Die Qualität einer Ordination hängt nicht zuletzt davon ab, ob und wie moderne Software eingesetzt wird. Dabei ist es bei der Vielzahl der Angebote oftmals gar nicht so einfach, als Praxisinhaber den Durchblick zu bekommen. Wir zeigen, worauf es dabei ankommt.
Was braucht man in der Ordination? Unter anderem die geeigneten Räumlichkeiten in optimaler Lage, eine zeitgemäße Einrichtung, fähiges Personal – und nicht zu vergessen die Arztsoftware, mit der von der Terminkoordination bis zur Abrechnung die wichtigsten Angelegenheiten rasch und professionell erledigt werden können.
Die Übersicht über die verfügbaren Lösungen ist für Ärztinnen und Ärzte allerdings ebenso schwierig wie jene über die aktuelle Entwicklung von E-Health, also dem Einsatz digitaler Technologien im Gesundheitswesen. So sind Wahlärzte in Österreich seit Juli dieses Jahres angehalten, Honorarnoten direkt und digital an die jeweiligen Kassen zu senden. Außerdem brauchen seit Kurzem jene Patienten, welche die „Meine SV“-App nutzen, ihre e-Card in der Ordination nicht mehr in das Lesegerät zu stecken, um den Zugriff auf ELGA zu ermöglichen. Und es bleibt weiter spannend: Ab Anfang 2026 sollen auch Wahlärzte an das e-Card-System angebunden werden – so sieht es zumindest ein Gesetzesentwurf für die jüngste Gesundheitsreform vor.
Zurückhaltung beim Umstieg
„Die Anforderungen an Ärzte steigen, auch wegen Themen wie Datenschutz – da braucht es die passende Hard- und Software“, betont Robert Mischak, Institutsleiter E-Health und Departmentvorsitzender für Angewandte Informatik an der FH Joanneum. Für die einzelne Ordination sei es schwierig, diese technische Infrastruktur am Laufen zu halten – in jedem KMU gäbe es sonst Mitarbeitende, die sich dezidiert darum kümmern.
Domenik Muigg ist Chef von MediPrime, einem Anbieter von Software für Ärztinnen und Ärzte. Er erkennt in Österreich eine gewisse Zurückhaltung, was den Einsatz moderner Lösungen betrifft. „Obwohl sich bei den Produkten sehr viel getan hat, laufen in Ordinationen größtenteils traditionelle Systeme.“ Beispielsweise werden die Daten in vielen Fällen am lokalen Rechner gespeichert – das gibt aber nur scheinbar eine Sicherheit, denn die Lagerung in der Cloud (also in einem Rechenzentrum) ist nicht weniger sicher – im Gegenteil: Bei einem Einbruch in die Ordination oder bei technischen Problemen könnten die lokalen Daten verloren sein. Das bestätigt Mischak: Auch in Ordinationen selbst komme Datenverlust vor. Oft fällt es Ärzten aber schwer, bestehende Abläufe in die digitale Welt zu übertragen: Statt Papier zu verwenden, soll in Zukunft ein Computer eingesetzt werden – das erfordert eine gewisse Umstellung, die mit Ängsten verbunden ist. „Ich habe den Eindruck, dass die Bedeutung einer guten Software noch nicht überall erkannt wird“, ergänzt Mischak. Jede Praxis würde für sich allein arbeiten, es finde auch untereinander wenig Austausch statt. „Ebenso gibt es wenig oder gar keine Anbindung an Spitäler, höchstens an Labore.“
Auswahl der Software
Wo können Ärztinnen und Ärzte also beginnen bei der Suche nach einer modernen Software für die Ordination? Der Dachverband der Sozialversicherungsträger listet jene Softwarehersteller auf, die anerkannt sind. Diese Hersteller bieten spezialisierte Lösungen für verschiedene medizinische Fachgebiete an; auf der aktuellen Liste sind 87 Hersteller angeführt.
Die jeweiligen Lösungen sind entweder für alle Fachgebiete – im Regelfall ohne Zahn, Labordiagnostik und Hausapotheken – geeignet oder nur für bestimmte Bereiche wie Radiologie, Physikalische Medizin oder Psychotherapie. Ärzte können anhand dieser Angaben gezielt nach einer Software suchen, um ihre Praxisabläufe zu verbessern und für Patienten angenehmer zu machen.
Beispiele für Anbieter
Der Markt für Ordinationssoftware ist unübersichtlich, die Auswahl groß – das ist einerseits positiv, weil der Konkurrenzkampf die Preise sinken lässt und sich die Anbieter bei den Zusatzservices etwas einfallen lassen. Andererseits macht das die Auswahl schwierig. In der Branche ist man sich einig, dass das Potenzial für weitere Kunden noch groß ist; viele niedergelassene Ärzte haben veraltete oder gar keine spezialisierte Software im Einsatz. Zu den bekanntesten Anbietern in Österreich zählen neben der bereits erwähnten MediPrime unter anderem Latido, 4myHealth, CGM und Doctena. Die Preise beginnen bei rund 50 Euro monatlich für Basispakete, wobei der Funktionsumfang sehr unterschiedlich sein kann; für Premiumpakete mit umfangreichen Funktionen sind 100 Euro aufwärts pro Monat einzurechnen.
Im Folgenden einige Details zu den erwähnten Anbietern: Latido bietet eine webbasierte Ordinationssoftware an, die Funktionen wie Patientenkartei, Terminverwaltung, Finanzen, Kommunikation und Telemedizin enthält. 4myHealth stellt ebenfalls eine webbasierte Lösung bereit, die Patientenverwaltung, Terminverwaltung, OP-Verwaltung und Rechnungsverwaltung beinhaltet; hier wird im Speziellen die Optimierung für mobile Geräte und die Remote-Unterstützung betont. Auch CompuGroup Medical (CGM) bietet verschiedene Ordinationssoftwareprodukte an, darunter auch CGM Medxpert; die einzelnen Softwarelösungen sind speziell auf Praxisarten wie Kassenarzt, Wahlarzt und Gruppenpraxen zugeschnitten.
Doctena wiederum ist eine Plattform zur Kommunikation mit Patienten, insbesondere zur Terminbuchung, und betont die mehrsprachige Patientenbuchung und die Integration mit anderen Lösungen. MediPrime-Chef Domenik Muigg hat unter anderem das Produkt docsy für Wahlärzte im Angebot, wichtig ist ihm dabei die einfache Bedienung. „Es braucht keine aufwendige Schulung.“ Die Daten werden außerdem in einem Rechenzentrum in Österreich gespeichert, betont Muigg.
Sicherheit im Fokus
Ausgefallene Flüge, gesperrte Kreditkarten, Chaos in Krankenhäusern – ein weltweiter IT-Crash Mitte Juli, verursacht durch ein fehlerhaftes Update der Sicherheitsfirma Crowdstrike und den dadurch ausgelösten Ausfall von Millionen Windows-Rechnern, machte schlagartig bewusst, wie anfällig ITSysteme sein können. Die Ärztekammer forderte danach die Schaffung eines nationalen Kompetenzzentrums, um Qualitäts- und Zertifizierungsstandards zu bestimmen.
Was kann aber der einzelne Arzt in dieser Hinsicht tun? Entscheidend für die Ordination ist, nicht nur bei der Auswahl der Software auf Datenschutz und Sicherheit vor unerlaubten Zugriffen zu achten – es braucht auch regelmäßige Wartung und Updates. Und weil die größte Schwachstelle bei IT-Systemen noch immer der Mensch ist, braucht es entsprechende Maßnahmen: Wer darf auf die Daten zugreifen? Gehen alle Mitarbeiter sorgfältig mit dem System um?
KI auch bei Praxissoftware hilfreich
Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde und wird auch bei Ordinationssoftware in naher Zukunft zum Einsatz kommen. „Es wird möglich sein, Daten unstrukturiert und damit rasch aufzunehmen, die KI könnte diese dann in die richtigen Formate bringen“, erläutert Muigg. Für E-Health-Experten Mischak ist Österreich bei der Verbindung aus IT und Gesundheit aber generell kein großes Vorbild: „Bei E-Health sind wir in Österreich noch immer nicht so weit, wie wir das gerne hätte.“
Im Spitalsbereich sieht es besser aus als bei niedergelassenen Ärzten – bei Letzteren werde noch nicht das erfüllt, was in anderen Ländern wie den skandinavischen schon längst möglich ist. Seine Einschätzung: „Es mangelt noch an den politischen Vorgaben zu E-Health – dabei wäre so viel möglich, etwa die frühe Erkennung von Epidemien durch Auswertung von Daten niedergelassener Ärzte.“ Sollen die Chancen von Big Data, etwa auch zur Bekämpfung chronischer Krankheiten genutzt werden, müssten die Daten niedergelassener Ärzte stärker genutzt werden – diese haben ja höchste Qualität. Derzeit werden stattdessen „irgendwelche Google-Suchen“ verwendet. „Die Politik müsste dem gesamten Bereich mehr Sicherheit geben, auch den Softwareherstellern – die bereiten sich oft jahrelang auf etwas vor und dann kommt es ganz anders“, sagt Mischak.