Zuckerhaltige Getränke erhöhen das Darmkrebsrisiko

Süßgetränke, die Zucker enthalten, sind möglicherweise noch ungesünder als gedacht. In einer prospektiven Beobachtungsstudie war das Risiko bei Erwachsenen vor dem 50. Lebensjahr an Darmkrebs zu erkranken verdoppelt, wenn zwei oder mehr zuckerhaltige Getränke pro Tag konsumiert wurden. Ein möglicher Zusammenhang zwischen der steigenden Darmkrebsinzidenz und ungesunder Ernährung ist Thema einer Vielzahl von Studien. Hierfür spricht auch der starke Anstieg von frühem Darmkrebs und Rektumkarzinomen vor dem 50. Lebensjahr. Besonders in den USA sind die Darmkrebszahlen dramatisch angestiegen. Unsere Ernährungsgewohnheiten haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Adipositas und Übergewicht sind in der Bevölkerung viel häufiger als früher zu beobachten, Tendenz steigend. Der häufigere Verzehr von Fertiggerichten und Fast Food sowie Bewegungsmangel könnten Gründe für die Inzidenzsteigerung bei frühem Darmkrebs sein, aber auch der Konsum von zuckerhaltigen Süßgetränken ist in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen. Intensive Verwertung von Fruktose durch Krebszellen Eine prospektive Beobachtungsstudie hat sich nun zum Ziel gesetzt zu evaluieren, inwiefern Süßgetränke die Krebsentstehung im Darm fördern können. Bereits 2019 konnte eine US-amerikanische Forschungsgruppe im Tiermodell zeigen, dass es bei Mäusen mit einem genetischen Darmkrebsrisiko zu einem beschleunigten Wachstum der Tumore kommt, wenn die Tiere mit Maissirup (High Fructose Corn Syrup, HFCS) gefüttert wurden. Die Wirkung war unabhängig von einer Gewichtszunahme oder einem metabolischen Syndrom, anderen möglichen Folgen einer hohen Fruktoseaufnahme. Die Wissenschaftler sahen zudem eine verstärkte Verwertung von Fruktose durch Krebszellen im Darm. Die Fruktose wurde über das Zwischenprodukt Fruktose-1-Phosphat für die Glykolyse und die Synthese von Fettsäuren benutzt, über die Krebszellen ihren erhöhten Energiebedarf decken. Die Studie wurde damals im Fachjournal Science veröffentlicht und gab Anlass für weitere Forschung in diesem Bereich. Ein Team um Yin Cao von der Washington University School of Medicine in St. Louis/Missouri hat jetzt untersucht, ob ein häufiger Konsum von Süßgetränken mit HFCS auch beim Menschen das Darmkrebsrisiko fördern könnte. Dieser Untersuchung lagen die Daten der Nurses’ Health Study II zugrunde. In dieser Studie wurde seit 1989 bei 116.429 Krankenschwestern in den USA die Ernährungsgewohnheiten erhoben. Die Probandinnen waren zu Beginn der Studie zwischen 25 und 42 Jahre alt und gaben per Fragebogen detailliert Auskunft über ihr Ess- und Trinkverhalten und somit auch über den Konsum von zuckerhaltigen Süßgetränken. Diese Angaben wurden in der vorliegenden Arbeit von Cao et al. In Relation zu Darmkrebserkrankungen vor dem 50. Lebensjahr gesetzt. 95.464 Fragebögen wurden ausgewertet, während der Nachbeobachtungszeit von 24 Jahren sind 109 der Probandinnnen vor dem 50. Lebensjahr an Darmkrebs erkrankt. Die Teilnehmerinnen, die regelmäßig mehr als zwei Süßgetränke pro Tag konsumierten, erkrankten mehr als doppelt so häufig wie Frauen, die weniger als ein Süßgetränk pro Woche tranken (relatives Risiko: 2,18; 95%-KI 1,10-4,35). Je mehr zuckerhaltige Getränke pro Tag verzehrt wurden, umso mehr stieg auch das Risiko eine frühe Darmkrebserkrankung zu entwickeln. Es lag somit eine dosisabhängige Risikosteigerung vor – pro Tag stieg das Risiko auf einen frühen Darmkrebs um 16% mit jedem zuckerhaltigen Süßgetränk (relatives Risiko 1,16; 1,00 bis 1,36). Der Zusammenhang mit dem Risiko einer frühen Darmkrebserkrankung und dem Verzehr zuckerhaltiger Getränke ist naheliegen, aber schwer zu bewiesen, da zahlreiche andere Faktoren und Ernährungsgewohnheiten sicherlich auch eine Rolle spielen. Tendenziell ernährten sich diejenigen Probandinnen, die viele zuckerhaltige Getränke zu sich nahen, generell ungesünder. Zudem machten sie weniger Bewegung und aßen mehr rotes Fleisch und Fleisch im Allgemeinen und weniger Ballaststoffe. Darüber hinaus nahmen sie weniger Vitamine zu sich. All diese Aspekte flossen in die Analyse mit ein – der Zusammenhang mit dem frühen Darmkrebsrisiko und dem häufigen Genuss zuckerhaltiger Getränke bleibt jedoch evident. Für künstlich gesüßte Getränke gilt dies nicht. Sie sind zwar auch nicht gesund und regen den Appetit an, es war jedoch kein erhöhtes Darmkrebsrisiko nachweisbar. Risiko für Jugendliche nahezu verdreifacht Ein hoher Konsum von Süßgetränken könnte das Darmkrebsrisiko noch stärker beeinflussen als im Erwachsenenalter. 41.272 Teilnehmerinnen Nurses’ Health Study haben auch Angaben zu ihren Ernährungsgewohnheiten im Teenageralter gemacht, die von Cao und Mitarbeitern ausgewertet wurden. Cao ermittelt ein relatives Risiko von 3,41 (1,08 bis 10,8) für den Konsum von mehr als 2 zuckerhaltigen Süßgetränken pro Tag oder von 1,32 (1,00 bis 1,75) für jedes zusätzliche zuckerhaltige Süßgetränk am Tag. Der häufige Konsum von Süßgetränken bei Jugendlichen könnten das Darmkrebsrisiko somit sogar verdreifachen. Quelle: Hur J et al.: Sugar-sweetened beverage intake in adulthood and adolescence and risk of early-onset colorectal cancer among women. Gut 2021, May 6; gutjnl-2020-323450. doi: 10.1136/gutjnl-2020-323450

Springer Medizin Österreich

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten