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Ärzte Woche

24.01.2018 | Neurologie

„Hoffnung ist das, was die Angehörigen aufrecht hält“

verfasst von: Martin Krenek-Burger

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Nach dem Ausstieg von Pfizer sind Betroffene und auch Ärzte alarmiert: Werden nun weitere Firmen das schwierige Forschungsgebiet der neurologischen Krankheiten verlassen?

„There is an urgent need to develop new treatments for Alzheimer’s disease (AD) and to understand the drug development process for new AD therapies.“ Das schreiben die Review-Autoren in der Einleitung zu ihrem Bericht „Alzheimer’s disease drug development pipeline: 2017“ in Alzheimer’s & Dementia: Translational Research & Clinical Interventions 3 (2017) . Und nun das: Der Pfizer-Konzern stellt sein Programm zur Entwicklung neuer Mittel gegen Alzheimer und Parkinson ein. Wie das Unternehmen vor Kurzem mitteilte, will es sich bei der Forschung neu aufstellen. Die an Demenzerkrankungen interessierte Fachwelt merkte auf. Ein Stöhnen und Wehklagen war allerdings nicht zu vernehmen. Und das hat seinen Grund.

Prof. Dr. Konrad Beyreuther leitet das Netzwerk AlternsfoRschung (NAR) der Universität Heidelberg. Der Molekularbiologe erklärte auf Anfrage der Ärzte Woche : „Pfizer berichtete 2016, an der Entwicklung von drei Wirkstoffen gegen Alzheimer zu arbeiten. Das sind weniger als drei Prozent der im Jahr 2017 in der USA unter clinicaltials.gov registrierten Wirkstoffe, die sich in den Erprobungsphasen I-III befinden. Da Pfizer gegenüber (Anm.: der Nachrichtenagentur) Reuters den Start eines neuen Unternehmens für neurowissenschaftliche Forschungen angekündigt hat, bleibt zu hoffen, dass dieses Unternehmen mehr Glück bei der Suche von erfolgversprechenden Alzheimer-Wirkstoffen hat.“

Ein weiterer Grund für die relativ geringe Aufregung ist, dass Pfizer bereits viel Geld in die Alzheimer- und Parkinsonforschung gesteckt hat, meint Antonia Croy, Präsidentin von Alzheimer Austria. „Natürlich sind wir traurig“, so Croy, „der Firma kann man keinen Vorwurf machen, weil die halt auch wirtschaftlich denken müssen, aber es ist schon eine Enttäuschung.“ Wenn eine große Firma die Forschung einstelle, sei das auch ein Zeichen dafür, dass man die Hoffnung auf Heilung aufgegeben habe. „Die Hoffnung ist aber das, was uns alle aufrecht hält, gerade die Angehörigen.“

Alzheimer-Impfung

Im Forschungsfeld zur Bekämpfung von Alzheimer sind zuletzt einige Vorhaben gescheitert. Vom Aufgeben kann aber keine Rede sein, wie zuletzt beim Österreichischen Impftag zu hören war. In Entwicklung befinde sich beispielsweise eine Alzheimer-Vakzine, erläuterte Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien. Dieser Impfstoff soll eine Immunantwort gegen das TAU-Protein im Gehirn hervorrufen, das sich bei der Demenzerkrankung vermehrt ablagert.

Eine Kandidat-Vakzine eines Biotech-Unternehmens in Bratislava (AXON Neuroscience SE) wurde in Zusammenarbeit mit Wissenschafter der MedUni Graz und der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien in einer Placebo-kontrollierten Studie der Phase I (Sicherheit und Immunogenität) an 30 Probanden – sechs davon in der Placebo-Gruppe – erprobt. In der dazu in Lancet Neurology im vergangenen Dezember erschienenen Studie hieß es in der Zusammenfassung: „AADvac1 hatte ein gutes Sicherheitsprofil und eine exzellente Immunogenität.“ Bis zur Anwendung müssen aber noch mehrere und viel größere Studien zur Wirksamkeit laufen.

Und auch die großen Summen, die in den USA in die Alzheimer-Forschung investiert werden, sprechen nicht für ein Aufgeben: Microsoft-Gründer und US-Milliardär Bill Gates unterstützt dort etwa die Alzheimer-Forschung mit einer zweistelligen Millionensumme. Er sei zuversichtlich, dass es der Wissenschaft gelingen könne, den Verlauf der Krankheit zu verändern und ihre Schwere zu verringern, schrieb Gates in seinem Blog. „Wir machen bereits Fortschritte – aber wir müssen mehr tun.“ Daher habe er in einem ersten Schritt persönlich 50 Millionen Dollar – rund 43 Millionen Euro – in den Dementia Discovery Fund (DDF) investiert, einen Risikokapitalfonds, der Geld in Start-ups anlegt, die neue Methoden zur Behandlung von Demenz entwickeln.

Wenn die ersten Alzheimer-Therapien auf dem Markt seien, werde die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung Geld investieren, um die Medikamente auch in ärmere Länder zu bringen. Croys Alzheimer-Prognose: „Es wird ein Zufallstreffer sein, aber es wird gelingen, da bin ich mir sicher.“

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Metadaten
Titel
„Hoffnung ist das, was die Angehörigen aufrecht hält“
Schlagwörter
Neurologie
Demenz
Publikationsdatum
24.01.2018
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 4/2018

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