St. Anna Kinderkrebsforschung × Bei der Hochrisikoform des Neuroblastoms, dem häufigsten Tumor im Säuglings- und Kindesalters, haben Forscher der St. Anna Kinderkrebsforschung und des St. Ann Kinderspitals in weltweiter Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern neue Erkenntnisse zur Erhöhung der Überlebensrate gewonnen. Die vollständige chirurgische Entfernung des Tumors in einem multimodalen Behandlungsansatz ist ein wichtiges Element um das Überleben eines kleinen Krebspatienten zu verbessern. Diese wichtige Forschungsarbeit wurde in dem Fachmagazin Journal of Clinical Oncology veröffentlicht. Das Neuroblastom ist der häufigste Tumor im Säuglings- und Kleinkindalter und entsteht aus unreifen Zellen des sympathischen Nervensystems. Das Besondere an dieser Krebsform ist seine Variabilität. Es gibt ganz milde Verlaufsformen, die zwar engmaschig überwacht werden, aber keine oder nur wenig Behandlung brauchen. Es gibt aber auch Hochrisikovarianten, bei denen alle zur Verfügung stehenden Therapieformen eingesetzt werden müssen, um dem Kind die bestmögliche Überlebenschance geben zu können. Dank der engen Zusammenarbeit zwischen ForscherInnenn und KlinikerInnen können Neuroblastome heute zwar rasch und zuverlässig identifiziert und diagnostiziert werden, doch gerade bei der Hochrisiko-Form des Neuroblastoms gibt es noch immer dringenden Handlungsbedarf. Das betrifft nicht nur die Erforschung der Ursachen der Erkrankung, sondern auch die Auswahl der erfolgversprechendsten Therapiekombinationen. Aufgrund seiner Gefährlichkeit werden beim Hochrisiko-Neuroblastom in einem multimodalen Ansatz alle zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt, inklusive Chemotherapie, Chirurgie, Bestrahlung und Immuntherapie. Trotzdem gibt es bis dato noch Unklarheiten, wie einzelne Therapie-Faktoren das Überleben beeinflussen. Hochrisiko-Neuroblastom-PatientInnen über sechs Jahre beobachtet In einer internationalen Studie, die seitens der St. Anna Kinderkrebsforschung und des St. Anna Kinderspitals von Prof. Dr. Ruth Ladenstein und Dr. Ulrike Pötschger geführt und kürzlich im Journal of Clinical Oncology publiziert wurde, ist es nun gelungen den chirurgischen Aspekt einer multimodalen Hochrisiko-Neuroblastom-Therapie in Relation zu den anderen Therapieformen zu durchleuchten. Experten aus 128 medizinischen Zentren in 18 verschiedenen Ländern beobachteten insgesamt 1.531 kindliche Hochrisiko-Neuroblastom-Patienten über mehr als sechs Jahre. In Anbetracht der Seltenheit von kindlichen Krebserkrankungen ist diese beträchtliche Anzahl an Patienten insofern bemerkenswert, als dass sie eine äußerst zuverlässige statistische Analyse der Ergebnisse erlaubt und damit klare neue Therapieempfehlungen ermöglicht. Die KrebspatientInnen dieser Studie erhielten eine Induktions-Chemotherapie, je nach klinischem Verlauf in ausgewählter Reihenfolge chirurgische Eingriffe und Hochdosis-Chemotherapie mit Stammzellreinfusion, gefolgt von lokaler Strahlentherapie und, falls schon verfügbar, eine speziell auf das Hochrisiko-Neuroblastom zugeschnittene Immuntherapie mit Dinutuximab beta und Isoretinoin oder Dinutuximab beta in Kombination mit subkutanem Interleukin 2 und Isoretinoin. Der Schwerpunkt dieser Studie lag darauf, den Einfluss eines chirurgischen Eingriffs auf das Überleben der Hochrisiko-Neuroblastom-Patienten zu ermitteln. Vollständige makroskopische Entfernung des Tumors bringt Überlebensvorteil Die chirurgische Resektion eines Neuroblastoms ist ein sehr schwieriger Eingriff. Er gelingt aufgrund der Beschaffenheit des Tumors nicht immer vollständig und es müssen zahlreiche Faktoren wie die Lokalisation des Tumors und die Erhaltung wichtiger Organe wie z.B. der Nieren für die nachfolgende Hochdosis-Chemotherapie in Betracht gezogen werden. Es stellt sich daher die Frage, ob die hochkomplizierte vollständige makroskopische Entfernung des Tumors gegenüber der unvollständigen Tumorresektion einen Vorteil bringt. „Unsere Analyse hat klar gezeigt, dass auch in Zukunft das Ziel eine vollständige chirurgische Entfernung des Tumors innerhalb des aktuellen komplexen Standardtherapiekonzept sein muss um das Überleben dieser kindlichen Krebspatienten zu verbessern,“ so Univ.-Prof. Dr. Ruth Ladenstein von der St. Anna Kinderkrebsforschung. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass es sowohl mit als auch ohne Immuntherapie ein signifikant höheres Gesamtüberleben (overall survival, OS) gibt. Mit der ebenfalls in Zusammenarbeit an der St. Anna Kinderkrebsforschung entwickelten Immuntherapie und der makroskopischen Entfernung des primären Tumors überleben nunmehr bereits über 50% länger als 5 Jahre, wo vor etwa zwei Jahrzehnten nur bei ca. 10% der Kinder ein längeres Überleben beobachtet wurde. Die Studie liefert einen erneuten Beweis, dass insbesondere durch den konzertanten Einsatz aus Forschungsinnovation und Therapieoptimierung in einem klinischen Forschungskonzept in großen internationalen Studien entscheidende Verbesserungen erzielt werden können. Referenz: Holmes K, Potschger U et al.: Influence of Surgical Excision on the Survival of Patients With Stage 4 High-Risk Neuroblastoma: A Report From the HRNBL1/SIOPEN Study. Journal of Clinical Oncology, 8. Juli 2020. https://doi.org/10.1200/JCO.19.03117 Quelle: Pressemitteilung der St. Anna Kinderkrebsforschung vom 28. Juli 2020