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Erschienen in:

Open Access 11.04.2025 | Originalien

Indikationen zur chirurgischen Intervention und mögliche Operationsverfahren bei chronischer Pankreatitis

verfasst von: Arnaud Lambrecht, Susanne Roth, Ulrich Ronellenfitsch, Martin Loos, Christoph Michalski

Erschienen in: Journal für Gastroenterologische und Hepatologische Erkrankungen | Ausgabe 1/2025

Zusammenfassung

Mit einer Prävalenz von nahezu 1 % ist die chronische Pankreatitis in Europa keine seltene Erkrankung. Neben sozioökonomischen Folgen bestehen erhebliche Konsequenzen für die Lebensqualität der Patienten. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Behandlungsstrategie der chronischen Pankreatitis, einer Erkrankung, bei der Patienten häufig erst spät an den Chirurgen verwiesen werden. Dabei kann eine frühzeitige chirurgische Intervention eine signifikante Verbesserung der Krankheitsoutcomes bewirken. Die Indikation zur Operation sollte daher bereits früh im Krankheitsverlauf in einem interdisziplinären Expertengremium („viszeralmedizinisches Board“) diskutiert werden. Derzeit stehen verschiedene indikationsspezifische, symptombezogene chirurgische Therapieoptionen zur Verfügung, die vor allem auf Schmerzlinderung, Behandlung von Komplikationen, Resektion bei Verdacht auf Malignität und Verbesserung der Lebensqualität abzielen. Der Artikel beleuchtet die Risiken und Komplikationen dieser komplexen Eingriffe sowie die zukünftigen Perspektiven der Chirurgie bei chronischer Pankreatitis.
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Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Einleitung

Die chronische Pankreatitis ist eine progressive Erkrankung und beginnt klassischerweise mit rezidivierenden Entzündungsschüben. Die Schübe sind mit Schmerzepisoden verbunden, die meist gürtelförmig im Oberbauch lokalisiert sind. Im Verlauf führen morphologische Veränderungen des Pankreas zu intraduktaler und interstitieller Druckerhöhung mit konsekutiver Pankreasgangdilatation und parenchymatöser Atrophie. Hierdurch kommt es zu einem progressiven Verlust der exokrinen und endokrinen Funktion mit Maldigestion und Diabetes mellitus. Außerdem können Komplikationen entstehen wie beispielsweise Pankreasgangstenosen, Duodenalstenosen, Gefäßkomplikationen wie eine Pfortaderthrombose, eine Kompression der Gallenwege, Cholangitiden, Mangelernährung und vor allem ein komplexes Schmerzsyndrom. Zu erwähnen sind Subgruppen der chronischen Pankreatitis ohne Schmerzen (ca. 30 %) und ohne vorherige akute Pankreatitisschübe (ca. 50 %). Die Pathogenese der chronischen Pankreatitis in diesen Subgruppen ist noch unklar [1].
Die weltweite Inzidenz der akuten Pankreatitis liegt bei etwa 34/100.000 Einwohnern und Jahr, die der chronischen Pankreatitis bei 10/100.000 Einwohnern und Jahr. Die Prävalenz der chronischen Pankreatitis liegt in Deutschland bei 0,7 %. Die häufigsten Ursachen sind übermäßiger Alkoholkonsum (50–84 %), Tabakrauchen und genetische Varianten. In 9–60 % der Fälle liegt eine idiopathische Genese vor [2]. In diesen Patientengruppen bestehen häufig schwere Begleiterkrankungen, wie fortgeschrittene chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und Leberzirrhose, die das Operationsrisiko deutlich erhöhen und damit das Spektrum der sinnvoll möglichen Operationen und Interventionen deutlich einschränken. Die Mortalität ist bei chronischer Pankreatitis im Vergleich zur Normalbevölkerung um das 3,6-Fache erhöht. Die 10-Jahres-Überlebensrate beträgt 70 % [3]. Dominantes Symptom der Erkrankung ist ein multifaktorielles Schmerzsyndrom, dessen Pathophysiologie noch nicht vollständig geklärt ist. Strukturelle Veränderungen des Pankreasparenchyms und neuropathische Komponenten scheinen eine wesentliche Rolle zu spielen. Häufig führen die Schmerzen zur Opiatabhängigkeit und werden letztlich therapierefraktär. Die chronische Pankreatitis hat neben sozioökonomischen Folgen erhebliche Konsequenzen für die Lebensqualität der Patienten. Die Schmerzlinderung ist daher von zentraler Bedeutung in ihrer Behandlung.
Dieser Artikel behandelt die Indikationen für eine chirurgische Behandlung bei chronischer Pankreatitis, den optimalen Zeitpunkt für eine Operation im Rahmen eines Stufenmodells („step-up approach“) sowie den Vergleich zwischen endoskopischen und frühzeitigen chirurgischen Verfahren. Anschließend wird ein kurzer Überblick über die verschiedenen verfügbaren Operationsmethoden gegeben, von denen einige speziell für die chronische Pankreatitis entwickelt wurden. Zuletzt werden die Risiken und Komplikationen dieser komplexen Eingriffe sowie zukünftige Perspektiven für die Chirurgie bei chronischer Pankreatitis beleuchtet.

Wann soll der Patient mit chronischer Pankreatitis zum Chirurgen gehen?

Ein erheblicher Anteil der Patienten mit chronischer Pankreatitis entwickelt im Verlauf eine Befundkonstellation, bei der eine chirurgische Therapie eine relevante Verbesserung verschiedener Outcomes bewirken kann. Parallel zum chirurgischen Vorgehen sollte immer ein Suchtverhalten identifiziert und ggf. auch behandelt werden. Neben einer psychologischen Begleitung, vor allem bei Nikotin- und Alkoholabusus (Entwöhnungsprogramme) ist eine diätologische Betreuung im multidisziplinären Behandlungsteam sowie eine perioperative Prä- und Rehabilitation dringend zu empfehlen.
Aktuell etablierte Operationsindikationen werden im Folgenden beschrieben. Das komplexe Schmerzsyndrom ist bei chronischer Pankreatitis medikamentös schwer zu behandeln. Es besteht ein starker Konsens für die chirurgische Therapie der chronischen Pankreatitis bei Patienten mit therapierefraktären Schmerzen [4]. Nach Beginn einer Schmerztherapie mit Opiaten sollte frühzeitig eine Operation im Sinne einer Resektion des „Schmerzschrittmachers“ erwogen werden [5]. Symptomatische oder > 5 cm durchmessende asymptomatische Pseudozysten können operativ behandelt werden. Meistens werden diese primär endoskopisch intern drainiert, je nach Lokalisation kann jedoch eine Operation als resezierendes oder drainierendes Verfahren notwendig sein [5]. Bei länger bestehender chronischer Pankreatitis kann eine symptomatische Duodenalstenose mit Passagestörung auftreten. Diese sollte operativ behandelt werden. Eine obstruktive Cholestase durch narbige Veränderungen oder einen entzündlichen Pankreaskopftumor kann primär operativ behandelt werden. Falls zunächst eine endoskopische Stenttherapie versucht wird, sollte bei Versagen spätestens nach einem Jahr operiert werden [5].
Das Standardverfahren bei chronischer Pankreatitis mit entzündlichem Pseudotumor des Pankreaskopfs ist die Pankreaskopfresektion. Symptomatische Pankreasgangsteine in distaler Lage, die endoskopisch nicht erreichbar sind, stellen ebenfalls eine Operationsindikation dar. Je nach Lokalisation und bei fehlendem entzündlichem Pseudotumor des Pankreaskopfs kann eine Drainageoperation hier eine elegante Lösung sein. Bei Malignitätsverdacht, insbesondere bei refraktärer Stenose des Gallengangs mit Cholestase, ist eine onkologische Resektion indiziert. Das Malignitätsrisiko der chronischen Pankreatitis liegt bei mindestens 2 % in 10 Jahren [4]. Patienten mit hereditärer chronischer Pankreatitis haben ein deutlich erhöhtes Entartungsrisiko von 40–55 % während ihrer Lebenszeit, eine prophylaktische Resektion kann hier in Betracht gezogen werden [4].

Zeitpunkt der Chirurgie

Bei den meisten o. g. Komplikationen der chronischen Pankreatitis sind die Operationsindikationen klar definiert. In Bezug auf das komplexe Schmerzsyndrom wird die Indikation zur Operation oft spät gestellt. Der Zeitpunkt der Chirurgie ist allerdings entscheidend für die Effektivität der postoperativen Schmerzlinderung. So zeigte sich, dass repetitive endoskopische Interventionen und eine bereits etablierte Schmerztherapie mit Opiaten negative Prädiktoren für eine nachhaltige Schmerzkontrolle nach einer Operation sind [5, 6]. Spätestens mit Beginn einer Schmerztherapie mit Opiaten sollte daher die Indikation zur Operation geprüft werden [7, 8]. Eine nicht ausreichende postoperative Schmerzkontrolle wird einer zentralen Sensibilisierung und pronozizeptiven absteigenden Schmerzmodulation zugeschrieben [9]. Es ist daher entscheidend, chirurgische Optionen zu erwägen, bevor eine Opiatabhängigkeit und neuropathische Schmerzen entstanden sind.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Leonhardt et al. hat die therapeutische Relevanz eines frühzeitigen chirurgischen Eingriffs (duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion) insbesondere hinsichtlich Schmerzlinderung und Lebensqualität untermauert. Ein längeres Zeitintervall zwischen Diagnose und Operation war mit einem schlechteren postoperativen Ergebnis, gemessen anhand des Izbicki-Schmerzscores, assoziiert [10].

Endoskopie vs. Chirurgie

Bisher wird die endoskopische Therapie hauptsächlich zur Entfernung von Pankreasgangsteinen und Dilatation bei Stenosen eingesetzt. Falls Schmerzen medikamentös nicht suffizient kontrollierbar sind, ist die Endoskopie häufig die erste vorgeschlagene Intervention, gegebenenfalls in Kombination mit einer extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie. Bei Stenosen des Ductus pancreaticus ist eine Dilatation mit Einlage eines Plastikstents und regelmäßigem Wechsel gewöhnlich die primär angestrebte Therapie [7]. Mehr als 70 % der Patienten können hierdurch Schmerzfreiheit erreichen [11].
Zahlreiche Studien haben den therapeutischen Wert frühzeitiger Chirurgie mit interventioneller Endoskopie bei obstruktiver chronischer Pankreatitis mit Schmerzsyndrom verglichen. Die kürzlich veröffentlichte randomisiert-kontrollierte ESCAPE-Studie mit 88 Patienten zeigte, dass die langfristige Schmerzlinderung durch frühzeitige Chirurgie deutlich effektiver war. Im Vergleich zu der „Endoscopy-first“-Gruppe zeigte sich in der „Early-surgery“-Gruppe ein niedrigerer Izbicki-Schmerzscore nach 18 Monaten (37 vs. 49 Punkte), bei gleichzeitig nichtsignifikantem Unterschied hinsichtlich Komplikationen (27 % vs. 25 %) und Mortalität (0 %) zwischen beiden Gruppen [8]. Weitere randomisiert-kontrollierte Studien [12, 13] und Metaanalysen [14, 15] zeigten ebenfalls bessere langfristige Ergebnisse für die Schmerzlinderung nach Chirurgie im Vergleich zur endoskopischen Intervention.

Über welche operativen Verfahren verfügen wir?

Aktuell steht eine breite Auswahl an indikationsspezifischen symptombezogenen chirurgischen Therapien der chronischen Pankreatitis zur Verfügung. Hauptziele sind Schmerzlinderung, Behandlung von Komplikationen, Resektion bei Malignitätsverdacht und eine Verbesserung der Lebensqualität. Dank eines besseren Verständnisses der Pathophysiologie, besserer Patientenselektion und Optimierung der Operationstechniken wurde der Stellenwert der Chirurgie in der Behandlung der chronischen Pankreatitis zunehmend gestärkt.
Die Chirurgie bei chronischer Pankreatitis verfügt über drainierende und resezierende Verfahren. Bisherige Studien haben für drainierende Verfahren jedoch nur bei ausgewählten Indikationen gute Langzeitergebnisse gezeigt. Ab einer Erweiterung des Hauptpankreasgangs über 7 mm wird davon ausgegangen, dass die Schmerzen durch eine intraduktale und interstitielle Druckerhöhung erzeugt werden und dass ein drainierendes Verfahren, wie die longitudinale Pankreatikojejunostomie nach Partington-Rochelle, effektiv sein kann ([16]; Abb. 1). Trotz kompletter Drainage von Ductus wirsungianus und santorini kann jedoch bei 40 % der Patienten hierdurch langfristig keine Schmerzlinderung erreicht werden, insbesondere bei gleichzeitig entzündlich vergrößertem Pankreaskopf.
Abb. 1
Longitudinale Pankreatikojejunostomie nach Partington-Rochelle. (Bild entnommen von [17]. © 2012 Edizioni Minerva Medica)
Bei chronischer Pankreatitis mit Komplikationen wie insbesondere einer Cholestase kommen je nach Lokalisation resezierende Eingriffe wie die (pyloruserhaltende) partielle Pankreatoduodenektomie, die duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion (DEPKR) und die Pankreaslinksresektion zum Einsatz. Es wird angenommen, dass der „Schmerzschrittmacher“ meist im Pankreaskopf lokalisiert ist, sodass bei im Schwanzbereich lokalisierter chronischer Pankreatitis eine kritische Beurteilung der präoperativen Bildgebung essenziell ist, da eine befriedigende Schmerzlinderung bei nur 55 % der Patienten durch eine Pankreaslinksresektion erreicht werden konnte. Nur eine voluminöse Pseudozyste im Pankreasschwanz als Zielstruktur der Operation ist hier ein Prädiktor eines guten postoperativen Ergebnisses [18].
Die DEPKR als kombiniert resezierendes-drainierendes Verfahren kann bei Patienten mit chronischer Pankreatitis und entzündlichem Pankreaskopftumor durchgeführt werden. Hierbei wird der erkrankte Pankreaskopf unter Erhalt des Duodenums subtotal reseziert, sodass eine suffiziente Gangdrainage erzielt werden kann. Eine befriedigende langfristige Schmerzlinderung kann bei > 80 % der Patienten erreicht werden [19]. Zunächst entwickelte Beger ein Verfahren der DEPKR, bei dem das Pankreas auf Pfortaderebene durchtrennt und der Pankreaskopf subtotal reseziert wird, was zu einer Dekompression von Pankreas- und Gallengang führt (Abb. 2). Voraussetzung für langfristig befriedigende symptomatische und funktionelle Ergebnisse ist ein gut sondierbarer Restpankreasgang ohne Stenosen. Zwei Anastomosen (Pankreatikojejunostomien) sind für diese Technik erforderlich.
Abb. 2
DEPKR nach Beger. a Ausschälung des Pankreaskopfs und Durchtrennung auf Pfortaderebene. b Rekonstruktion mit 2 Pankreatikojejunostomien. (Bild entnommen von [20]. © Springer Medizin Verlag 2008)
Die Technik wurde nachfolgend hinsichtlich des Ausmaßes der Pankreaskopfresektion und Technik der Pankreasanastomose so modifiziert, dass auf die bei chronischer Pankreatitis aufgrund der ausgeprägten entzündlichen Alterationen häufig schwierige und morbiditätsträchtige Dissektion auf Pfortaderebene verzichtet werden kann (Technik nach Frey, Berner Modifikation). Bei der Technik nach Frey erfolgt die Ausschälung des Pankreaskopfs mit longitudinaler Pankreatikojejunostomie nach Gangspaltung entsprechend der Partington-Rochelle-Drainageoperation (Abb. 3). Das Pankreasgewebe wird nicht komplett nach dorsal durchtrennt, sodass lediglich eine Anastomose erforderlich ist [20].
Abb. 3
DEPKR nach Frey. a Umschriebene Resektion des Pankreaskopfs und longitudinale Spaltung des Pankreasgangs. b Rekonstruktion mit einer langen Pankreatikojejunostomie. (Bild entnommen von [20]. © Springer Medizin Verlag 2008)
Bei der Berner Modifikation wird im Gegensatz zur Technik nach Frey bei gut durchgängigem Pankreasgang keine längerstreckige Gangspaltung durchgeführt, jedoch werden die ventralen Wandanteile des Gallengangs reseziert (Abb. 4). Auch diese Rekonstruktion erfordert lediglich eine Pankreasanastomose [20].
Abb. 4
DEPKR, Berner Modifikation. a Ausschälung des Pankreaskopfs ohne Durchtrennung auf Pfortaderebene. b Rekonstruktion mit einer Pankreatikojejunostomie nach Eröffnung des Gallengangs. (Bild entnommen von [20]. © Springer Medizin Verlag 2008)
Die beschriebenen duodenumerhaltenden kombiniert resezierenden-drainierenden Verfahren scheinen einem resezierenden Verfahren unter Mitnahme des Duodenums gleichwertig zu sein. Die randomisierte multizentrische ChroPac-Studie stellte keine Unterschiede in der Lebensqualität innerhalb von 24 Monaten nach DEPKR oder partieller Pankreatoduodenektomie bei chronischer Pankreatitis fest. Auch die Rate an schweren postoperativen Komplikationen war nicht signifikant unterschiedlich [21].
Ein Vergleich zwischen den einzelnen kombiniert resezierenden-drainierenden Verfahren wurde mittels Netzwerkmetaanalysen durchgeführt. Hier zeigte sich kein über mehrere relevante Outcomes konsistenter Vorteil für eines der Verfahren über die jeweils anderen [22, 23].
In seltenen Fällen ist bei chronischer Pankreatitis eine totale Pankreatektomie indiziert. Diese wird zunehmend in Kombination mit autologer Inseltransplantation (TPIAT) in Leber oder Skelettmuskulatur durchgeführt, was mit einem verminderten Insulinbedarf und verbesserter Lebensqualität assoziiert ist. Eine mögliche Rolle der TPIAT für alle Patienten mit chronischer Pankreatitis, die einem resezierenden Verfahren unterzogen werden, ist noch unklar [24].
In der Zeit der minimal-invasiven Chirurgie könnten robotische Operationsverfahren insbesondere bei duodenumerhaltenden Eingriffen auch bei selektierten Patienten mit chronischer Pankreatitis zukünftig angewendet werden. Es sind aber weitere Studien erforderlich, um die Sicherheit dieser Ansätze bei der chronischen Pankreatitis zu belegen.

Was sind die Risiken und potenziellen Komplikationen derartiger Eingriffe?

Bevor eine chirurgische Behandlung bei Patienten mit chronischer Pankreatitis geplant wird, sollten die Risiken und potenziellen Komplikationen ausführlich mit dem Patienten besprochen werden. Die häufigsten perioperativen Komplikationen sind Blutung, Infektion, Kollektion/Abszess, Pankreasfistel, Anastomoseninsuffizienz und Magenentleerungsstörung. Das perioperative Risiko des Patienten insbesondere im Hinblick auf eventuell bestehende Begleiterkrankungen bzw. Folgezustände der chronischen Pankreatitis, wie Leberzirrhose, COPD oder Pfortaderthrombose, muss stets streng gegen den zu erwartenden Nutzen der Operation abgewogen werden. Bei prohibitiv hohem Risiko muss ein konservatives oder interventionelles Vorgehen bevorzugt werden.
Mittelfristige bis langfristige Folgen der Operation sind vor allem das Auftreten eines pankreopriven Diabetes mellitus, Malabsorption, Mangelernährung und Kachexie bei exokriner Pankreasinsuffizienz, anhaltender oder rezidivierender chronischer Schmerz, Strikturen von Gallenwegen oder Darm, Passagestörung und Flüssigkeitskollektionen/Pseudozysten.
Eine postoperative Betreuung im Sinne einer strukturierten Nachsorge in spezialisierten Zentren mit regelmäßiger Kontrolle der exokrinen und endokrinen Pankreasfunktion, möglicher Anzeichen einer Cholestase bzw. Cholangitis sowie der Schmerzsituation wird dringend empfohlen, um eine frühzeitige Erkennung und effektive Behandlung dieser Komplikationen zu gewährleisten.

Therapiestrategie für die Zukunft

Bis vor Kurzem wurden Patienten mit chronischer Pankreatitis so lange wie möglich konservativ therapiert. Medikamentöse Schmerztherapie und endoskopische Interventionen spielten die wichtigste Rolle für Schmerzlinderung und Komplikationsmanagement. Aktuelle Studien haben jedoch gezeigt, dass die Patienten von einem frühzeitigeren operativen Eingriff profitieren. Daher sollten Patienten mit chronischer Pankreatitis bereits früh im Krankheitsverlauf analog zu onkologischen Erkrankungen verpflichtend in einem multidisziplinärem Expertengremium („viszeralmedizinisches Board“) besprochen werden und nicht erst in einem fortgeschrittenen Stadium nach Ausschöpfung sämtlicher konservativer und interventioneller Therapiemöglichkeiten in der Chirurgie vorgestellt werden. Unter sorgfältiger Abwägung möglicher therapeutischer Effekte und Komplikationen sowie Analyse erschwerter Operationsbedingungen wie beispielsweise durch portale Hypertension (bei Pfortaderverschluss oder -thrombose) sollte das ideale Operationsfenster nicht verpasst werden.
Zur weiteren Optimierung multimodaler Therapiekonzepte und therapeutischen Stratifizierung von Patienten mit chronischer Pankreatitis sollten patientenzentrierte Ergebnisse wie Schmerzaspekte und Lebensqualität im Fokus zukünftiger Studien stehen.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

A. Lambrecht, S. Roth, U. Ronellenfitsch, M. Loos und C. Michalski geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

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Metadaten
Titel
Indikationen zur chirurgischen Intervention und mögliche Operationsverfahren bei chronischer Pankreatitis
verfasst von
Arnaud Lambrecht
Susanne Roth
Ulrich Ronellenfitsch
Martin Loos
Christoph Michalski
Publikationsdatum
11.04.2025
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Journal für Gastroenterologische und Hepatologische Erkrankungen / Ausgabe 1/2025
Print ISSN: 1728-6263
Elektronische ISSN: 1728-6271
DOI
https://doi.org/10.1007/s41971-025-00223-9