Entsprechend dem vorwiegenden Befallsmuster werden bei der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) folgende Typen unterschieden: systemisch, enthesitis-, psoriasisassoziiert, oligoartikulär, Rheumafaktor (RF)-positiv und RF-negativ. Eine Polyarthritis ist dabei definiert als Befall von mindestens 5 Gelenken; bei der RF-positiven Arthritis ist der 2‑malige Nachweis des Rheumafaktors im Abstand von mindestens 12 Wochen innerhalb der ersten 6 Krankheitsmonate gefordert [1]. Diese Klassifikation ist nicht unwidersprochen. So wird aufgrund der vielen Gemeinsamkeiten mit der adulten rheumatoiden Arthritis (RA) die RF-positive Polyarthritis häufig als früh beginnende Form der RA aufgefasst. Auch für die Subgruppe der RF-negativen Polyarthritis wird in den letzten Jahren zunehmend diskutiert, dass sie wahrscheinlich verschiedene Entitäten umfasst. So weisen junge Patienten mit positiven antinukleären Antikörpern (ANA) und einer Uveitis eher Ähnlichkeiten zum Subtyp einer klassischen Oligoarthritis auf [2]. Der vorliegenden Artikel fokussiert auf die aktuelle Therapie der RF-negativen und RF-positiven Polyarthritis.

Die Polyarthritis macht ca. 20 % der JIA aus, von diesen weisen ca. 85 % einen negativen RF aus [3]. Epidemiologische Studien schätzen eine jährliche Inzidenz von 1 bis 4 und eine Prävalenz von 21 bis 37/100.000 für die RF-negative Polyarthritis [4].

Die RF-negative Polyarthritis weist eine biphasische Altersverteilung auf mit einem Gipfel im Alter von 1 bis 3 Jahren und einem zweiten in der späten Kindheit und Adoleszenz [5]. Mädchen sind 4‑mal häufiger betroffen als Jungen [6]. Klinisch prädominant ist die – meist schleichend beginnende – Arthritis (Abb. 1). Am häufigsten sind die Finger-, Knie-, Hand- und Sprunggelenke betroffen sowie die Temporomandibulargelenke [7]. Im späteren Verlauf findet sich nicht selten auch eine Beteiligung der Halswirbelsäule ([8, 9]; Abb. 2). Auch bei der RF-positiven Polyarthritis steht die Gelenkbeteiligung im Vordergrund. Das typische Befallsmuster zeigt eine symmetrische Arthritis der Metakarpophalangeal- und der proximalen Interphalangealgelenke, der Handgelenke sowie der kleinen Fuß- und Zehengelenke. Deformitäten mit Ulnardeviation, Schwanenhalsdeformität, Hammerzeh und Hallux valgus werden nicht selten beobachtet (Abb. 3). Erosionen, Gelenkspaltverschmälerung und Usuren treten bei dieser Form am häufigsten auf ([10]; Abb. 4). Als extraartikuläre Manifestationen können bei der RF-positiven Polyarthritis in bis zu 30 % Rheumaknötchen beobachtet werden [11]. Zudem berichtet ein Teil dieser Patienten über Abgeschlagenheit und Müdigkeit, und es ist eine verzögerte Gewichtsentwicklung zu beobachten [12]. Während 15–20 % der RF-negativen Polyarthritiden an einer Uveitis erkranken, ist dies bei der RF-positiven Polyarthritis nur bei 1,4–4,5 % der Fall [1317].

Abb. 1
figure 1

Symmetrischer Befall der proximalen Interphalangealgelenke D2–5, der Interphalangealgelenke D1 sowie der Handgelenke jeweils beidseits bei einem 15-jährigen Mädchen mit Rheumafaktor (RF)-negativer Polyarthritis

Abb. 2
figure 2

Magnetresonanztomographie (1 mm koronare Rekonstruktion einer HR 3D T1-post-Kontrastmittel-Aufnahme) eines 9‑jährigen Jungen mit Rheumafaktor (RF)-negativer JIA (juvenile idiopathische Arthritis)-Polyarthritis mit partieller Fusionierung der okzipitalen Kondylen mit dem Atlas (s. Pfeile)

Abb. 3
figure 3

Juvenile Rheumafaktor (RF)-positive Polyarthritis bei einem 10-jährigen Mädchen. Knopflochdeformität von Digitus IV und V rechts

Abb. 4
figure 4

Die Röntgenaufnahme zeigt Usuren an den proximalen Ossa metacarpalia und Subluxation und Destruktion des Daumengrundgelenkes bei einem 16-jährigen Mädchen mit Rheumafaktor (RF)-positiver Polyarthritis

Der therapeutische Zugang zur juvenilen idiopathischen Arthritis hat sich im Laufe der letzten Jahre deutlich gewandelt. Neben der zunehmenden Anregung zu einer adäquaten körperlichen Betätigung und der Integration psychosozialer und entwicklungspsychologischer Aspekte ist die klare Formulierung von Therapiezielen (Treat-to-target-Strategie) zu nennen. Auch die Etablierung von numerisch vergleichbaren Parametern hat vermutlich zu einer besseren Behandlung geführt. Dazu gehören: Aktivitätsparameter (Pediatric ACR-Response Score, Juvenile Arthritis Disease Activity Score [JADAS], Juvenile Spondyloarthritis Disease Actitvity Index [jSpADA], Childhood Health Assessment Questionnaire [CHAQ]), Remissionsscores sowie die Integration der Bildgebung. Weiterhin können durch die registerbasierte Dokumentation von mit Biologika behandelten Patienten, die Kerndokumentation und die aktuelle Inzeptionskohorte weitere epidemiologisch wichtige Erkenntnisse gewonnen werden.

Einführung und Zulassung der Biologika haben zu einem besseren Therapieerfolg geführt

Insbesondere hat aber die Einführung und Zulassung der Biologika zu einem besseren Therapieerfolg geführt [1820]. Mittlerweile sind für die Indikation juvenile Polyarthritis die 4 Biologika Etanercept, Adalimumab, Abatacept und Tocilizumab zugelassen. Allerdings leidet ein Großteil der dazu durchgeführten Studien unter einer unzureichenden Evidenz, wie dies in einem Review von Huppertz et al. [21] unlängst gezeigt wurde. In der Regel fehlen für das Kindesalter direkte Therapievergleiche (sog. Head-to-Head-Studien), und die nach dem „withdrawal concept“ gestalteten Studien können durch eine – im Verlauf – ungleiche Patientenverteilung einem Erfassungsfehler unterliegen [22].

Relativ aktuelle Daten weisen für JIA-Patienten immer noch eine erhebliche Langzeitmorbidität auf. In einer Studie von Minden et al. [20] zur Polyarthritis konnte nur bei jedem 5. Patienten im Alter von 21 Jahren eine Remission festgestellt werden. In einer aktuellen Erhebung zeigten nur 14 % der RF-negativen Polyarthritispatienten und 0 % der RF-positiven Patienten eine Remission nach 5 Jahren [23].

Allgemeine Therapiestrategie

Nationale und internationale Therapieleitlinien formulieren eine prognose- und aktivitätsadaptierte Behandlungsausrichtung. So ist bei einer Beteiligung der Halswirbelsäule und radiologisch nachweisbaren ossären Schäden eine Therapieeskalation indiziert wie auch bei einer großen Zahl betroffener Gelenke, hohen Entzündungsparametern oder einem schlechten Patienten- oder Arztglobalurteil [2426]. Bei der RF-positiven Polyarthritis ist aufgrund der häufigen Spätschäden eine aggressive Therapie notwendig [27]. Neben den symptomlindernden nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) sollen hierbei schon initial additiv „disease-modifying anti-rheumatic drugs“ (DMARDs) und/oder Biologika zum Einsatz kommen [25].

Medikamentöse Therapie

Nichtsteroidale Antirheumatika

Bei der RF-negativen Polyarthritis ist – bei milder Ausprägung – initial eine kurzzeitige, alleinige Therapie mit einem NSAR zu rechtfertigen, allerdings wird zunehmend bereits primär eine initiale Kombinationstherapie mit einem konventionellen „disease-modifying anti-rheumatic drug“ (cDMARD), zumeist Methotrexat (MTX), durchgeführt.

Methotrexat

MTX ist für die Behandlung der JIA das insgesamt am häufigsten verwendete DMARD und gilt unverändert als Grundpfeiler der Therapie [28]. Zur Behandlung der polyartikulären JIA soll MTX vor der Verwendung von Biologika eingesetzt werden. MTX wird oral oder subkutan in einer Dosis von 10–15 mg/m2 Körperoberfläche 1‑mal wöchentlich verabreicht, bei fehlendem Ansprechen, das bei langsam eintretender Wirkung des MTX frühestens nach 3 Monaten beurteilt wird, kann die Dosis auf 15–20 mg/m2/Woche gesteigert werden [2931].

Methotrexat gilt als Grundpfeiler der Therapie

MTX bewirkt eine Verbesserung von klinischen Verlaufsparametern der Polyarthritis [31], der laborchemischen Entzündungsparameter und der Lebensqualität der betroffenen Kinder [32]. Bei frühem Therapiebeginn und in Kombination mit anderen Therapien (z. B. Etanercept, Prednisolon) wirkt MTX schneller und langfristiger [33]. Zur Behandlung von gastrointestinalen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) oder bei Transaminasenerhöhungen wird Folsäure, meist 1‑mal 5 mg/Woche 24–48 h nach der Gabe von MTX, verwendet.

Azathioprin, Sulfasalazin, Chloroquin

Azathioprin ist in Deutschland zur Behandlung von Kindern nicht zugelassen. Es wurde in 2 kleinen Studien [34, 35] mit teilweise widersprüchlichen Ergebnissen untersucht und wird als Reservemedikament eingesetzt.

Die Therapie der polyartikulären JIA mit Sulfasalazin wird nicht empfohlen. Eine Monotherapie mit Chloroquin gilt als ungeeignet für Patienten mit aktiver Arthritis [28]. In Kombination mit MTX und Hydroxychloroquin ist Sulfasalazin bei erwachsenen Patienten mit RA verwendet worden [36] mit Ergebnissen, die einer Kombinationstherapie von MTX und Etanercept entsprechen. Entsprechende Studien bei Kindern fehlen.

Leflunomid

Bei Unverträglichkeit gegenüber MTX ist Leflunomid eine Option. Es ist allerdings zur Behandlung von Kindern nicht zugelassen, obwohl eine randomisierte, prospektive Studie die Wirksamkeit gezeigt hat. Diese ist etwas geringer als die von MTX [37].

Steroide

Auch wenn neue Medikamente das Handlungsspektrum deutlich erweitert haben, so werden Steroide auch in den aktuellen Leitlinien zur Therapie der polyartikulären Verlaufsform der JIA weiter empfohlen [24, 26, 38]. Diese werden lokal intraartikulär, systemisch intravenös oder oral appliziert.

Zur intraartikulären Lokaltherapie sollen Depotkortikosteroide verwendet werden

Zur intraartikulären Lokaltherapie sollen Depotkortikosteroide (Triamcinolonhexacetonid) verwendet werden [25]. Die Anzahl der so behandelbaren Gelenke ist nicht limitiert. Die Dosierung der Therapie richtet sich nach dem Alter des Patienten und der Art des Gelenks: Üblicherweise werden große Gelenke mit 20–40 mg Triamcinolonhexacetonid, mittlere Gelenke mit 10–20 mg und kleine Gelenke mit 1–5 mg Triamcinolonhexacetonid behandelt. Die Therapie ist schnell und meist lang anhaltend (≥ 4 Monate) wirksam; die Behandlungsergebnisse sind gut, Komplikationen treten in weniger als 5 % der Eingriffe auf und betreffen vorwiegend Fettgewebsnekrosen, intraartikuläre Verkalkungen, Osteonekrosen und Gelenkinfektionen [39]. Bei erneut auftretender Arthritis kann die Injektionstherapie nach 3 bis 4 Monaten wiederholt werden.

Die systemische Applikation von Glukokortikoiden ist eine schnell wirksame und sichere Therapieform. Die Therapie kann intravenös als Glukokortikoidpulstherapie auch regelmäßig wiederholt oder als orale Therapie durchgeführt werden. Bezüglich der Indikation, der Dosierung und Häufigkeit von intravenösen Glukokortikoidpulstherapien existieren keinerlei Leitlinien [40]. UAW der systemischen Applikation von Glukokortikoiden treten in Abhängigkeit von der Therapiedauer und Steroiddosis auf. Insbesondere das iatrogene Cushing-Syndrom, Wachstumsstörungen, Infektionsneigung, arterielle Hypertonie, Osteoporose, diabetische Stoffwechsellage und andere UAW limitieren die Therapie mit Glukokortikoiden. Häufig werden systemische Glukokortikoide als „bridging agent“ eingesetzt, d. h. zur Überbrückung des Zeitraumes bis zum Wirkungseintritts der DMARDs [41].

Biologika

Biologika haben die therapeutischen Möglichkeiten deutlich verbessert. Es werden sehr hohe Ansprechraten erreicht, die noch vor Kurzem als illusorisch gegolten haben. Diese Therapieoption sollte bei unzureichender Response auf DMARDs nach 3 bis 6 Monaten eingeführt werden [25]. Mehrere zugelassene Biologika stehen zur Behandlung der Polyarthritis zur Verfügung: Adalimumab, Etanercept, Tocilizumab, Abatacept. Im Kindesalter nicht zugelassen sind Golimumab und Certolizumab (Tab. 1). Die Kombinationstherapie mit MTX hat dabei noch einen synergistischen Effekt [46, 52] bzw. ist das Biologikum nur in Kombinationstherapie zugelassen (MTX plus Abatacept). Die Zulassungsstudien sind in Tab. 2 synoptisch zusammengefasst. Infliximab wurde nicht mit in die Tabelle aufgenommen, da es einerseits nicht zugelassen ist, andererseits von den Autoren nicht mehr für die Therapie der Polyarthritis eingesetzt wird.

Tab. 1 Biologika in der Therapie der Polyarthritis
Tab. 2 Zulassungsstudien der Biologika hinsichtlich Polyarthritistherapie

Da alle Biologika potenziell die Infektionsneigung steigern, sind in jedem Fall vor Behandlung mit Biologika chronische Infektionen auszuschließen, insbesondere Hepatitis B, Hepatitis C, Tuberkulose und evtl. HIV. Alle Impfungen, besonders die Lebendimpfungen, sollten vorher abgeschlossen bzw. aktualisiert sein.

Etanercept

Etanercept ist der erste TNF-α-Inhibitor, der für die Behandlung der JIA zugelassen wurde. Er ist ein TNF-α-Rezeptor-Immunglobulin-Fusionsprotein, das TNF-α und TNF-β mit hoher Affinität bindet. In einer randomisierten, kontrollierten Studie an 69 Kindern mit therapierefraktärer Polyarthritis konnte seine Wirksamkeit eindrucksvoll bewiesen werden. In der Withdrawal-Phase mit noch 51 Kindern kam es bei 28 % der Kinder unter Therapie im Vergleich zu 81 % der Kinder im Placeboarm zu einem Rezidiv [42]. Mittels der Dokumentation im BiKeR-Register, dem mit über 2000 dokumentierten Patienten größten nationalen Register für Biologika in der Kinderrheumatologie, konnten die hohe Effektivität, gute Verträglichkeit und anhaltende Wirksamkeit bestätigt werden. Das Medikament wird zunehmend früher eingesetzt, zuletzt im Median nach 3,4 Jahren Krankheitsdauer. Der Median des JADAS-10 konnte bei seronegativen und seropositiven Polyarthritispatienten mit 4,2 bzw. 6 bei letzter BiKeR-Dokumentation errechnet werden (ein JADAS-10 von 3,8 gilt als Minimal-acceptable-disease-Aktivität bei Polyarthritis).

Die Wirksamkeit von Etanercept ist zuverlässig

Die Wirksamkeit ist zuverlässig, über 70 % der Patienten erreichen ein Ansprechen nach den pedACR30-Kriterien [42]. Die Effektivität blieb über einen Zeitraum von mindestens 8 Jahren erhalten. Die Wirkung tritt schnell ein, meist in den ersten Wochen der Therapie. Ein wesentlicher Wirkverlust ist nicht zu erwarten. Allerdings ist die Patientenzahl nach 8 Jahren sehr klein (n = 26) [43].

Die Dosis zur Zulassung betrug 2‑mal 0,4 mg/kg Körpergewicht; dieses kann auch in einer 1‑maligen Gabe von 0,8 mg/kg Körpergewicht pro Woche appliziert werden. Verfügbar sind Spritzen mit 10 mg sowie mit 25 mg, von der auch Teilmengen gespritzt werden können.

Prädiktoren für ein gutes Ansprechen auf Etanercept waren ein niedriger CHAQ-Score am Beginn sowie wenige DMARD-Therapeutika, die vor Etanercept eingesetzt wurden, und ein junges Alter der Patienten [44].

Der optimale Beginn für eine TNF-α-Blocker-Therapie bleibt unklar. Fehlendes Ansprechen im Sinne einer mindestens pedACR30-Response auf MTX nach 3 Therapiemonaten spricht auch für unzureichendes Ansprechen in den Folgemonaten, falls die Monotherapie beibehalten wird. Hinsichtlich des Effekts von Etanercept auf die Progression von radiografischen Veränderungen gibt es nur wenige Daten; eine retrospektive Studie konnte hier einen positiven Effekt zeigen [45].

Besondere Bedenken bestanden hinsichtlich der Entwicklung von schwereren Infektionen oder gar malignen Erkrankungen sowie dem Demaskieren von Autoimmunerkrankungen oder demyelinisierenden Erkrankungen. Hier konnte bei inzwischen 15-jähriger Erfahrung aber keine medizinisch relevante Erhöhung gefunden werden; eine leicht erhöhte Infektionsrate war sehr wahrscheinlich eher auf die Begleitmedikation mit DMARDs und Steroide zurückzuführen als auf das Etanercept ([46]; Tab. 3). Beukelman et al. [47] konnten zeigen, dass die Infektionsrate bei JIA-Patienten ohne MTX oder Etanercept bereits erhöht ist und dass die zusätzliche Gabe von MTX oder TNF-α-Blocker zu keiner Erhöhung des Infektionsrisikos führt. Ein deutlich erhöhtes Risiko für Infektionen zeigten hingegen Patienten, die eine höhere orale Kortikosteroidmedikation von über 10 mg täglich erhielten. Toussi et al. [48] haben 2013 in einem systematischen Review die schweren Infektionen zusammengestellt, die unter TNF-α-Blocker-Therapie publiziert wurden. Auch die Therapie mit TNF-α-Blockern bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wurden untersucht: 33 Publikationen zur JIA wurden ausgewertet; es fand sich eine Infektionsrate von 0–9 % der JIA-Patienten. Die Atemwege und das muskuloskeletale System waren die häufigsten Lokalisationen (Tab. 4). Die Häufigkeit variierte auch aufgrund der verschiedenen Begleitmedikation, Erkrankungsdauer und JIA-Subtypen, liegt aber im Bereich, der auch bei Erwachsenen mit RA unter TNF-α-Blocker-Therapie gefunden wird (3,8–6,8 %) [48].

Tab. 3 Infektionsrate und Malignomrisiko unter Biologikatherapie (pro 100 Patientenjahre). (Adaptiert nach [57])
Tab. 4 Schwere Infektionen unter TNF-α-Blocker-Therapie. (Adaptiert aus [48])

Die größte Skepsis bestand wegen der möglichen Entwicklung von bösartigen Erkrankungen, insbesondere von Lymphomen. Hier konnte in einer schwedischen Kohortenstudie gezeigt werden, dass das Risiko bei JIA-Patienten für alle malignen Erkrankungen 2‑fach (bzw. 4‑fach für die lymphoproliferativen Erkrankungen) ohne jede Gabe von Biologika bereits erhöht ist [4951]. Beukelman et al. [50] verglichen in einer 2012 veröffentlichen Studie das Risiko von knapp 8000 JIA-Patienten mit gematchten Nicht-JIA-Patienten, um jeweils das standardisierte Inzidenzrisiko (SIR) für Malignomerkrankungen zu errechnen (das SIR ergibt sich aus dem Quotienten von beobachteter und erwarteter Erkrankungszahl). Es ergab sich eine Risikoerhöhung auf 4,4 für die mit MTX behandelten Patienten, aber ohne TNF-α-Blocker-Therapie ein standardisiertes Inzidenzrisiko von 3,9, sodass insgesamt die Schlussfolgerung gezogen wurde, dass JIA-Patienten ein erhöhtes Risiko für maligne Erkrankung haben, dieses aber durch die Behandlung mit TNF-α-Blocker nicht nennenswert ansteigt.

Adalimumab

Adalimumab ist ein humaner, monoklonaler Anti-TNF-α-Antikörper, der für die Behandlung der Polyarthritis entweder als Monotherapie oder in Kombination mit MTX zugelassen ist. In einer kontrollierten Zulassungsstudie – ebenfalls im Withdrawal-Design – konnte die hohe Effektivität bei 171 Patienten gezeigt werden. In der kontrollierten Wash-out-Phase kam es bei den anschließend randomisierten 144 Patienten mit pedACR30-Response in der Verumgruppe jeweils zu deutlich weniger Exazerbationen als im Placeboarm (43 % vs. 71 %) [52]. Inzwischen ist die Zulassung auf Kinder von 2 bis 4 Jahren ausgeweitet worden.

Die Effektivität ist der mit der von Etanercept vergleichbar. Auch die Verträglichkeit entspricht der von Etanercept hinsichtlich des Auftretens von (schweren) unerwünschten Ereignissen (Tab. 3).

Die Medikation muss alle 2 Wochen subkutan verabreicht werden; die Zulassungsdosis betrug 24 mg/m2 Körperoberfläche. Es ist darüber aufzuklären, dass sehr viele Patienten die Injektion brennend-schmerzhaft erleben.

Golimumab

Golimumab ist ein komplett humaner, monoklonaler Antikörper gegen TNF‑α, der für die 4‑wöchentliche subkutane Injektion bei Erwachsenen zugelassen ist. Die Zulassung bei Kindern gelang nicht, da sich in der Wash-out Phase der Withdrawal-Design-Zulassungsstudie keine ausreichende Überlegenheit gegenüber dem Placebo zeigte [50]. Vermutete Unregelmäßigkeiten im Studienablauf konnten nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Zuvor hatten aber 87 % der Patienten eine pedACR30-Response erreicht, sodass von einer Wirksamkeit auszugehen ist. Die für Kinder adäquate Dosis sind 30 mg/m2 Körperoberfläche. Das Sicherheitsprofil war zufriedenstellend, die Injektionen wurden gut toleriert, insbesondere für kleinere Kinder ist das 4‑Wochen-Injektionsintervall sehr angenehm [53].

Certolizumab

Certolizumab ist ein pegylierter Anti-TNF-α-Blocker, der bei Erwachsenen zur Behandlung der RA zugelassen ist. Die Pegylierung führt zu einer Verlängerung der Halbwertszeit und damit zu einem Injektionsintervall von 2 bis 4 Wochen. Eine klinische Studie zum Nutzen von Certolizumab bei Kindern mit JIA ist aufgelegt (NCT01550003).

Abatacept (CTLA4-Ig-Fusionsprotein)

Ein ganz anderer Wirkmechanismus kennzeichnet Abatacept. Für die Stimulation von T‑Zellen über eine Interaktion des T‑Zell-Rezeptors mit dem HLA-Klasse-2-Antigen der Antigen-präsentierenden Zelle ist eine Interaktion zwischen akzessorischen Membranantigenen entscheidend; diese wird durch das Fusionsprotein gestört. In einer doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie wurden 190 Patienten mit Polyarthritis zunächst mit Abatacept für 4 Monate mit einer Dosis von 10 mg/kg monatlich behandelt: 123 (= 76 %) der 170 auswertbaren Patienten erreichten einen pedACR30-Response, 13 % erreichten eine volle klinische Remission im Sinne einer inaktiven Erkrankung [54]. In der folgenden placebokontrollierten Doppelblindphase zeigten mit Placebo behandelte Patienten zwar signifikant häufiger als mit Abatacept behandelte Patienten ein Aufflammen der Erkrankung, der absolute Unterschied war aber gering (33 % vs. 20 % der Patienten). Abatacept wurde sehr gut vertragen, unerwünschte Ereignisse waren nicht häufiger als in der Placebogruppe. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wurden in der doppelblinden Phase nicht beobachtet [54]. Im Gegensatz zu den TNF-α-Antagonisten zeigt sich der klinische Effekt bei Abatacept mit Verzögerung, sodass eine mehrmonatige Therapie in jedem Fall geplant werden sollte. Das Medikament ist seit 2010 in Kombination mit MTX für Patienten mit Polyarthritis ab 6 Jahren zugelassen, bei denen eine vorherige Therapie mit TNF-α-Blocker nicht erfolgreich war. Allerdings sprachen gerade Versager einer TNF-α-Blocker-Therapie schlechter auf Abatacept an.

Tocilizumab

In der ebenfalls nach dem Withdrawal-Design konzipierten Zulassungsstudie bei Polyarthritispatienten mit Tocilizumab, einem IL-6-Blocker, zeigte sich in der Lead-in-Phase, dass 89 % der insgesamt 188 Patienten mindestens einen pedACR30-Response erreichten. Die optimale Dosis für Tocilizumab war 8 mg/kg Körpergewicht bei Kindern über 30 kg und 10 mg/kg Körpergewicht bei Kindern unter 30 kg. In der Wash-out-Phase war die Differenz zwischen Placebo- und Verumarm wieder sehr deutlich (48 % vs. 26 %): Patienten, die bereits ein Biologikum erhalten hatten, zeigten eine leicht höhere Exazerbationsrate. Insgesamt 48 % der Patienten mit vorausgegangener Biologikumtherapie erreichten aber einen pedACR70-Response [55]. Tocilizumab ist zugelassen bei Kindern über 2 Jahren mit Polyarthritis.

Weitere Therapieaspekte

Die wachsende Anzahl von Therapiemöglichkeiten macht die Entscheidung für den behandelnden Arzt schwieriger, welches Biologikum wann einzusetzen ist. Auch bleibt unklar, wie lange ein unzureichendes MTX-Ansprechen zu tolerieren ist, bevor ein Biologikum eingesetzt werden soll. Ob bei dieser Entscheidung Biomarker helfen können, bleibt zu untersuchen. Zurzeit wird das S100A8/A9-Protein genutzt, um die Wahrscheinlichkeit einer Exazerbation nach Beendigung der Therapie vorherzusagen. Dies gelingt insbesondere bei der systemischen JIA, weniger gut aber bei der Polyarthritis [56]. Üblicherweise wird eine 12- bis 18-monatige Remissionszeit abgewartet, bis eine Reduktion bzw. Beendigung der Biologikatherapie angestrebt wird.

Die Gemeinschaft der nordamerikanischen Kinder- und Jugendrheumatologen (CARRA) startet zurzeit eine Initiative, bei der mehrere Consensus-Treatment-Protokolle (CPT) gegeneinander verglichen werden sollen. Dabei werden verschiedene Therapiestrategien vorgeschlagen:

  1. 1.

    zu Beginn MTX, nach 3 bis 6 Monaten zusätzlich Biologikum,

  2. 2.

    Kombination von MTX und Biologikum nach spätestens 1 Monat,

  3. 3.

    Biologikum bei Beginn als Monotherapie, evtl. später konventionelles DMARD hinzu [38].

Ähnliche Therapievergleiche werden auch in Deutschland angestrebt, die Ergebnisse werden mit Spannung erwartet.

Fazit für die Praxis

  • Die Therapie der juvenilen idiopathischen Polyarthritis hat sich grundlegend gewandelt.

  • Mit der Einführung und Zulassung der erwähnten Biologika können im Vergleich zu historischen Daten deutlich bessere Remissionsraten erzielt werden.

  • Die moderne Therapie der juvenilen idiopathischen Polyarthritis umfasst eine initiale Evaluierung der Aktivität, der Festlegung von Therapiezielen sowie den differenzierten Einsatz von konventionellen und biologischen DMARDs.