OA Dr. Maximilian Hochmair im Schutzanzug Hochmair × Seit kurzem liegt die erste Auswertung einer internationalen Beobachtungsstudie vor, die weltweit die Auswirkungen einer Covid-19-Erkrankung auf LungenkrebspatientInnen untersucht. Diese ersten Daten sind eine wertvolle Basis für den Umgang mit Lungenkrebs während der Pandemie. Was diese Ergebnisse der vorliegenden Studie für Lungenkrebspatienten konkret bedeuten, erläuterte Lungenkrebsspezialist OA Dr. Maximilian Hochmair, Leiter des Arbeitskreises Pneumologische Onkologie der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) und Leiter der onkologischen Tagesambulanz/Tagesklinik der Abt. f. Innere Medizin und Pneumologie der Klinik Floridsdorf (Wiener Gesundheitsverbund) anlässlich des Welt-Lungenkrebstages am 1. August. Lungenkrebs und Covid-19 sind ein „hochgefährliches Paar“ Frühe Berichte über Krebspatienten, die an COVID-19 erkrankt waren, ließen auf eine hohe Sterblichkeitsrate im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung schließen. Mit der multizentrischen Beobachtungsstudie TERAVOLT soll dies überprüft werden. Eingeschlossen in die Studie sind Lungenkrebspatienten beiderlei Geschlechts, jeden Alters, jeder Histologie und jeden Stadiums sowie sowohl Patienten, die sich gerade einer Krebstherapie unterziehen, als auch solche, die sich in Nachsorge befinden. Die Studie soll bis zum Ende der Corona-Pandemie laufen. Die jetzt veröffentlichten Daten von rund 400 Patienten der in The Lancet Oncology publizierten Studie zeigen, dass rund ein Drittel der Lungenkrebspatienten, die zusätzlich an Covid-19 erkrankt waren, starben. Ein Drittel ist wieder genesen und ein weiteres Drittel verblieb in stationärer Behandlung. „Auch wenn ein Teil dieser Daten aus Ländern mit ganz anderen Gesundheitsstrukturen als bei uns stammt und die Mortalität in unserem Gesundheitssystem sicher nicht so hoch ist, muss man dennoch festhalten: Lungenkrebspatienten gehören im Hinblick auf die Covid-19-Erkrankung zu einer absoluten Hochrisikogruppe“, so Hochmair. „Daher müssen Lungenkrebspatienten und Personen, die mit ihnen im gemeinsamen Haushalt leben, peinlichst genau darauf achten, alle Maßnahmen zur Vermeidung einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus einzuhalten!“ Immun-, zielgerichtete und Strahlentherapie erhöhen Sterblichkeit bei Covid-19 nicht Man vermutete, dass besonders Lungenkrebspatienten aufgrund ihres höheren Alters, ihrer Rauchgewohnheiten und der meist vorliegenden Begleiterkrankungen während einer Krebstherapie, die den Körper doch immer auch beeinträchtigt und schwächt, besonders gefährdet wären. Daher gab es die Befürchtung, dass eine Krebstherapie bei bestehender Covid-19-Diagnose den Verlauf der Erkrankung dramatisch verschlechtern und eine höhere Sterblichkeit verursachen könnte. „Die verfügbaren Daten zeigen aber: Zielgerichtete Therapien, Immuntherapie und auch Strahlentherapie führen nicht zu einem erhöhten Risiko, an Covid-19 zu versterben. Die diesbezüglichen therapeutischen Maßnahmen zur Behandlung von Lungenkrebs sollen also unbedingt fortgesetzt werden“, betonte Hochmair. Bei Chemo- oder Kortisontherapie hingegen gelte es genau abzuwägen, denn hier gebe es Faktoren, die zu einem schwereren Verlauf der Covid-19-Erkrankung führen können. Hochmair: „Hier ist es also ganz besonders wichtig, genau zu überlegen und abzuschätzen und eine für den jeweiligen Patienten maßgeschneiderte Therapie zu entwickeln.“ Explosives Tumorwachstum bei Therapieabbruch möglich Daten von früheren Studien zur Immun- und zielgerichteten Therapie zeigen des Weiteren, dass ein Therapieabbruch bei bestehender Lungenkrebstherapie sogar lebensbedrohlich sein kann. „Ein Drittel jener Patienten, die eine zielgerichtete Therapie bekamen und dann damit aufhörten, weil sie zum Beispiel befürchteten, aufgrund der Pandemie nicht gut versorgt zu sein, oder Angst hatten, ins Krankenhaus zu gehen, erfuhren eine ‚Tumorexplosion‘. Das heißt, das Tumorwachstum wurde so vehement, dass es nicht mehr aufzuhalten war“, erläuterte Hochmair. Auch bei Abbruch der Immuntherapie zeigte sich, dass der Verlauf der Lungenkrebserkrankung wesentlich schlechter war als bei jenen Patienten, die die Immuntherapie fortsetzten. „Wir müssen also immer ganz genau abwägen. Die Lungenkrebstherapie aus Furcht vor Covid-19 abzubrechen, ist eindeutig keine optimale Lösung.“ Bei Symptomen trotz Pandemie unbedingt den Lungenfacharzt aufsuchen „Lungenkrebs ist, wenn wir ihn nicht diagnostizieren und behandeln, deutlich gefährlicher als Covid-19. Denn die Mortalität von Lungenkrebs ist deutlich höher als jene durch das SARS-CoV-2 verursachte Virus“, fasste Hochmair zusammen und betonte zum Schluss: „Gerade weil die Kombination von Lungenkrebs und Covid-19 eine heikle Angelegenheit ist, dürfen wir nicht aufhören zu diagnostizieren und zu behandeln. Daher: Auch in Zeiten der Pandemie bei Beschwerden den Facharzt aufsuchen und nicht auf Arzttermine vergessen.“ Quelle: Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) vom 28. Juli 2020