Zusammenfassung
Hypomelanosen der Haut umfassen ein breites Spektrum von angeborenen und erworbenen Störungen der Melaninpigmentierung. Diese können umschrieben oder universell sein. Die Pathobiologie der kutanen Hypomelanosen ist heterogen und reicht von Defekten in der Migration von Melanoblasten von der Neuralleiste in die Haut über Störungen der Melanogenese und des Melanintransfers an Keratinozyten bis zu autoimmunologisch und inflammatorisch vermittelter Zerstörung von Pigmentzellen. Bei einem Teil der Hypomelanosen, insbesondere bei angeborenen universellen Formen, können außer der Haut noch andere Organsysteme betroffen sein (z. B. Hermansky-Pudlak- oder Chédiak-Higashi-Syndrom), weshalb hier eine interdisziplinäre Patientenbetreuung nötig ist. Bei der Vitiligo sind in den letzten Jahren große Fortschritte in der Erforschung der Pathogenese dieser Erkrankung gemacht worden, die sich auch in vielversprechenden, neuen Therapieansätzen widerspiegeln. Diese, zu den häufigsten Formen erworbener Hypomelanosen zählende Erkrankung, erlaubt mittlerweile eine leitliniengerechte, evidenzbasierte Therapie.
Abstract
Hypomelanoses of the skin encompass a wide spectrum of congenital and acquired alterations in melanin pigmentation. These diseases can be localized or universal. The pathobiology of cutaneous hypomelanoses is heterogeneous and includes defects in melanoblast migration from the neural crest to the epidermis, alterations in melanogenesis and melanin transfer to keratinocytes, and destruction of pigment cells by autoimmune and inflammatory processes. Importantly, some congenital forms of universal hypomelanoses are associated with involvement of internal organs (e.g., Hermansky–Pudlack or Chédiak–Higashi syndrome) and require interdisciplinary patient management. In recent years, significant progress has been made in our current understanding of the pathophysiology especially of vitiligo, thus, resulting in promising new treatment strategies. This disease being one of the most common forms of acquired hypomelanoses of the skin can now be treated in a guideline-oriented and evidence-based manner.
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Interessenkonflikt
M. Böhm gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
Alle Patienten, die über Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts zu identifizieren sind, haben hierzu ihre schriftliche Einwilligung gegeben. Im Falle von nicht mündigen Patienten liegt die Einwilligung eines Erziehungsberechtigten oder des gesetzlich bestellten Betreuers vor.
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Welche Aussage zur Differenzialdiagnose Piebaldismus vs. Waardenburg-Syndrom ist richtig?
Die Dystopia canthorum beim Waardenburg-Syndrom erlaubt eine sichere Abgrenzung zum Piebaldismus.
Amelanotische Flecke mit zentralen Pigmentinseln kommen nur beim Piebaldismus vor.
Das Waardenburg-Syndrom wird durch Mutationen in den Genen von c-Kit und SNAI2 verursacht.
Ein angeborener, sensineuraler Hörverlust kommt beim Piebaldismus nicht vor.
Im Gegensatz zum Waardenburg-Syndrom sind die Melanozyten in der Epidermis vorhanden, zeigen aber ultrastruktural Zeichen einer Transportstörung der Melanosomen.
Welche Aussage bezüglich des Albinismus ist falsch?
Es handelt sich um eine heterogene Gruppe von Erkrankungen des Pigmentsystems mit unterschiedlichen Mutationen.
Bei den syndromatischen Formen kann es auch zu Hörstörungen durch Beteiligung der Melanozyten im Ohr kommen.
Der OCA1 ist in Europa die häufigste Form.
Klinisch ist die Differenzialdiagnose zwischen OCA1B und OCA2 bei Geburt oftmals nicht möglich.
Alle Formen des OCA1 werden autosomal-rezessiv vererbt.
Welche Aussage zu den syndromatischen Formen des Albinismus ist richtig?
Beim Chédiak-Higashi-Syndrom sind anamnestisch Blutungen ein wichtiges Leitsymptom.
Das Hermansky-Pudlack-Syndrom ist die häufigste Albinismusform in Afrika.
Mutationen im MITF-Gen sind für das Chédiak-Higashi-Syndrom verantwortlich.
Ein primäres Immundefizienzsyndrom ist beim Chédiak-Higashi-Syndrom ein richtungsweisendes Merkmal.
Anhand eines Blutausstriches kann durch Nachweis von Riesengranula in Neutrophilen die Diagnose eines Hermansky-Pudlack-Syndroms gesichert werden.
Welche Aussage zur Differenzialdiagnose universeller Hypomelanosen ist falsch?
Die Lungenfibrose stellt prognostisch die wichtigste Komplikation beim Hermansky-Pudlack-Syndrom dar.
Auch die nichtsegmentale Vitiligo kann im Extremfall zu einer universellen Hypomelanose führen.
Das Griscelli-Syndrom zeichnet sich durch silbergraue Haare, milde kutane Hypopigmentierung und eine variable Systembeteiligung aus.
Beim Albinismus ist die Inzidenz kutaner Melanome massiv erhöht.
Bei Vorliegen von endokrinologischen und metabolischen Störungen sollte bei angeborener universeller Hypomelanose an ein Prader-Willi-Syndrom gedacht werden.
Ein 6-jähriger Junge wird Ihnen in der Sprechstunde vorgestellt. Bei der Hautinspektion fällt eine weiße Stirnlocke auf. Welche Aussage trifft am ehesten zu?
Sie diagnostizieren einen Piebaldismus und erklären den Eltern, dass eine gezielte UV-Therapie zur Pigmentierung führen kann.
Sie fragen nach Hörstörungen, um ein Griscelli-Syndrom auszuschließen.
Da zusätzlich über schwere Obstipationen berichtet wird, diagnostizieren Sie ein Waardenburg-Syndrom Typ 1.
Beim Piebaldismus sind in läsionaler Haut keine Melanozyten mehr nachweisbar.
Aufgrund des limitierten Befalls an der Stirn empfehlen Sie die topische Applikation von Calcineurininhibitoren für mindestens 6 Monate.
Welche Aussage zur Klinik und Diagnostik der Vitiligo ist richtig?
Bei nichtsegmentaler Vitiligo sollte ein Autoantikörpersuchtest gemacht werden, da dieser Erkrankung eine Autoimmunpathogenese zugrunde liegt.
Sollten in der Vorgeschichte Augensymptome, Meningismus und Hörstörungen zu eruieren sein, sollte auch an ein Vogt-Koyanagi-Syndrom gedacht werden.
Eine initiale Schilddrüsendiagnostik sollte anhand der Bestimmung von T3 und T4 im Blut durchgeführt werden.
Assoziierte Autoimmunerkrankungen sind bei segmentaler Vitiligo häufiger als bei nichtsegmentaler Vitiligo.
Etwa 70 % aller Patienten haben eine positive Familienanamnese.
Welche Aussage zu Differenzialdiagnose der Vitiligo ist falsch?
Bei kleinfleckiger Vitiligo an den Beinen ist differenzialdiagnostisch an eine Hypomelanosis guttata idiopathica zu denken.
Am Rumpf kann eine Pityriasis versicolor alba eine Vitiligo imitieren.
Angeborenen depigmentierten Flecken kann eine segmentale Vitiligo zugrunde liegen.
Unter der topischen Immuntherapie der Alopecia areata können sowohl eine Vitiligo als auch postinflammatorische Hypopigmentierungen auftreten.
Der subakut kutane Lupus erythematodes kann mit vitiligoartigen, postinflammatorischen Hypopigmentierungen einhergehen.
Welche Aussage zur Vitiligo ist falsch?
Eine Immunthyreopathie tritt bei segmentaler Vitiligo seltener auf als bei nichtsegmentaler Vitiligo.
Nur in Einzelfällen ist eine Biopsie zur klinischen Diagnose und Differenzialdiagnose sinnvoll.
Patienten mit dunkleren Hauttypen haben eine schlechtere Prognose.
Eine segmentale Vitiligo kann in eine nichtsegmentale Vitiligo übergehen.
Wood-Licht und Köbner-Phänomen können zur Einschätzung der Stabilität der Erkrankung herangezogen werden.
Welche Aussage zur Vitiligo ist richtig?
Die Vitiligo gilt als Orphan-Erkrankung.
Im Akutstadium fluoreszieren die depigmentierten Flecken im Wood-Licht.
Im Blut der Erkrankten finden sich mM-Mengen an Hydrogenperoxid.
Patienten mit mittelschwerer Psoriasis haben einen größeren Leidensdruck und eine größere Einschränkung der Lebensqualität.
Spontanheilungen kommen nicht vor.
Welche Aussage zur differenziellen Therapie der Vitiligo ist falsch?
Bei Hauttyp 1 kann auf eine medikamentöse Therapie bis auf einen konsequenten Lichtschutz verzichtet werden.
Der Therapieerfolg sollte bei einer Phototherapie mit UVB-311 nm zunächst nach 3 Monaten evaluiert werden. Falls Repigmentierungen sichtbar sind, sollte für 1 bis 2 Jahre die Bestrahlung fortgesetzt werden.
Bei limitiertem Befall haben der Excimer-208-nm-Laser und die Excimer-208-nm-UV-Lampe ähnliche therapeutische Wirkung.
Topische Calcineurininhibitoren sollten nach einer erfolgreichen Repigmentierung nach 3 Monaten abgesetzt werden.
Topische Kortikosteroide und Calcineurininhibitoren können zur Wirkungsverstärkung sowohl mit einer gezielten Phototherapie und auch mit UVB-311 nm kombiniert werden.
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Böhm, M. Differenzialdiagnostik der Hypomelanosen. Hautarzt 66, 945–960 (2015). https://doi.org/10.1007/s00105-015-3717-7
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00105-015-3717-7