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Erschienen in: Journal für Mineralstoffwechsel & Muskuloskelettale Erkrankungen 3/2019

01.10.2019 | Orthopädie und Unfallchirurgie | Originalien

Die Wirbelsäule des alten Menschen

verfasst von: Ao. Univ.Prof. Dr. Petra Krepler

Erschienen in: Journal für Mineralstoffwechsel & Muskuloskelettale Erkrankungen | Ausgabe 3/2019

Zusammenfassung

Das ausgewogene Verhältnis von Stabilität und Mobilität definiert die Wirbelsäule.
Altersbedingte Veränderungen betreffen alle Komponenten der Wirbelsäule. Dabei werden auch ihre Kernaufgaben beeinflusst: Der Erhalt der Stabilität wird einmal durch die erhöhte progrediente Fragilität bei seniler Osteoporose beeinträchtigt und weiterhin durch die Zunahme der segmentalen Mobilität durch degenerative Vorgänge im Bereich des Diskus und der Facettengelenke.
Der degenerative Prozess startet bereits sehr früh in den ersten Jahrzehnten im Diskusbereich, noch lange bevor diese durch Summation multipler keiner Traumata beginnen symptomatisch zu werden. Erst sekundär bei eingetretenem Höhenverlust der Bandscheibe nach entsprechendem Verlust ihrer Wasserbindungskapazität wird das Facettengelenk funktionell beeinträchtigt. Wenn in weiterer Folge durch Hypertrophie der Facettengelenke, reaktiv entstandene Spondylophyten, Diskusläsionen und reaktive Hypertrophie der Ligamenta flava eine Einengung des Spinalkanals entsteht, kann sich die typische Symptomatik einer Claudicatio spinalis einstellen. Bei weiterem Fortschreiten des degenerativen Prozesses kann es zur weiteren Gefügelockerung und zur Entstehung einer degenerativen De-novo-Skoliose kommen. Damit kann zu einer massiven Störung der Biomechanik führen mit einem Unvermögen, die zentralen Aufgaben der Lastübertragung und Funktionalität zu erfüllen.
Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Durch das Älterwerden der Bevölkerung wird auch die Medizin vor neue Herausforderungen gestellt. Durch eine ständige steigende Lebenserwartung bei gleichzeitig sinkender Geburtenrate kommt es zu einer zunehmenden Fokussierung der Gesundheitssysteme der Industriestaaten Verbesserungen der Medizin im Bereich der Behandlung des alternden Menschen zu fördern.
Während 1950 der Anteil der Bevölkerung in Europa über 65 Jahre 10,8 % betrug, lag er 1970 bereits bei 14 % und 1995 schon bei 19,1 %. Für 2025 wird der Anteil der über 65-Jährigen mit 30,1 % prognostiziert und für 2050 bereits auf 42,2 % geschätzt [1].
Für Westeuropa soll der Anteil 2050 sogar mehr als 50 % betragen. In den USA wird er nur geringfügig geringer geschätzt, aber auch in den Entwicklungsländern wird der Anteil der Menschen über 65 Jahren zunehmen.
Laut Statistischem Jahrbuch 2017 machen Operationen an den Bewegungsorganen insgesamt den größten Anteil aller durchgeführten Operationen aus – 41,3 % davon betreffen Patienten über 65 Jahre [2]. Die mittlere Krankenhausverweildauer der über 65-Jährigen ist jedoch deutlich höher als bei jüngeren Patienten bei vergleichbaren Eingriffen.
Neben anderen volkswirtschaftlichen Implikationen ist damit einhergehend auch mit einer deutlichen Zunahme der Kosten für das Gesundheitssystem zu rechnen.
Dadurch, dass die moderne Medizin es ermöglicht, dass Organe länger und beständiger funktionieren, ist auch der Bewegungsapparat gefordert, über eine längere Lebensstrecke zu funktionieren und das mit möglichst großer Lebensqualität und Schmerzarmut. Dazu kommt noch das deutlich höhere Aktivitätsniveau und ein höherer Anspruch an Mobilität und Funktionalität.
Besonders im weiter fortgeschrittenen Alter sind, auch im Hinblick auf Revisionen und Reoperationen, bei einem operativen Eingriff älterer Patienten Schmerzfreiheit und Erhaltung der Lebensqualität in den Vordergrund zu stellen. Sowohl osteoporotische Frakturen als auch der vorzeitige Gelenkverschleiß bedürfen einer sorgfältigen Entscheidung zwischen konservativer und operativer Therapie mit Einbeziehung aller relevanten Kofaktoren. Einen wichtigen Prädiktor für den postoperativen Verlauf stellt die sog. Frailty (Gebrechlichkeit) dar. Sie ist gekennzeichnet durch eine Einschränkung der physiologischen Reserven und einer erhöhten Vulnerabilität gegenüber Stressfaktoren. Daher geht sie mit einer erhöhten postoperativen Letalität, einer Zunahme von Komplikationen und einer Verlängerung des Krankenhausaufenthalts einher. Um den Frailty Index zu bestimmen, gibt es verschiedene Messinstrumente.
Der Wirbelsäule als zentrales Achsenorgan fällt dabei eine besondere Aufgabe zu. Während die großen Gelenke zwischenzeitlich mit großer Erfolgswahrscheinlichkeit und einem überschaubaren Risiko auch im hohen Alter durch Implantate ersetzt werden können, bietet die komplexe Anatomie der Wirbelsäule gerade im Alter spezielle Herausforderungen.
Die Degeneration läuft hier nicht nur im Bereich eines synovialen Gelenks ab, sondern findet als Kombination mehrerer zusammenspielender Einheiten statt:
  • Arthrose des Facettengelenks,
  • Diskusdegeneration, Osteochondrose,
  • degenerative Veränderungen des Ligamentum flavum,
  • degenerative Anpassung der knöchernen Strukturen – Spondylophyten,
  • Osteoporose,
  • Degeneration der Deckplatten.
Dies ergibt in Kombination die Entstehung mehrerer Symptomkomplexe, die auch in Kombination auftreten können:
  • Vertebrostenose,
  • degenerative Instabilitäten,
  • degenerative Skoliose.
Mit zunehmendem Alter ist auch mit einem vermehrten Auftreten von Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule zu rechnen, die nicht direkt mit degenerativen Veränderungen im Zusammenhang stehen, wie
  • ein onkologischer oder infektiöser Befall der Wirbelsäule,
  • Metastasen,
  • Spondylitis, Spondylodiszitis.

Allgemein

Viele Mechanismen der Degeneration und Symptomentstehung liegen noch im Dunkeln. In den letzten Jahren treten auch bei degenerativen Vorgängen die genetischen Faktoren stärker in Erscheinung. Von Studien wissen wir, dass ein großer Teil der Bevölkerung über 30 Jahren mit zum Teil starken degenerativen Veränderungen herumläuft, ohne Symptome zu verspüren [3]. Es ist auch bekannt, dass die Präsenz dieser Veränderungen keinen Einfluss auf das Entstehen von Symptomen im weiteren Verlauf ausübt [4].

Arthrose des Facettengelenks

Der anatomische Aufbau des Facettengelenks entspricht dem großer Gelenke (Knie, Schulter, Hüftgelenk etc.). Dementsprechend verhält sich das Gelenk auch im Ablauf der Degeneration. Die dabei entstehenden Erscheinungen wie Randzacken oder Ergussbildungen tragen neben der Schmerzgeneration auch zu einer Stenose des Spinalkanals und der Neuroforamina bei.

Diskusdegeneration, Osteochondrose

Ab dem 3. Dezennium beginnt die Degeneration des Diskus. Dieser besteht aus einem wasserhaltigen Kern, dem Nucleus pulposus, und einer faserhaltigen Hülle, dem Anulus fibrosus. Im Erwachsenenalter findet die Ernährung des Diskus über die Deckplatten statt.
Etwa 50 % der lumbalen Wurzelsyndrome lassen sich klinisch auf ein singuläres Segment eingrenzen, wobei die beiden kaudalsten Segmente am häufigsten betroffen sind (L5 44 %, S1 54 %) [5].

Degenerative Veränderungen des Ligamentum flavum

Eine Faltung und Verdickung in Kombination mit einer Induration bei Reduktion der elastischen Anteile trägt zur Entstehung einer Spinalkanalstenose bei.

Degenerative Anpassung der knöchernen Strukturen – Spondylophyten

Die Ausbildung von knöchernen Randzacken als Kompensationsversuch ist ebenfalls ein Faktor, der zu Spinalkanalstenose und Foramenstenose beiträgt.

Osteoporose

Der spongiöse Knochen ist für die stabilisierende Architektur des Wirbelkörpers verantwortlich und trägt zu 90 % zur Stabilität des Wirbelkörpers bei. Nur zu 10 % ist hierfür der kortikale Anteil verantwortlich [6]. Die Ausrichtung und Stärke der Trabekel wird durch die eingeleiteten Kräfte beeinflusst. Degenerative Veränderungen bewirken eine Verminderung der Dicke der Trabekel und eine Vermehrung des intertrabekulären Raums, was in einer verminderten Knochendichte und vermehrten Frakturhäufigkeit resultiert. Neben den bekannten Wirbelkörperfakturen im thorakalen und lumbalen Bereich ist im Alter auch eine starke Vermehrung der Densfrakturen zu verzeichnen.
Die primäre Osteoporose kann in 2 Typen unterteilt werden. Typ I umfasst die postmenopausale Osteoporose. Als Typ II wird die rein altersbedingte, senile Osteoporose bezeichnet. Weiterhin werden unter sekundärer Osteoporose multiple beeinflussende Faktoren für die Knochendichteminderung unter verschiedenen Krankheitsbildern oder medikamentös induzierten Formen unterschieden (Kortisoneinnahme, endokrinologische Erkrankung, rheumatologische Erkrankungen etc.).
Die beiden Typen der primären Osteoporose unterscheiden sich in ihrer Form des Knochenabbaus. Während bei der postmenopausalen Form hauptsächlich der trabekuläre Knochen betroffen ist, ist bei der senilen Form der trabekuläre sowie der Anteil des Knochens rarefiziert, was zu einer höheren Wahrscheinlichkeit einer kortikalen Fraktur führt [7].
Es besteht auch ein geschlechtsabhängiger Unterschied in der Geschwindigkeit des Knochenabbaus.
Die Möglichkeit der Zementierung frakturierter Wirbelkörper wird heute immer noch kontrovers diskutiert. Die Euphorie Anfang des Milleniums stützte sich auf die unmittelbar durch den Eingriff zu erzielende Schmerzminderung und damit Besserung der Funktionalität. Der Hype wurde durch zwei kontrovers diskutierte Publikationen 2009 jäh beendet, in denen der durch den Eingriff zu erzielende Erfolg relativiert wurde und es kam weltweit zu einem massiven Rückgang der Zahlen für die Ballonkyphoplastie und Vertebroplastie.

Degeneration der Deckplatten

Die Deckplatten der Wirbelkörper erfüllen mehrfache Aufgaben. Über sie erfolgt die Ernährung des weitgehend gefäßlosen Diskus. Weiterhin sind sie für die biomechanische Lastübertragung einerseits in Richtung Diskus, aber auch in Richtung des Wirbelkörpers und damit zum Rest der Wirbelsäule verantwortlich. Mit dem Älterwerden degeneriert die Deckplatte und es kommt zu einer Verdünnung, was zu einem erhöhten Risiko des Deckplatteneinbruchs führt. Auf der anderen Seite kommt es auch zu einer zunehmenden Sklerosierung der Deckplatte, was die Ernährung des Diskus erschwert und die degenerative Kaskade unterstützt. Während der gesunde Diskus die Mobilität der Wirbelsäule unterstützt, als Stoßdämpfer wirkt und die Lastübertragung durch hydrostatischen Druck des wasserhaltigen Nucleus pulposus unterstützt, bewirken Veränderungen im Diskus wie Dehydratation durch Verlust der Wasserbindungskapazität und eine vermehrte Fibrosierung des Anulus eine Veränderung der biomechanischen Eigenschaften [8].

Vertebrostenose

Vertebrostenose oder Spinalkanalstenose beschreibt eine Verengung des Wirbelkanals. Diese wird durch Summierung abnützungsbedingter Veränderungen der in diesem Bereich bestehenden Strukturen verursacht (Facettengelenke, Ligamentum flavum, Diskus, eventuell zusätzlich Listhese). Diese Veränderungen können allein oder in Kombination auftreten und verursachen klinisch den Symptomkomplex einer „Claudicatio spinalis“. Diese Symptome bessern sich bei Entlordosierung und sollen von der vaskulär bedingten „Schaufensterkrankheit“ durch eine klinische oder bildgebende Untersuchung abgegrenzt werden (fehlende periphere Pulse, trophische Hautveränderungen, kalte Haut, Beschwerden auch in kyphosierter Position, Muskel- statt Nervenschmerz).
Typische Symptome sind:
  • eingeschränkte Gehstrecke,
  • Gangstörung,
  • Lumbalgie,
  • entlordosierte, vornübergebeugte Haltung,
  • neurologische Symptome.
Die Therapie kann konservativ oder chirurgisch erfolgen.
Rückenschule, medikamentöse Schmerztherapie und Infiltrationen können die Symptome verbessern und die Lebensqualität erhöhen.
Bei den chirurgischen Methoden kommen Dekompression, Dekompression in Kombination mit einer Stabilisierung (dorsale Spondylodese mit oder ohne zusätzliche interkorporelle Abstützung) oder interspinöse Spacer zum Einsatz. Große Vergleichsstudien und Cochrane-Reviews zeigen – bei eingeschränkter Evidenz – keine Überlegenheit einer bestimmten chirurgischen Modalität, sodass bei gleich guten Ergebnissen die kleinstmöglichen Eingriffe mit geringer Komplikations- und Begleitmorbidität beim alten Patienten zu erwägen sind [9].
In der Literatur findet man positive Ergebnisse für beide Vorgehensweisen. Reviews zeigen ähnliche kurz-, mittel- und langfristige Ergebnisse, jedoch zeigt die chirurgische Vorgehensweise bei steigender Invasivität eine höhere Komplikations- oder Begleitmorbidität [10].

Degenerative Instabilitäten

Degenerative Veränderungen in der Bandscheibe bedingen einen Verlust der Wasserbindungskapazität und damit einen Höhenverlust der Bandscheibe. Dieser Höhenverlust bedingt einerseits eine zunehmende Beweglichkeit des Bewegungssegments, die in einer translatorischen Mehrbewegung oder einer kombinierten translatorisch-rotatorischen Mehrbewegung, einem sog. Drehgleiten, resultieren kann. In weiterer Folge kann es zu einer Entwicklung von Deformitäten der Wirbelsäule auch mit Kompressionen von Nervenstrukturen und einer entsprechenden Schmerzentwicklung kommen.

Degenerative Skoliose

Die primär degenerative Skoliose, auch De-novo-Skoliose (Abb. 1), zeigt eine asymmetrische Diskusdegeneration mit einer veränderten Lastverteilung innerhalb der Bandscheibe. Es entsteht eine dreidimensionale Deformität mit Skoliose, Kyphosierung (Abb. 2) in Kombination mit einer rotatorischen Komponente. Es kann zur Subluxation der Wirbelkörper kommen. Weiterhin kann es im Alter zur Progression einer idiopathische Skoliose sowie zu sekundären degenerativen Skoliosen (z. B. Fehlbildungen, Deformitäten, Tumoren oder Infekte, Arthritiden, iatrogen – nach Voroperationen) kommen.
Die Therapie ist konservativ und operativ möglich und sollte individualisiert auf die Gesamtsituation des Patienten, seine Symptomatik und Beeinträchtigung seiner Funktionalität und Lebensqualität abgestimmt sein.
Die chirurgische Therapie ist technisch anspruchsvoll und sollte erst nach Ausschöpfen aller konservativen Optionen wie Aufbau der rumpfstabilisierenden Muskulatur, Verbesserung der Ausdauerleistung, medikamentöser Schmerztherapie, Infiltrationstherapie etc. erfolgen.
Bei der Operation wird neben der Dekompression der neuralen Strukturen die Wiederherstellung des sagittalen und frontalen Profils angestrebt.
Die Stabilisierung wird durch einen rein dorsalen Zugang oder auch einen kombinierten ventrodorsalen Zugang durchgeführt. Aufgrund der hohen Individualität der Erkrankung muss auch der Entscheid zur Therapie individualisiert unter Einbindung des Patienten und seiner Erwartungen erfolgen.

Metastasen

Die Wirbelsäule ist eine häufige Lokalisation knöcherner Metastasen. Zwischen 60 und 80 % aller knöchernen sekundär malignen Tumoren sind im Bereich der Wirbelsäule zu finden. Die häufigsten zugrunde liegenden Tumoren sind Malignome der Brust, der Lunge und der Prostata. Im Alter zwischen 60 und 80 Jahren besteht eine 4fach höhere Wahrscheinlichkeit, Wirbelsäulenmetastasen zu entwickeln, als im mittleren Alter zwischen 40 und 59 Jahren.
Durch die Verbesserung der Behandlungsmethoden ist auch bei Auftreten knöcherner Metastasen die Lebenserwartung höher anzusiedeln als noch vor 2–3 Jahrzehnten. Es muss daher für die zu erwartende Zeitspanne die Mobilität des Patienten und die Stabilität und Absenz neurologischer Symptome angestrebt werden.
Da die unterschiedlichen Tumorentitäten andere Behandlungsregime erfordern, muss zuerst Klarheit über den zugrunde liegenden Primärtumor erlangt werden, sollte dieser noch nicht bekannt sein. Dazu ist eine CT-gesteuerte Biopsie mit einer hohen Spezifität und Sensitivität ein geeignetes Mittel.
Die Therapieoptionen reichen von rein medikamentöser Therapie über Kombination mit Strahlentherapie bis zur chirurgischen Therapie. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Behandlung einer Metastase ein palliatives Vorgehen bei einer systematisierten Erkrankung ist und die Überlebenswahrscheinlichkeit in den meisten Fällen nicht beeinflusst.
Bei der chirurgischen Therapie reichen die Optionen von einer Dekompression über eine dorsale Spondylodese in Kombination mit einer dorsolateralen Herdausräumung des Wirbelkörpers.
Wiederherstellung der Stabilität und Beseitigung von Einengungen des Rückenmarks sind die primären Ziele der chirurgischen Intervention neben Schmerzreduktion, Mobilitäts- und Funktionalitätsverbesserung. Eine Analyse der Literatur hat gezeigt, dass bei chirurgischen Eingriffen die Patienten sich aber nicht nur in den primären Bereichen wie Schmerz, Stabilität und Verbesserung der Funktionalität verbessert haben, sondern dass sie auch in den Kriterien Angstreduktion, Appetenz und Lebensfreude massiv profitierten.
Zur Einschätzung und Entscheidungsfindung finden sich Klassifikationssysteme, wobei manche nur die lokale Situation berücksichtigen und andere auch die systemische Situation miteinbeziehen. Im Falle der Entscheidung für eine Operation soll darauf geachtet werden, dass der risikoärmste, kleinstmögliche Eingriff mit dem meisten Nutzen für den Patient angestrebt wird, möglichst ohne Intensivstationsaufenthalt und mit geringem Risiko einer Komplikation oder Begleitmorbidität. Falls eine lokale Strahlentherapie im Therapieplan inkludiert ist, sollte diese zur Vermeidung von postoperativen Komplikationen erst nach Abschluss der Wundheilung postoperativ geplant werden.
Die Entscheidung über die Therapie sollte heutzutage in einem interdisziplinärem Tumorboard erfolgen und die Gesamtsituation des Patienten berücksichtigen [5, 6].

Infektiöse Spondylitis, Spondylodiszitis

Die Spondylitis und Spondylodiszitis treten in 2–7 % aller Infektionen des muskuloskelettalen Systems auf und werden vor allem mit einem immunsupprimierten Krankengut in Verbindung gebracht. Auch in höherem Alter kann sich eine geschwächte Immunsituation einstellen und so zu einer eingeschränkten Infektabwehr führen.
Das relativ unspezifische Beschwerdebild kann zu einer verzögerten Diagnostik führen.
Erhöhte Entzündungswerte, typische Veränderungen im konventionellen Röntgenbild, die allerdings erst verzögert auftreten, und die Magnetresonanztomographie sind dazu Basiserfordernis.
Die Säulen der Therapie bei der infektiösen Spondylitis/Spondylodiszitis sind einerseits die antibiotische Therapie und die ausreichende Ruhigstellung des betroffenen Segments. Die Keimbestimmung erleichtert die Einleitung der adäquaten antibiotischen Therapie. Komorbiditäten können die erforderliche Langzeittherapie beeinflussen.
Die häufigsten auslösenden Keime sind Staphylokokken. Aber auch spezifische Erreger können die Wirbelsäule befallen. Eine Biopsie ist erforderlich, um die antibiotische Therapie zu optimieren und eine tuberkulöse Genese auszuschließen.
Falls keine nennenswerte Destruktion der Wirbelsäule vorliegt, kann die Ruhigstellung auch mit einem stabilisierenden Mieder erfolgen. Im gegenteiligen Fall hat in den letzten Jahren die chirurgische Immobilisierung durch eine dorsale Spondylodese, eine Ausräumung des Defektareals in Kombination mit einer Auffüllung, an Bedeutung gewonnen. Die Indikation zum chirurgischen Vorgehen wird vorrangig bei zunehmendem neurologischem Defizit, Instabilität bei strukturellem knöchernem Defizit und fehlendem Ansprechen auf antibiotische Therapie gestellt. Es zeigte sich, dass Alter (über 65 Jahren) allein das perioperative Risiko nicht steigen lässt, aber Body-Mass-Index, ASA-Grad und Albuminwert geeignet sind, das erhöhte Risiko für das klinische Outcome nach chirurgischer Versorgung bei infektiöser Spondylitis vorherzusagen [11].

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

P. Krepler gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Literatur
2.
Zurück zum Zitat Statistisches Jahrbuch (2017) Jahrbuch der Gesundheitsstatistik, Statistik Austria. ISBN978-3-903264-07-6 Statistisches Jahrbuch (2017) Jahrbuch der Gesundheitsstatistik, Statistik Austria. ISBN978-3-903264-07-6
3.
Zurück zum Zitat Boden SD, Davis DO, Dina TS, Patronas NJ, Wiesel SW (1990) Abnormal magnetic-resonance scans of the lumbar spine in asymptomatic subjects. A prospective investigation. J Bone Joint Surg 72(3):403–408CrossRef Boden SD, Davis DO, Dina TS, Patronas NJ, Wiesel SW (1990) Abnormal magnetic-resonance scans of the lumbar spine in asymptomatic subjects. A prospective investigation. J Bone Joint Surg 72(3):403–408CrossRef
4.
Zurück zum Zitat Borenstein DG, O’Mara JW Jr, Boden SD, Lauerman WC, Jacobson A, Platenberg C, Schellinger D, Wiesel SW (2001) The value of magnetic resonance imaging of the lumbar spine to predict low-back pain in asymptomatic subjects: a seven-year follow-up study. J Bone Joint Surg Am 83(9):1306–1311CrossRef Borenstein DG, O’Mara JW Jr, Boden SD, Lauerman WC, Jacobson A, Platenberg C, Schellinger D, Wiesel SW (2001) The value of magnetic resonance imaging of the lumbar spine to predict low-back pain in asymptomatic subjects: a seven-year follow-up study. J Bone Joint Surg Am 83(9):1306–1311CrossRef
7.
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Metadaten
Titel
Die Wirbelsäule des alten Menschen
verfasst von
Ao. Univ.Prof. Dr. Petra Krepler
Publikationsdatum
01.10.2019
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Journal für Mineralstoffwechsel & Muskuloskelettale Erkrankungen / Ausgabe 3/2019
Print ISSN: 2412-8260
Elektronische ISSN: 2412-8287
DOI
https://doi.org/10.1007/s41970-019-00084-8

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