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12.10.2022 | Innere Medizin | Studiennews | Online-Artikel

Aktiv überwachen: Wer profitiert?

verfasst von: Dr. Elke Oberhofer

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In einer schwedischen Modellrech­nung gab es spezifische Patientengruppen, die von der aktiven Überwachung beim Prostatakarzinom besonders profitieren.

Männern mit einem Prostatakarzinom im Frühstadium kann – abhängig von PSA-Wert, Gleason-Score und Tumorstadium – eine aktive Überwachung („Active Surveillance“, AS) angeboten werden. Im Gegensatz zum „Watchful Waiting“ wird dabei mithilfe von digital-rektaler Untersuchung, PSA-Wert-Bestimmung, MRT und regelmäßigen Biopsien engmaschig kontrolliert, ob sich die biologischen Eigenschaften des Tumors verändert haben. Gegebenenfalls kann dann frühzeitig eine entsprechende Therapie eingeleitet werden. Ob sich dieses Vorgehen auf lange Sicht für die Patienten auszahlt, darüber kann bisher allerdings nur spekuliert werden; die AS befindet sich erst seit 2005 in breitem Einsatz. Ein Team der Universität Uppsala hat hierzu nun eine Simulation durchgeführt, die auf Registerdaten der Prostate Cancer data Base Sweden (PCBaSe) beruht.1
Berücksichtigt wurden Daten von 23.655 Männern, die im Alter zwischen 40 und 75 Jahren an einem Prostatakarzinom im Frühstadium („sehr niedriges“, „niedriges“ oder „intermediäres Risiko“ gemäß der Einteilung des National Comprehensive Cancer Network) erkrankt und aktiv überwacht worden waren. Retrospektiv wurde erhoben, wie sich die Krankheit unter der Strategie entwickelt hatte. In dem Rechenmodell konnte ein Zeitraum von 30 Jahren überblickt werden.

AS keine gute Strategie

Das Team um Dr. Eugenio Ventimiglia kommt zu folgenden Ergebnissen: Für Patienten, die in jüngeren Jahren (unter 60) einen Tumor der intermediären Risikokategorie diagnostiziert bekommen hatten, war die AS offenbar keine gute Strategie. Das Risiko, vor dem 85. Lebensjahr an Prostatakrebs zu versterben, war in dieser Gruppe vergleichsweise hoch (z. B. 15 % bei Diagnose im Alter von 55 Jahren). Ferner war die Spanne, die die Patienten ohne belastende Therapie auskamen, relativ gering (höchstens ein Drittel der verbleibenden Lebenszeit).
Wer dagegen eindeutig profitierte, waren Patienten, bei denen man erst jenseits der 65 einen Niedrigrisiko-Tumor entdeckt hatte. Hier lag die entsprechende Mortalität bei maximal 5 % und der Anteil der therapiefreien Lebensjahre zwischen 62 % und 77 %. Für diese letztere Gruppe sei die aktive Überwachung folglich „eine sichere Strategie“, folgern Ventimiglia und seine Mitforschenden. Zu erwägen ist die AS den Daten zufolge aber noch bei einer weiteren Gruppe: Patienten unter 65 mit einem Tumor der Kategorie „sehr niedriges Risiko“. Hier waren max. 9% vor dem 85. Lebensjahr an ihrer Erkrankung verstorben.
Wurde die Diagnose z. B. mit 55 Jahren gestellt, konnten Patienten mit einem solchen Tumor noch knapp die Hälfte der verbleibenden Lebenszeit therapiefrei verbringen. In einem begleitenden Editorial weist Ahmed O. Elmehrath von der Universität Kairo auf die vergleichsweise schweren Nebenwirkungen hin, die z. B. eine Hormon- oder Chemotherapie des Prostatakarzinoms für die Patienten haben kann. Diese reichten von kardiovaskulären Problemen bis hin zur Entwicklung anderer Tumorentitäten. In dieser Hinsicht sei die AS „ein Mittelweg zwischen der Vermeidung unnötiger Therapien und der Reduktion des krebsbedingten Sterberisikos“.

Referenz:
1Ventimiglia E et al., JAMA Netw Open 2022; 5(9): e2231015; https://doi.org/10.1001/
jamanetworkopen.2022.31015

Quelle: springermedizin.de

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