Ungünstige Kombination: Krebs und Vorhofflimmern

Ein Tumor verkürzt deutlich das Leben von Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) und steigert das Risiko für schwere Blutungen, aber nicht unbedingt für ischämische Schlaganfälle. Das kann Auswirkungen auf die Antikoagulation haben. Die steigende Zahl älterer Menschen treibt auch die Prävalenz von Vorhofflimmern (VHF) in die Höhe, gleichzeitig leben VHF-Patienten dank moderner Therapien immer länger. Ähnliches gilt für Krebspatienten. Hier kommt hinzu, dass Krebspatienten gehäuft ein VHF entwickeln, nicht zuletzt aufgrund von kardiotoxischen Therapien. Von daher überrascht es kaum, dass die Zahl der Patienten zunimmt, die nicht nur an VHF, sondern auch an Krebs erkrankt sind. Wie sich diese Kombination auf die Patienten auswirkt, haben Ärzte um Dr. Daniele Pastori von der Sapienza-Universität in Rom anhand einer französischen Kohortenstudie eruiert. Danach halbiert sich die Lebenserwartung, wenn VHF-Patienten auch noch an Krebs erkranken, zudem steigt das Risiko für größere Blutungen. Das sollten Ärzte bei der Antikoagulation berücksichtigen. Die Experten haben für ihre Analyse Angaben zu rund 2,4 Millionen Patienten ausgewertet, die zwischen 2010 und 2019 in französischen Kliniken mit einer VHF-Diagnose behandelt worden waren. Von diesen hatten 16,4% – das waren knapp 400.000 Personen – auch eine Krebsdiagnose. Anhand der nationalen Klinikdatenbank konnten die Ärzte um Pastori erkennen, welche Diagnosen wann dazu kamen. Sie interessierten sich besonders für schwere Blutungen und thrombembolische Ereignisse, da sie davon ausgingen, dass Tumoren oder die Krebstherapien solche Probleme bei VHF-Patienten in unterschiedlicher und therapierelevanter Weise begünstigen. Keine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität bei Krebspatienten VHF-Patienten mit und ohne Krebs waren ähnlich alt (77 Jahre), der Männeranteil lag unter den Krebspatienten höher (63% versus 51%), ebenso der Raucheranteil (10% versus 6%) und der Anteil von alkoholbezogenen Diagnosen (7% versus 5%). Krebspatienten hatten wesentlich häufiger auch kardiovaskuläre Begleiterkrankungen wie Hypertonie, Diabetes, KHK oder eine obstruktive Lungenerkrankung, aber seltener eine Herzinsuffizienz oder ischämische Schlaganfälle in der Vergangenheit. Etwa ein Viertel der Krebskranken hatte einen metastatischen Tumor, am häufigsten waren Tumoren in der Prostata, gefolgt von solchen im Darm, der Lunge, der Brust und der Blase. Im Laufe einer Nachbeobachtungsdauer von zwei Jahren starben jährlich 27% der VHF-Patienten mit Krebs und 11% der VHF-Kranken ohne Krebs. Wurden Alter, Geschlecht und Begleiterkrankungen berücksichtigt, ergab sich unter den Krebspatienten eine verdoppelte Sterberate. Die kardiovaskuläre Mortalität war mit jährlich 4,4% bei den Krebspatienten ebenfalls höher als bei VHF-Kranken ohne Krebs (3,8%); unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitfaktoren und konkurrierender Todesursachen ergab sich aber kein erhöhtes Risiko für einen kardiovaskulären Tod. Die höchste kardiovaskuläre Sterberate wiesen Patienten mit Leukämien und Metastasen auf (jeweils rund 6% im Jahr). Antikoagulation mitunter riskant 2,3% der VHF-Patienten mit Krebs und 2,4% derjenigen ohne erlitten jährlich einen ischämischen Schlaganfall. Patienten mit Pankreas- und Uterustumoren hatten ein etwas höheres, solche mit Darm- und Leberkrebs ein niedrigeres Risiko für ischämische Schlaganfälle. Wie zu erwarten, stieg das Risiko mit zunehmendem CHA2DS2-VASc-Score, variierte dabei aber in Abhängigkeit vom Tumortyp. Etwas deutlicher war der Zusammenhang zwischen einer Tumordiagnose und schweren Blutungen. Solche traten jährlich bei 5,0% der VHF-Patienten ohne, aber bei 8,4% mit Krebs auf. Unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitfaktoren war die Blutungsrate bei den Krebspatienten um 27%, die Rate für Hirnblutungen um 7% erhöht. Am häufigsten kam es bei Patienten mit Leukämien, Leber-, Blasen- und Magentumoren zu schweren Blutungen und Hirnblutungen (bei jährlich 11–13%). Das Blutungsrisiko hing stark vom HAS-BLED-Score zu Beginn ab. Hier hatten die Krebspatienten im Schnitt höhere Werte. Der Score eigne sich daher recht gut, um das Blutungsrisiko abzuschätzen, so die Ärzte um Pastori. Bemerkenswert sei das bei einigen Krebspatienten höhere Risiko für schwere Blutungen als für ischämische Insulte. Hier sollte eine VHF-Therapie mit Antikoagulanzien sorgfältig abgewogen werden. Ob eine solche Abwägung bereits geschah, war aus den Daten jedoch nicht zu erkennen, da Angaben zur Antikoagulation fehlten. Literatur: Pastori D et al.: Thromboembolism, mortality, and bleeding in 2,435,541 atrial fibrillation patients with and without cancer: A nationwide cohort study. Cancer 2021; https://doi.org/10.1002/cncr.33470 Quelle: www.springermedizin.de

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