Lungenkrebs ist nach wie vor die häufigste Krebstodesursache weltweit. Der kurative chirurgische Therapieansatz bei frühen Tumorstadien beinhaltet eine vollständige anatomische Entfernung des tumortragenden Lungenlappens (Lobektomie) sowie die Entfernung der lokalen hilären und mediastinalen Lymphknoten (Lymphknotendissektion). Selbst nach vollständiger Resektion eines Karzinoms im Frühstadium treten in etwa 20–40 % der Fälle Tumorrezidive auf.
Eine optimale onkologische Nachsorge ist für die Früherkennung und weitere Therapie dieser Rezidive wichtig. Für eine ideale Strategie zur Nachsorge fehlt jedoch die Evidenz. Dieser Übersichtsartikel umfasst die verschiedenen Nachsorgeempfehlungen sowie Erkenntnisse aus dem Innsbrucker VATS-Register über die Unterschiede in der onkologischen Nachsorge.
Im Jahr 2012 erkrankten in Österreich 2835 Männer und 1738 Frauen an einem malignen Lungentumor. Das Lungenkarzinom ist damit die zweithäufigste Krebserkrankung der Männer und die dritthäufigste Krebserkrankung der Frauen (insgesamt 12 % aller Krebsneuerkrankungen) [1]. Durch moderne Therapiemöglichkeiten ist es gelungen, die Lebensqualität deutlich zu verbessern. In frühen Stadien (T1aN0M0–T2aN0M0) des nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) bietet die chirurgische Resektion die beste Chance auf eine Heilung. Voraussetzung für eine operative Sanierung ist eine adäquate kardiopulmonale Reserve. Selbst nach vollständiger Resektion eines Karzinoms im Frühstadium treten in etwa 20–40% der Fälle Tumorrezidive auf [2].
Zusätzlich besteht das Risiko eines Zweitkarzinoms der Lunge, welches in der Literatur mit 3–6 % pro Jahr angegeben
wird [3]. Während lokoregionäre und Fernmetastasen zumeist systemisch therapiert
werden, können Lokalrezidive und vor allem Zweitkarzinome eventuell einem kurativen Therapieansatz zugeführt werden (Abb. 1). Dabei gilt gleich wie für jedes Lungenkarzinom: Ein kurativer Ansatz ist nur im Frühstadium möglich. Es bedarf daher einer optimalen onkologischen Nachsorge um ein solches Zweitkarzinom frühzeitig zur detektieren.
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Therapie des NSCLC im Frühstadium
Die operative Behandlung des nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms wird vor allem in den frühen Stadien bis hin zum Stadium IIIA empfohlen.
Als Standard gilt die anatomische Resektion, in aller Regel die Entfernung eines Lungenlappens (Lobektomie), einschließlich einer systematischen Dissektion der ipsilateralen Lymphknoten. In seltenen Fällen, wie z. B. bei Befall von hilären Strukturen, ist eine Pneumonektomie erforderlich. Bei bestimmter Tumorlokalisation ist eine Manschettenresektion zulässig, sofern ein ausreichender Sicherheitsabstand gewährleistet werden kann. Hierbei kann nicht betroffenes Lungengewebe erhalten werden. Die tatsächliche Tumorausdehnung und somit auch das Resektionsausmaß lassen sich bei zentraler Tumorlokalisation häufig erst intraoperativ bestimmen ([4]; Abb. 2, 3 und 4).
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Da durch die systematische Lymphadenektomie eine Prognoseverbesserung und ein exaktes Staging erreicht werden kann, wird diese als Standardverfahren empfohlen. Werden intraoperativ zu wenig Lymphknoten entfernt, ist die Wahrscheinlichkeit eines Tumorrezidivs erhöht, da auch tumorpositive Lymphknoten zurückgelassen werden können.
Die histologische Aufarbeitung des Tumorpräparats sowie der hilären und mediastinalen Lymphknoten definieren das pathologische Tumorstadium.
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Effektivität der chirurgischen Resektion des NSCLC
Die 5‑Jahres-Überlebensrate beträgt für das Tumorstadium UICC IA 73 %, für das Stadium IB 58 %, für das Stadium IIA 46 %, für das Stadium IIB (N1) 36 % und für das Stadium IIIA 24 % [5].
Rezidivrate bei Frühkarzinomen und Zweitkarzinome
Das Auftreten von Tumorrezidiven und Zweitkarzinomen beeinflusst das Überleben von kurativ behandelten Patienten. Je nach Lokalisation werden unterschiedliche Arten von Tumorrezidiven definiert:
lokalrezidiv: Wiederauftreten des Tumors am Resektionsrand,
lokoregionäres Rezidiv: Wiederauftreten des Tumors in ipsilateralen hilären oder mediastinalen Lymphknoten, ipsilaterale Pleura oder Lunge,
Fernmetastasen: Wiederauftreten an jeder anderen Lokalisation.
Als Zweitkarzinome in der Lunge bezeichnet man:
Lungenkarzinome mit abweichender Histologie,
Auftreten in zeitlichem Abstand zur Erstdiagnose (2 Jahre) nach erfolgter kurativer Therapie bei Abwesenheit eines lokalen oder lokoregionären Rezidivs,
Entstehung aus einer prämalignen Läsion.
Während die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivtumors in den ersten beiden Jahren nach Resektion am höchsten ist und anschließend abnimmt, wächst die Zahl der Zweitkarzinome mit dem Abstand zur Operation.
Das pathologische Tumorstadium bestimmt die Häufigkeit von lokalen und lokoregionären Rezidiven sowie von Fernmetastasen. Tab. 1 zeigt einen Überblick über die Wahrscheinlichkeit von Rezidiven innerhalb der ersten 5 Jahre nach kurativ intendierter Therapie bei den einzelnen Tumorstadien [6].
Tab. 1
Häufigkeit von lokalen, lokoregionären Rezidiven und von Fernmetastasen
Rezidive [%]
Fernmetastasen [%]
Stadium IA
10
15
Stadium IB
10
30
Stadium II
12
40
Stadium III
15
60
Warum Nachsorgeprogramme sinnvoll sind
Bei kurativ behandelten Patienten zielt die Nachsorge auf die möglichst frühe Detektion von Rezidiv- oder Zweittumoren ab, um durch eine Therapie eine Lebenszeitverlängerung oder im Falle von disseminierten Fernmetastasen zumindest eine Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen.
Die onkologische Nachsorge beinhaltet mehrere Parameter. Dazu gehören die Erfassung posttherapeutische Komplikationen und einfacher klinischer Parameter (z. B. Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust, Hustenreiz, Hämoptysen, Dyspnoe) sowie die Durchführung und Besprechung der bildgebenden Verfahren beim Nachsorgetermin. Nach Abschluss einer kurativen Therapie sollte für jeden Patienten ein strukturierter, individueller Nachsorgeplan erstellt werden. Die Struktur der onkologischen Nachsorge unterscheidet sich in den jeweiligen Zentren. Es gibt zahlreiche Studien darüber ob Patienten eine symptomorientiere oder reguläre Nachsorge mit Terminen in einem fixen Zeitablauf erhalten sollen. Hierbei zeigen sich unterschiedliche Ergebnisse: In einer Reihe von retrospektiven Studien ergab die Nachsorge nach einem festen Zeitschema keinen Vorteil im Vergleich zur symptomorientierten Nachsorge [7, 8]. Andere Studien zeigen dagegen Vorteile für eine die Nachsorge mit einem festgelegten Zeitplan [9].
Aufgrund der aktuellen Literatur kann kein Nachsorgeschema als überlegen bezeichnet werden. Dies erklärt auch die Unterschiede in den Empfehlungen der einzelnen Gesellschaften zur onkologischen Nachsorge.
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Nachsorgeempfehlungen
Tab. 2 zeigt einen Überblick über die Empfehlungen nationaler und internationaler Gesellschaften zur strukturierten Nachsorge nach kurativer Therapie eines NSCLC.
Tab. 2
Überblick über die aktuellen Empfehlungen nationaler und internationaler Gesellschaften zur strukturierten Nachsorge nach kurativer Therapie eines NSCLC
In den ersten 2 Jahren: vierteljährlich Thorax Röntgen und Abdomenultraschall
Jährlich: CT-Thorax
3./4./5. Jahr: halbjährliche Kontrollen mit Thoraxröntgen und Abdomen-Ultraschall
+ empfohlene Raucherentwöhnung
Des Weiteren: PET-CT, MRT bei Symptome, auffällige radiologische Befunde im Röntgen/Sonographie
Innsbrucker Protokoll
In der Ambulanz der Universitätsklinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie Innsbruck werden alle Patienten nach Resektion eines NSCLC kontrolliert, die keine adjuvante Therapie benötigen. Standardmäßig werden ein Thoraxröntgen in zwei Ebenen und eine Oberbauchsonographie in zunächst 3‑monatigem Abstand und nach 2 Jahren in 6‑monatigem Abstand für weitere 3 Jahre durchgeführt. Jährlich erfolgt eine Computertomographie des Körperstamms. Weiterführende Untersuchungen werden bei klinischen Symptomen veranlasst. Nach 5‑jähriger Rezidivfreiheit erfolgt eine jährliche Nachsorgeuntersuchung ohne festgelegte bildgebende Modalität.
Datenregister VATS-Resektionen Innsbruck
Seit 2009 werden klinische Daten von Lungenkarzinompatienten der Universitätsklinik Innsbruck, die eine videoassistierte thorakoskopische (VATS) Lungenresektion erhalten, retrospektiv erfasst. Ziel dieses Registers ist eine laufende chirurgische und onkologische Qualitätskontrolle für eine relativ junge Operationstechnik.
Hierfür werden das Operationsdatum, das Datum einer Tumorprogression, des letzten Follow-up oder ggf. das Todesdatum dokumentiert. Aktuell sind etwa 500 Patienten in dieser Datenbank dokumentiert.
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Ergebnisse aus diesem VATS-Register zeigen bei Patienten im Frühstadium (pT1aN0M0 – pT2aN0M0) ein krankheitsfreies 5‑Jahres-Überleben (DFS) von 68 % und ein Gesamtüberleben (OS) von 85,6 %.
Insgesamt zeigte sich bei Patienten aller Tumorstadien in 121 von 458 Patienten (26,4 %) ein Rezidiv.
Anhand der Datenbank wurde die bildgebende Modalität, die zur Diagnostik des Rezidivs führte, ermittelt. Bei 107/121 Patienten fiel das Rezidiv alleinig durch das CT auf, nur bei 8/121 Patienten durch Ultraschall und Thoraxröntgen, und bei 6 Patienten durch eine Magnetresonanztomographie (MRT), die wegen zerebraler Symptome veranlasst wurde.
Das mediane krankheitsfreie Überleben betrug 12 Monate. 84,8 % der Rezidive traten innerhalb der ersten 2 Jahre nach initialer Therapie auf. Bei einem Viertel aller detektierten Rezidive im Innsbrucker Patientenkollektiv war ein erneuter kurativer Therapieansatz möglich.
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Sensitivität und Spezifität von Ultraschall und Thoraxröntgen
Zur Detektion von Frührezidiven stehen im klinischen Alltag Röntgen, Ultraschall, Computertomographie (CT), sowie Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und die Magnetresonanztomographie (MRT) zur Verfügung. Das Low-dose-CT dient zum Screening von Hochrisikopatienten und ist im Vergleich zum konventionellen Thoraxröntgen deutlich sensitiver. Über 90 % der Rezidive nach chirurgischer Resektion eines Lungenkarzinoms werden durch das CT erfasst, auch wenn Patienten noch keine Symptome zeigen [3].
In unserem Patientenkollektiv wurden alle Thoraxröntgen und Oberbauchsonographien vor einem positiv befundeten CT als tumorfrei befundet. Diese Ergebnisse zeigen, dass Thoraxröntgen und Ultraschall aufgrund niedriger Sensitivität nur bedingt verwendbar für die onkologische Nachsorge sind.
Überlegungen zum optimalen Nachsorgeprogramm
Eine Ausweitung der Kontrollintervalle auf 6 Monate innerhalb der ersten 2 Jahre mit dafür jedoch Durchführung einer CT scheint aufgrund der niedrigen Sensitivität von Thoraxröntgen und Oberbauchsonographie sinnvoll. Ein solches Nachsorgeprogramm hätte im Innsbrucker Patientenkollektiv zur Detektion aller Rezidive geführt und gleichzeitig die Anzahl der ambulanten Kontrollen reduziert. Neben einer Entlastung der Ambulanz würde eine solche Änderung des Nachsorgeprogramms zu einer Kostenreduktion führen.
Nachsorgeprogramme aus der Sicht der Patienten
Neben unspezifischen psychosozialen Belastungen (Diagnosemitteilung, radikale, aufwendige Behandlungen mit ungewissem Ausgang, sowie körperliche und seelische Folgen, u. U. Krankheitsprogredienz) müssen Lungenkarzinompatienten eine Reihe von krankheitsspezifischen Belastungen (ungünstige Prognose, Krankheitsprogress nach kurzem Therapieintervall usw.) bewältigen. Aus diesen Gründen sollte bereits innerhalb des stationären Aufenthalts eine psychoonkologische Betreuung dieser Patientengruppe stattfinden und ein integraler Bestandteil der Behandlung vor und nach der Operation sein. Das hohe Ausmaß psychischer Komorbidität bei Lungenkarzinompatienten ist in der Literatur gut dokumentiert: Zwischen 22–43 % der Patienten leiden unter Depression oder Angst [13‐17].
Eine optimale Betreuung, sowie psychische Unterstützung ist somit vor allem in der onkologischen Nachsorge wichtig.
Um auch die Meinung unserer Patienten nicht außer Acht zu lassen, führten wir an der Universitätsklinik Innsbruck in der thoraxchirurgischen Nachsorge eine Umfrage durch, bei der Patienten über ihre Meinung hinsichtlich der Modalität der Bildgebung und der Zeitspanne der Nachsorgeintervalle befragt wurden. Über die Hälfte der Patienten wünscht demnach ein Nachsorgeintervall von 3 Monaten innerhalb der ersten 2 Jahre. Die ärztliche Begutachtung, sowie das Gespräch mit den behandelnden Chirurgen geben den Patienten einerseits Information über den derzeitigen Erkrankungsstand und andererseits Sicherheit. Halbjährliche bildgebende Verfahren mittels CT werden aufgrund der Strahlenbelastung eher abgelehnt.
Fazit
Die Anzahl der überlebenden Patienten im Frühstadium eines Lungenkarzinoms wird mithilfe des chirurgischen und onkologischen Fortschritts zunehmen. Bildgebende Verfahren im Rahmen von Nachsorgeprogrammen dienen zur Detektion von Frührezidiven, Fernmetastasen und Zweitkarzinome. Studien belegen, dass aufgrund der höheren Sensitivität das CT die Bildgebung der Wahl bei der Detektion von Rezidiven oder Zweitkarzinome eines NSCLC ist. Zumindest ein Teil der Patienten mit Rezidiv konnte wieder einer kurativen Therapie zugeführt werden. Ob das frühe Erkennen von Rezidiven einen Überlebensvorteil oder eine Verbesserung der Lebensqualität für das gesamte Patientenkollektiv bringt, bleibt noch offen und in ist in prospektiven Studien zu kontrollieren.
Förderung
Die Open-Access-Publizierung wurde von der Universität Innsbruck und der Medizinischen Universität Innsbruck finanziert.
Open access funding provided by University of Innsbruck and Medical University of Innsbruck.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
C. Ng, T. Schmid und F. Augustin geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.