Hintergrund

Die Intensivbehandlung in allgemeinen Krankenhäusern ist ein stetig wachsender Bereich der Patientenversorgung. Die Daten aus den Krankenhausstatistiken des Bundes [1] weisen für die allgemeinen Krankenhäuser im Jahr 2011 insgesamt 2.102.235 Behandlungsfälle mit intensivmedizinischer Versorgung nach. Verglichen mit dem Jahr 2002 entspricht dies einer Steigerung von 201.336 Patienten. In der Summe wurden 25.431 Intensivbetten vorgehalten. Der Bettenaufbau der Intensivstationen kann für die Berichtsjahre 2002 bis 2011 bundesweit mit 2483 beziffert werden. In 2011 sind insgesamt 89.274 mehr Patienten beatmungspflichtig behandelt worden als noch im Jahr 2002. Das entspricht einer Steigerungsrate um 31,51%. Ebenso stieg die Zahl der Berechnungstage/Belegungstage um 13,96% an (Zuwachs von insgesamt 917.477 Belegungstagen im betrachteten Zeitraum; Tab. 1).

Tab. 1 Entwicklung relevanter Kennzahlen der Intensivbehandlung in allgemeinen Krankenhäusern

Personalausstattung und Patientensicherheit

Stand der Diskussion

Diese Steigerung in der Patientenversorgung auf Intensivstationen innerhalb von zehn Jahren verdeutlicht die Notwendigkeit, sich intensiv mit der Frage zu beschäftigen, ob und wie den steigenden Anforderungen an die Versorgung auch personell begegnet wird und wie die aktuelle Personalsituation in der Intensivpflege beurteilt werden kann.

Zu diskutieren ist, wie den gestiegenen Anforderungen auch personell begegnet werden kann

Dazu weist die Krankenhausstatistik des Bundes keine konkreten Personalkennzahlen aus. Daher ist keine konkrete Aussage zur Veränderung der Personalausstattung oder einer Veränderung der Relationen der Pflegekräfte zur Anzahl der Patienten im zeitlichen Verlauf möglich.

Standards zur Personalausstattung fehlen

Verbindliche Standards zur Personalbesetzung von Intensivstationen gibt es derzeit in Deutschland nicht. Gesetzliche Regelungen und verbindliche Kriterien bei der Personalbemessung, der Personalausstattung oder aber der Personalqualifizierung existierten für diesen Versorgungsbereich noch nicht, da auch die im Pflegebereich bis 1996 verpflichtend eingesetzte Pflegepersonalregelung nicht für die Intensivabteilungen galt. Die konkrete Ausstattung obliegt somit den Krankenhäusern.

Es wurden − und werden − jedoch Vorschläge und Hinweise zur Personalausstattung von Fachgesellschaften publiziert. Bereits 1969 wurden durch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) die folgenden Anhaltswerte beschrieben. Es sollte für Intensivüberwachungen eine Pflegeperson auf 1,9 bis 1,0 Betten berechnet werden, für die Intensivbehandlung eine Pflegeperson auf 0,7 bis 0,5 Betten. In den „Richtlinien für die Organisation der Intensivmedizin in den Krankenhäusern“ der DKG vom 9. September 1974 erfolgte eine Unterscheidung zwischen einer Intensivüberwachung (Personalschlüssel 1:1) und einer Intensivbehandlung (Personalschlüssel 2:1). Darüber hinaus gab es noch Schwereklassen, zum Beispiel, wenn eine bestimmte Menge an Beatmungsfällen im Jahresdurchschnitt höher als 20% war (Personalschlüssel 3:1). Anhand dieser Anhaltszahlen konnte eine entsprechende Berechnung der Stellen erfolgen. Aktuell relevant sind die nachfolgenden Einschätzungen und Empfehlungen der nationalen und internationalen Fachgesellschaften.

Die Deutsche Gesellschaft für Fachkrankenpflege (DGF) forderte in ihrer Berliner Erklärung 2007 eine Fachkraftquote von 70% mit entsprechender Zusatzqualifikation im Anästhesiebereich und auf den Intensivstationen. Ferner wurde eine Begrenzung der Anzahl der pro Schicht durch eine Fachkraft zu behandelnden Patienten von 1:1 bei kritisch Kranken (mit Beatmung) und 1:2 bei durchschnittlichem Betreuungsaufwand auf Intensivstationen postuliert [2]. Diese Forderungen wurden 2009 in dem Grundsatzpapier zum Fachkrankenpflegestandard erneuert [3]. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) kommt in den Empfehlungen zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen zu dem Schluss, dass für zwei Behandlungsplätze pro Schicht jeweils eine Pflegekraft zuständig sein soll [4]; dafür wird der höchste Empfehlungsgrad (1A) ausgesprochen. Standards in der Ausstattung werden auch andernorts diskutiert. In Großbritannien beispielsweise wurden von einer intensivpflegerische Vereinigung, [5] British Association of Critical Care Nurses, Standards veröffentlicht, die nicht nur die Ausstattung, sondern auch die Inhalte der Qualifizierungen, die Strukturen der Stationen sowie ein Datenset zum Monitoring der Versorgungsqualität vorstellen [5].

Daneben gibt es eine große Anzahl an analytischen und empirischen Verfahren, die zur Personalbemessung auf Intensivstationen eingesetzt wurden und werden. Diese fokussieren z. B. die klinische Fallschwere, wie das Therapeutic Intervention Scoring System (TISS; [6]) oder der Simplified Acute Physiology Score (SAPS; [7]). Dabei muss kritisch angemerkt werden, dass diese Systeme nicht zur pflegerischen Personalbemessung konstruiert wurden und dass es keine studienbasierten Hinweise darauf gibt, dass sie den pflegerischen Aufwand für einen Patienten abbilden und so zu einer Personalbemessung sinnvoll genutzt werden können [8]. Andere Instrumente, wie das schweizerische Leistungserfassungssystem in der Pflege (LEP), die ICS-Classification of Patient’s Level of Care [9], der Nursing Activity Score [10] oder viele weitere Verfahren finden nur sehr selektiv Anwendung und spielen in der Breite bislang eine eher untergeordnete Rolle.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass trotz der zahlreichen existierenden Verfahren und der Expertenhinweise eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Pflegepersonalausstattung von Intensivstationen fehlt.

Patientensicherheit: keine systematischen Beiträge aus Deutschland

In der Literatur werden in zahlreichen Studien Zusammenhänge zwischen Personalausstattung, Personalqualifizierung und Patientensicherheit thematisiert [11, 12, 13]. Obwohl vielfach unterschiedliche Aspekte der Patientensicherheit (Behandlungsdauer, Infektionen, Mortalität, unerwünschte Vorkommnisse etc.) und unterschiedliche Merkmale einer Personalausstattung (Pflegekraft-Patienten-Relation, Pflegestunden pro Patient, Pflegestunden pro Schicht etc.) gemessen werden, kommt man in der internationalen Literatur in Reviews zu der Beurteilung, dass ein relevanter Zusammenhang besteht, der auch für die Intensivbehandlung nachgewiesen werden kann [14]. Zugleich wird aber darauf hingewiesen, dass es in vielen Studien methodische Probleme gibt, welche die Aussagekraft einschränken und dass Multicenter-Studien gleichermaßen fehlen wie prospektive Studien [15].

Bereits im Jahr 2006 wies das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen in einem Arbeitspapier zum Zusammenhang von Pflegekapazität und Ergebnisqualität in der stationären Versorgung auf die Lücke an Erkenntnissen in Deutschland hin, die bislang jedoch nicht geschlossen werden konnte [16]. In den deutschen Krankenhäusern werden in aller Regel keine routinehaften Daten bezüglich der pflegerischen Versorgungsqualität erhoben, wie sie beispielsweise in der „National Database of Nursing Quality Indicators“ [17] verwendet werden. Auch andere Indikatoren, wie die Anzahl und Dauer sowie die Art von freiheitseinschränkenden Maßnahmen, die Sicherung der Kontinuität von Bewegungsförderungen oder Patientenlagerungen, die Erfassung von Medikationsfehlern, die statistische Erfassung von Zwischenfällen (wie dem Entfernen eines geblockten Blasenverweilkatheters durch einen Patienten etc.), gehören nicht zur standardisierten Risiko- oder Qualitätserfassung der Versorgung auf Intensivstationen. Fehlende Standards bezüglich der Bemessung und Erhebung der pflegerischen Versorgungskapazität erschweren darüber hinaus den Aufbau eines systematischen Datenpools, der auch zu klinikübergreifenden Vergleichen genutzt werden könnte. Für den Bereich der deutschen Intensivstationen muss daher davon ausgegangen werden, dass aktuell keine hinreichende Kenntnis zur pflegerischen Patientenversorgung vorliegt und dass deskriptive Studien einen notwendigen Einstieg in die Thematik markieren.

Studienziel und -design

Im Rahmen der „Pflege-Thermometer-Reihe“ des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung werden in regelmäßigen Abständen Daten auf der Basis von Selbsteinschätzungen und Bewertungen von Leitungskräften oder Pflegenden erhoben. Diese haben deskriptiven und explorativen Charakter und sollen thematische Diskussionen eröffnen, um ggf. in weiterführenden Studien auf der Basis konkreter Kennzahlen untersucht werden zu können. Die Studienergebnisse sollen in den Kliniken genutzt werden, um die eigene Situation zu reflektieren und zu diskutieren.

Im „Pflege-Thermometer“ 2012 wurden 1077 Kliniken mit Intensivstationen angeschrieben. Der standardisierte Fragebogen umfasste 38 Fragenkomplexe mit 230 kodierten Variablen. Von 554 eingesendeten Fragebögen konnten nach der abschließenden Datenbereinigung 535 in die Auswertung einbezogen werden. Die Intensivstationen sind bundesweit verteilt, die Studie ist jedoch bezüglich der Verteilung nicht als repräsentativ zu betrachten. In der Stichprobe abgebildet sind 6833 von insgesamt 24.886 Intensivbettenplätzen, die in der Krankenhausstatistik des Bundes ausgewiesen werden. In der Summe waren auf den Stationen der 535 befragten Leitungen 16.898 Gesundheits- und Krankenpflegende beschäftigt.

Zentrale Ergebnisse

Hinsichtlich der personellen Besetzung der Intensivstationen wurde erhoben, wie viele Patienten im Frühdienst pro Pflegekraft versorgt werden. Dabei ist der Frühdienst in aller Regel die am besten besetzte Schicht. Im Verlauf des Tages verringert sich die Personalstärke, sodass in der Nachtschicht erheblich mehr Patienten pro Pflegekraft versorgt werden müssen [18]. Dies wird in der internationalen Diskussion als „off-peak nursing“ beschrieben [19] und ist in Deutschland in den Auswirkungen bislang noch nicht hinreichend untersucht. In der Auswertung zu der Versorgung der Patienten im Frühdienst zeigten sich die folgenden Ergebnisse (Tab. 2):

Tab. 2 Betreuungsrelation im Frühdienst

Die beiden größten Gruppen entfallen auf die Kategorien: ein Pflegender betreut zwei Patienten (N=139) und ein Pflegender betreut drei Patienten (N=135). Diese Daten bestätigen in der Gesamtschau eine Erhebung von Graf et al. [18] aus dem Jahr 2010, der unterschiedliche Strukturen und Merkmale von deutschen Intensivstationen untersuchte und durchschnittliche Betreuungsrelationen von 1:2,7 Patienten ermittelte.

Legt man die Empfehlungen der DIVI zugrunde, so zeigt sich, dass insgesamt von den Antwortenden nur ein Drittel (33,3 kumulierte Prozente) die Empfehlungen umsetzen. Differenziert man die Aussage zur Betreuungsrelation weiter aus und fragt nach der Anzahl der betreuten beatmeten Patienten, so ist es nur bei 7,5% der Antwortenden ein beatmeter Patient, der von jeweils einer Pflegekraft betreut wird (Forderung der DGF). 61,6 der gültigen Prozente weisen eine 1:2-Betreuung bei beatmeten Patienten aus. In einer internationalen Studie zum Weaning zeigte sich, dass Deutschland damit eine vergleichsweise niedrige Pflegepersonalausstattung gegenüber Ländern wie Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Schweiz oder den Niederlanden aufweist [20]. Auch in Australien und Neuseeland weisen Studienergebnisse auf eine höhere Personalbesetzung hin [21].

In der Subgruppenanalyse wurde ermittelt, welche Einschätzungen zu Fragen der Patientensicherheit und pflegerischer Indikatoren sowie zu Merkmalen der pflegerischen Arbeitssituation vorliegen. Dazu wurden die beiden größten Befragungsgruppen (1:2-Betreuung und 1:3-Betreuung) miteinander verglichen und in den Ausprägungen gegenübergestellt. Da sie eine ähnliche Gruppengröße aufweisen, lassen sich die prozentualen Werte gut miteinander vergleichen.

Personalausstattung und Patientensicherheit

In einem Fragenkomplex wurden auf einer vierstufigen Likert-Skala Zustimmung (trifft voll zu/trifft eher zu) oder Ablehnung (trifft eher nicht zu/trifft gar nicht zu) zu vorformulierten Aussagen erfragt. Hier zeigte sich bezogen auf die Aussage, dass in jeder Schicht eine ausreichende Anzahl examinierter Pflegender anwesend sind, um eine sichere Patientenversorgung zu gewährleisten, dass auf Stationen, die eine 1:2-Relation aufweisen, insgesamt 28,8% dieser Aussage vollumfänglich zustimmen. Auf Stationen mit einer Betreuungsrelation von 1:3 lag der Wert lediglich bei 14,8%.

Unterschiede in den Bewertungen zeigen sich auch bei der Stabilität der Durchführung intensivpflegerischer Interventionen. Es wurde erfragt, wie oft es in den letzten sieben Arbeitstagen vorgekommen sei, dass ein Patient eine bestimmte Maßnahme nicht erhalten habe oder ein Fehler passiert sei (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Häufigkeit von ausgelassenen Maßnahmen (häufiger und oft)

Abb. 1 weist die Aussagen mit den größten Spannweiten in den Antworten aus. Der größte Unterschied besteht bei der Mundpflege. Große Unterschiede zeigen sich bei der Überwachung von desorientierten Patienten. Hier geben 37,8% der Befragten, wo eine 1:3-Betreuung die Standardbesetzung ist, an, dass dies innerhalb der letzten sieben Arbeitstage häufiger oder oft vorgekommen sei. Bei den Stationen mit einer 1:2-Betreuung sind es 25,9%. In weiteren Aspekten, die hier nicht abgebildet wurden (Händedesinfektionsfehler, zeitnahes Reagieren auf einen Alarm, Tubuspflege, freiheitseinschränkende Maßnahmen, Medikationsfehler ohne Folgen) sind die Abstände zwischen den Bewertungen geringer. Jedoch überwiegen auch bei diesen Aspekten die benannten Risiken auf den Stationen, die eine 1:3-Betreuung aufweisen.

Ermittelt wurde, ob kritische Zwischenfälle im Zeitraum von Januar bis Oktober 2011 auf der Station vorgekommen sind, die bei einer besseren Personalausstattung mit hoher Wahrscheinlichkeit hätten vermieden werden können (vermeidbare Zwischenfälle). Auch bei dieser Frage zeigt sich, dass Zwischenfälle häufiger bei den Stationen vorgekommen sind, die eine 1:3-Betreuung aufweisen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Häufigkeit von vermeidbaren Zwischenfällen

Der größte Unterschied besteht dabei bei Stürzen aus dem Bett (ohne Folgen). Hier ist die Spannweite mit 18,2% Punkten extrem hoch. Auch das Entfernen eines zentralvenösen Katheters durch den Patienten wird von 17,9% mehr Personen in der Gruppe angegeben, die eine 1:3-Betreuung angeben.

Die Subgruppenanalyse zeigt: Zentrale Aspekte der Patientenversorgung aus der pflegerischen Perspektive verschlechtern sich bei geringerer Personalausstattung.

Personalausstattung und Arbeitssituation der Pflege

Ein weiterer Aspekt der Untersuchung war, ob sich Unterschiede in den Arbeitsbelastungen ergeben und damit Hinweise vorliegen, dass nicht nur die Patientenversorgung, sondern auch die Personalsituation insgesamt schlechter ist, wenn die Anzahl der zu versorgenden Patienten für die Pflegenden höher ist.

In beiden Gruppen fällt die Bewertung zur empfundenen Veränderung der Arbeitsbelastung sehr hoch auch. Zwischen 2010 und 2011 geben 27,3% in der Gruppe der 1:2-Betreuung als voll zutreffend an, dass die Arbeitsbelastung gestiegen sei. In der Gruppe der 1:3-Betreuung sind es sogar 49,6%.

Gefragt wurde nach der Veränderung von Belastungsindikatoren zwischen den Jahren 2010 und 2011. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Prozentwerte der Gruppen an, die die Kategorie „gestiegen“ angaben. Die vier Belastungsmerkmale (Krankheitshäufigkeit, Krankheitsdauer, Krankheitswiederholung und Ernsthaftigkeit der Erkrankung) weisen dabei richtungsstabil höhere Werte in der Gruppe aus, bei denen eine 1:3-Betreuung vorliegt.

Insbesondere die kurzfristige Krankheitswiederholung der Mitarbeiter wird dabei von 17,8% der Befragten höher eingeschätzt (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Belastungsindikatoren zwischen 2010 und 2011

Weitere Unterschiede konnten festgestellt werden bezüglich der Einhaltung vereinbarter Ruhezeiten (freie Wochenenden, „Nachtwachenfrei“) und der Einhaltung von Pausenzeiten sowie der Möglichkeit, durch Teilzeitkräfte Personalengpässe zu überbrücken. Hier werden jeweils schlechtere Werte in der Gruppe der 1:3-Betreuung ermittelt. Keine oder keine nennenswerten Unterschiede konnten bezüglich des zeitnahen Abbaus von Überstunden oder aber der Einhaltung der vereinbarten Urlaube festgestellt werden. Urlaubszeiten wurden sowohl bei den höher als auch bei den niedriger besetzten Stationen sichergestellt (97,2 vs. 97,1%).

Unzureichende Schichtbesetzungen sind auch erlösrelevant

Hinsichtlich der Personalbelastung geben weitere Indikatoren Hinweise darauf, dass sich eine 1:3-Betreuung nachhaltig negativ auswirkt. So wird auch die Fluktuationssteigerung des Personals gegenüber dem Jahr 2010 in der Gruppe der 1:3-Betreuung höher beschrieben (36,3% voll zutreffend/eher zutreffend) als in der Gruppe der 1:2-Betreuung (29,5%). Die zeitnahe Besetzung offener Stellen wird hingegen in der Gruppe der 1:2-Betreuung erfolgreicher beschrieben (43, 9% voll zutreffend/eher zutreffend) als in der anderen Gruppe (40,8%). Eine Erhöhung der Abmeldungen der Intensivstation aufgrund von Personalmangel wird in der Gruppe der 1:2-Betreuung deutlich weniger festgestellt (15,2% voll zutreffend/eher zutreffend) als in der Gruppe der 1:3-Betreuung (27,4%). Gleiches gilt für das Verschieben von großen Operationen. 11,5% in der Gruppe der 1:2-Betreuung beobachteten hier eine Steigerung gegenüber dem Jahr 2010. In der Gruppe der 1:3-Betreuung waren es 20%. Damit kann davon ausgegangen werden, dass sich unzureichende Schichtbesetzungen auch negativ auf die Erlösseite der Krankenhäuser auswirken.

Ableitungen und Handlungsempfehlungen

Die an dieser Stelle vorgestellten Ergebnisse zeigen auf, dass richtungsstabil sowohl zentrale Merkmale der Patientenversorgung als auch der Belastungsseite der Pflegenden schlechter bewertet werden auf Intensivstationen, auf denen eine höhere Patientenversorgung pro Pflegekraft zu leisten ist. Dabei müssen jedoch nicht nur die Gruppenunterschiede, sondern die Gesamtausprägungen der Antworten diskutiert werden. So weisen z. B. hohe Werte bei Problemen der Patientenmobilisierung und der Patientenlagerungen oder aber der psychosozialen Begleitung insgesamt auf eine unzureichende Stabilität in der Patientenversorgung hin.

International gesehen haben die Intensivstationen in Deutschland eine geringere Pflegepersonalausstattung. Auffallend ist, dass es bislang nicht umfassend gelungen ist, die Empfehlungen der Fachgesellschaften umzusetzen und die Pflegepersonalausstattung auf das empfohlene Niveau zu bringen. Darüber hinaus wird deutlich, dass bislang keine hinreichende Erfassung von Risiken und pflegesensitiven Qualitätsindikatoren erfolgt, sodass kein Anschluss an internationale Diskussionen erfolgen kann. Hier werden kurz- und mittelfristig Befragungsergebnisse die Basis der Bewertung bleiben. Es gibt einen großen Bedarf an systematischen Daten, welche die Personalausstattung mit Patientenergebnissen in Verbindung bringen können. Um die Patientensicherheit zu gewährleisten und das Controlling um Aspekte der Pflege zu erweitern, sollte eine intensive Beschäftigung mit entsprechenden Instrumenten, wie dem Safety-Thermometer des National Health Service (NHS) in Großbritannien oder, noch spezifischer, den Indikatoren der National Database of Nursing Quality Indicators (NDNQI; [17]), erfolgen. Diese Indikatoren bilden spezifische pflegesensitive sowie ausstattungsrelevante Merkmale ab und können als Längsschnittdaten eine wichtige Hilfestellung bei der Überprüfung der Versorgungsqualität sein.

Die Ergebnisse zeigen, dass eine verbesserte Ausstattung auch hinsichtlich anderer Herausforderungen einen Vorteil bringen kann. So sind erlösrelevante Effekte zu beobachten. Eine verbesserte Personalausstattung führt offenbar zu weniger Abmeldungen der Stationen bei der zuständigen Leitstelle der Feuerwehr oder den Rettungsdiensten oder auch bei den Verschiebungen von geplanten Operationen. Auch wirkt sich eine bessere Ausstattung positiv auf die Akquisition und die Fluktuation des Personals aus. Dies sind zentrale Aspekte der Personalsteuerung in Zeiten eines allgegenwärtigen Fachkraftmangels.

Die in der Studie vorgestellten deskriptiven Ergebnisse können und sollen krankenhausintern genutzt werden, um die eigene Versorgungsqualität und Situation in den Einrichtungen zu reflektieren, mit den bestehenden Daten abzugleichen und so eine interne Diskussion anzuregen.