Septische Arthritis

Die septische Arthritis stellt ein hochakutes Krankheitsbild und eine Notfallsituation dar. Sie entspricht einer Entzündungsreaktion des Gelenkes, unmittelbar ausgelöst durch bakterielle Erreger. Aufgrund der ausgeprägten Klinik, der nicht unerheblichen Letalität und Morbidität durch die frühzeitige Destruktion des Gelenkes entspricht sie einer Sonderform der bakteriellen Infektion. Zum optimalen Management sind eine umgehende Diagnostik und interdisziplinäre Therapie wichtig.

Epidemiologie

Die Inzidenz der Erkrankung beträgt 2 bis 6/100.000 für die Gesamtbevölkerung [1, 2]. Allerdings ist die Inzidenzerhebung deutlichen systematischen Fehlern unterlegen. So werden zum Teil nur die septischen Arthritiden erfasst, bei denen ein Erregernachweis erfolgt ist. Es konnte gezeigt werden, dass bei bis zu 33 % der Gelenkinfektionen der Erregernachweis nicht gelingt [3]. Ferner ist das Krankheitsbild selten. Die meisten Publikationen umfassen nur kleine Patientenzahlen (≤50) und haben ein retrospektives Design [2].

Die Letalität beträgt 11 % bei monoartikulärem und 30–50 % bei polyartikulärem Befall [4, 5]. Die septische Arthritis verursacht in 40 % der Fälle eine Morbidität mit dauerhaftem Verlust der normalen Gelenkfunktion [6].

In der Altersverteilung finden sich 2 Gipfel, zum einen sind Kleinkinder unter 2 Jahren und zum anderen alte Menschen gefährdet. Männer sind häufiger betroffen als Frauen [2, 7].

In der jüngeren Vergangenheit scheint die Inzidenz der Gelenkinfekte anzusteigen. Als Ursachen werden die Zunahme der chirurgischen Eingriffe, die Vielzahl der Patienten unter immunmodulierender Therapie und der steigende Anteil von alten Menschen an der Gesamtbevölkerung vermutet [2].

Pathogenese

Die Bakterien können über 3 verschiedene Wege das Gelenk erreichen: hämatogen, durch direkte Inokulation (iatrogen oder traumatisch) oder per continuitatem. Die hämatogene Ausbreitung und Adhärenz des Erregers im Gelenk ist durch die Synovialis als gut vaskularisierte Struktur ohne limitierende Basalmembran erleichtert. Durch die hohe Viskosität der Synovia, die Produktion von Matrixproteinen durch den Wirt und bakterielle Faktoren wird die Adhäsion der Bakterien ermöglicht. Gelingt es dem Wirt nicht, die Erreger zu eliminieren, entsteht eine akute Entzündungsreaktion. Die immunregulatorischen Zellen produzieren vermehrt proinflammatorische Zytokine, die den Knorpel schädigen. Zusätzlich wird durch den vermehrten Druck im Gelenk der Blutfluss in der Synovialis reduziert und die Ernährung des Knorpels über die Synovia verschlechtert. Dieser Schädigung gilt es durch ein konsequentes therapeutisches Vorgehen entgegenzuwirken [810].

In allen Risikogruppen ist der am häufigsten nachgewiesene Erreger Staphylococcus aureus gefolgt von Streptokokken [7, 11]. Einzelne Risikogruppen weisen ein leicht verändertes Erregerspektrum auf. So treten bei älteren Patienten gramnegative Erreger häufiger auf (ca. 10–20 %), insbesondere bei vorangegangenen Infektionen des Urogenitaltraktes oder abdominellen Operationen [13]. Bei HIV-infizierten Patienten können selten noch Pneumokokken, Mykobakterien und Pilze gefunden werden. Arthritis durch Gonokokken wird z. T. als besondere Entität hervorgehoben, spielt aber in Europa und Nordamerika nur noch eine untergeordnete Rolle [7].

Die septische Arthritis kann rasch zu einer Knorpelschädigung führen

Patienten mit einer vorbestehenden Schädigung der Gelenke z. B. aufgrund einer rheumatoiden Arthritis sind vermehrt von einer septischen Arthritis betroffen [1]. Zusätzlich sind Patienten mit anderen immunsuppressiven Erkrankungen gefährdet (wie Diabetes mellitus, hämatoonkologische Erkrankungen, Leberzirrhose oder Dialysepflichtigkeit), eine septische Arthritis zu entwickeln [1, 2, 6, 7]. Ferner bergen ein Gelenkeingriff, ob offen oder arthroskopisch, und eine Gelenkinfiltration das Risiko des Einbringens von Bakterien in das Gelenk. Auch hier scheinen Patienten mit einer rheumatischen Grunderkrankung, einer Immunsuppression, einer Malnutrition, einem Diabetes mellitus und in fortgeschrittenem Alter einem besonderen Risiko zu unterliegen [12].

Symptome

Beim klassischen Erscheinungsbild kommt es zur monoartikulären Schwellung, Rötung und Überwärmung. Das Gelenk ist druckempfindlich und in seiner Bewegung eingeschränkt. Der Patient gibt ein generalisiertes Krankheitsgefühl an und hat leichtes Fieber. Nur bei 10–20 % der Fälle sind mehrere Gelenke betroffen [13]. Bei einem vorangegangenen iatrogenen Eingriff oder einer perforierenden Verletzung ist die Diagnose rasch zu stellen. Erschwert wird die Diagnose bei vorbestehenden Gelenkschäden oder Erkrankungen (wie rheumatoider Arthritis), da diese auch ohne Infektion zu einer Gelenkreizung führen können, oder unter einer immunmodulierenden Therapie, da hierunter das klinische Erscheinungsbild deutlich geringer ausgeprägt sein kann. So kann bei diesen Patienten beispielsweise allein die Schwellung auf eine Gelenkinfektion hinweisen, während Rötung und Überwärmung fehlen.

Diagnostik

Am wichtigsten ist die sorgfältige klinische Untersuchung durch den erfahrenen Kliniker. Bei Verdacht auf eine hämatogene Ätiologie des Gelenkinfektes sollte zusätzlich eine intensive Fokussuche erfolgen.

Die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), Leukozyten und das C-reaktive Protein (CRP) helfen nur bedingt zur Diagnosefindung, sind aber als Verlaufsparameter unerlässlich. Des Weiteren sollten Blutkulturen abgenommen werden, wenn möglich mehrfach. Es konnte gezeigt werden, dass in 9 % der Fälle ein Erregernachweis in der Blutkultur gelingt, auch wenn in der Untersuchung der Synovia und der Synovialis kein Erreger nachgewiesen werden konnte [3].

Am wichtigsten ist aber bei jedem klinischen Verdacht einer septischen Arthritis und vor Einleitung einer antimikrobiellen Therapie die Gewinnung von Gelenkflüssigkeit (beim chirurgischen Eingriff auch von Synovialis) zum Erregernachweis und zur Leukozytendifferenzierung. Hier sollte sowohl eine mikroskopische (inklusive Gramfärbung) als auch eine kulturelle Untersuchung erfolgen. Die Quantifizierung der Leukozyten in der Synovialflüssigkeit kann die Diagnose der infektiösen Arthritis nur bedingt unterstützen. Leukozyten mit einer Konzentration von >50.000/mm3 zeigen mit einer Wahrscheinlichkeit von 47 % und mit einer Konzentration von >100.000/mm3 mit einer Wahrscheinlichkeit von 77 % eine bakterielle Infektion an. Aber auch bei Konzentrationen <50.000/mm3 kann eine Infektion nicht sicher ausgeschlossen werden. Ähnlich kann auch bei einem Nachweis von Kristallen eine begleitende septische Arthritis vorliegen [7, 14].

Wichtig ist die Gewinnung von Gelenkflüssigkeit zum Erregernachweis und zur Leukozytendifferenzierung

Eine bildgebende Diagnostik hilft in der Regel nicht zur Differenzierung zwischen septischer Arthritis und einer Inflammation des Gelenkes aus anderen Ursachen (wie aktivierte Arthrose, aktive rheumatoide Arthritis oder reaktive Arthritis) [2]. Eine weiterführende radiologische Diagnostik ist jedoch wünschenswert, da beim Vorliegen einer ausgeprägten Synovialitis und/oder Osteolysen als Zeichen einer Osteitis das therapeutische Vorgehen angepasst werden muss.

Eine besondere Herausforderung liegt in dem kurzen Zeitfenster, in dem die Entscheidung zum operativen Vorgehen getroffen werden muss, um einer dauerhaften Gelenkschädigung zuvorzukommen. Diese muss häufig getroffen werden, bevor der Erregernachweis vorliegt.

Therapie

Die Therapie steht auf 2 Säulen. Zum einen sollte bei Verdacht auf eine septische Arthritis ohne zeitliche Verzögerung chirurgisch oder interventionell der Pus aus dem Gelenk entfernt werden, zum anderen ist eine antimikrobielle Therapie zur vollständigen Eradikation des Erregers notwendig. Nach Abnahme der Blutkultur und Gewinnung der Gelenkflüssigkeit (und ggf. Gewebe) sollte eine empirische Antibiotikatherapie begonnen werden, ohne das Resultat der Kultur und der Leukozytendifferenzierung abzuwarten. Diese sollte gegen die häufigsten ursächlichen Erreger, d. h. Staphylococcus aureus und Streptokokken sowie gramnegative Bakterien (wenn nachgewiesen in der Gramfärbung), wirksam sein. Zusätzlich sollte die individuelle Krankengeschichte (Beispiel: Zustand nach Urosepsis) berücksichtigt werden.

Nach Vorliegen des Erregers und Resistenztestung sollte eine spezifische Therapie erfolgen. Zur Festlegung der Therapiedauer liegen bisher keine randomisierten Studien vor. Entsprechend gibt es unterschiedliche Empfehlungen. Zum einen werden 6 Wochen Therapie empfohlen, wobei die ersten 2 Wochen eine intravenöse Therapie erfolgen werden sollte [7, 15]. Zum anderen werden unterschiedliche erregerspezifische Therapielängen diskutiert: 2 Wochen für Streptokokken, 3 Wochen für Staphylococcus aureus, 4 Wochen für Pneumokokken und gramnegative Erreger [2, 16]. Unabhängig vom Regime ist ein enges Monitoring der klinischen Symptome und Laborparameter notwendig.

Ziel der chirurgischen Therapie ist die Reduktion der Erregerzahl durch Entfernen der Synovialflüssigkeit und durch Synovektomie. Je ausgeprägter der Befund desto aggressiver sollte die Therapie sein. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit dem operativ tätigen Kollegen ist zwingend erforderlich.

Die septische Arthritis ist eine Notfallsituation, die zur frühzeitigen Entlastung zwingt

Zur Evakuation der infizierten Synovia stehen grundsätzlich 3 verschiedene Methoden zur Verfügung [17]:

  • die Spülung durch Punktion,

  • die arthroskopische Gelenkdekompression und -spülung und

  • die Arthrotomie mit offener Gelenksspülung.

Bei Vorliegen einer deutlichen Synovialitis ist eine Synovektomie zur Erregerreduktion erforderlich. Es ist unumstritten, dass bei einer lebensbedrohlichen Notfallsituation, bei Versagen der weniger invasiven Drainagemethoden, einem deutlich vorerkrankten Gelenk und bei bereits vorliegender Osteomyelitis eine Arthrotomie mit Débridement notwendig ist. Die Therapie periprothetischer Infektionen stellt einen Sonderfall dar und ist nicht Inhalt dieses Übersichtsbeitrags. In der akuten Situation sollte auf eine Ruhigstellung des Gelenkes auf einer adäquaten Schiene geachtet werden. Dies hat für den Patienten einen analgetischen Effekt und kann späteren Kontrakturen vorbeugen. Nach der akuten Phase sollte dann eine frühfunktionelle Therapie mit Unterstützung der Physiotherapie erfolgen (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Algorithmus zum diagnostischen/therapeutischen Vorgehen bei septischer Arthritis ohne primäre Operationsindikation

Spondylodiszitis

Die Spondylodiszitis wird überwiegend durch hämatogene Dissemination verursacht. Die Diagnose wird häufig erst verspätet gestellt, da degenerative Prozesse vermutet werden. Typisch sind ausgeprägter Rückschmerz und erhöhte Entzündungswerte, wobei Fieber nur in ca. 50 % auftritt. Die zielgerichtete Therapie nach Erregerisolation wird angestrebt. Nachfolgend wird der aktuelle Stand zu Epidemiologie, Diagnostik und Therapie präsentiert.

Epidemiologie

Drei wesentliche Infektionswege werden für die Spondylodiszitis beschrieben:

  • hämatogen,

  • iatrogen und

  • per continuitatem.

Der hämatogene Infektionsweg ist am häufigsten, wobei die meisten Patienten prädisponierende Faktoren aufweisen wie Diabetes mellitus, intravenöser Drogengebrauch, Alkoholismus, Immunsuppression, maligne Erkrankungen, Dialysepflichtigkeit oder Leberzirrhose [1820]. In einer neuen populationsbasierten Studie aus Dänemark wurden die Inzidenzraten von 1995 bis 2008 bestimmt [21]. Hier zeigte sich eine Zunahme von 2,2 auf 5,8 Fälle/100.000 Personenjahre mit der höchsten Rate für Männer >70 Jahre (RR verglichen zu Männern <70 Jahre 5,9 [95%-Konfidenzintervall: 4,2–8,5]). Ein Faktor, der zu der Zunahme der Inzidenzrate beigetragen hat, war die zunehmende Überalterung der Bevölkerung. Die Mortalität der Spondylodiszitis ist hoch und wurde mit bis zu 20 % insbesondere im ersten Jahr beschrieben [20].

Pathogenese

Die Spondylodiszitis ist meist eine monomikrobielle Infektion und wird in Europa am häufigsten durch Staphylococcus aureus verursacht, gefolgt von Escherichia coli und Streptokokken. Bei postoperativen Infektionen erhöht sich die Relevanz von Propionibakterien und koagulasenegativen Staphylokokken [21]. Weltweit ist die tuberkulöse Spondylodiszitis am häufigsten. Bei Patienten – insbesondere aus mediterranen Ländern und dem Mittleren Osten – sollte neben der Tuberkulose auch die Bruzellose mit in die Differenzialdiagnostik einbezogen werden [22].

Staphylococcus aureus ist der häufigste Erreger in Europa

Bei fast der Hälfte der Patienten lässt sich ein primärer Infektionsfokus ausmachen, der durch hämatogene Streuung zur Spondylodiszitis führt. Hierbei wurden insbesondere Infektionen des Urogenitaltrakts, des Haut/Weichgewebes sowie Endokarditiden und katheterassoziierte Infektionen gefunden [19]. Daher sollten die Patienten gründlich untersucht werden. Beim Nachweis grampositiver Erreger sollte eine Endokarditis ausgeschlossen werden, am besten durch eine transösophageale Echokardiographie. In retrospektiven Studien konnten Endokarditiden bei 27–30 % der Patienten mit Spondylodiszitis gefunden werden, wobei grampositive Erreger bei 89–94 % ursächlich waren [23, 24].

Symptome

Patienten mit Spondylodiszitis weisen unspezifische Symptome auf. Fast alle Patienten beklagen starke Rückenschmerzen. Fieber tritt nur in ca. 60 % der Fälle auf [19, 21]. Komplizierend kann sich die Spondylodiszitis in benachbarte Strukturen ausbreiten mit paravertebralen, Psoas oder intraspinalen Abszessen mit motorischen und neurologischen Ausfällen. Des Weiteren kann die Destruktion der Wirbelkörper zur Affektion nervaler Strukturen führen. Insgesamt werden neurologische Defizite in ca. einem Drittel der Fälle beschrieben [19].

Die hohe Prävalenz von Rückenschmerzen, deren häufigste Ursache die Degeneration ist, lässt jedoch nicht sofort an eine Spondylodiszitis denken. Die Hauptdifferenzialdiagnosen sind pathologische Frakturen, degenerative Wirbelsäulenerkrankungen, eine Pyelonephritis oder akute Pankreatitis. Konsequenz des unspezifischen Krankheitsbildes und damit des breiten Spektrums an Differenzialdiagnosen ist, dass die Diagnose der Spondylodiszitis häufig mit Verzögerung gestellt wird (Wochen bis Monate). Kehrer et al. [21] konnten zeigen, dass bei Fieber (Median: 2 Tage) und neurologischen Ausfällen (3 Tage) die Zeitspanne am geringsten und bei Rückschmerzen (24 Tage) und Gewichtsverlust (61 Tage) am längsten war.

Diagnostik

Die bildmorphologische Methode der Wahl stellt die Magnetresonanztomographie (MRT) mit einer Genauigkeit von 90 % dar [25]. Da die Veränderungen in der MRT sich erst verzögert zurückbilden und nicht mit dem klinischen Ansprechen korrelieren, sollte keine Verlaufs-MRT zur Beurteilung des Therapieansprechens erfolgen, sondern nur bei klinischem Verdacht auf unzureichendes Therapieansprechen erneut eingesetzt werden. Das CRP hingegen ist als guter Verlaufsparameter geeignet [18].

Der Wert der Erregeridentifikation kann nicht genug hervorgehoben werden, da die spezifische antibiotische Therapie einen Grundpfeiler der Spondylodiszitistherapie darstellt. Daher sollte die Probengewinnung bei klinisch stabilen Patienten vor Beginn einer Antibiotikatherapie erfolgen.

Vor Start der antibiotischen Therapie sollte eine Erregeridentifikation erfolgen

Zu Beginn der Erregerdiagnostik steht die wenig invasive Blutkulturdiagnostik. In einer Übersichtsarbeit über 14 Studien gelang hierdurch der Erregernachweis in 58 % der Fälle (Bereich: 30–78 %). Gelingt kein Erregernachweis in der Blutkultur, sollten invasivere Verfahren angestrebt werden, zunächst die CT-gesteuerte Punktion und dann die offene Biopsie. Hierbei lag die Rate des Erregernachweises bei 77 % (Bereich: 47–100 %) [19]. Zur Erhöhung der Ausbeute sowie Differenzierung zwischen Kontaminanten und relevanten Erregern sollten mehrere Proben gewonnen werden ([26, 27]; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Diagnostischer Pfad der Spondylodiszitis ohne primäre Operationsindikation (aus [26])

Therapie

Die Therapie der Spondylodiszitis umfasst 3 Komponenten [28]:

  • antibiotische Therapie,

  • Ruhigstellung und

  • ggf. operative Versorgung in Abhängigkeit vom Ausmaß der Destruktion und der Schwere der Erkrankung.

Die antibiotische Therapie sollte, wenn immer möglich, zielgerichtet gegen den isolierten Erreger sein. Bislang wurde eine Therapielänge von 6 bis 12 Wochen empfohlen, wobei v. a. für komplizierte Infektionen mit undrainierten Abszessen und einliegendem Fremdmaterial eine 12-wöchige Therapie für notwendig erachtet wurde [18].

Aktuell wurde die erste randomisierte Studie zur antibiotischen Therapielänge bei Spondylodiszitis veröffentlicht [29]. Bei dieser multizentrischen Studie wurde gezeigt, dass eine 6‑wöchige (N = 176) Therapie einer 12-wöchigen (N = 175) nicht unterlegen ist bezüglich der Heilung nach 1 Jahr (primärer Zielparameter). Auch in den sekundären Zielparametern, die u. a. die Lebensqualität einschlossen, wurden keine signifikanten Unterschiede gesehen. Ausgeschlossen wurden jedoch Patienten ohne Erregernachweis, mit Implantaten oder einer rekurrenten Infektion. Unklar ist aktuell noch, welche Patienten ein Hochrisikoprofil aufweisen und ggf. länger behandelt werden sollten. In einer aktuellen Studie wurden MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus), undrainierte Abszesse und hochgradige Niereninsuffizienz als mögliche Risikofaktoren identifiziert [30].

Für die unkomplizierte native Spondylodiszitis ist eine 6‑wöchige antibiotische Therapie ausreichend

Die empirische Therapie kulturnegativer Spondylodiszitiden sollte Antibiotika beinhalten, die gegen Staphylococcus aureus und gramnegative Erreger wirksam sind. Bei der Auswahl der Antiinfektiva sollten die Bioverfügbarkeit und Knochenpenetration berücksichtigt werden. Gestartet wird meist intravenös, und nach gutem Ansprechen und Ausschluss einer Endokarditis kann dann oralisiert werden auf Antibiotika mit guter Bioverfügbarkeit, wie z. B. Chinolone und Clindamycin. β‑Lactam Antibiotika mit guter Bakterizidie eignen sich gut für die intravenöse Therapie zu Beginn, aufgrund der schlechten Bioverfügbarkeit eignen sie sich allerdings weniger zur oralen Therapie.

Indikationen zur operativen Versorgung stellen folgende Befunde dar: neurologische Defizite, Sepsis, Instabilität der Wirbelsäule, intraspinale Abszesse, Versagen der antibiotischen Therapie und unkontrollierbarer Schmerz. Die chirurgische Intervention hat die Entfernung des Infektionsfokus, Dekompression des Spinalkanals und Stabilisierung der Wirbelsäule zum Ziel [28].

Fazit für die Praxis

  • Die Spondylodiszitis und septische Arthritis sind Erkrankungen mit einer hohen Letalität und Morbidität, deren Inzidenzen steigen.

  • Staphylococcus aureus ist der häufigste Erreger in Europa.

  • Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Rheumatologen, Infektiologen, Mikrobiologen sowie Unfallchirurgen/Orthopäden ist zur Optimierung des Managements erstrebenswert.

  • Ziel ist eine erregerspezifische Therapie, daher sollte möglichst vor dem Start der antibiotischen Therapie die Gewinnung von Proben (Blutkulturen ggf. Gewebeproben sowie Synovialflüssigkeit bei septischer Arthritis) erfolgen.

  • Die septische Arthritis ist eine Notfallerkrankung, und nur eine frühzeitige Entlastung des Gelenkes kann eine dauerhafte Morbidität (Gelenkschädigung) vermeiden.

  • Die Spondylodiszitis weist als häufigstes Symptom unspezifische Rückenschmerzen auf, wobei Fieber in fast der Hälfte der Fälle fehlt, sodass die Diagnosestellung erschwert ist.