Bevor Forscherinnen und Forscher die erste Frage stellen können!

Zusammenfassung

Die Rekrutierung von Kindern und Jugendlichen als Teilnehmer*innen für wissenschaftliche Untersuchungen stellt eine wesentliche Herausforderung in Forschungsprojekten dar, besonders wenn es um sensible Themen wie beispielsweise sexuelle Gewalt geht. Es fehlt jedoch bislang an einer systematischen Darstellung von Zugangsbarrieren auf der Grundlage empirischer Daten. Ziel der vorliegenden Studie war es, Erfahrungen von Studienmitarbeiter*innen im Rahmen von Forschungsprojekten zum Thema der sexuellen Gewalt bezüglich Zugangsschwierigkeiten im Zusammenhang mit Forschung mit Kindern und Jugendlichen anhand eines telefonischen Leitfrageninterviews zu erheben. Die Ergebnisse zeigen, dass Forscher*innen mit vielfältigen Herausforderungen beim Feldzugang konfrontiert sind. Dabei spielt eine Rolle, dass Kinder und Jugendliche in Einrichtungen nur über Gatekeeper erreichbar sind. Die Befragten berichteten insbesondere über fehlende Zeit und Überforderung der Kontaktpersonen im Feld und einen befürchteten hohen Aufwand im Zusammenhang mit einer Studienteilnahme. Zudem führten hohe ethische Standards bei der Befragung von Kindern und Jugendlichen sowie ein hoher bürokratischer Aufwand zu Schwierigkeiten. Es zeigte sich, dass dem Schutz von Kindern und Jugendlichen vor möglichen Belastungen durch die Befragung ein größerer Wert eingeräumt wurde als ihrer Teilhabemöglichkeit. Kinder und Jugendliche selbst hatten wenig Einfluss darauf, ob sie an Forschungsprojekten teilnehmen durften. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Wahrscheinlichkeit für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Forschungsprozessen steigt, wenn die Interessen aller hieran beteiligten Personen und Organisationen angemessen im Forschungsprozess berücksichtigt werden können.

Abstract

The recruitment of children and adolescents as participants of a scientific investigation poses a major challenge in research projects, especially when regarding a sensitive issue such as sexual violence. So far, there is no systematic description of access barriers on the basis of empirical data. The aim of the present study was to assess experiences of study assistants in research projects on the issue of sexual violence regarding difficulties in the access to the field in research with children and adolescents in a structured interview over the phone. Results show that researchers are confronted with a wide range of challenges in the access to the field. It matters that children and adolescents in institutions are only accessible over the gatekeeper. The respondents refer in particular to a lack of time and excessive demands on the contact person in the field and worries about much effort associated with participating in the study. Furthermore, high ethical standards in the assessment of children and adolescents as well as a high bureaucratic effort proved to be difficulties. The protection of the children and adolescents regarding a possible burden resulting the survey was conceded a higher value than the possibility in participating in the study. Children and adolescents themselves had less influence on the decision of participating in the research project. Overall, it can be stated that the probability for a participation of children and adolescents in research projects increases when the interests of all persons and organizations involved in the research process can appropriately be considered.