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Ärzte Woche

11.04.2023 | Impfungen

Der neue Impfplan zu HPV

verfasst von: Claudio Polzer

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Eine Neuerung im Österreichischen Impfplan eröffnet die kostenfreie HPV-Impfung für alle Personen zwischen dem vollendeten 9. bis zum vollendeten 21. Lebensjahr. Aber auch bei älteren Personen kann eine Vakzination sinnvoll sein. Lesen Sie die Details zum aktuellen Impfschema.



Der HPV-Impfstoff

Die Wirksamkeit der HPV-Impfung ist unstrittig und auch die Wirksamkeitsdauer ist evident. Studien zum 2015 zugelassenen 9-fach-Impfstoff Gardasil 9 zeigen bei Jugendlichen 2 und bei 16- bis 26-jährigen Frauen 3 eine bislang acht Jahre anhaltende Schutzdauer. Für den seit 2006 zugelassenen 4-fach-Impfstoff ist nach bis zu 14 Jahren noch eine Wirksamkeit von 100 Prozent nachgewiesen. 4 Wichtiger Hinweis: Die HPV-Impfung ist für Frauen und für Männer gleichermaßen von Bedeutung, wird deshalb auch für beide Geschlechter empfohlen und gratis bis zum vollendeten 21. Lebensjahr angeboten.

Das HPV-Impfschema

  • Für Kinder/Jugendliche ab dem vollendeten 9. Lebensjahr und bis zum vollendeten 21. Lebensjahr wird ein 2-Dosen-Schema empfohlen: Die zweite Teilimpfung soll mindestens sechs und maximal zwölf Monate nach der 1. Teilimpfung erfolgen. Wurde die 2. Teilimpfung früher als fünf Monate nach der ersten Dosis verabreicht, wird eine 3. Dosis notwendig, die sechs bis acht Monate nach der 2. Dosis erfolgen soll.
  • Bei Erwachsenen ab dem vollendeten 21. Lebensjahr ist für die Erreichung des gleichen Schutzes ein 3-Dosen-Schema erforderlich: Die 2. Dosis sollte zwei Monate nach der 1. Dosis erfolgen, die 3. Dosis sechs bis acht Monate nach der 2. Dosis. Die Empfehlung gilt allgemein für Personen bis zum 30. Lebensjahr. Danach wird die HPV-Impfung optional bei bestimmten Indikationen empfohlen (s. u.).


Spezielle Aspekte

Impfung ab dem 30. Lebensjahr: Bei Personen, die älter als 30 Jahre alt sind, ist die prophylaktische Wirkung weniger ausgeprägt, da sie mit höherer Wahrscheinlichkeit bereits Kontakt mit HPV hatten. Eine Impfung kann jedoch neuerliche Infektionen mit demselben sowie auch mit anderen, durch den Impfstoff erfassten Subtypen 5 und auch (autogene) Reinfektionen verhindern. 6,7 Jedenfalls angeraten ist eine HPV-Impfung nach dem vollendeten 30. Lebensjahr in folgenden Fällen:

  • Bei angeborener oder erworbener Immunsuppression, wie z. B. HIV-Infektion, nach Organtransplantation oder bei immunsupprimierender Therapie. Die Impfung sollte vor Beginn der Immunsuppression oder nach immunsuppressiver Therapie verabreicht werden, altersunabhängig als 3-Dosen-Schema.
  • Bei Autoimmunerkrankungen wie Sklerodermie, Kollagenosen etc.
  • Bei Expositionsrisiko.

Liegen bereits Kondylome oder Dysplasien im Genitalbereich vor, ist dies kein Ausschlussgrund für eine Impfung. Sie hat zwar keinen unmittelbaren therapeutischen Effekt, kann aber zur Reduktion von Rezidiven nach Behandlung beitragen. 8

Frauen, bei denen wegen hochgradiger zervikaler intraepithelialer Dysplasien (HSIL bzw. CIN 2-3) eine Konisation notwendig wurde, erhalten bis zum 45. Lebensjahr die Kosten der HPV-Impfung erstattet. Dies ist jedoch chefarztpflichtig und muss bewilligt werden. Durch eine Impfung nach Konisation können zwei Drittel der Rezidive vermieden werden. 9

Vorimpfung mit anderem Impfstoff: Personen, die zuvor mit einem 2- oder 4-fach-Impfstoff geimpft wurden, sind vor den darin erhaltenen Subtypen geschützt. Die Ausweitung des Impfschutzes auf die neun wichtigsten HPV-Subtypen kann ohne erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen durch eine vollständige Impfserie mit dem 9-valenten Impfstoff durchgeführt werden. 10 Das heißt: bei Personen unter dem vollendeten 21. Lebensjahr zwei Impfungen, ab dem vollendeten 21. Lebensjahr drei Impfungen mit dem 9-valenten Impfstoff. Dies gilt auch, wenn bislang nur eine Teilimpfung mit dem 4-valenten Impfstoff erfolgt ist.

Postexpositionelle Prophylaxe: Bei infektionsgefährdendem Sexualverkehr oder nach sexuellem Missbrauch 11 ist eine HPV-Impfung indiziert, altersabhängig als zwei- bzw. dreimalige Impfung.

Während der Schwangerschaft wird die HPV-Impfung nicht empfohlen, in der Stillzeit kann sie aber angewendet werden.

Referenzen:

1. Impfplan Österreich, BMSGPK; https://bit.ly/3FYnNv6

2. Joura E. EUROGIN 2018. 3.12.2018, Lissabon

3. Kjaer SK et al. Hum Vaccin Immunother. 2021;17(4):943-9

4. Kjaer SK et al. E Clinical Medicine. 2020; 23:100401

5. Castellsague X et al. Br J Cancer 2011; 105:28–37

6. Beachler DC et al. JNCI J Natl Cancer Inst 2015;108(1):djv302

7. Joura E et al. BMJ 2012;344:1-14

8. Jentschke M et al. Vaccine 2020; 38(41):6402-9

9. Ghelardi et al. Gynocol Oncol 2018; 151:229–34

10. Van Damme P et al. Vaccine 2016;34:757–61

11. Meites E et al. MMWR Morb Mort Wkly Rep. 2019;68(32):6 98–702

„Es gibt keine obere Altersgrenze“

Am wirkungsvollsten ist die HPV-Impfung, wenn sie vor dem sexuell aktiven Leben erfolgt. Das bedeutet aber nicht, dass eine Impfung zu einem späteren Zeitpunkt keine Vorteile hat. „Wissenschaftliche Daten haben wir bis zum 45. Lebensjahr“, erläutert Prof. Dr. Paul Sevelda im Gespräch mit Claudio Polzer.

Sie kämpfen als Präsident der Österreichischen Krebshilfe seit Jahren für die Ausweitung des kostenfreien HPV-Impfangebotes. Was sagen Sie zu der Neuerung?

Paul Sevelda: Ein toller Erfolg. Es ist großartig, dass wir diese hocheffektive Impfung allen Jugendlichen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr anbieten können. Der Sozialminister, die Verteidigungsministerin und die Staatssekretärin im Bundeskanzleramt haben sich in dieser Sache sehr eingesetzt. Allerdings heißt der politische Beschluss noch nicht, dass es auch umgesetzt wird. Wir müssen in den nächsten Jahren permanent für die Impfung werben und die Umsetzung voranbringen. Da gibt es noch Stolpersteine bzw. Hausaufgaben zu erledigen, wie den elektronischen Impfpass und die webbasierte Dokumentationsmöglichkeit auch für Wahlärzte.

Sollen sich Personen, die bereits den 4-valenten Impfstoff erhalten hatten, noch einmal mit dem 9-valenten Impfstoff impfen lassen?

Paul Sevelda: Der Impfschutz kann so von circa 70 Prozent auf 90 bis 95 Prozent gesteigert werden. Ich empfehle deshalb allen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr, die vor sieben oder acht Jahren die 4-fach-Impfung bekommen haben, sich die 9-fach-Impfung geben zu lassen. Seit 2016 ist ja bereits die 9-fach-Impfung im Schulimpfprogramm enthalten. Eine Auffrischung ist da übrigens nicht erforderlich. Nach allem, was wir wissen, hält der Impfschutz ein Leben lang.

Würden Sie auch Personen, die älter als 30 Jahre sind, die HPV-Impfung empfehlen?

Paul Sevelda: Grundsätzlich ja. Es hängt natürlich auch von Lebensumständen ab. Wissenschaftliche Daten haben wir bis zum 45. Lebensjahr. Aber es gibt keine obere Altersgrenze, wo man sagen müsste, dass die Impfung keinen potenziellen Vorteil mehr bringt, und 30 Jahre ist sicher keine solche Altersgrenze.

Prof. Dr. Paul Sevelda war über 20 Jahre lang Leiter der Abteilung für Gynäkologieund Geburtshilfe, Brustgesundheitszentrum, des Krankenhauses Hietzing. Seit seiner Pensionierung leitet er weiterhin das Karl Landsteiner Institut für Gynäkologische Onkologie und Senologie.

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Metadaten
Titel
Der neue Impfplan zu HPV
Publikationsdatum
11.04.2023
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 15/2023

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