Skip to main content
Ärzte Woche

31.01.2022 | Gesundheitspolitik

Populisten: vom Virus verweht!

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Populistische Regierungen schneiden bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie und ihrer Folgen schlechter ab als nicht-populistische. Dies betrifft beispielsweise Großbritannien, Ungarn oder Indien. Die Übersterblichkeit – also die Anzahl an Todesfällen oberhalb der auch ohne die Pandemie erwartbaren Todesfälle – ist in populistisch regierten Ländern im Schnitt mehr als doppelt so hoch als anderswo.

Jedes Land hat die Regierung, die es verdient? Nur Zyniker würden so etwas behaupten. Denn: Die Zahlen sind eindeutig – „Populisten sind in der Corona-Pandemie die klar schlechteren Krisenmanager und für viele vermeidbare Tote in den von ihnen regierten Ländern verantwortlich“, sagt Michael Bayerlein, der am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) zu Populismus forscht. Gemeinsam mit einem internationalen Team von Forschern wertete er das Krisenmanagement während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 von 42 Ländern aus, die Mitglied der OECD sind oder zu den BRICS-Staaten gehören.

Ziel war es, Unterschiede zwischen populistischen und nicht-populistischen Regierungen herauszufinden. Insgesamt 13 Regierungen stuften die Autoren dabei als populistisch ein: die in Polen, der Slowakei, Tschechien, Ungarn, Großbritannien, Brasilien und Indien.

Laut Studie sterben unter populistischer Führung im Durchschnitt prozentual deutlich mehr Menschen durch die Corona-Pandemie als in nicht-populistisch geführten Ländern. Die sogenannte „Übersterblichkeit“ – also die Anzahl an Todesfällen oberhalb des Wertes, der auch ohne die Pandemie zu erwarten gewesen wäre – liegt in nicht populistisch geführten Ländern bei gut 8 Prozent, in populistisch geführten bei knapp 18 Prozent.

Bei sonst 100 Todesfällen verursacht die Corona-Pandemie also in nicht populistisch geführten Ländern acht zusätzliche Tote, in populistisch geführten Länder 18 zusätzliche Tote, mehr als doppelt so viele. Im Durchschnitt aller betrachteten Ländern liegt die Übersterblichkeit bei zehn Prozent – statt sonst 100 Sterbefälle sind durch die Pandemie 110 Sterbefälle zu verzeichnen.

Ursächlich für die deutlich höhere Übersterblichkeit ist die bei vergleichbaren Infektionszahlen höhere Bewegungsaktivität der Bevölkerung in populistisch regierten Ländern. Zur Messung nutzen die Autorinnen und Autoren Mobilitätsdaten von Google, die zeigen, wie stark bestimmte Orte wie Lebensmittelgeschäfte oder Parks während der Pandemie besucht waren. Die Daten zeigen, dass der Bewegungsindex in populistisch regierten Ländern mit einem Wert von 20 doppelt so hoch ist wie der Wert in nicht-populistisch regierten Ländern mit 10.

Für die höhere Mobilität macht das Autorenteam zwei Gründe aus. Zum einen erlassen populistische Regierungen weniger Maßnahmen zum Infektionsschutz, insbesondere zur Kontaktbeschränkung. Zum anderen ist die Kommunikation populistischer Regierungen darauf ausgelegt, die Gefahren durch das Virus zu verharmlosen und wissenschaftliche Erkenntnisse zu diskreditieren, was die Bevölkerung davon abhält, ihre Bewegungsaktivität von sich heraus einzuschränken.

„Unsere Studie belegt erstmals, dass Populisten bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie schlechte Arbeit leisten, was sich auch direkt in den Todeszahlen niederschlägt. Die hohe Übersterblichkeit wird getrieben durch eine zu hohe Mobilität, die wiederum wird hervorgerufen durch fehlende Beschränkungen und eine Anti-Corona-Propaganda“, sagt Bayerlein.

Als hätte es eines Beweises bedurft, hat Großbritannien vor Kurzem trotz hoher Infektionszahlen die meisten Corona-Schutzmaßnahmen aufgehoben. In Innenräumen gilt keine Maskenpflicht mehr, sie wird lediglich empfohlen. Die Home Office-Verpflichtung ist ebenfalls ausgelaufen. Impf- und Testnachweise müssen bei Veranstaltungen nicht mehr vorgelegt werden. Freilich: Großbritannien gleicht einem Fleckerlteppich. Verpflichtendes Maskentragen in den öffentlichen Verkehrsmitteln gehört zwar in England der Vergangenheit an, in Schottland gilt die Regel sehr wohl noch.

„Die einzig gute Nachricht: Der eindeutige Zusammenhang zwischen Mobilität und Todeszahlen heißt auch, dass sich die Menschen selbst schützen können, indem sie ihre Kontakte während der Pandemie freiwillig einschränken.“


print
DRUCKEN
Metadaten
Titel
Populisten: vom Virus verweht!
Schlagwort
Gesundheitspolitik
Publikationsdatum
31.01.2022
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 5/2022

Weitere Artikel der Ausgabe 5/2022

www.gesundheitswirtschaft.at (Link öffnet in neuem Fenster)

Mit den beiden Medien ÖKZ und QUALITAS unterstützt Gesundheitswirtschaft.at das Gesundheitssystem durch kritische Analysen und Information, schafft Interesse für notwendige Veränderungen und fördert Initiative. Die ÖKZ ist seit 1960 das bekannteste Printmedium für Führungskräfte und Entscheidungsträger im österreichischen Gesundheitssystem. Die QUALITAS verbindet seit 2002 die deutschsprachigen Experten und Praktiker im Thema Qualität in Gesundheitseinrichtungen.

zur Seite

www.pains.at (Link öffnet in neuem Fenster)

P.A.I.N.S. bietet vielfältige und aktuelle Inhalte in den Bereichen Palliativmedizin, Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerzmedizin. Die Informationsplattform legt einen besonderen Schwerpunkt auf hochwertige Fortbildung und bietet Updates und ausgewählte Highlight-Beiträge aus Schmerznachrichten und Anästhesie Nachrichten.

zur Seite