Zur Aufarbeitung der Pandemie zählen auch der öffentliche Diskurs und die Vereinnahmung der Wissenschaft durch die Politik.
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Die Wissenschaft hat sich bis zuletzt gewehrt, die Spanische Grippe mit der COVID-19-Pandemie zu vergleichen. Das war gut so, denn die Differenzen zwischen den Epidemien liegen auf der Hand. Eine andere Zeit, ein andersartiger Krankheitserreger und unterschiedliche Voraussetzungen. Und dennoch kann man in der Nachbetrachtung die Parallelen analysieren, was helfen wird, den gemeinsamen Nenner von Pandemien herauszuarbeiten und darauf basierend einen zukünftigen Abwehrplan zu erarbeiten.
Was etwa schlecht funktionierte, damals wie heute, war das Zusammenspiel von Politik, Wissenschaft und Medien. Einerseits versuchten seriöse Medien, zu informieren und keine Panik zu schüren, während andere das Geschäft witterten und der Gier nachgaben – damals wie heute. Die Staatsdiener waren hin und hergerissen – zwischen ihrem Auftrag, die Bevölkerung zu schützen, und dem Wunsch, trotz notwendiger Maßnahmen keine Popularität einzubüßen – damals wie heute. Dieses Spannungsfeld thematisiert Klaus Ferdinand Gärditz in seinem Buch „Hoflieferanten“. Gärditz strahlt schon aufgrund seines Berufsweges Kompetenz aus, war er doch Richter am Oberverwaltungsgericht und Professor für Öffentliches Recht sowie Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Künste des Landes Nordrhein-Westfalen.
In den letzten Jahren hat die Politisierung der Virologie das Vertrauen in die Forschung beeinträchtigt. Leider führt dies dazu, dass wissenschaftliche Erkenntnisse und Empfehlungen von politischen Interessen und Ideologien überlagert werden. Verwirrung und Misstrauen in der Bevölkerung waren die Ernte dieser Saat. Ein typisches Phänomen einer solchen Entwicklung ist die Entfachlichung, insbesondere weil sich viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu spekulativen Äußerungen außerhalb des eigenen (Kern-)Faches hinreißen ließen.
Wer verstehen will, wie die Wissenschaft mit der Politik zusammenspielt und wo Risiken eines dienlichen Hoflieferantentums bestehen, sollte dieses Buch zur Hand nehmen.
Klaus F. Gärditz. Hoflieferanten. Wie sich Politik der Wissenschaft bedient und selbst daran zerbricht. Hirzel Verlag 2023232 Seiten, Hardcover 25,50 Euro. ISBN 978-3-7776-3300-8