Prostatakarzinom: EU initiiert neues Screeningkonzept

Die aktuellen Leitlinien zur Früherkennung des Prostatakarzinoms in Europa stehen in der Kritik, da sie aggressive Tumorvarianten nur unzureichend identifizieren, gleichzeitig aber zu unnötigen Biopsien führen. Die Europäische Union strebt nun ein individualisiertes, europaweites Screening an. Barabas Attila / Stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell) × Auf dem Kongress der European Association of Urology (EAU) in Paris wurde diskutiert, wie das Screening auf Prostatakrebs verbessert werden kann. Als vorbildlich gilt das Brustkrebs-Screening, bei dem ein personalisiertes Vorgehen realisiert wird. Dieses individualisierte Konzept hat sich nach Aussage von Harry J. de Koning (Rotterdam) bewährt und rettet jährlich das Leben von 20.000 Frauen. Eine optimale Akzeptanzrate könnte bis zu 12.500 weitere Todesfälle verhindern.1 Ein Erfolg, der auch beim Screening auf Prostatakarzinome möglich wäre. Genetik bei Prostatakrebs berücksichtigen Familienangehörige ersten Grades, die an Prostatakrebs erkrankt sind, stellen einen signifikanten Risikofaktor dar, berichtet Dominique Stoppa-Lyonnet (Paris). Daher muss das Screening diesen Aspekt berücksichtigen.2 Ergänzend dazu spielen Mutationen in den Genen BRCA 1 und BRCA 2 eine wesentliche Rolle, die vormals primär mit Brust- und Eierstockkrebs in Verbindung gebracht wurden. Männer, die diese Mutationen aufweisen, haben ein signifikant erhöhtes Risiko für Prostatakrebs. Eine Untersuchung mit mehr als 1.300 betroffenen Männern ergab, dass etwa 15 % von ihnen pathogene Genvarianten trugen.3 Bei vorliegender familiärer Prädisposition ist daher ab dem 40. Lebensjahr ein routinemäßiges Screening ratsam, berichtet die Genetikerin. Die von der EU geförderte PRAISE-U-Studie, unter der Leitung von Monique Roobol (Rotterdam), sieht die Einführung eines europaweiten Screeningkonzepts vor und soll innerhalb von drei Jahren abgeschlossen sein.4 Ein Hauptziel ist die Entwicklung einer hochgradig individualisierten Risikostratifizierung. Bei 50- bis 59-jährigen Männern ohne familiäre Vorbelastung und einem PSA-Wert unter 1,0 ng/ml soll demnach eine Nachkontrolle spätestens nach fünf Jahren erfolgen. PSA-Werte zwischen 1 und 3 ng/ml erfordern eine Kontrolle alle zwei bis vier Jahre. Ein Wert über 3 ng/ml wird als kritisch eingestuft, unabhängig vom Alter. Zur weiteren Risikodifferenzierung sollen dann zusätzlich MRT-Untersuchungen (alternativ Ultraschall) und Biomarker herangezogen werden, wobei die Biopsie den möglichen diagnostischen Endpunkt darstellt. Zukünftig könnten neue Diagnostika dieses Vorgehen jedoch modifizieren. Alternative zum PSA-Wert? Adam S. Kibel (Boston) berichtete über neue Entwicklungen im Einsatz von Biomarkern in den Vereinigten Staaten.5 Der PSA-Wert allein gilt als unzuverlässig für die Identifizierung aggressiver Karzinomformen. Deshalb werden RNA- und DNA-Fragmente in Urin- oder Blutproben analysiert, um das Prostatakrebsrisiko genauer zu bestimmen. In den USA sind bereits fünf dieser Tests verfügbar, unter ihnen auch der PCA 3 (Prostate Cancer Antigen 3), ein Biomarker, der ein spezifisch in Prostatazellen exprimiertes Gen identifiziert und im Urin nachweist. Ein hoher PCA-3-Wert indiziert das Vorhandensein von Prostatakrebs, besonders in Verbindung mit einem erhöhten PSA-Wert oder auffälligem Prostatavolumen. Es ist wahrscheinlich, dass solch ein Biomarker in Zukunft den PSA-Test als initiales Screeninginstrument ergänzen oder gar ersetzen könnte, prognostiziert Kibel. Referenzen: 1Armaroli P et al.: European code against cancer: cancer screening. Cancer epidemiology 39 (2015): S139-S152 2Bratt O: Hereditary prostate cancer. BJU international 85.5 (2000) 3Veda N et al.: Understanding of multigene test results among males undergoing germline testing for inherited prostate cancer: implications for genetic counseling. The Prostate 78; 12 (2018): 879-888 4Van Poppel H et al.: Early detection of prostate cancer in the European Union: combining forces with PRAISE-U. European Urology (2023): S0302-2838 5Morgan T et al.: Screening for prostate cancer—beyond total PSA, utilization of novel biomarkers. Current urology reports 16 (2015): 1-7 Quelle: Kongress der European Association of Urology 2024, Paris, 5.-8. April 2024. Veranstaltung: Risk-adapted screening and treatment of screen-detected prostate cancer

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