Die häufigsten Ursachen für die Entstehung einer Hyperthyreose sind die Immunthyreopathie Basedow sowie die Schilddrüsenautonomie. Für die Diagnosestellung sind die Bestimmung der TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK) nebst Thyroidea-stimulierendem Hormon (TSH), freiem Thyroxin (fT4) und freiem Trijodthyronin (fT3) wichtig. Die Bestimmung der T3/T4-Ratio kann in der Abgrenzeng einer Immunthyreopathie Basedow zu einer destruktiven Thyreoiditis hilfreich sein. Bei der Immunthyreopathie Basedow sind das typische sonographische Bild einer hypoechogenen Schilddrüse mit erhöhter Vaskularisation und zunehmend auch die quantitative Bestimmung der Durchblutung in Form der „peak systolic velocity“ (PSV) weitere diagnostische Hilfsmittel. Die Szintigraphie hat bei der Diagnosestellung der Schilddrüsenautonomie nach wie vor ihren Stellenwert.
Therapeutisch steht bei der Immunthyreopathie Basedow die medikamentöse, thyreostatische Therapie vorrangig mit Thiamazol in Form des Titrationsschemas im Vordergrund, die für 12–18 Monate durchgeführt wird. Liegen die TRAK dann im Normbereich, kann ein Absetzversuch unternommen werden. Wenn nicht, oder wenn es zum Auftreten eines Rezidivs kommt, sollte eine definitive Therapie mittels Radiojodtherapie oder Thyreoidektomie erwogen werden. Zur symptomatischen Behandlung können Betablocker wie Propranolol eingesetzt werden. Es gibt Hinweise, dass die lange praktizierte Jodrestriktion im Management der Immunthyreopathie Basedow vermieden werden sollte. Zum Einsatz von Selen liegen positive, aber noch großteils inkonsistente Daten vor, sodass eine Therapieempfehlung derzeit nicht ausgesprochen werden kann. In der Therapie der Schilddrüsenautonomie stehen Radiojodtherapie und die Operation im Vordergrund. Die Diagnose einer thyreotoxischen Krise ist eine klinische und wird anhand des Burch-Wartofsky-Scores gestellt – das Management erfordert meist intensivmedizinische Betreuung.
Hinweise
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Die Hyperthyreose hat mannigfaltige Ursachen, variiert in ihrer klinischen Präsentation und hat unterschiedliche therapeutische Implikationen. Eine akkurate Diagnosestellung und Erkundung der Ursache der Hyperthyreose ist für die optimale Behandlungsstrategie unerlässlich. Die häufigsten Ursachen sind die Immunthyreopathie Basedow und die Schilddrüsenautonomie, gefolgt von weniger häufigen Ursachen wie beispielsweise der subakuten Thyreoiditis der Quervain oder von medikamenteninduzierten Hyperthyreosen (siehe Tab. 1). Im folgenden Beitrag möchten wir auf die Abklärung und Therapie der häufigsten Ursachen genauer eingehen und einen speziellen Fokus auf die Immunthyreopathie Basedow legen.
Tab. 1
Differenzialdiagnose der Hyperthyreose
Häufige Ursachen
Immunthyreopathie Basedow
Autonomes Adenom und multifokale/disseminierte Autonomie
Laborchemisch wird zwischen einer latenten und einer manifesten Hyperthyreose unterschieden – Erstere ist durch ein supprimiertes Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) definiert, wobei freies Trijodthyronin (fT3) und freies Thyroxin (fT4) im Normbereich liegen. Die latente Hyperthyreose kann je nach Schweregrad in 2 Kategorien eingeteilt werden: Grad 1 mit niedrigem, aber noch nachweisbarem TSH (TSH 0,1–0,39 mIU/l) und Grad 2 mit supprimiertem TSH (< 0,1 mIU/l) [1].
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Bei der manifesten Hyperthyreose zeigen sich ein supprimiertes TSH sowie ein erhöhtes fT4 und/oder fT3. Ist nur das fT3 erhöht (als Ausdruck einer milden Hyperthyreose, beispielsweise am Beginn eines Morbus Basedow oder im Rahmen eines autonomen Adenoms), spricht man auch von einer T3-Toxikose [2]. Sowohl die latente als auch die manifeste Hyperthyreose können zu einem charakteristischen klinischen Bild führen, wiewohl die klinische Symptomatik bei der latenten Hyperthyreose meist milder ist.
Weitere Laborveränderungen, die nicht zur Diagnosestellung dienen, aber im Rahmen einer Hyperthyreose auffallen können, beinhalten Parameter des Glukose- [3] und Lipidstoffwechsels, wie beispielsweise verminderte Gesamt-Cholesterin-Werte sowie niedrigere High-Density-Lipoprotein(HDL)-Cholesterin-Werte, die unter einer thyreostatischen Therapie ansteigen [4]. Da eine Hyperthyreose das Cortisol-bindende Globulin (CBG) vermindern kann, ist Vorsicht in der Interpretation der Cortisol-Werte geboten. Diese können aufgrund des verminderten CBG ebenfalls vermindert sein, da üblicherweise Cortisol gesamt im Serum gemessen wird [5].
Klinik
Die zellulären Effekte der Schilddrüsenhormone werden durch T3, die aktive Form der Schilddrüsenhormone, mediiert und inkludieren beinahe jedes Organsystem. Weiters werden die Thermogenese, die basale metabolische Rate, der Cholesterinspiegel und der systemische Gefäßwiderstand beeinflusst [2]. Die typischen Symptome beinhalten psychische Veränderungen wie Angstzustände, emotionale Labilität oder Schwäche, weiters Tremor, Palpitationen, Hitzegefühl, vermehrtes Schwitzen, Gewichtsverlust trotz eines gesteigerten Appetits. Dennoch klagen manche PatientInnen, vor allem jüngere, aber eher über Gewichtszunahme bedingt durch die exzessive Steigerung des Appetits [6]. Eine adäquate Therapie einer Immunthyreopathie Basedow mit Übergang von Hyperthyreose zu Euthyreose kann nicht nur eine Gewichtszunahme allgemein zur Folge haben, sondern auch eine Zunahme der Fettmasse [7]. Einer anderen Studie zufolge scheinen die Gewichtszunahme und die Zunahme der Fettmasse aber transient zu sein und sind auf längere Sicht gefolgt von einer Zunahme der Muskelkraft und einer Abnahme der Fettmasse [8].
Bis zu ein Viertel der PatientInnen kann unter einer milden bis moderaten Diarrhö leiden, es kann eine erhöhte Defäkationsfrequenz [9] oder sogar eine Steatorrhö vorliegen [9]. In etwa ein Fünftel der prämenopausalen Frauen mit Hyperthyreose weist eine Oligomenorrhö auf, eine Amenorrhö ist bei Hyperthyreose aber selten [10].
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Die klassischen Symptome der Hyperthyreose sind generell bei älteren PatientInnen weniger prävalent [11], es überwiegen Gewichtsverlust sowie kardiopulmonale Symptome, wie Tachykardie, Belastungsdyspnoe etc. [12‐14]. Das Auftreten einer Vorhofflimmerarrhythmie durch eine Hyperthyreose ist selten bei unter 60-Jährigen, darüber kommt es aber in 10 % der PatientInnen vor [15]. In einem Kollektiv von über 40.000 Hyperthyreose-PatientInnnen entwickelten 8 % aller und 15 % der 70-bis 79-Jährigen innerhalb von 30 Tagen nach Diagnosestellung einer Hyperthyreose eine Vorhofflimmerarrhythmie [16]. Bereits eine latente Hyperthyreose ist mit einem 3‑fach erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Vorhofflimmerarrhyhtmie assoziiert [17]. Aber auch das Risiko für die kardiovaskuläre und die Gesamtmortalität, das Risiko für Herzinsuffizienz und Frakturen ist erhöht [1].
Da der Schweregrad der Hyperthyreose sich nicht in der Höhe der Schilddrüsenhormone widerspiegeln muss, kann es in der klinischen Praxis hilfreich sein, einen Score zur Evaluierung des klinischen Status und des Therapieansprechens zu verwenden, wie beispielsweise die „Hyperthyroid Symptom Scale“, die Parameter wie Nervosität, Schwitzen, Hitzetoleranz, Hyperaktivität, Tremor, Schwäche, Tachykardie, Diarrhö, Appetit und Leistungsfähigkeit beinhaltet [18].
Subklinische Hyperthyreose
Die Immunthyreopathie Basedow ist bei < 65-jährigen PatientInnen in Nicht-Jodmangelgebieten die häufigste Ursache für das Auftreten einer latenten Hyperthyreose, die uni- oder multifokale Schilddrüsenautonomie die häufigste Ursache in Jodmangelgebieten oder bei ≥ 65-jährigen Personen [1]. Auch die latente Hyperthyreose bedarf immer einer weiteren Abklärung hinsichtlich ihrer Ätiologie [1]. Bei einem TSH von 0,1–0,39 mIU/l wird von den Leitlinien empfohlen, nach 3–6 Monaten eine Kontrolle durchzuführen. Bei transienter latenter Hyperthyreose ist keine Therapie erforderlich. Wenn sich eine persistierende latente Hyperthyreose zeigt, sollte diese weiter ätiologisch zugeordnet werden. Bei Immunthyreopathie Basedow, jungen (d. h. < 65-jährigen PatientInnen) und asymptomatischen PatientInnen wird eine Kontrolle von TSH, fT3, fT4 alle 6–12 Monate empfohlen. Bei Symptomatik wird eine Betablocker-Therapie eingeleitet. Bei PatientInnen älter als 65 Jahre mit kardiovaskulären Risikofaktoren oder Komorbiditäten wird eine thyreostatische Therapie empfohlen.
Bei Schilddrüsenautonomie und jungen (d. h. < 65 Jahre alten), symptomatischen PatientInnen kommt wieder eine Betablocker-Therapie in Frage, junge PatientInnen mit Herzerkrankung, kardiovaskulären Risikofaktoren, Vorhofflimmerarrhythmie oder Komorbiditäten oder PatientInnen über 65 Jahren sollten einer Radiojodtherapie zugeführt werden.
Bei TSH < 0,1 mIU/l wird keine Kontrolle empfohlen, sondern eine sofortige Abklärung mittels Szintigraphie und TRAK-Bestimmung. Bei Immunthyreopathie Basedow, jungen und asymptomatischen PatientInnen soll observiert und TSH, fT3, fT4 in 3–6 Monaten kontrolliert werden. Betablocker und Thyreostatika kommen bei Persistenz der Erkrankung oder Symptomen zum Einsatz. Liegen Herzerkrankungen oder Komorbiditäten vor oder sind die Patientinnen älter als 65 Jahre, stehen Thyreostatika, Radiojodtherapie oder die Operation therapeutisch zur Verfügung. Bei Schilddrüsenautonomie kommt sowohl bei unter als auch über 65-Jährigen die Radiojodtherapie oder die operative Entfernung der Schilddrüse zum Einsatz.
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass ältere (d. h. > 65 Jahre) PatientInnen mit latenter Hyperthyreose Grad 2 behandelt werden sollten, aufgrund der Ergebnisse mehrerer Metaanalysen [19‐22]. Eine Behandlung bei älteren PatientInnen mit Grad 1 und bei jüngeren mit Grad 2 sollte erwogen werden, aufgrund des Progressionsrisikos in eine manifeste Hyperthyreose, vor allem wenn Symptome und/oder Komorbiditäten vorliegen. Bei jüngeren PatientInnen mit Grad 1 scheint kein Benefit einer sofortigen Behandlung vorzuliegen, da diese PatientInnen ein niedriges kardiovaskuläres und skelettales Risiko aufweisen und die Progressionsrate in eine manifeste Hyperthyreose gering ist [1].
Ursachen
Morbus Basedow
Beim Morbus Basedow, oder auch Immunhyperthyreose, handelt es sich nach der Autoimmunthyreoiditis vom Hashimoto-Typ um die zweithäufigste autoimmune Schilddrüsenerkrankung und um eine der häufigsten Ursachen für die Entstehung einer Hyperthyreose. Das Lebenszeitrisiko beträgt für Frauen 3 % und für Männer 0,5 %, eine Immunhyperthyreose zu entwickeln [2, 15, 23], die Inzidenz liegt bei 20 bis 50 Fällen pro 100.000 Personen [24]. Benannt ist der Morbus Basedow nach dem Deutschen Carl Adolph von Basedow, der die Erkrankung erstmals 1840 beschrieb.
Klinik bei Morbus Basedow im Speziellen
Zusätzlich zu typischen Symptomen der Hyperthyreose kann es beim Morbus Basedow zum Auftreten einer endokrinen Orbitopathie kommen, die mit Beschwerden eines trockenen Auges, z. B. Augenbrennen oder vermehrtem Tränenfluss, einem retrobulbären Druckgefühl, einer Chemosis bzw. Konjunktivitis oder einem periorbitalen Ödem gekennzeichnet ist. Die endokrine Orbitopathie ist meist mit dem Auftreten eines Morbus Basedow assoziiert, kann jedoch in seltenen Fällen (in etwa 6 % laut einer Studie aus 2016 [25]) auch bei PatientInnen mit Hashimoto vorkommen. Therapeutisch – dieses Thema soll hier aber nur am Rande berührt werden – ist der Einsatz von Glukokortikoiden nach wie vor der Goldstandard für die moderate bis schwere endokrine Orbitopathie, wiewohl die Datenlage hierfür schwach und die Therapie häufig ineffektiv ist [26]. Nun scheint es jedoch, basierend auf 2 randomisierten, Placebo-kontrollierten, klinischen Multicenterstudien, gute Daten zum Einsatz eines humanen monoklonalen Antikörpers gegen den Insulin-like Growth-Factor-1-Rezeptor (IGF-1R), Teprotumumab, zu geben [27, 28].
Pathogenese
Der Morbus Basedow wird durch eine humorale Immunantwort vermittelt mit bislang ungeklärter Ätiologie und polygenetischer Prädisposition. Die Gene, die zu einer erhöhten Prädisposition führen, sind unter anderem Thyreoglobulin, TSH-Rezeptor [29] – codierend für das Ziel der TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK) –, HLA-DRβ-Arg74, der protein tyrosine phosphatase non-receptor type 22 (PTPN22), das cytotoxic T‑lymphocyte-associated antigen 4 (CTLA4), CD25 und CD40 [15]. Umweltfaktoren werden diskutiert, wobei Nikotinkonsum nur ein geringer Risikofaktor für den Morbus Basedow zu sein scheint, jedoch das Auftreten und den Schweregrad der endokrinen Orbitopathie nachteilig beeinflusst [30].
TRAK binden an den N-terminalen Teil des TSH-Rezeptors und ahmen die Wirkung von TSH nach, was zu einer Stimulation der Schilddrüse führt mit Anregung der Thyreozyten, Steigerung der Jodaufnahme, vermehrter Produktion und Sekretion von fT3 und fT4. Selten können auch blockierende TRAK vorkommen mit daraus resultierender Hypothyreose, die Balance zwischen stimulierenden und blockierenden TRAK bestimmt letztlich die Schilddrüsenfunktion.
TRAK
Die TRAK sind hochspezifisch für den Morbus Basedow. TRAK-Assays der 2. und 3. Generation haben Sensitivitäten und Spezifitäten von bis zu 98 % bzw. 99 % [31], wobei eine Aussage ihre Funktionalität betreffend, d. h. eine Unterscheidung zwischen stimulierenden und blockierenden Antikörpern, nicht möglich ist. Neue hochsensitive, kommerzielle Assays sind aber bereits in der Lage, diese Unterscheidung zu treffen und stimulierende TRAK nachzuweisen [32‐34].
T3/T4-Ratio
Da eine überstimulierte Schilddrüse üblicherweise mehr fT3 produziert, haben PatientInnen mit Immunthyreopathie Basedow typischerweise deutlich höhere fT3-Werte und eine höhere fT3/fT4-Ratio verglichen mit PatientInnen mit destruktiver Thyreoiditis, die höhere fT4-Werte aufweisen [2, 35, 36]. So konnte gezeigt werden, dass die fT3/fT4-Ratio eine Verwendung in der Differenzierung zwischen Basedow und destruktiver Thyreoiditis und Postpartum-Thyreoiditis haben könnte [35‐37]. In einer Studie an 126 PatientInnen mit untherapierter Immunthyreopathie Basedow, 36 mit schmerzloser Thyreoiditis, 18 mit subakuter Thyreoiditis de Quervain und 63 gesunden Kontrollen konnte ein fT3/fT4-Ratio-Cut-off-Wert (beide in pmol/L, auch unserem Labor in Graz entsprechend) von 0,4056 mit einer Sensitivität von 87,3 %, einer Spezifität von 91,4 %, und einer Area under the Curve von 0,940 (95 % CI: 0,912–0,969) zur Unterscheidung einer Immunthyreopathie Basedow ermittelt werden.
Sonographie und Szintigraphie
Zusätzlich zu TSH, fT3, fT4 und TRAK kann natürlich der Schilddrüsenultraschall rasch zusätzliche wertvolle Informationen liefern, um die Ätiologie der Hyperthyreose schneller zu identifizieren und gegebenenfalls ebenfalls vorhandene Schilddrüsenknoten darzustellen. Sonographisch präsentiert sich die Immunthyreopathie Basedow häufig mit einem vergrößerten Schilddrüsenvolumen. Das Parenchym kann homogen sein, bei länger dauernder Erkrankung aber auch knotig transformiert und inhomogen, typischerweise diffus hypoechogen. Die Vaskularisation ist in typischer Weise verstärkt und zeigt häufig ein Muster, das auch als „Schilddrüseninferno“ bezeichnet wird. Dieses Muster besteht aus vielen kleinen, über die gesamte Schilddrüse verteilten Arealen mit intrathyreoidalem Flow, der sich sowohl in Systole als auch Diastole zeigt [38]. Ein weiteres sonographisches Tool zur quantitativen Bestimmung des Blutflusses – gemeinsam mit der hohen Sensitivität und Spezifizität der TRAK – hat die Szintigraphie zur Diagnosestellung des Morbus Basedow in den Hintergrund gedrängt: die Bestimmung der „peak systolic velocity“ (PSV) (Abb. 1). Diese kann sowohl intrathyreoidal als auch in der A. thyreoidea inferior oder superior gemessen werden. Ein großer Vorteil ist auch die Tatsache, dass die PSV hilfreich in Situationen ist, in denen eine Szintigraphie kontraindiziert ist, und innerhalb von Minuten bereits eine differenzialdiagnostische Abgrenzung erlaubt: in Schwangerschaft und Stillzeit. Die Szintigraphie wird jedoch gemäß Richtlinienempfehlung ohnehin meistens nicht benötigt.
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Die Messung der PSV kann hilfreich sein zur Abgrenzung des Morbus Basedow von der destruktiven Thyreoiditis [39, 40] – so konnte in einem koreanischen Kollektiv ein optimaler PSV-Cut-off in der A. thyredoidea superior von 41,3 cm/s (mit einer Sensitivität von 95 % und einer Spezifiziert von 85 %) zur Unterscheidung der Immunthyreopathie Basedow von der destruktiven Thyreoiditis ermittelt werden. Überdies kann die PSV Hilfestellung bei der Amiodaron-induzierten Hyperthyreose [41] (siehe den entsprechenden Beitrag von Christian Trummer, https://doi.org/10.1007/s41969-020-00109-6) sowie bei der Diskriminierung zwischen der hyperthyreoten Postpartum-Thyreoiditis und dem Morbus Basedow bieten [42].
Therapiewahl – GREAT-Score
Therapeutisch stehen 3 Verfahren in der Behandlung des Morbus Basedow zur Verfügung: die Radiojodtherapie, die Thyreoidektomie und die medikamentöse Behandlung mit Thyreostatika, wobei Letztere die primäre Erstlinientherapie darstellt. Die Limitierung der thyreostatischen Therapie ist aber die hohe Rezidivrate des Morbus Basedow, der eine Remissionsrate nach einem Zyklus thyreostatischer Therapie von 30 bis 50 % [43‐45] aufweist. Der sogenannte Graves’ Recurrent Events After Therapy Score (GREAT-Score) wurde entwickelt und auch in einer weiteren Studie validiert, um bereits vor Therapiebeginn das Risiko eines Rezidiv abschätzen zu können und gegebenenfalls so bereits PatientInnen mit hohem Rezidivrisiko zu identifizieren, mit dem Ziel, diese PatientInnen womöglich frühzeitig einer definitiven Therapie zuzuführen. Der GREAT-Score beinhaltet klinische Parameter, der GREAT+-Score kombiniert klinische Marker (Alter < 40 Jahre [+ 1], fT4 ≥ 40 pmol/L [+ 1], TRAK 6–19,9 [+ 1] oder ≥ 20 IU/L [+ 2], Strumagröße 0–I [+ 0], II–III [+ 2]) mit genetischen Markern. Die Strumagröße wird wie folgt eingeteilt: Grad 0: Schilddrüse gar nicht bis kaum tastbar, meist nicht sichtbar; Grad I: leicht tastbar, sichtbar, wenn Kopf in normaler oder erhöhter Position; Grad II: leicht sichtbar mit Kopf in normaler Position; Grad III: Struma auf Distanz sichtbar. Für den (klinischen) GREAT-Score beträgt die maximale Punktezahl 6, 0–1 entspricht Klasse I, 2–3 Klasse II, 4–6 Klasse III, die jeweils mit einem Rezidivrisiko von 16 %, 44 % bzw. 68 % einhergehen. Gerade in der intermediären Klasse kann die Analyse des HLA-Polymorphismus (HLA = humanes Leukozyten-Antigen) sowie des PTPN22-Gens zur Ermittlung des GREAT+-Scores hilfreich sein, ist jedoch natürlich für den klinischen Alltag erheblich aufwendiger.
Thyreostatische Therapie
Für die thyreostatische Behandlung, d. h. für die Hemmung der Schilddrüsenhormonsynthese, stehen in Österreich die Medikamente Thiamazol (im englischsprachigen Raum häufig als Methimazol bezeichnet) oder Propylthiouracil zur Verfügung, weiters wird international auch noch Carbimazol, ein Prodrug von Methimazol, eingesetzt. Diese Medikamente, die auch als Thionamide bezeichnet werden, hemmen dosisabhängig intrathyreoidal die Jodoxidation und -organifikation durch Inhibierung der Thyreoperoxidase (die für den Einbau von Jod in Tyrosinreste des Thyreoglobulins und die Koppelung von Jodtyrosinresten zu proteingebundenem T3 und T4 zuständig ist). Bereits gebildete und gespeicherte Hormone werden nicht beeinflusst, sodass erst nach deren Verbrauch die volle Wirkung einsetzt. Spannend ist die Tatsache, dass Thyreostatika klinisch relevante immunsuppressive Effekte aufzuweisen scheinen – über die Zeit der Thyreostatika-Einnahme nehmen die TRAK-Konzentrationen der PatientInnen ab. Parallel dazu gibt es aber die Thyreostatika-induzierte Verbesserung der Schilddrüsenfunktion, die an sich auch einen günstigen Effekt auf den autoimmunen Prozess des Morbus Basedow hat [46].
Die initiale Thiamazol-Dosierung ist abhängig vom Therapie-Schema – hierzulande wird das Titrationsschema dem „Block-and-Replace“-Schema, in dem eine hochdosierte thyreostatische Therapie und Thyroxin zeitgleich verabreicht werden, vorgezogen – und dem Schweregrad der Hyperthyreose. Als grobe Orientierung gilt: 5–10 mg Thiamazol, wenn fT4 1–1,5 × dem oberen Referenzbereich entspricht, 10–20 mg Thiamazol bei 1,5- bis 2‑fachen und 30–40 mg bei 2‑ bis 3‑fachen fT4-Werten [2]. Die erste Kontrolle sollte – je nach Leitlinie variieren diese Empfehlungen – nach 2–6 Wochen [2, 23] durchgeführt werden, wobei viele PatientInnen in Graz bereits nach 2 Wochen kontrolliert werden, vor allem bei ausgeprägten Ausgangslagen, und die Kontrollintervalle in weiterer Folge auf 4 Wochen ausgedehnt werden. Manche ExpertInnen empfehlen eine Dosisreduktion von 30–50 % sobald eine Euthyreose erreicht ist [2, 23]. Abgesehen davon und von der Feststellung, dass typische Erhaltungsdosen für Thiamazol bei 2,5–10 mg täglich und für Propylthiouracil bei 50–100 mg liegen, gibt es keine klare Empfehlung für die weitere Dosisreduktion der thyreostatischen Therapie. Einzig zur Therapiedauer gibt es die Empfehlung, die thyreostatische Therapie für 12 bis 18 Monate durchzuführen [47], ein Absetzversuch soll erst bei im Normbereich gelegen TRAK unternommen werden, um das Risiko eines Rezidivs gering zu halten [2, 23]. Wenn kein Absetzen möglich ist, sollte eine definitive Therapie erwogen werden oder aber Thiamazol weitergeführt werden mit nochmaliger Bestimmung der TRAK nach 12 Monaten [23]. Diese Empfehlungslücke für die Dosisreduktion, die sicherlich letztlich den individuellen Verläufen jedes einzelnen Patienten mit Morbus Basedow geschuldet ist und die eine allumfassende Handlungsanweisung schlicht unmöglich macht, zeigt auf, dass in diesem Bereich der Basedow-Behandlung noch ein großer Bedarf an Verbesserung vorhanden ist. Aus diesem Grund gibt es bereits Bestrebungen, mittels eines Computer-unterstützten Algorithmus, in den fT4, TSH und TRAK Eingang finden, die Therapiesteuerung von PatientInnen mit Morbus Basedow zu optimieren [48].
Ganz grundsätzlich sollte – mit Ausnahme von Schwangeren (siehe dazu den entsprechenden Beitrag in dieser Ausgabe, https://doi.org/10.1007/s41969-020-00107-8) – Thiamazol Propylthiouracil vorgezogen werden – zum einen aufgrund der längeren Halbwertszeit und der dadurch bedingten nur einmal täglich notwendigen Einnahme (versus der 3 × täglichen Einnahme bei Propylthiouracil), zum anderen aber vor allem aufgrund des etwas günstigeren Nebenwirkungsprofils. Bei Thiamazol ist in 15 % der PatientInnen, bei Propylthiouracil (PTU) in 20 % mit Nebenwirkungen zu rechnen [23], insbesondere kommen eine Vaskulitis [46] sowie eine Leberschädigung bei PTU häufiger vor als bei Thiamazol/Carbimazol (Letztere in 2,7 % versus 0,4 % der Fälle) vor [2]. Die gravierendste Nebenwirkung der Thyreostatika ist die Agranulozytose, die bei beiden Medikamenten in der gleichen Häufigkeit beobachtet wird (PTU 0,37 %, Thiamazol 0,35 %) [46] und zumeist abrupt innerhalb der ersten 3 Behandlungsmonate auftritt [49]. Aufgrund dieses abrupten Eintritts empfehlen die Leitlinien keine routinemäßigen Blutbild- oder Leberwertkontrollen [23], dennoch werden diese in unserer Ambulanz regelmäßig durchgeführt. Das Wichtigste ist in diesem Zusammenhang sicherlich die ausführliche Aufklärung aller PatientInnen zu Behandlungsbeginn über die Symptome der Agranulozytose und die Festlegung einer Strategie: Bei Fieber, Pharyngitis, Ulzera im Mund, Zystitis, etc. sollten die Thyreostatika pausiert und eine Blutbildkontrolle durchgeführt werden.
Die häufigsten Thyreostatika-Nebenwirkungen sind aber Ausschlag, Urtikaria und Arthralgien (1–5 %). Bei geringen Hautnebenwirkungen reicht es aus, ein Antihistaminikum zu verabreichen und die thyreostatische Therapie weiterzuführen und erst, wenn sich die Nebenwirkungen nicht legen, auf PTU zu wechseln. Der Umrechnungsfaktor liegt hier bei Thiamazol : PTU ca. 1:10. Bei schweren allergischen Reaktionen müssen jegliche Thyreostatika jedoch abgesetzt werden. Grundsätzlich sollte bei schweren Nebenwirkungen wie z. B. einer Agranulozytose auch nicht von z. B. Thiamazol auf PTU gewechselt werden (cave: Cross-Reaktivität), sondern es sollte dann in erster Linie eine definitive Therapie (Operation oder Radiojodtherapie) angestrebt werden.
Betablocker-Therapie
Vor allem in der Anfangsphase ist es oft notwendig, eine Betablocker-Therapie zur Kontrolle der Symptome wie Tremor, Tachykardie etc. einzusetzen. Propranolol ist hier immer noch die erste Wahl, in hohen Dosen (40 mg 4 × täglich) hemmt Propranolol auch die periphere Konversion von T4 zu T3. Aber auch andere eventuell länger wirksame Betablocker, wie beispielsweise Bisoprolol, haben ihren Stellenwert. Eine vor Diagnosestellung eingeleitete Betablocker-Therapie aus anderen Gründen kann beibehalten werden.
In einer japanischen retrospektiven Analyse an 356 PatientInnen mit thyreotoxischer Krise konnte eine signifikant erhöhte Mortalität bei jenen PatientInnen gezeigt werden, die nichtselektive Betablocker erhalten hatten, sodass die Schlussfolgerung gezogen wurde, dass in dieser PatientInnengruppe ein multimodales Management inklusive selektivem Betablocker dem nichtselektiven vorzuziehen wäre [50].
RJT und Thyreoidektomie
Bei TRAK-Persistenz nach 12–18 Monate dauernder Therapie oder bei Rezidiv nach erfolgter Thyreostatika-Therapie – nach Absetzen der medikamentösen Therapie ist das Risiko eines Rezidivs innerhalb der ersten 6–12 Monate am höchsten [51] – sollte eine definitive Therapie erwogen werden, wofür die Radiojodtherapie (RJT) und die Thyreoidektomie zur Verfügung stehen. Wenn keine endokrine Orbitopathie vorliegt, eine Schwangerschaft ausgeschlossen ist und auch in den nächsten 6 Monaten kein Kinderwunsch besteht, ist die RJT eine Option [23]. Schwangerschaft und Kinderwunsch sind deshalb Kontraindikationen, da es im Gegensatz zur Operation nach Radiojodtherapie häufig zu einem TRAK-Anstieg mit dem Risiko einer fetalen/neonatalen Hyperthyreose kommt. Die Schilddrüsenfunktion normalisiert sich innerhalb von 3–12 Monaten in 50–90 % der PatientInnen [52]. Auf längere Sicht ist eine permanente Hypothyreose bei Morbus Basedow meist unumgänglich, das Risiko bei RJT des autonomen Adenoms ist diesbezüglich geringer [52]. Bei großer Schilddrüse, zusätzlichem Malignitätsverdacht und schwerer endokriner Orbitopathie wird eine Thyreoidektomie bevorzugt [23]. Vorteil ist – neben dem fehlenden Risiko für die Aggravierung einer endokrinen Orbitopathie – auch die rasche Behebung der Hyperthyreose. Grundsätzlich ist aber auch, im Gegensatz zu früheren Richtlinien, eine langjährige Thyreostatika-Therapie eine mögliche Therapieoption. Es konnte gezeigt werden, dass eine Langzeittherapie sicher ist [53]. Daten einer longitudinalen Studie an 1186 Basedow-PatientInnen beleuchten jedoch die mögliche Problematik einer Langzeit-Thyreostatika-Therapie. Die Autoren konnten zeigen, dass ein Patient mit Immunthyreopathie Basedow, der sich für eine thyreostatische Therapie entscheidet, nur eine Chance von 50,3 % hat, eine ablative Therapie zu vermeiden, und nur eine Chance von 40 %, eine Euthyreose ohne medikamentöse Therapie zu erreichen [54]. Zudem fühlten sich 25,3 % der PatientInnen nach 6–10 Jahren nicht vollständig genesen [54]. Das Problem an dieser Situation ist, dass PatientInnen somit den Risiken mehrerer Therapiemodalitäten ausgesetzt werden.
Weitere therapeutische Aspekte
Jod.
Lange war unklar, ob Jodkarenz bei Immunthyreopathie Basedow empfohlen werden soll oder ob Jodsupplementierung gar die Prognose einer thyreostatischen Therapie verbessern kann. In einer prospektiven, randomisierten Studie wurden 459 neu diagnostizierte Basedow-PatientInnen unter thyreostatischer Therapie entweder in die Gruppe der Jodsupplementierung oder der Jodrestriktion randomisiert. Die Rezidivrate innerhalb von 12 Monaten nach Absetzen der Thyreostatika betrug in der Jodsupplementierungsgruppe 35,5 % versus 45,5 %, ein signifikanter Unterschied. Jodrestriktion sollte daher im Management des Morbus Basedow vermieden werden [55].
Selen.
Epidemiologische Studien konnten neben Immunthyreopathie Hashimoto und Struma auch ein erhöhtes Risiko für Immunthyreopathie Basedow mit einem niedrigen Selenstatus in Verbindung bringen. Selen, das vor allem in Fleisch, Meeresfrüchten und Getreide enthalten ist, könnte bei Morbus Basedow zu einer schnelleren Remission, zu einer besseren Lebensqualität und einer Besserung der milden endokrinen Orbitopathie führen, die bis dato vorhandenen Daten sind aber inkonsistent. Zwei prospektive, randomisierte Studien konnten bislang eine schnellere biochemische Besserung bei Zugabe von Selen zu Thiamazol versus Thiamazol alleine sehen [56, 57]. Im Gegensatz dazu liegen Studien vor, in denen Selensupplementierung das Ansprechen oder die Rezidivrate bei Morbus Basedow nicht beeinflussen konnten [58, 59]. Ein Teil der Erklärung könnte in der Selen-suffizienten Population der Studie von Leo et al. liegen [59], gravierende Unterschiede in der Art der Selensupplementierung sowie der Supplementierungsdauer scheinen nicht vorzuliegen. Auch eine Metaanalyse erbrachte inkonsistente Daten (Selen verminderte fT3- und fT4-Konzentrationen nach 3 und 6, aber nicht nach 9 Monaten, verglichen mit Placebo) [60]. Bei PatientInnen mit milder endokriner Orbitopathie konnte die Gabe von Selen in einer randomisierten Multicenterstudie die Lebensqualität und die Augenbeteiligung verbessern und die Progression verlangsamen im Vergleich zu Placebo [61]. Einschränkend ist zu erwähnen, dass der Selenstatus in diesem PatientInnenkollektiv nicht bestimmt wurde.
Bei Immunthyreopathie Basedow könnte Selen die biochemische Remission unterstützen und auch die Augenbeteiligung vermindern. Aktuelle europäische Leitlinien empfehlen den Einsatz von Selen bei der milden endokrinen Orbitopathie für einen Zeitraum von 6 Monaten [23, 62].
Autonomes Adenom
Eine 2. häufige Ursache für das Vorliegen einer Hyperthyreose, vor allem ältere Personen betreffend, ist die Schilddrüsenautonomie – die unifokale, d. h. in Form des autonomen Adenoms (auch toxisches Adenom, fokale Autonomie genannt) oder die multifokale bow. disseminierte, auch toxische oder autonome Knotenstruma genannt. Die Prävalenz liegt zwischen 2,7 und 4,4 % [63], kann in Jodmangelgebieten aber rund 30 % bis knapp 50 % der Hyperthyreose-Fälle ausmachen [64, 65]. Jodmangel ist deshalb ein gewichtiger Risikofaktor für die Entwicklung einer Schilddrüsenautonomie, da er die Schilddrüsenhormonsynthese beeinträchtigt und das Zellwachstum stimuliert [64]. Zusätzlich weisen viele autonome Adenome eine somatische Punktmutation im TSHR-Gen auf, was zu einer Aktivierung des TSH-Rezeptors, zum Gewebewachstum und Schilddrüsenüberproduktion führt [66]. Eine Hyperthyreose entwickelt sich bei Schilddrüsenautonomie meist eher langsam mit einer Inzidenz von in etwa 4 %, wie in einer Langzeitbeobachtungsstudie gezeigt werden konnte [67]. In der Diagnosestellung sind Sonographie und Szintigraphie hilfreich. Einschränkend in der Interpretation der Szintigraphie ist eine Kontrastmittelgabe in den letzten 8 Wochen vor Durchführung der Untersuchung [68].
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Eine thyreostatische Therapie kann die Grundproblematik nicht beheben, weshalb eine Radiojodtherapie oder Operation angestrebt werden sollte [69]. Im Rahmen einer Radiojodtherapie kann es zu einer transienten Verschlechterung der Hyperthyreose kommen, bei der Schilddrüsenautonomie mehr als bei der Immunthyreopathie Basedow [70]. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass die Schilddrüsenhormone um 20 % am Tag 7 und um 13 % am Tag 14 nach Therapie erhöht waren [71]. Nach der Radiojodtherapie müssen alle PatientInnen regelmäßig nachkontrolliert werden, um die Entwicklung einer Hypothyreose und die Persistenz der Hyperthyreose nicht zu übersehen. Bei der Immunthyreopathie Basedow zeigen die meisten PatientInnen eine Normalisierung der Schilddrüsenparameter nach 4 bis 10 Wochen [72]. 50–90 % aller hyperthyreoten PatientInnen erreichen innerhalb eines Jahres eine Remission der Hyperthyreose [52]. Das Risiko einer permanenten Hypothyreose ist bei der Immunthyreopathie Basedow deutlich häufiger als bei der Schilddrüsenautonomie [52].
Als Second-line-Möglichkeit bei Kontraindikationen gegen diese Verfahren oder bei PatientInnenwunsch kann auch eine ein minimal-invasives Verfahren wie die Radiofrequenzablation angedacht werden [73].
Thyreotoxische Krise
Auf dem Boden einer Hyperthyreose, zumeist einer Immunthyreopathie Basedow, kann sich durch auslösende Faktoren wie beispielsweise chirurgische Eingriffe, Traumata, Infektionen, Jodexposition, etc. eine thyreotoxische Krise entwickeln, die jedes Organsystem miteinschließen kann. Typischerweise sind kardiovaskuläre, gastrointestinale und zentralnervöse Symptome vorhanden. Die Diagnosestellung ist häufig nicht einfach und basiert auf klinischen Kriterien (Temperatur, zentralnervöse, gastrointestinale Symptome, Tachykardie, Zeichen der Herzinsuffizienz, Vorhandensein von Vorhofflimmern), anhand derer der Burch-Wartofsky-Score [74] bestimmt wird. Als möglich gilt eine thyreotoxische Krise, wenn in der Summe mehr als 25 Punkte, als wahrscheinlich, wenn ≥45 Punkte erreicht werden. Das intensivmedizinische Management beinhaltet, nebst Behandlung des zugrundeliegenden Problems, supportive Maßnahmen wie Sauerstoffgabe, Kühlung, Flüssigkeitsgabe, etc. Therapeutisch sollten
Betablocker (Propranolol i.v. in 1–2 mg Boli alle 10–15 min oder 40–80 mg per os alle 8 h oder Esmolol, 500 μg/kg i.v. Bolus, danach 50–200 μg/kg/min Erhaltung),
Thyreostatika (Thiamazol 15–20 mg p.o. alle 6 h oder PTU 500–1000 mg als Loadingdosis gefolgt von 250 mg alle 4 h; Thiamazol ist auch i.v. möglich),
Lugol-Lösung (10 Tropfen alle 6–8 h; Cave: Es gibt leider keine internationale Standardisierung, wie die Lugol-Lösung in den Apotheken zubereitet werden soll, in Österreich enthält sie eher geringere Mengen Jod im Vergleich zu anderen Ländern) und gegebenenfalls Glukokortikoide (Hydrocortison 100 mg i.v. alle 6–8 h, da die T4-zu-T3-Dejodination reduziert wird)
verabreicht werden. Gegebenenfalls sollte eine definitive Therapie, d. h. eine Thyreoidektomie, angestrebt werden [75, 76]. Um die Entwicklung einer möglichen thyreotoxischen Krise nach Kontrastmittelgabe bei Hyperthyreose zu vermeiden, liegt kein evidenzbasiertes Konzept vor. Das unten angeführte Schema stellt ein mögliches Protokoll vor, wie es auf Basis der bisher vorliegenden Evidenz in vielen österreichischen Institutionen angewandt und auch von der Österreichischen Schilddrüsengesellschaft empfohlen wird [77]: Bei elektiver Untersuchung sollte vor Kontrastmittelgabe eine Abklärung in einem Schilddrüsenzentrum und bei entsprechender Indikation eine definitive Therapie vor Kontrastmittelgabe durchgeführt werden. Liegt eine dringliche Indikation vor, sollte eine Vorstellung in einem Schilddrüsenzentrum erfolgen, andernfalls eine prophylaktische Therapie begonnen werden. Im Notfall sollte man eine prophylaktische Therapie beginnen wie folgt: Gabe von Perchlorat-Tropfen (Irenat) peroral entsprechend dem Beipacktext:
Je 40 Tropfen 2–4 h vor und nach Kontrastmittelgabe
danach 3 × tgl. 21 Tropfen für 7–14 Tage
Kontrolle der Schilddrüsenfunktion nach spätestens 2–4 Wochen
Thiamazol nur nach strenger Indikationsstellung
Zeitnahe Vorstellung in einem Schilddrüsenzentrum
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
V. Theiler-Schwetz, C. Trummer und S. Pilz geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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