Auf Lungenembolie folgt pulmonale Hypertonie

Die FOCUS-Studie liefert Informationen zu möglichen Spätfolgen von akuten Lungenembolien, insbesondere zur wahren Inzidenz sowie zu Prädikatoren der chronischen thromboembolischen pulmonalen Hypertonie. ADie chronische thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) ist eine schwerwiegende und potenziell lebensbedrohende Erkrankung, die aus einer unvollständigen Thrombusauflösung nach Lungenembolie (LE) resultiert. Da die Erkrankung mit einer geschätzten jährlichen Inzidenz von fünf Fällen pro eine Million Menschen in der Bevölkerung selten ist, wäre ein routinemäßiges Screening auf CTEPH ein enorm aufwendiges und kaum realisierbar erscheinendes Unterfangen. Gezieltere Strategie Hilfreicher wäre es, Kriterien oder Indikatoren zu haben, die als „Warnsignal“ den Verdacht auf eine CTEPH verstärken und so die Basis für eine gezieltere Strategie zur Identifizierung von LE-Patienten mit möglicher CTEPH sein könnten. Um sich ein besseres Bild von den Spätfolgen akuter Lungenembolien machen zu können, haben Forschende um Professor Stavros V. Konstantinides von der Universitätsmedizin Mainz vor einiger Zeit die prospektive Kohortenstudie FOCUS auf den Weg gebracht. Sie sollte Aufschluss über die wahre Inzidenz einer CTEPH nach akuten Lungenembolien in einem zweijährigen Beobachtungszeitraum geben. Außerdem haben die Forscher um Konstantinides alle an der FOCUS-Studie beteiligten LE-Patienten in dieser Zeit systematisch auf sogenannte „Post-LE-Einschränkungen“ (post-pulmonary embolism impairment, PPEI) untersucht. Als entsprechende „Einschränkungen“ waren eine im Vergleich zu Voruntersuchungen festgestellte Persistenz pathologischer Veränderungen bzw. Verschlechterungen definiert, die anhand von echokardiografischen Parametern („a“-Kriterien) sowie klinischen, funktionellen und Laborparametern („b“-Kriterien) objektivierbar waren.Darunter fielen etwa echokardiografische Befunde, die eine pulmonale Hypertonie und/oder eine rechtsventrikuläre Dysfunktion anzeigten, sowie Veränderungen von Parametern, die für ein Rechtsherzversagen sprachen. Zwischen September 2014 und Oktober 2018 waren an 17 deutschen Zentren insgesamt 1.098 Patientinnen und Patienten in die Studie aufgenommen worden (Eur Heart J 2022, online 29. April). Regelmäßige Kontrolluntersuchungen erfolgten nach drei, zwölf und 24 Monaten. Daten von 1.017 Teilnehmern bildeten die Basis für die primäre Analyse. Die Follow-up-Dauer nach LE-Diagnose betrug um Median 732 Tage. Die wesentlichen Ergebnisse Eine per Rechtsherzkatherisierung gesicherte CTEPH wurde im Studienverlauf bei 16 Patienten (1,6 Prozent) festgestellt. Das entspricht einer kumulativen 2-Jahres-Inzidenz von 2,3 Prozent. Bis zur CTEPH-Diagnose vergingen dabei im Median nur 129 Tage. In den meisten Fällen (81,3 Prozent) wurde die Diagnose bereits innerhalb von zwölf Monaten nach Index-LE gestellt. Für den koprimären Endpunkt einer anhand echokardiografischer oder anderer Parameter festgestellten „Post-LE-Einschränkung“ ergab sich eine 2-Jahres-Inzidenz von 16 Prozent. „Post-LE-Einschränkungen“ erwiesen sich dabei bezüglich der Eingrenzung der Zielgruppe mit Verdacht auf eine CTEPH als hilfreich: Bei 15 von 16 Betroffenen mit diagnostizierter CTEPH waren entsprechende „Einschränkungen“ festgestellt worden. Daraus resultierte für Patienten mit „Post-LE-Einschränkung“ eine Hazard Ratio von immerhin 393 für eine CTEPH im Vergleich zu Patienten ohne solche „Einschränkungen“. Mortalitätsrate und Inzidenz von Rehospitalisierungen waren in der Subgruppe mit „Post-LE-Einschränkung“ numerisch höher als bei den übrigen Studienteilnehmern. Die Studie und die implementierte Nachsorge könnten nicht nur dabei hilfreich sein, eine CTEPH früher als bisher zu erkennen. Anhand der „Post-LE-Einschränkungen“ lasse sich möglicherweise eine breitere Gruppe von LE-Patienten mit einem erhöhten Risiko für Rehospitalisierungen sowie einer eingeschränkten Lebensqualität identifizieren.

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