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10.06.2022 | Innere Medizin | Studiennews | Online-Artikel

Paracetamol könnte Therapie mit Checkpointhemmern beeinträchtigen

verfasst von: Thomas Müller

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© RFBSIP / stock.adobe.com

Krebskranke sollten möglicherweise bei einer Immuntherapie auf Paracetamol verzichten – das Schmerzmittel scheint die Wirkung der Checkpointinhibitoren deutlich zu schwächen. Darauf deuten sowohl klinische Daten als auch Tierexperimente.

Paracetamol gilt zwar als nebenwirkungsarmes Mittel gegen leichte bis moderate Schmerzen und wird auch häufig von Krebskranken mit fortgeschrittenen Tumoren gegen ihre Schmerzen eingenommen. Allerdings gibt es Hinweise, wonach Paracetamol Immunreaktionen schwächt und daher auch den Nutzen einer Therapie mit Immuncheckpointhemmern (ICI) mindern könnte. Forscherinnen und Forscher um Dr. Alan Bessede vom Unternehmen Explicyte in Bordeaux sowie des Instituts Gustave Roussy in Villejuif bei Paris verweisen auf Untersuchungen, wonach Paracetamol zu einer abgeschwächten Immunresponse nach Impfungen führt, auch scheint das Medikament die Viruseliminierung bei diversen Erkrankungen zu verzögern. In einer eigenen Untersuchung konnten sie nun zeigen, dass eine Paracetamol-Behandlung ebenfalls den Erfolg einer ICI-Therapie zu schmälern scheint: Die Rezidivrate war bei nachweisbaren Paracetamol-Serumspiegeln zu Therapiebeginn bis zu 40%, die Sterberate um rund 80% erhöht.
Das Team um Bessede hatte zunächst Laborwerte von knapp 300 Patientinnen und Patienten mit metastatischem Nierenzellkarzinom aus der Studie CheckMate 25 ausgewertet – hier wurde eine Therapie mit dem PD-1-Blocker Nivolumab gegen Everolimus geprüft. Mit Nivolumab und Paracetamol-Metaboliten im Serum war die Hälfte der Betroffenen nach rund 20 Monaten, ohne Paracetamol nach etwa 30 Monaten gestorben.

Sterberate um 78% erhöht

In einer kleineren Biomarkerstudie mit 34 Erkrankten und metastasierten Tumoren fand das Team um Bessede bei der Hälfte Paracetamol-Metabolite im Serum. Solche Patientinnen und Patienten zeigten eine geringere objektive Response, ein kürzeres progressionsfreies Überleben (PFS) mit 1,9 versus 4,7 Monaten und lebten weniger lang (7,9 Monate versus 16,6 Monate) als solche ohne Paracetamol zu Beginn einer ICI-Therapie. Bestätigen ließen sich die Resultate in der Biomarkerstudie PREMIS bei knapp 300 Erkrankten mit metastasierten Tumoren, die alle eine ICI-Mono- oder Kombitherapie erhalten hatten. Wieder war das PFS mit Paracetamol reduziert (2,6 versus 5,0 Monate), ebenso das Gesamtüberleben (8,4 versus 14,9 Monate). Dies übersetzte sich in eine um 43% erhöhte Rezidiv- und eine um 78% erhöhte Sterberate unter Paracetamol.
Allerdings könnte es auch sein, dass Krebskranke mit Paracetamol weiter fortgeschrittene Tumoren aufweisen und der Paracetamol-Bedarf nur ein Marker für eine ungünstige Prognose, nicht aber dessen Ursache ist.
Die Forscherinnen und Forscher um Bessede schauten daher nach weiteren Hinweisen. So behandelten sie Mäuse mit Darmkrebs mit ICI und Paracetamol. Dies resultierte in einer geringeren Response-, aber höheren Sterberate als ohne Paracetamol-Behandlung. Wie sich zeigte, kam es unter Paracetamol zu einer stärkeren Infiltration der Tumoren mit regulatorischen T-Zellen. In weiteren Laborexperimenten schwächte Paracetamol die Interferon-Gamma-Sekretion von Lymphozyten gesunder Probandinnen und Probanden unter In-vitro-Exposition von Nivolumab. Letzteres werten die Forscherinnen und Forscher um Bessede als wichtigen Hinweis auf den Mechanismus, über den Paracetamol die ICI-Wirkung schwächt. Aufgrund dieser Befunde raten sie zur Vorsicht mit Paracetamol während eine ICI-Behandlung.

Referenz:
Bessede A et al.: Impact of acetaminophen on the efficacy of immunotherapy in cancer patients. Annal Oncol 2020;
https://doi.org/10.1016/j.annonc.2022.05.010

Quelle:
springermedizin.de

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