Die Tumorerkrankung selbst und die tumorspezifische Behandlung (Operation, medikamentöse Tumortherapie, Strahlentherapie) beeinflussen den Allgemein- und Ernährungsstatus der Patienten. Dies ist allgemein bekannt und gilt für die kurative wie auch die palliative Situation. Daher sollten supportive Maßnahmen – und dazu gehört auch die Ernährungstherapie – allen Patienten empfohlen werden. Denn es ist bekannt, dass in Abhängigkeit von der Tumorerkrankung, dem Tumorstatus und dem Alter der Patienten zwischen 24 % und 54 % der Patienten bereits prätherapeutisch eine Malnutrition aufweisen. Besonders gefährdet sind Patienten mit gastrointestinalen Tumoren sowie mit Tumoren der Kopf-Hals-Region. Die verschiedenen Behandlungsmodalitäten können diese Häufigkeit noch erhöhen und zu einer Verschlechterung des Allgemeinstatus und der Lebensqualität, schlechterer Durchführbarkeit der verschiedenen Therapieverfahren sowie einer erhöhten Nebenwirkungsrate der Krebsbehandlung führen. Letztendlich konnte bei einzelnen Tumorentitäten auch eine Verschlechterung der Prognose der Patienten durch eine Malnutrition gezeigt werden.

Kommt es zur Metastasierung und damit in der Regel zu einer inkurablen Situation, können bis zu 50 % der Patienten an der tumorbedingten Kachexie versterben.

Diese Zahlen belegen die Bedeutung der Ernährungssituation der Krebskranken und zeigen auch die Notwendigkeit einer adäquaten Ernährungsberatung und -therapie auf.

Daher hat sich diese Ausgabe von Der Onkologe die Aufgabe gestellt, die Grundlagen der Tumorkachexie, die frühzeitige Erkennung der Malnutrition sowie ihre spezifischen Behandlungsmöglichkeiten während operativer, chemotherapeutischer und radioonkologischer Maßnahmen darzustellen. Dabei sei auch auf die S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin hingewiesen [1], die in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit onkologischen Fachgesellschaften, Ernährungswissenschaftlern und Diätassistenten 48 Empfehlungen zur klinischen Ernährung in der Onkologie ausgesprochen hat.

Die pathophysiologische Entwicklung einer Kachexie durch die Tumorerkrankung wird von Zopf und Hermann übersichtlich dargestellt. Die Anorexie, die Entstehung der katabolen Stoffwechsellage und die anabole Resistenz der Skelettmuskulatur sind bedingt durch unterschiedliche immunmodulatorische und zytokinbedingte Stoffwechselvorgänge sowie durch systemische Inflammationsreaktionen, die offensichtlich automatisch bei vielen Tumorerkrankungen ablaufen. Dadurch kommt es zu einer körperlichen Einschränkung mit konsekutiver Reduktion der Muskelmasse. Daher wird von den Autoren auf die besondere Bedeutung einer zusätzlichen Bewegungstherapie hingewiesen.

Die Grundlagen der Ernährungstherapie werden von Arends dargestellt. Von großer Bedeutung sind die verschiedenen Screeninginstrumente (z. B. Subjective-Global-Assessment-Status − SGA-Status) und die Assessment-Instrumente als Voraussetzung für eine adäquate Ernährungstherapie.

Die Einflussmöglichkeiten mittels adäquater Ernährungstherapie werden in den Beiträgen von Weimann, Bertz bzw. Fietkau beschrieben.

Im Einzelnen verweist Weimann darauf, dass sich bei operativen Maßnahmen, auch im Rahmen von randomisierten Studien, eine zusätzliche Ernährungstherapie bei Patienten mit inadäquater Nahrungszufuhr sowohl prä- als auch postoperativ bewährt hat. Inwiefern immunmodulatorische Substanzen dies unterstützen können, wird z. T. noch kontrovers diskutiert; auch wenn es Hinweise auf einen positiven Effekt gibt.

Bertz stellt dar, dass eine routinemäßige parenterale/enterale Ernährung während einer Chemotherapie nicht indiziert ist, aber der Ernährungsstaus regelmäßig überprüft werden sollte und bei einer Reduktion des Ernährungszustands entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden sollten. Hinzukommen sehr viele Hinweise, wie durch allgemeine Maßnahmen spezifischen Nebenwirkungen der Tumortherapie begegnet werden kann. Nahrungsergänzungsmittel und sog. Krebstherapien werden kritisch diskutiert.

Fietkau beschreibt, dass im Rahmen einer Strahlentherapie bei bestimmten Tumoren (Kopf-Hals-Region, Ösophaguskarzinom, oberer Gastrointestinaltrakt) durch verschiedene orale und enterale Ernährungsmaßnahmen der Allgemein- und Ernährungszustand der Patienten verbessert werden kann. Eine enterale Ernährung mittels PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) wird heutzutage aufgrund der längeren Dysphagiephase kritischer gesehen. Trotzdem existieren auch hierfür deutliche Indikationen.

Alle drei Autoren verweisen darauf, dass der erste Schritt einer Ernährungstherapie ein Assessment und die adäquate Beratung des Patienten sein muss. Danach folgen supplementäre orale Nahrungsmittel. Enterale Maßnahmen sind erst beim Versagen dieser Therapieschritte bzw. bei einer Behinderung der Nahrungsaufnahme durch den Tumor oder durch tumorspezifische Maßnahmen einzuleiten. Eine parenterale Ernährung sollte erst als letzter Schritt durchgeführt werden, wenn andere Maßnahmen nicht erfolgreich waren. Insgesamt werden für die verschiedenen Tumorsituationen und therapiespezifischen Maßnahmen geeignete Wege zur adäquaten Ernährungstherapie in den verschiedenen Artikeln aufgezeigt.

Mit diesen Übersichten soll zum besseren Verständnis einer Malnutrition und zur Motivation beigetragen werden, den Ernährungsstatus frühzeitig zu bestimmen und rechtzeitig adäquate Maßnahmen von der Ernährungsberatung bis hin zur oralen enteralen und parenteralen supportiven Therapie einzuleiten.

Nach dem Studium der Beiträge sollte jedem an der Behandlung von Krebskranken Beteiligten klar geworden sein, dass die Ernährung von Krebskranken integraler Bestandteil des Gesamtbehandlungskonzepts sein muss und keine Nebensache ist.

Für die Schriftleiter

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Rainer Fietkau

Für die Herausgeber

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Klaus Höffken