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20.03.2023 | Onkologie | Redaktionstipp | Online-Artikel

Kann die Darmflora zum Krebsrisiko werden?

verfasst von: Dr. Dagmar Kraus

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Ähnlich wie bei Patienten mit entzündlichen Erkrankungen kann auch bei Krebskranken ein verändertes Darmmikrobiom beobachtet werden. Ob das bakterielle Ungleichgewicht Folge oder Ursache der Krebserkrankung ist, lässt sich bislang nicht beantworten. Neue Daten aus China sprechen für einen kausalen Zusammenhang.

Forschende aus China haben mit Hilfe der Mendelschen Randomisierung nach einem kausalen Zusammenhang von Darmflora und Krebsrisiko gefahndet. Dabei fokussierten sie auf fünf Tumorentitäten: Brust-, Endometrium-, Ovarial-, Lungen- und Prostatakarzinom. Die Methode der Mendelschen Randomisierung (MR) ermöglicht es, Menschen anhand genetischer Marker, wie Single-Nucleotid-Polymorphismen (SNPs), zu randomisieren, und erlaubt somit, aus epidemiologischen Daten Schlussfolgerungen zur Kausalität zu ziehen. Die genetischen Informationen zum Darmmikrobiom stammten aus einer genomweiten Assoziationsstudie (GWAS) mit rund 18.400 Probandinnen und Probanden. Die GWAS-Daten zum Mammakarzinom bezogen die Forschenden vom Breast Cancer Association Consortium (BCAC); Ziel dieser Arbeitsgemeinschaft ist es, Gene zu identifizieren, die mit dem Brustkrebsrisiko im Zusammenhang stehen, und die mit diesen Genen verbundenen Risiken zuverlässig zu bewerten. Die GWAS-Daten zu den vier anderen Tumorentitäten stammten von den jeweils zuständigen Konsortien.

Kausalität erstmals bestätigt

Im Rahmen der univariaten MR-Analyse bestätigten sich zwei kausale Zusammenhänge: So stand ein überproportional hoher Anteil von Vertretern der Gattung Sellimonas für ein signifikant erhöhtes Risiko für Östrogenrezeptor-positive Mammakarzinome (OR = 1,09). Ein hoher Anteil von Bakterien der Klasse Alphaproteobacteria war hingegen mit einem signifikant geringerem Prostatakarzinomrisiko (OR = 0,84) verknüpft. Gemäß multivariater MR-Analyse beeinflusst die Gattung Sellimonas das Brustkrebsrisiko direkt, unbeeinflusst von Faktoren wie Alter zum Zeitpunkt der Menarche bzw. Menopause, BMI, Alkoholkonsum und Rauchen. Der Effekt der Klasse Alphaproteobacteria auf das Prostatakarzinom hingegen wurde durch die bekannten Risikofaktoren modifiziert.

Darmflora – Baustein künftiger Präventionsstrategien?

Mit dieser MR-Analyse wurde erstmals die Bedeutung der Darmflora für die Krebsentstehung näher beleuchtet, wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen. Dabei habe sich abgezeichnet, dass Darmmikroorganismen an der Krebsentstehung ursächlich beteiligt sein könnten. Sollte sich ein kausaler Zusammenhang in weiteren Studien bestätigen, eröffnen sich damit aus Sicht der Forschenden neue Möglichkeiten zur Krebsfrüherkennung und -prävention.
 

Referenz:
1.) Wei Z et al.: Gut microbiota and risk of five common cancers: A univariable and multivariable Mendelian randomization study. Cancer Medicine 2023; https://doi.org/10.1002/cam4.5772

Quelle: springermedizin.de

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