Zusammenfassung
Die Weiterentwicklung der psychiatrischen Klassifikation und Diagnostik auf der Grundlage epidemiologischer, klinischer und neurobiologischer Erkenntnisse hat in den vergangenen Jahren zu einer Erweiterung und Auffächerung der bisherigen diagnostischen Kategorie der manisch-depressiven Erkrankung geführt.Hierbei hat vor allem die stärkere Betonung affektiver Mischzustände, die Einführung der Bipolar-II-Störung sowie die größere Aufmerksamkeit gegenüber hypomanen Episoden und das zunehmende Interesse an zyklothymen Störungen und dem Temperament dazu geführt,dass sich die diagnostischen Auffassungen in den USA,aber auch in den europäischen Ländern geändert haben.Die vorliegende Arbeit soll den möglichen klinischen und wissenschaftlichen Nutzen,aber auch die Schwierigkeiten und Risiken einer Auffächerung bipolarer Störungen über die Kriterien des DSM-IV hinaus bis hin zur Annahme eines “bipolaren Spektrums” aufzeigen. Es wird hierbei auch auf den Sachverhalt Bezug genommen,dass scheinbar neuartige Auffassungen zum Teil auf frühe Konzepte der deutschen Psychiatrie zurückzuführen sind;eineauf Kraepelins Einteilung der affektiven Mischzustände basierende Mischzustands-Skala wird vorgestellt.
Summary
On the basis of epidemiology, neurobiology and clinical observation, the classification of bipolar disorders has shown considerable development and expansion in recent years. In particular, the recognition of mixed states, the introduction of bipolar II disorders, increasing awareness of the diagnosis of hypomania, as well as the interest in cyclothymic disorders and temperament have led to a shift in diagnostic attitudes in the USA, as well as in European countries. In this article, the possible clinical and scientific benefits of such tendencies are discussed, as are the risks of broadening bipolar disorders beyond DSM-IV.Also demonstrated is how several “modern” concepts of bipolarity have deep roots in the history of German psychiatry; a mixity scale based on Kraepelin's classification of affective mixed states is presented.
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Priv.-Doz.Dr. A. Erfurth Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Münster,Albert-Schweitzer-Straße 11, 48129 Münster, E-Mail: erfurth@uni-muenster.de
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Erfurth, A., Arolt, V. Das Spektrum bipolarer Erkrankungen. Nervenarzt 74, 55–71 (2003). https://doi.org/10.1007/s00115-003-1473-x
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00115-003-1473-x