Zusammenfassung
Experteninterviews sind ein anschauliches Beispiel dafür, dass die Alltagspraxis empirischer Sozialforschung und deren methodische Reflexion nicht immer parallel verlaufen. Manchmal ist die Anwendung bestimmter Methoden ihrer theoretischen Durchdringung voraus. Oder mit anderen Worten: Experteninterviews werden oft gemacht, aber selten durchdacht Obwohl die Bedeutung von Expertenwissen beider reflexiven Umgestaltung moderner Industriegesellschaften kaum umstritten ist (vgl. Beck 1986; Giddens 1995; Bauman 1995: 239ff.), die Literatur zu Expertenbegriff und Expertenstatus in den verschiedenen Teilarenen sozialwissenschaftlicher Forschung stetig anwächst1 und das Experteninterview als Methode der Datenproduktion ohnehin längst eine prominente Rolle spielt, etwa im Rahmen industrie- und bildungssoziologischer, aber auch politologischer und padagogischer Fragestellungen2, wird die methodische Reflexion auch heute nicht züden vordringlichen Aufgaben gerechnet. Keineswegs soll bestritten werden, dass in den letzten Jahren einzelne aus der jeweiligen Forschungspraxis angeregte Aufsätze mit unterschiedlichen Stoßrichtungen und Systematisierungsinteressen publiziert wurden.3Eingang in Methodenlehrbücher haben derartige Überlegungen bisher jedoch nicht gefunden.4
Eine Kurzfassung einer älteren Version dieses Artikels ist in der Sozialen Welt, Heft 4, 2001 unter dem Titel ,„Detungswissen‘ und Interaktion. Zu Methodologie und Methodik des theoriegenerierenden Experteninterviews“ erschienen.
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Bogner, A., Menz, W. (2002). Das theoriegenerierende Experteninterview. In: Bogner, A., Littig, B., Menz, W. (eds) Das Experteninterview. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93270-9_2
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