Schwerpunkt
Periodische Gesundheitsuntersuchungen im internationalen VergleichPeriodic health examinations – an international comparison

https://doi.org/10.1016/j.zefq.2014.04.003Get rights and content

Zusammenfassung

Hintergrund

Periodische Gesundheitsuntersuchungen dienen dem Vorbeugen von Krankheiten durch frühe Intervention und durch die Stratifizierung des Gesundheitsrisikos von Patienten. Die deutsche Gesundheitsuntersuchung nach §25 SGB V erscheint in vielen Belangen als veraltet. Um jedoch eine fundierte Alternative entwickeln zu können, ist eine internationale Bestandsaufnahme von Gesundheitsuntersuchungen in anderen, aber doch vergleichbaren Gesundheitssystemen von Nutzen.

Fragestellung

Diese Arbeit untersucht die Angebote zur Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen in sieben verschiedenen Ländern. Die Inhalte, die Umsetzung und die Organisation der Programme werden dargestellt und miteinander verglichen.

Methodik

Die vorliegende Studie wurde als qualitative, multiple Fallstudie konzipiert. Daten zu den kardiovaskulären Früherkennungsprogrammen in sieben verschiedenen Gesundheitssystemen wurden per Internetrecherche über öffentlich zugängliche Informationen erhoben. Die Daten wurden in eine zuvor erstellte Matrix eingepflegt, die relevante Punkte zu Früherkennungsuntersuchungen abdeckt. Abschließend wurden die Daten durch Leitfaden-gestützte Schlüsselinformanteninterviews trianguliert. Dazu wählten wir je einen Hausarzt pro Land aus. Die jeweiligen Angebote wurden anschließend analysiert und miteinander verglichen.

Ergebnisse

Die Angebote zur Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind heterogen aufgebaut. Die Strukturen reichen von Leitlinien-Empfehlungen (Castilla y León, Schweiz, Norwegen) über Anreizzahlungen für Ärzte (British Columbia) zu opportunistischen und bevölkerungsbasierten Programmen (Deutschland bzw. England und Group Health, USA). Die amerikanische Health Maintenance Organization Group Health bietet ein etabliertes, evidenzbasiertes Angebot an, wohingegen die deutsche Gesundheitsuntersuchung aus einer Zeit stammt, in der die Frage nach Evidenz noch nicht gestellt wurde und daher vergleichsweise veraltet wirkt.

Diskussion

Trotz des Wissens um wissenschaftliche Evidenz bei der Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ist diese nicht in allen hier betrachteten Gesundheitsuntersuchungen verankert. Als mögliche Einflussfaktoren werden soziokulturelle und politische Aspekte diskutiert.

Summary

Background

The purpose of periodic health examinations is to prevent disease through early intervention and through stratifying individual patients’ health risk. The German health examination as defined in section 25 of the Social Code Book V (Sozialgesetzbuch V) seems to be outdated in many respects. In order to develop an alternative to the current German system an international comparison of periodic health examinations in other healthcare systems is useful.

Objective

The study investigates the measures taken for primary prevention of cardiovascular disease in seven countries. Content, implementation and organisation of the various programmes are analysed in the present paper.

Methods

The present study was designed as a qualitative multiple case study. The collection of data on cardiovascular screening programmes in the seven different healthcare systems in this study relies on information publicly available on the Internet. The data were entered into a matrix which had been created prior to the data collection and which covers the relevant points of screening. Finally, the data were triangulated using guided telephone interviews with key informants. One general practitioner (GP) was interviewed per country. The measures taken in the respective healthcare systems were then compared and analysed.

Results

The measures taken in the countries studied for the primary prevention of cardiovascular disease are heterogeneous. The structures range from guideline recommendations (Castilla y León, Switzerland, Norway), and incentive payments for doctors (British Columbia), to opportunistic and population-based programmes (Germany and England, and Group Health in the US). The American health maintenance organisation Group Health offers an established, evidence-based programme whereas the German health examination dates back to a time when evidence-based medicine was not yet established and is therefore relatively outdated.

Discussion

Despite scientific evidence of primary prevention of cardiovascular disease, evidence-based measures cannot be found in all the healthcare systems analysed. The paper discusses sociocultural and political aspects as influencing factors on prevention programmes.

Section snippets

Einleitung

Kardiovaskuläre Erkrankungen zählen zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Daher sind sie für den einzelnen Patienten, aber auch für Sozialpolitik und Gesundheitsökonomie bedeutsam [1]. Das Vorhandensein von Risikofaktoren spielt ätiologisch eine entscheidende Rolle und bietet Möglichkeiten der Prävention, z.B. im Rahmen von periodischen Gesundheitsuntersuchungen. Diese werden definiert als ein oder mehrere Arztkontakte mit dem primären Ziel, das Gesundheitsrisiko des Patienten zu

Methode

Die Untersuchung wurde als qualitative Fallstudie konzipiert. Die Fälle bilden sieben verschiedene Länder bzw. Regionen und deren Angebote zu Gesundheitsuntersuchungen. Die Auswahl der Fälle erfolgte mit dem Ziel eine relevante Variabilität in der Stichprobe abzubilden, aber auch nach praktischen Gesichtspunkten (Verständnis der Landessprache, Zugänglichkeit zu Informationen). Ob überhaupt eine Gesundheitsuntersuchung in einem der Länder angeboten wurde, war initial nicht bekannt. In den

Ergebnisse

Von den sieben untersuchten Ländern werden in vier Gesundheitsuntersuchungen im weitesten Sinne angeboten. In den übrigen, d.h. Castilla y León, der Schweiz und in Norwegen, finden sich Leitlinienempfehlungen zur Früherkennung kardiovaskulärer Krankheiten. In Tabelle 1 werden die Inhalte der Gesundheitsuntersuchungen in Deutschland, England, British Columbia und bei “Group Health” dargestellt. Das Angebot in British Columbia richtet sich in erster Linie an Hausärzte, da die sog. personal health

Diskussion

Der hier vorgenommene Vergleich von Früherkennungsangeboten zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen verdeutlicht die Heterogenität von Umsetzungs- und Organisationsstrukturen sowie Untersuchungsinhalten in den verschiedenen Ländern. Die Strukturen reichen von Leitlinienempfehlungen (Castilla y León, Schweiz, Norwegen) über opportunistische Angebote (British Columbia, Deutschland) bis hin zu bevölkerungsbasierten Programmen (“Group Health”, England). Um die Hintergründe der strukturellen Unterschiede zu

Fazit

Ausgehend von der deutschen Gesundheitsuntersuchung wurden sieben verschiedene Länder in Hinblick auf ihre Angebote zur Primärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht. Es hat sich eine große Spannbreite an Präventionsmaßnahmen gezeigt. Für die Heterogenität der jeweiligen Untersuchungskonzepte wurden Einflussfaktoren diskutiert. Regelmäßige Aktualisierungsprozesse, Verfahren zur Qualitätssicherung und fortlaufende Programmevaluation sind Maßnahmen, die noch nicht überall als feste

Interessenkonflikt

Hiermit erkläre ich, dass kein Interessenkonflikt im obigen Sinne vorliegt, d.h. kein Interessenkonflikt gemäß Uniform Requirements for Manuscripts Submitted to Biomedical Journals (Stand Oktober 2004).

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