Vor allem in den drei Monaten nach einer Krebsdiagnose sind Betroffene gefährdet, sich das Leben zu nehmen, legt eine Studie mit US-Veteranen nahe. Das betrifft besonders bestimmte Krebsarten.
Personen, die eine Krebsdiagnose erhalten haben, sind stärker suizid-gefährdet als die Allgemeinbevölkerung. Abhängig von Tumorentität, Stadium, Prognose und weiteren Patientenmerkmalen variiert das Risiko. Forschende haben in einer großen Analyse mit Veteranen herausgefunden, dass besonders Öso-phaguskarzinome und Krebs im Kopf- und Halsbereich mit einem erhöhten Suizidrisiko einhergehen.1
In die Analyse wurden mehr als 4.926.000 US-amerikanische Veteranen einbezogen, die stationär oder ambulant von der Veterans Health Administration versorgt worden waren. Ein Team um Kallisse Dent vom Zentrum für schwere psychische Erkrankungen bei Veteranen in Ann Ar-bor verglich das Suizidrisiko von Personen mit und ohne Krebsdiagnose. Die Nachbeobachtungszeit betrug bis zu sieben Jahre und die Ergebnisse wurden auf potenzielle Störfaktoren wie Alter, Geschlecht und psychische Erkrankungen adjustiert.
Um 47% gesteigertes Suizidrisiko bei Krebserkrankung
Knapp 5% der Untersuchten erhielten eine Krebsdiagnose – in den Jahren danach war ihr Suizidrisiko insgesamt um 47% gesteigert. Die mit dem höchsten Risiko assoziierte Krebsart waren Ösophaguskarzinome. Bei daran Erkrankten war es um das Sechsfache erhöht, bei Personen mit Krebs im Kopf- / Halsbereich um rund das Dreieinhalbfache. Bei Lungenkrebs war es immerhin noch um mehr als das Doppelte gesteigert. Auch ein fortgeschritteneres Krebsstadium ging mit einem erhöhten Suizidrisiko einher: Stadium III und IV korrelierten jeweils mit einem rund 2,4-fach bzw. 3,5-fach erhöhten Risiko.
In den drei Monaten nach der Diagnose waren die Suizidraten am höchsten und blieben auch in den folgenden neun Monaten erhöht. Kurz nach der Diagnose waren Suizide durch Schusswaffen besonders häufig. Die Forschenden betonen, dass das Suizidrisiko unter Veteranen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung besonders hoch ist.
Zusätzliche Prävention erforderlich
Die Autoren der Studie plädieren für zusätzliche Suizidprävention bei Veteranen mit einer Krebsdiagnose. Dazu gehört das Verhindern des Zugangs zu Waffen oder anderen Mitteln zur Selbsttötung, Routineuntersuchungen der psychischen Gesundheit, die Möglichkeit, normal über Suizid sprechen zu können, sowie das Verbessern des Bewusstseins des medizinischen Personals für das erhöhte Suizidrisiko ihrer Patienten und Patientinnen.
Es gibt weitere Studien, die auf ein gesteigertes Suizidrisiko von Personen mit Ösophagus- oder Lungenkarzinomen, Krebs im Kopf- und Halsbereich und Krebs in späten Stadien hindeuten. Dent et al. erklären sich das mit einer verringerten Lebensqualität durch Sprech-, Schluck- und Atemstörungen, mit der schlechten Prognose der Betroffenen sowie möglichen Schuldgefühlen bei Lungenkrebs, der mit bekannten, modifizierbaren Verhaltensweisen assoziiert.
Referenz:
1Dent KR et al., Cancer Medicine 2022; https://doi.org/10.1002/cam4.5146
Quelle: springermedizin.de