Status quo bei Keimbahntestungen für Mamma- und Ovarialkarzinom

Eine große retrospektive Studie beleuchtet die Entwicklung von Keimbahntests für Frauen mit Mamma- oder Ovarialkarzinom. Bislang lagen noch relativ wenige Daten zum Stellenwert von Keimbahntests bei verschiedenen soliden Tumoren wie Ovarial- und Mammakarzinom und ihrer Verwendung in der klinischen Praxis vor. Es gib jedoch zahlreiche Hinweise, dass Keimbahntests die Therapieentscheidung maßgeblich unterstützen können. Daher ist eine amerikanische retrospektive Studie dieser Frage nun nachgegangen. Die Daten von Gentests (2012 bis Anfang 2019) wurden mit den Daten der Surveillance, Epidemiology, and End Results-Register aller Frauen verknüpft, bei denen in Georgia oder Kalifornien Mamma- oder Ovarialkarzinom diagnostiziert wurde (2013–2017). Anhand dieser Daten wurden die sechs Hypothesen der ForscherInnengruppe überprüft. Ergebnisse Hypothese 1: Multigene Panels (MGPs) werden den Test auf BRCA1/2 vollständig ersetzen. Die selektive Testung mittels MGPs hat die BRCA1/2-Testung fast vollständig ersetzt. Während MGPs nur bei ca. 25% bzw. ca. 40% der Anfang 2013 diagnostizierten Patienten eingesetzt wurden, wurde diese Methode bereits bei >80% der Patienten mit Brustkrebs und >90% mit Ovarialkarzinom, die Ende 2017 diagnostiziert wurden, verwendet. Hypothese 2: Die Unterversorgung mit Tests bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom wird sich verbessern. Entgegen der Erwartungen der Studienautoren gab keine wesentliche Verbesserung der Testsituation bzw. keine weitreichendere Versorgung mit Keimbahntests während des Studienzeitraums von sieben Jahren. Hypothese 3: Es werden mehr Patienten mit einem niedrigeren Vortestrisiko getestet. Diese Hypothese hat sich bestätigt. In Verbindung mit altersbedingten Testtrends ist es wahrscheinlich, dass Frauen bei zunehmend niedrigeren Stufen des Vortestrisikos auf genetische Mutationen getestet wurden. Hypothese 4: Soziodemographische Unterschiede in der Testentwicklung werden nicht beobachtet. Auch dies konnte in der Studie bestätigt werden. Die Autoren beobachteten keine Veränderungen der Testraten nach soziodemographischen Variablen im Zeitverlauf. Hypothese 5: Die Entdeckung sowohl von pathogenen Varianten als auch von Varianten unklarer Signifikanz (VUS) wird zunehmen. Die Entdeckungsraten pathogener Varianten stiegen leicht, die VUS-Raten stiegen deutlich. Hypothese 6: Die rassischen oder ethnischen Unterschiede bei den VUS-Raten werden abnehmen. Entgegen der Erwartungen haben sich die Ungleichheiten in Bezug auf rassische oder ethnische Unterschiede bei den VUS-raten im Studienzeitraum nicht verringert. Quelle: Kurian AW et al.: Time Trends in Receipt of Germline Genetic Testing and Results for Women Diagnosed With Breast Cancer or Ovarian Cancer, 2012-2019. J Clin Oncol. 2021 Feb 9 [Epub ahead of print]. doi: 10.1200/JCO.20.02785. PMID: 3356087

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