebrale Frakturen | Nicht-vertebrale Frakturen | Hüftnahe Frakturen | Nachweis der Über- oder Unterlegenheit bei der Prävention von Wirbelkörperfrakturen bei postmenopausalen Frauen mit sehr hohem Frakturrisiko | Zugelassen für Männer |
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Romosozumab | Ib | IIb | IIb | Überlegenheit im Vergleich zu Alendronat (Ib) | Nein |
Teriparatid | Ia | Ia | Ia | Überlegenheit im Vergleich zu Risedronat (Ib) | Ja |
Alendronat | Ia | Ia | Ia | Unterlegenheit im Vergleich zu Romosozumab (Ib) | Ja |
Ibandronat | Ib | Ib | KE | KE | Nein |
Risedronat | Ia | Ia | Ia | Unterlegenheit im Vergleich zu Teriparatid (Ib) | Ja |
Zoledronat | Ia | Ia | Ia | KE | Ja |
Denosumab | Ia | Ia | Ia | KE | Ja |
HRT/MHT | Ia | Ia | Ia | KE | Nein |
Raloxifen | Ia | KE | KE | KE | Nein |
8.3 Therapieeinleitung
8.4 Kalzium und Vitamin D
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Eine tägliche Zufuhr von zumindest 1000 mg Kalzium und 800 IE Vitamin D wird empfohlen. Eine wöchentliche Vitamin-D-Zufuhr ist akzeptabel, von Bolusgaben in größeren zeitlichen Abständen ist abzuraten; starke Empfehlung.
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Ein adäquater Vitamin-D-Spiegel von zumindest ≥ 20 ng/ml bzw. ≥ 50 nmol/l vor Einleitung einer spezifischen osteologischen Therapie wird empfohlen. Ein Vitamin-D-Spiegel von ≥ 50 ng/ml bzw. ≥ 125 nmol/l ist aus osteologischer Sicht nicht empfohlen; starke Empfehlung.
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Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes, Malnutrition oder besondere Ernährungsformen/Unverträglichkeiten inklusive Proteinmangel sollten im Rahmen einer individuellen Ernährungsberatung thematisiert werden; bedingte Empfehlung.
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Der Ausgleich eines Vitamin-D-Mangels oder einer Vitamin-D-Insuffizienz vor Beginn jeder medikamentösen Osteoporosetherapie ist indiziert; starke Empfehlung.
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Begleitend zu allen Osteoporosetherapien muss eine Kalzium- und Vitamin-D-Supplementation durchgeführt werden, wenn die alimentäre Kalziumzufuhr nicht reicht bzw. ein Vitamin-D-Mangel vorliegt; starke Empfehlung.
8.4.1 Kalzium
8.4.2 Vitamin D
8.5 Protein
8.6 Spezifische Osteoporosetherapie
8.6.1 Hormonersatztherapie und menopausale Hormontherapie
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Die MHT kann bei peri-/postmenopausalen Frauen mit geringem Risiko für Thrombose bzw. maligne Erkrankungen bis zu einem Lebensalter von 60 Jahren bzw. bis zu 10 Jahre nach Beginn der Menopause zur Reduktion des Frakturrisikos eingesetzt werden; starke Empfehlung.
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Die Einnahmedauer der MHT sollte 10 Jahre nicht überschreiten; starke Empfehlung.
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Die HRT soll als erste Wahl eingesetzt werden – bei fehlenden Kontraindikationen –, um die Knochengesundheit bei Patientinnen mit POI aufrechtzuerhalten; starke Empfehlung.
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Die HRT sollte bis zum Alter der natürlichen Menopause von durchschnittlich 51 Jahren bei Patientinnen mit POI erfolgen; starke Empfehlung.
8.6.2 Selektive Östrogenrezeptormodulatoren
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Raloxifen kann bei postmenopausalen Frauen – v. a. bei erhöhtem Brustkrebsrisiko – zur Reduktion von vertebralem Frakturrisiko therapeutisch und präventiv eingesetzt werden; starke Empfehlung.
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Raloxifen sollte nicht bei prämenopausalen Frauen zur Therapie oder Prävention der Osteoporose eingesetzt werden; bedingte Empfehlung.
8.6.3 Antiresorptive Medikamente
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Patienten mit hohem Frakturrisiko ohne prävalente Frakturen sollen primär mit antiresorptiven Substanzen behandelt werden; starke Empfehlung.
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Bisphosphonate (Alendronat, Risedronat, Ibandronat, Zoledronat) und Denosumab sind effiziente Medikamente. Zu den alternativen Optionen gehören MHT und Raloxifen; starke Empfehlung.
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Nach mehrjähriger oraler antiresorptiver Vorbehandlung mit Alendronat kann auf eine antiresorptive Therapie mit Denosumab oder Zoledronat umgestellt werden; starke Empfehlung.
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Intravenöses Zoledronat, sofern keine Kontraindikationen vorliegen, ist als erste Behandlungsoption ab mindestens 14 Tagen nach einer hüftnahen Fraktur möglich; starke Empfehlung.
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Vor Einleitung einer Denosumab-Therapie soll eine fortwährende Betreuung des Patienten sichergestellt werden. Eine Pause oder ein Absetzen der Medikation sollte nur nach Rücksprache mit einem Spezialisten erfolgen; starke Empfehlung.
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Denosumab wird nicht renal ausgeschieden und kann unbedenklich bei Patienten bis CKD 3b gegeben werden; starke Empfehlung.
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Das Absetzen von Denosumab kann zu rapidem Knochenverlust und zu multiplen Wirbelkörperfrakturen führen. Daher sollte eine Anschlusstherapie mit einem anderen osteoprotektiven Medikament durchgeführt werden; bedingte Empfehlung.
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Sechs Monate nach der letzten Denosumab-Injektion, sofern Denosumab abgesetzt wird, sollte eine Zoledronat-Infusion erfolgen mit anschließenden regelmäßigen Kontrollen des Resorptionsmarkers CTX; bedingte Empfehlung.
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Ist ein Monitoring des Knochenstoffwechsels nicht möglich, sollte nach 6 Monaten die nächste Zoledronat-Infusion verabreicht werden; bedingte Empfehlung.
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Wenn eine Zoledronat-Infusion nicht möglich ist, sollte eine orale Alendronat-Therapie erfolgen; bedingte Empfehlung.
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Ein regelmäßiges Monitoring des Knochenstoffwechsels unter Therapie wird empfohlen; bedingte Empfehlung.
8.6.4 Osteoanabole Therapie
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Bei Frauen mit postmenopausaler Osteoporose und sehr hohem Frakturrisiko, insbesondere bei vorbestehenden Wirbelkörperfrakturen, sollten die osteoanabolen Therapien Teriparatid, Abaloparatid oder Romosozumab als Erstlinientherapie eingesetzt werden; starke Empfehlung.
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Bei Männern ab dem 50. Lebensjahr mit sehr hohem Frakturrisiko, insbesondere bei vorbestehenden Wirbelkörperfrakturen, sollte Teriparatid als Erstlinientherapie eingesetzt werden; starke Empfehlung.
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Nach Beendigung der Therapie mit Teriparatid, Abaloparatid oder Romosozumab (24, 18 bzw. 12 Monate) sollte unmittelbar eine antiresorptive Anschlusstherapie mit Alendronat, Zoledronat oder Denosumab eingeleitet werden; starke Empfehlung.
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Der Effekt einer osteoanabolen Therapie im Anschluss an eine antiresorptive Therapie hinsichtlich einer KMD-Zunahme ist in der Regel geringer als bei nicht vorbehandelten Patienten; starke Empfehlung.
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Bei postmenopausalen Frauen ist eine anschließende Raloxifen-Therapie eine mögliche Alternative; bedingte Empfehlung.
8.6.5 Dual wirksame Medikamente
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Eine dual wirksame Therapie mit Romosozumab ist für postmenopausale Frauen mit einem sehr hohen Frakturrisiko (FRAX®) und einer MOF (hüftnahe Fraktur, klinisch vertebrale Fraktur, Unterarmfraktur, Humerusfraktur) innerhalb der letzten 24 Monate zu erwägen (imminentes Frakturrisiko; s. auch Kap. 6 „Frakturrisiko“); starke Empfehlung.
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Romosozumab ist bei postmenopausalen Frauen mit einem sehr hohen Frakturrisiko, die eine osteoanabole Therapie mit Teriparatid oder Abaloparatid nicht vertragen, insbesondere bei Wirbelkörperfrakturen, als Zweitlinienbehandlung in Betracht zu ziehen; bedingte Empfehlung.
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Nach einer Behandlungsdauer mit Romosozumab von 12 Monaten soll unverzüglich eine Behandlung mit Alendronat, Zoledronat oder Denosumab eingeleitet werden; starke Empfehlung.
8.7 Sequenztherapien
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Nach einer osteoanabolen Therapie über 24 Monate mit Teriparatid, über 18 Monate mit Abaloparatid oder über 12 Monate mit Romosozumab sollte eine Anschlusstherapie mit Alendronat, Zoledronat oder Denosumab ohne zeitliche Verzögerung eingeleitet werden; starke Empfehlung.
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Eine weitere Option als Anschlusstherapie nach osteoanaboler Medikation – jedoch nur bei postmenopausalen Frauen – ist die Gabe von Raloxifen; bedingte Empfehlung.
8.8 Therapie bei sehr hohem Frakturrisiko
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Die Anwendung von FRAX® ermöglicht die Graduierung des individuellen Knochenbruchrisikos in ein geringes, ein mittleres, ein hohes und ein sehr hohes Frakturrisiko; starke Empfehlung.
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Teriparatid, Abaloparatid und Romosozumab sind Erstlinienbehandlungen für postmenopausale Frauen mit sehr hohem Frakturrisiko, insbesondere für Frauen mit Wirbelkörperfrakturen; starke Empfehlung.
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Teriparatid ist eine Erstlinientherapie bei Männern ab 50 Jahren, die ein sehr hohes Frakturrisiko haben, insbesondere bei Männern mit prävalenten Frakturen; bedingte Empfehlung.
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Nach einer osteoanabolen Therapie ist eine sequenzielle Therapie mit antiresorptiven Medikamenten erforderlich; starke Empfehlung.
8.9 Nebenwirkungen der Osteoporosetherapie
8.9.1 Medikamentenassoziierte Kiefernekrose
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Patienten sollten über die Ursachen und das Risiko des Auftretens der MRONJ aufgeklärt werden, und es empfiehlt sich eine zahnärztliche Untersuchung vor Therapiebeginn; bedingte Empfehlung.
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Elektive invasive zahnärztliche Eingriffe wie das Setzen dentaler Implantate sind unter Berücksichtigung des erhöhten Risikos einer MRONJ möglich; bedingte Empfehlung.
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Notwendige invasive zahnärztliche Eingriffe unter antiresorptiver Osteoporosetherapie sollen unter antibiotischer Abschirmung und speicheldichtem Wundverschluss erfolgen; starke Empfehlung.
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Die Gabe von i.v.-Bisphosphonaten sollte frühestens 2 Monate nach invasiven zahnärztlichen Eingriffen beginnen; bedingte Empfehlung.
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Invasive Eingriffe sollten gegen Ende eines Behandlungszyklus mit Denosumab durchgeführt und der Behandlungszyklus sollte nach Abheilung der Wunde fortgesetzt werden; bedingte Empfehlung.
8.9.2 Atypische Femurfrakturen
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Bei ossären Schmerzen im Bereich des Femurschaftes unter laufender antiresorptiver Therapie sollte eine AFF der ipsi- und der kontralateralen Seite mittels Bildgebung ausgeschlossen werden; bedingte Empfehlung.
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Bei subtrochantären Frakturen sollte auf die für AFF typischen kortikalen Verdickungen geachtet werden (Röntgen!), die sowohl bei Therapie mit Bisphosphonaten als auch mit Denosumab auftreten können; bedingte Empfehlung.
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Bei Auftreten einer AFF könnte ein Umstieg auf eine osteoanabole Therapie das Outcome verbessern; bedingte Empfehlung.
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Die chirurgische Versorgung erfolgt analog der subtrochantären Fraktur, welche meist mit einem Marknagel mit Hüftkomponente versorgt wird. Die Dringlichkeit entspricht jener der hüftnahen Frakturen (< 48 h); bedingte Empfehlung.
9 Verlaufskontrollen
9.1 Therapiedauer
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Eine Osteoporose-spezifische medikamentöse Behandlung sollte nicht beendet werden, da es sonst zu einem Anstieg des Frakturrisikos kommt; starke Empfehlung.
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Das Pausieren („drug holidays“) einer erstmaligen Bisphosphonat-Therapie nach 3 Jahren (Zoledronat) oder 5 Jahren (Alendronat, Risedronat) kann nicht empfohlen werden, wenn das Frakturrisiko anhaltend hoch ist oder eine prävalente oder inzidente Fraktur vorliegt; starke Empfehlung.
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Die Verlängerung einer 3‑jährigen Zoledronat-Behandlung um weitere 3 Jahre ist mit einer anhaltenden Senkung des Frakturrisikos verbunden; starke Empfehlung.
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Die Verlängerung einer 5‑jährigen Alendronat-Behandlung um weitere 5 Jahre ist mit einer anhaltenden Senkung des Frakturrisikos verbunden; starke Empfehlung.
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Die Anwendung des SERM Raloxifen kann bis zu einem Zeitraum von 8 Jahren erfolgen; starke Empfehlung.
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Die Anwendung von Denosumab über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren kann aufgrund der fehlenden Datenlage nicht empfohlen werden. Es gibt aber umgekehrt auch keine Empfehlung, die Therapie nach 10 Jahren abzusetzen. Sollte ein Absetzen gewünscht und geplant werden, erscheint eine Anschlussbehandlung mit einem anderen osteoprotektiven Medikament sinnvoll; bedingte Empfehlung.
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Die Therapiedauer von Teriparatid ist in Europa mit 24 Monaten limitiert, und eine antiresorptive Nachbehandlung ist notwendig; starke Empfehlung.
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Die Therapiedauer von Abaloparatid ist mit 18 Monaten limitiert, und eine antiresorptive Nachbehandlung ist notwendig; starke Empfehlung.
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Die Therapiedauer von Romosozumab ist mit 12 Monaten limitiert, und eine antiresorptive Nachbehandlung ist notwendig; starke Empfehlung.
9.1.1 Bisphosphonate
9.1.2 Selektive Östrogenrezeptormodulatoren
9.1.3 Denosumab
9.1.4 Teriparatid
9.1.5 Abaloparatid
9.1.6 Romosozumab
9.2 Therapiemonitoring
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Eine Überprüfung der Adhärenz bei Männern und Frauen, die während einer medikamentösen Behandlung eine Fragilitätsfraktur erleiden, wird empfohlen; starke Empfehlung.
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Die Bewertung des Frakturrisikos bei Patienten, die eine medikamentöse Behandlung erhalten, sollte anhand von FRAX® mit KMD erfolgen, wobei die FRAX®-Wahrscheinlichkeiten rechnerisch angepasst werden sollen, um zusätzlichen klinischen Risikofaktoren Rechnung zu tragen (s. Abschn. 3.1. „Klinische Risikofaktoren“). Wenn die von FRAX® abgeleitete Frakturwahrscheinlichkeit den Interventionsschwellenwert überschreitet, soll die medikamentöse Behandlung fortgesetzt werden; starke Empfehlung.
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Wenn unter antiresorptiver Therapie biochemische Marker des Knochenumsatzes einen Wiederanstieg des unterdrückten Knochenumsatzes anzeigen und/oder die KMD nach dem Absetzen von Bisphosphonaten absinkt, sollte die Wiederaufnahme der medikamentösen Behandlung erwogen werden; bedingte Empfehlung.
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Nach 10 Jahren Bisphosphonat- oder Denosumab-Behandlung soll das Management der Patienten auf individueller Basis geprüft werden; starke Empfehlung.
9.3 Therapieversagen
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Ein Therapieversagen sollte in Betracht gezogen werden, wenn unter einer antiresorptiven Therapie über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten bei adäquater Adhärenz und Ausschluss sekundärer Ursachen 2 oder mehrere inzidente MOF auftreten; bedingte Empfehlung.
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Ein Therapieversagen sollte in Betracht gezogen werden, wenn unter einer antiresorptiven Therapie über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten bei adäquater Adhärenz und Ausschluss sekundärer Ursachen ein signifikanter Abfall der KMD beobachtet wird; bedingte Empfehlung.
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Ein Therapieversagen sollte in Betracht gezogen werden, wenn unter einer antiresorptiven Therapie über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten bei adäquater Adhärenz und Ausschluss sekundärer Ursachen biochemische Marker des Knochenumsatzes nicht erwartungsgemäß supprimiert sind; bedingte Empfehlung.
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Ein Therapieversagen führt in den meisten Fällen zu einer Änderung der laufenden Osteoporosetherapie; bedingte Empfehlung.
9.3.1 Mögliche Konsequenzen eines Therapieversagens
10 Strukturierte Versorgung
10.1 Koordinierte Betreuungsmodelle
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Koordinierte Betreuungsmodelle wie das FLS stellen einen systematischen, strukturierten Zugang dar, um Frakturpatienten zu identifizieren und entsprechende diagnostische und therapeutische Maßnahmen zu setzen; starke Empfehlung.
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Bei Frakturpatienten ≥ 50 Jahre sollen eine Abschätzung des Sturzrisikos sowie mittels FRAX® des Frakturrisikos und der Ausschluss sekundärer Ursachen für Osteoporose erfolgen; starke Empfehlung.
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Die Diagnose „Osteoporose“ soll im Entlassungsdokument angeführt werden; starke Empfehlung.
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Eine KMD-Messung mittels DXA und ein seitliches Röntgen der Brust- und Lendenwirbelsäule werden empfohlen, soll die Therapieinitiierung aber nicht verzögern; starke Empfehlung.
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Ergänzende nicht-pharmakologische Interventionen, um Stürze und Frakturen zu verhindern, sind empfohlen; starke Empfehlung.
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Die Wahl der pharmakologischen Therapie soll die Möglichkeit einer guten Adhärenz berücksichtigen und auch im Verlauf überprüft werden; starke Empfehlung.
1. Identifizierung von Frakturpatienten | |
– Frauen und Männer ≥ 50 Jahre | |
2. Evidenzbasierte Bewertung | |
– Risikostratifizierung (FRAX®-basiert) | |
– Identifizierung sekundärer Ursachen der Osteoporose | |
– Bildgebung der Wirbelsäule | |
– DXA | |
3. Initiierung einer Therapie | |
– Pharmakologische Therapie | |
– Nicht-pharmakologische Interventionen (z. B. Sturzprävention, Muskelaufbautraining, Lebensstilmodifikationen [Alkohol, Nikotin, Ernährung]; s. auch Kap. 7 „Nicht-medikamentöse Therapie der Osteoporose“) | |
4. Überprüfung der Therapietreue | |
– Nach 12 bis 16 Wochen und nach einem Jahr |
10.2 Empfehlungen für den niedergelassenen Bereich
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Jede durch ein inadäquates Trauma verursachte Fraktur ist nach Ausschluss anderer Ursachen als osteoporotische Fraktur zu klassifizieren; starke Empfehlung.
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Jeder Patient ≥ 50 Jahre mit einem klinischen Risikofaktor ist im Sinne der Primärprävention mittels FRAX® und ggf. mittels zusätzlicher KMD-Messung auf eine Osteoporose mit erhöhtem Frakturrisiko abzuklären; starke Empfehlung.
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Jede Osteoporose mit erhöhtem Frakturrisiko ist zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln; starke Empfehlung.
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Die Behandlung der Osteoporose umfasst medikamentöse und nicht-medikamentöse Maßnahmen; starke Empfehlung.
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Bei hohem Frakturrisiko ist primär eine antiresorptive Therapie einzuleiten; starke Empfehlung.
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Bei sehr hohem Frakturrisiko ist primär eine osteoanabole Therapie einzuleiten; starke Empfehlung.
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Lässt sich aus FRAX® ein niedriges Risiko für eine Fraktur ableiten, sind keine weiterführenden Maßnahmen indiziert.
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Ergibt sich aus FRAX® ein hohes Risiko, ist eine antiresorptive Therapie einzuleiten.
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Ergibt sich aus FRAX® ein sehr hohes Risiko, ist eine osteoanabole Therapie einzuleiten.
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Nur bei einem Risiko im intermediären Bereich (zwischen der unteren und der oberen Interventionsschwelle, s. auch Kap. 6 „Frakturrisiko“) ist die Durchführung einer KMD-Messung, wenn möglich in Kombination mit einem TBS, notwendig. Entsprechend dem Ergebnis ergibt sich die therapeutische Konsequenz.
10.3 Optimierung der Osteoporoseversorgung im Gesundheitssystem
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Osteoporose-bedingte Frakturen stellen ein bedeutendes und wachsendes nationales Problem für die öffentliche Gesundheit dar, das hohe Kosten für die Gesundheits- und Sozialfürsorge nach sich zieht. Fragilitätsfrakturen sollten daher in einem nationalen Gesundheitsprogramm ausdrücklich berücksichtigt werden; starke Empfehlung.
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Gesundheitsprogramme sollten Ansätze zur Verringerung vermeidbarer Risikofaktoren für Osteoporose und für sturzbedingte Frakturen berücksichtigen; starke Empfehlung.
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Elektronische Patientendatensysteme sollten FRAX® integrieren, um die Identifizierung und Behandlung von Personen mit einem erhöhten Frakturrisiko zu unterstützen. Elektronische Patientendatensysteme sollten eine klare und möglichst automatisierte elektronische Kommunikation zwischen FLS und Primärversorgungsteams zur Therapieeinleitung und -überwachung ermöglichen; starke Empfehlung.
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Vorkehrungen sollten getroffen werden, damit Personen mit einem erhöhten Risiko für osteoporotische Frakturen die Möglichkeit haben, geeignete Untersuchungen (z. B. Frakturrisikoabschätzung mittels FRAX®, Sturzrisikoabschätzung, KMD-Messung), Ratschläge zur Lebensführung (z. B. zu Ernährung, Bewegung und Rauchen) und eine präventive knochenspezifische medikamentöse Therapie zu erhalten; starke Empfehlung.
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Die routinemäßige Verankerung der Osteoporose in Früherkennungs- bzw. Vorsorgeuntersuchungen ist notwendig, da die Erkrankung eine hohe Prävalenz, Morbidität und Mortalität hat und das Gesundheitssystem stark belastet; starke Empfehlung.
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In der Primärprävention sollte eine Osteoporose-spezifische Anamneseerhebung vergütet werden und ggf. eine Zuweisung zu einer KMD-Messung und zusätzlich zu einer bildgebenden Untersuchung erfolgen; starke Empfehlung.
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In der Sekundärprävention sollte der niedergelassene Bereich in die Nachsorge eingebunden (regelmäßige Kontrolle, Reevaluierung der Therapie und Medikamentenadhärenz, klinische Risikofaktoren sowie ggf. Labor, Bildgebung, KMD-Messung) und die Leistungen sollten entsprechend vergütet werden; starke Empfehlung.
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Integrierte Versorgungssysteme wie ein FLS (s. Abschn. 10.1. „Koordinierte Betreuungsmodelle“) sollten für alle Patienten, die eine Fragilitätsfraktur erleiden, zur Verfügung stehen; starke Empfehlung.
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Integrierte Versorgungssysteme sollten aus einem Netzwerk von Allgemeinmedizinern, Spezialisten und anderen Gesundheitsberufen sowie Patientenvertretern bestehen. Ein solches Netzwerk soll Behandlungsmöglichkeiten und Überweisungswege in der Primär- und Sekundärprävention der Osteoporose sicherstellen. Ein verantwortlicher Experte zur leitlinienkonformen Umsetzung und Einhaltung der Primär- und/oder Sekundärpräventionsmaßnahmen bei Osteoporose sollte etabliert werden; starke Empfehlung.