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13.02.2023 | Neurologie

Schwankend und drehend

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Einen „typischen“ Schwindel gibt es nicht, mögliche Ursachen sind vielfältig. Da sich diese nicht immer und nicht so leicht feststellen lassen, erfolgt die Behandlung häufig symptomorientiert. (Mit Video-Tutorials)

Empfehlung der Redaktion
Epley-Manöver: Dr. Philipp Wimmer (li.)

09.01.2019 | HNO

Video-Tutorial: Das Epley-Manöver

Dr. Philipp Wimmer befasst sich mit den Therapiemöglichkeiten des benignen paroxysmalen Lagerungsschwindels. Diesmal demonstriert er das Befreiungsmanöver nach Epley.

Nicht immer ist klar, ob das Gefühl der Gleichgewichtsstörung eine Folge eines bestimmten Ereignisses ist, ob es akut ist oder sich aufgrund organischer oder psychischer Auslöser entwickelt. „Schwindel“, so Prof. Olaf Michel, sei ein umfassender und sehr unscharfer Begriff, der für sich keine Diagnose darstellt, aber von Patienten, vor allem im höheren Lebensalter, häufig als Belastung beschrieben wird. Darunter fallen zahlreiche Krankheitsbilder mit ähnlichen, aber abgrenzbaren Symptomen und Befunden. Im Idealfall lässt sich daraus die zugrunde liegende Gesundheitsstörung konkretisieren. Einen belegbaren Auslöser dafür zu finden, sei jedoch nicht einfach. So wurden in größeren Untersuchungen ausgehend vom Symptom nur in 20 bis 30 Prozent der Fälle eine organische Ursache gefunden, während bei 20 bis 40 Prozent der Diagnosen psychisch bedingte Gleichgewichtsstörungen vorlagen. „In der Behandlungssituation ist dies kein wesentliches Problem, weil bei unbekannter Ursache überwiegend eine symptomorientierte Therapie erfolgen kann. Das gilt sowohl für spontan auftretenden Schwindel als auch für Schwindel, der nach einem Trauma angegeben wird.“

Organisch oder nicht-organisch

Schwindelformen können grundsätzlich in organischen oder Typ2-Schwindel und nicht-organische oder psychische Schwindelformen vom Typ1 oder Typ3 eingeteilt werden. Als posttraumatischer Schwindel kann demnach der Typ2-Schwindel auftreten. Unter diesen vestibulogenen, peripheren Schwindel fallen beispielsweise Morbus Menière, bei dem es zu einer vermehrten Ansammlung von Flüssigkeit und zu einer vorübergehenden Druckerhöhung im Innenohr kommt, der benigne paroxysmale Schwindel, der Labyrinth-Ausfall, sonstiger peripherer Schwindel oder sonstige Störungen der Vestibularfunktion, eben der traumatische periphere Schwindel oder auch Vibration und Infraschall oder die Kinetose.

Zu den Typ1-Formen, die als kryptogener Schwindel und Vertigo ohne nähere Angaben beschrieben werden, zählen Schwindel und Taumel (z. B. leichte alltägliche Unsicherheiten, wie unbeabsichtigtes Anstoßen, Schwanken beim Strumpfanziehen) und der primär persistierende postural-perzeptive Schwindel (PPPS). Psychogener (somatoformer) Schwindel wird als Typ3-Schwindel kategorisiert. Darunter fallen sekundär persistierender postural-perzeptiver Schwindel (PPPS), sonstige somatoforme Störungen und phobischer Schwankschwindel, organische emotional labile Störungen als Folge einer organischen Störung und ein organisches Psychosyndrom nach Schädelhirntrauma. Zum somatogenen (sensorischen) Schwindel, dem Typ4, zählen vestibuläre Migräne/Basilarismigräne, zentrale vestibuläre Schwindelsyndrome, epidemischer Schwindel bei Infektion des Zentralnervensystems, zervikogener Schwindel und das Upbeat/Downbeat-Syndrom. Diese diagnostisch definierte Vielfalt zeigt die Herausforderung bei der richtigen Einschätzung der jeweiligen Gleichgewichtsstörung.

Anfallsartig

Die häufigste Schwindelform bei älteren Menschen ist der benigne paroxysmale Lagerungsschwindel (BPLS), der oft, so Michel, als anfallsartiger Drehschwindel von Sekundendauer bei Kopfbewegungen gesehen wird: „Er gilt als typische Alterserkrankung mit Höhepunkt bei 60- bis 80-Jährigen.“ 95 Prozent aller Fälle sind idiopathisch, die Ursache ist also nicht erkennbar, Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Auffällig häufig trete ein BPLS auch bei verlängerter Bettruhe durch andere Erkrankungen oder nach Operationen auf, berichtet Michel. Der Begriff „benigne“ bezieht sich auf seine oft spontane Besserung, denn die Anfälle nehmen häufig innerhalb von zwei bis drei Wochen ab. Wird der BPLS nicht behandelt, so wird er bei etwa 30 Prozent der Patienten chronisch. Zu beachten sei auch, dass eine Vielzahl von Medikamenten, insbesondere Sedativa, auch Antihistaminika, Betablocker u.v.a.m. Untersuchungen des Gleichgewichts stören können. Daher sei eine Medikamentenanamnese wichtig.

Quelle: Olaf Michel, Schwindel als Traumafolge; HNO-NACHRICHTEN 2022; 52 (5)

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Metadaten
Titel
Schwankend und drehend
Publikationsdatum
13.02.2023
Zeitung
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Ausgabe 07/2023

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