Corona-bedingt drei Viertel weniger klinische Studien in der Onkologie

Während der ersten Pandemiewelle im Frühjahr 2020 ist die Zahl der neu begonnenen klinischen Studien im Vergleich zu den Vorjahren um 60% eingebrochen, in den Monaten März bis Mai sogar um 75%. Die Coronavirus-Pandemie hat auch den Wissenschaftsbetrieb nicht verschont: Lockdown und Hygieneregeln machen es nicht gerade einfach, Patienten für klinische Studien zu gewinnen und in laufenden Studien zu betreuen. Ein Team um Dr. Elisabeth Lamont vom Unternehmen Medidata in Boston, USA, hat einmal geschaut, wie sich die Pandemie auf die Zahl der neu beginnenden klinischen Studien auswirkt. Die Wissenschaftler haben dazu die Studiendatenbank RAVE genutzt, die etwa 30% aller industriefinanzierten onkologischen Interventionsstudien auflistet. Die Forscher verglichen zunächst die Monate Oktober bis Mai in den vergangenen fünf Jahren. Sie fanden zwischen Oktober 2015 und Mai 2020 insgesamt 1440 Studien der Phase 1–4 in diesen Acht-Monats-Zeiträumen. Die meisten Studien wurden zwischen Oktober 2018 und Mai 2019 registriert, hier waren es 376. Dagegen war die Zahl ein Jahr später, also zwischen Oktober 2019 und Mai 2020 mit 191 Studien nur noch halb so hoch. Schon im Februar 2020 weniger Studien Begrenzten die Forscher um Lamont die Suche auf die Monate Januar bis Mai, so fanden sie 2020 nur noch 76 Studien, das waren 60% weniger als im Schnitt der vier Vorjahre, ein signifikanter Unterschied. Bezogen auf die Hauptpandemiemonate März bis Mai waren die Unterschiede noch deutlicher: Im Pandemiejahr starteten in dieser Zeit nur noch 38 neue Studien, im Jahr zuvor noch 143 — die Zahl war 2020 also auf rund ein Viertel gesunken. Die Zahl der neuen Studien fiel allerdings schon im Januar 2020 deutlich unter das Niveau der Vorjahre und hatte im Februar bereits einen ähnlich niedrigen Wert erreicht wie zwischen März und Mai. Entweder hatte die aufziehende Pandemie schon ihre Schatten vorausgeworfen oder es gibt noch andere Gründe für den Rückgang. Interessant wären auch die Daten für den Rest des Jahres, diese werden vermutlich bald in einer weiteren Auswertung folgen. Die Experten um Lamont sehen in dem Einbruch erhebliche Auswirkungen für die medizinische Forschung und die Patienten. Die Einführung neuer Therapien könnte sich verzögern, und dies dürfte nicht nur die Onkologie, sondern praktisch alle Fachgebiete in der Medizin betreffen. Referenz: Lamont EB et al.: Trends in Oncology Clinical Trials Launched Before and During the COVID-19 Pandemic. JAMA Netw Open. 2021; 4(1):e2036353. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2020.36353; Quelle: springermedizin.de

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