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Erschienen in: Schmerz Nachrichten 1/2022

Open Access 28.02.2022 | Journal Club

ÖSG 21: Prämierte Arbeit in der Kategorie „Klinische Forschung“

verfasst von: PD Dr. Helmar Bornemann-Cimenti, MBA MSc

Erschienen in: Schmerz Nachrichten | Ausgabe 1/2022

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Originalpublikation
Lang-Illievich K, Winter R, Rumpold-Seitlinger G, Schicho K, Dorn C, Klivinyi C, Bornemann-Cimenti H (2020) The Effect of low-level light therapy on capsaicin-induced peripheral and central sensitization in healthy volunteers: a double-blinded, randomized, sham-controlled trial. Pain Ther 9(2):717–726
Der Effekt der Low-level-Lichttherapie auf periphere und zentrale Sensibilisierung.
Die Low-level-Lichttherapie (LLLT), eine Methode der Photobiomodulation, ist in verschiedenen Bereichen der Medizin gut etabliert. Indikationen für die LLLT sind die Verbesserung der Wundheilung und Geweberegeneration, der Narbenbildung und Durchblutung sowie die Schmerztherapie. Im Allgemeinen handelt es sich bei der LLLT um die klinische Anwendung von Licht mit Wellenlängen im Bereich von 600 bis 1100 nm und einer typischen Leistungsdichte von 5 mWcm−2 bis 5 Wcm−2.
Mehrere klinische Studien haben gezeigt, dass LLLT eine wirksame schmerzstillende Behandlung darstellt. Der Wirkmechanismus ist jedoch noch nicht endgültig geklärt. Zu den unbeantworteten Fragen gehört insbesondere, ob sie nur peripher oder auch auf der spinalen oder supraspinalen Ebene wirkt. Ziel dieser Studie war es, die Wirkung von LLLT auf die primäre und sekundäre Hyperalgesie in einem menschlichen Schmerzmodell zu untersuchen.
Methoden.
Diese Studie wurde als randomisierte, scheinkontrollierte und doppelt verblindete Studie geplant. Zehn gesunden Proband*innen wurde Capsaicin auf beide Unterarme appliziert. Dieses humane Schmerzmodell wurde gewählt, da es sowohl zentrale als auch periphere Mechanismen induziert. Die lokale Verabreichung von Capsaicin auf die menschliche Haut führt durch die Stimulierung der TRPV1-Rezeptoren zu einer lokalen neurogenen Entzündung. Die dabei auftretende Hitze-Hyperalgesie ist auf eine periphere Sensibilisierung zurückzuführen, während die mechanische Hyperalgesie auf eine zentrale Sensibilisierung zurückzuführen ist.
Unmittelbar nach dem Entfernen des Capsaicin wurden zwei identische LLLT-Geräte (Repuls7, Repuls Lichtmedizintechnik GmbH, Wien, Österreich; Abb. 1) gleichzeitig auf jeweils einem Unterarm positioniert. Entsprechend der Randomisierungsliste diente ein LLLT-Gerät als Scheinkontrolle. Der andere Unterarm wurde mit pulsierendem, kaltem Rotlicht von 640 nm bestrahlt. Die Intensität betrug 175 mWcm−2, was einer Leistungsdichte von 4100 mW entspricht. Die Pulsfrequenz wurde auf 2,5 Hz eingestellt. In Anlehnung an die Empfehlungen des Herstellers wurde eine Dauer von 12 min gewählt.
Die Schmerzintensität wurde anhand einer numerischen Ratingskala (NRS 0–10) an den bestrahlten und unbehandelten Unterarmen quantifiziert. Die Hitzeschmerzschwelle wurde sowohl am LLLT-bestrahlten Unterarm als auch am unbehandelten Unterarm (Kontrolle) mittels eines TSA-II Quantitative NeuroSensory Analyzer geprüft. Die mechanische Schmerzschwelle hingegen wurde auf beiden Seiten 1 cm proximal der markierten Stelle mittels Pinprick gemessen.
Ergebnisse.
LLLT erhöhte signifikant die mechanische Schmerzschwelle, die Wärmeschmerzschwelle und verringerte die Schmerzintensität.
„Die Resultate unserer Studie stehen im Einklang mit den oben erwähnten klinischen Studien“, resümiert PD Dr. Helmar Bornemann-Cimenti: „Die Schmerzintensität, die unsere Proband*innen am bestrahlten Unterarm empfanden, wurde im Vergleich zur Intensität am scheinbehandelten Unterarm um fast ein Viertel reduziert, was einer mittleren Effektgröße entspricht.“
Periphere und zentrale Sensibilisierung sind zwei maßgebliche Mechanismen in unserem derzeitigen Verständnis der Schmerzphysiologie. Während die periphere Sensibilisierung häufig mit Entzündungen in Verbindung gebracht würde, die eine typische Komponente verschiedener akuter Schmerzszenarien sind, scheint „die zentrale Sensibilisierung bei der Chronifizierung von Schmerzen einen substanziellen Effekt zu haben“, so PD Bornemann-Cimenti: „Bisherige klinische Studien zur Wirksamkeit der LLLT wurden vor allem zur Behandlung von akuten Schmerzen durchgeführt. Diese Ergebnisse lassen sich durch die Wirkung auf die periphere Sensibilisierung erklären, die wir in der vorliegenden Studie nachgewiesen haben. Unsere Ergebnisse liefern den mechanistischen Hintergrund für die Wirkung von LLLT bei akuten Schmerzstörungen.“
Überraschend für die Studienautoren war die zentrale Wirkung von LLLT. Die Effektgröße dieser Ergebnisse war sogar größer als der Effekt auf die Schmerzintensität. Bislang wurde die Anwendung von LLLT bei chronischen Schmerzen nur in einer einzigen klinischen Studie untersucht, die sie als wirksame Behandlungsoption nahelegte.
„Unsere Daten deuten auf eine signifikante modulierende Wirkung von LLLT auf die periphere und zentrale Sensibilisierung hin“, sagt so PD Bornemann-Cimenti abschließend: „Diese Effekte – bei gleichzeitigem Fehlen von Nebenwirkungen – machen LLLT zu einem vielversprechenden Instrument in der Schmerzbehandlung.“
Preise und Ehrungen am ÖSG 21
Wie jedes Jahr prämierte die ÖSG im Rahmen ihrer Jahresversammlung 2021 herausragende wissenschaftliche Arbeiten in zwei unterschiedlichen Kategorien. Die in diesem Beitrag vorgestellte Arbeit wurde in der Kategorie „Klinische Forschung“ mit dem Prof. Dr. Dieter Klinger Preis, gesponsort von Grünenthal, ausgezeichnet.
In der nächsten Ausgabe der SCHMERZ NACHRICHTEN finden Sie eine Zusammenfassung inklusive Kommentar der prämierten Arbeit aus der Kategorie „Präklinische Forschung“, die den von Fresenius Kabi gesponserten Prof. Dr. Fred Lembeck Preis erhielt.

Interessenkonflikt

H. Bornemann-Cimenti gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

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Metadaten
Titel
ÖSG 21: Prämierte Arbeit in der Kategorie „Klinische Forschung“
verfasst von
PD Dr. Helmar Bornemann-Cimenti, MBA MSc
Publikationsdatum
28.02.2022
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Schmerz Nachrichten / Ausgabe 1/2022
Print ISSN: 2076-7625
Elektronische ISSN: 2731-3999
DOI
https://doi.org/10.1007/s44180-022-00006-1

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