Zusammenfassung
Seit 2003 ist neben Medizingeschichte und -theorie Medizinethik Bestandteil des Pflichtstudiencurriculums (Querschnittsbereich GTE). Zuvor, seit Ende der 80er Jahre, hatte es an vielen medizinischen Fakultäten optionale Veranstaltungen zur Medizinethik gegeben. Die Analyse von Veröffentlichungen zur Didaktik der Medizinethik und von Unterrichtscurricula zeigt, dass einem relativ geringen Stundenkontingent anspruchsvolle kognitive, emotionale und handlungsorientierte Lehrziele gegenüberstehen. Offenbar wird von der Medizinethik praxisbezogene Problemlösungskompetenz erwartet. Zugleich zeigt sich, dass die Vorbereitung der Studierenden auf schwierige moralische Entscheidungen nach wie vor ein Desiderat darstellt. Angesichts der unausweichlichen Kluft zwischen Lehrzielen und Vermittlungsergebnissen bedarf es einer erneuten Lehrziel- und Curriculumsdiskussion.
Abstract
Definition of the problem Since 2003, medical ethics is—in addition to history and theory of medicine—an integral part of medical schools’ curricula. Arguments Analysis of publications about didactics of medical ethics and of teaching curricula shows that a relatively limited number of course hours are aimed at sophisticated cognitive, emotional, and action-oriented goals. Although medical ethics is expected to increase problem solving competence, students’ preparation for difficult moral decisions is still a desideratum. Conclusions In the face of the gap between teaching goals and results, a renewed discussion of teaching goals and curricula is necessary.
Notes
Vgl. Levens [36] dt. Übers.
Aus Gründen besserer Lesbarkeit wird im Folgenden die grammatikalisch männliche Form verwendet, wenn sowohl Frauen als auch Männer gemeint sind.
Vgl. für einen Überblick [13].
In einer Umfrage [60], S. 192 gaben 75 % der Ärzte im Praktikum an, das Lösen ethischer Konflikte im Studium nicht gelernt zu haben.
Die Ausbildungsordnung der 7. Änderungsnovelle der Ärzteapprobationsordnung von 1989 erwähnte lediglich als allgemeines Vermittlungsziel die „geistigen und ethischen Grundlagen der Medizin“; ein Referentenentwurf von 1997 sah im Medizinstudium Wahlpflichtveranstaltungen zur Ethik vor. Vgl. außerdem [3].
Diese Frage stellten sich Strube et al. [63]. Allerdings erfasste ihre Umfrage v. a. die moralischen Einstellungen Studierender.
Vgl. [11, 14, 15, 18, 26–31, 40, 46, 54, 57–62, 65, 67, 68]. Die Auflistung der Beiträge zur Medizinethik-Lehre in Deutschland zwischen 1980 und 2002 beansprucht keine Vollständigkeit, soll aber einen Überblick über Initiativen und Curricula geben. Insbesondere die freiwilligen Lehrveranstaltungen zur Medizinethik der 90er Jahre stellten wichtige Vorerfahrungen für die heutige medizinethische Lehre dar.
Buyx et al. [8] formulieren diese beiden Ebenen als 3 Dimensionen: 1) Schulung des moralischen Urteilsvermögens, 2) Vermittlung ethikrelevanten Wissens, 3) Ausbildung und Förderung bestimmter Charaktereigenschaften und Tugenden. Die Ebene der praktischen Fähigkeiten ist darin nicht explizit enthalten.
Über den Inhalt von Wahlpflichtfächern oder anderen optionalen Lehrangeboten lässt sich der Literatur seit 2003 wenig entnehmen, so dass nicht auszuschließen ist, dass in diesem Rahmen theoretische Grundlagen der Ethik behandelt werden.
Vgl. [39], S. 2: Ca. 50 % des Unterrichts findet in Vorlesungsform statt.
Vgl. [4], S. 2405: Die Ausbildung zum Arzt soll „die geistigen, historischen und ethischen Grundlagen ärztlichen Verhaltens […] vermitteln“. Vgl. [17], S. 1: „Zur ärztlichen Haltung gehören als Lehrziele die Bereitschaft zur Übernahme von Mitverantwortung für das körperliche, psychische und soziale Wohlergehen von Menschen, der Respekt vor der Autonomie der Patientin/des Patienten und eine an Menschenwürde, Fürsorglichkeit und Wahrhaftigkeit orientierte Grundeinstellung. Die genannten Lehrziele leisten einen Beitrag zur individuellen Entwicklung des ärztlichen Selbstverständnisses, das […] moralisch glaubwürdig ist.“
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Bobbert, M. 20 Jahre Ethikunterricht im Medizinstudium: Eine erneute Lehrziel- und Curriculumsdiskussion ist erforderlich. Ethik Med 25, 287–300 (2013). https://doi.org/10.1007/s00481-012-0216-6
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