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Ärzte Woche

04.07.2022 | Gesundheitspolitik

Fitter Geist, coole Körper

verfasst von: Martin Krenek-Burger

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Experten des Vereins PRAEVENIRE zeigen Kindern und Jugendlichen, wie viel Spaß Sport macht. Gemeinsam entdecken sie den engen Zusammenhang zwischen gesundem Lebensstil und Bewegung.

Ein Mädchen kommt von der Schule nach Hause und jammert: „Physik ist fad, nie machen wir Experimente.“ Ändert sich der Unterricht nicht, verliert die Wissenschaft vielleicht eine künftige Studentin. Ein Bub kommt von der Schule zurück und beanstandet: „Ich kann keinen Purzelbaum, die Turnlehrerin geht mit uns immer nur in den Park.“ Hier ist ein junger Mensch, dem eventuell die Freude an der Bewegung erschwert wird. Ganz ehrlich: Eine Beschwerde in der Direktion wird nicht allzu viel bringen. Lehrer sind bei ihrer Unterrichtsgestaltung relativ autonom und die tägliche Turnstunde steht seit Jahrzehnten auf der gesundheitspolitischen Agenda. Gesundheitskompetenz bei den Jungen zu fördern, das ist die zentrale Aufgabe der -Summer School in Seitenstetten. Im vergangenen Juni nahmen Schülerinnen und Schüler des Stiftsgymnasiums des Ortes an dieser Initiative teil, deren Motto „Bewegung und Gesundheit“ lautete. Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling ist Präsident von PRAEVENIRE: „Das Gesundheitsforum hat sich zum Ziel gesetzt, ein Wegweiser in Richtung Zukunft der Gesundheitsversorgung zu sein. Im Rahmen des Forums möchten wir aufzeigen, wie wir ein modernes, leistungsfähiges und solidarisches Gesundheitssystem für die Bevölkerung erhalten und weiterentwickeln können – stets geleitet von der Losung, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. Die heutigen Schülerinnen und Schüler sind es, die diesen Weg fortsetzen werden. Aus diesem Grund ist es so wichtig, Gesundheitskompetenz schon früh aufzubauen und sich kritisch mit den vielen Aspekten der Gesundheit auseinanderzusetzen. Wie könnte dies besser gelingen, als in einem Dialog auf Augenhöhe mit anerkannten Expertinnen und Experten, wie ihn die Summer School bietet.“

Gesundheit auf allen Ebenen

„Unsere körperliche und geistige Gesundheit sind eng miteinander verbunden. Dabei geht es nicht nur um den motorischen Aspekt. Natürlich hat Bewegung Auswirkungen auf unsere Psyche; wenn wir uns bewegen, bewegt das auch etwas in uns. Gleichzeitig bewegen uns auch Ereignisse, die um uns herum geschehen.

Junge Menschen bewegt vieles im Leben. Da sowohl psychische als auch physische Gesundheit bereits im Kindesalter beginnen, war es uns eine Freude, im Rahmen der PRAEVENIRE Summer School mit zahlreichen engagierten Schülerinnen und Schülern in einer motivierenden und wertschätzenden Atmosphäre zusammenzuarbeiten. Die Natur und zahlreiche Bewegungsmöglichkeiten haben uns Raum zur Entfaltung gegeben, sodass wir in unseren Überlegungen kreativ sein konnten. So haben wir eine Gehmeditation im Rosengarten gemacht und gemeinsam im ‚grünen Klassenzimmer‘ getüftelt. Bereits am ersten gemeinsamen Tag wurde deutlich, dass die Themen Psyche und Bewegung den Jugendlichen sehr nahe gehen – schließlich schwingen hier persönliche Wahrnehmung, Erlebnisse und Emotionen mit. Mit diesen persönlichen Geschichten haben wir unser Miteinander auch gestartet, was anfangs zwar ein wenig Überwindung gekostet, letztlich zu einer ganz tollen Vertrauensbasis und zu tiefgründigen, ehrlichen Gesprächen geführt hat.

Im Zentrum unserer Überlegungen standen unter anderem die Stärkung der persönlichen Stress-Resilienz, der psychischen, körperlichen aber auch der sozialen Gesundheit. Was stärkt mich? Was stresst mich? Wie gehe ich damit um? Und inwiefern sind Psyche, Körper und Soziales miteinander verwoben? Das waren die Kernfragen, mit denen wir uns auseinandergesetzt haben. Neben einem separaten Unterrichtsfach zur Resilienz, mehr Zeit für Bewegung und Regeneration auch während der Unterrichtsstunde war die psychologische Hilfe, mit einfachem und anonymem Zugang, eine grundlegende Forderung, welche die Schülerinnen und Schüler einstimmig ausgearbeitet haben. Denn die Jugend möchte etwas bewegen – und ausgehend von Seitenstetten die Stimme erheben, um aufzuzeigen, was es braucht, um auf allen Ebenen gesund zu bleiben.“

Dr. Bernadette Frech, CEO Instahelp – digitale Plattform für mentale Gesundheit

Den Wert der Gesundheit bereits früh vermitteln

"Der menschliche Entwicklungsprozess ist komplex. Von Kindesbeinen an bis ins hohe Alter betreffen die einzelnen Entwicklungsprozesse und –schritte immer und auf voneinander untrennbare Weise sowohl Körper als auch Geist und Nervensystem. So steht etwa ausreichend Bewegung in engem Zusammenhang mit einer gesunden geistigen Entwicklung. Wer sich ausreichend bewegt, fordert und fördert Motorik und Gehirn gleichermaßen. Wir haben es selbst in der Hand.
Da Kinder und Jugendliche die Zukunft unserer Gesellschaft sind, ist es ganz wesentlich, ihnen die Bedeutung der eigenen Gesundheit zu vermitteln und vor allem aktiv näherzubringen. Es hat mich daher von Herzen gefreut, bei einem Pionierprojekt wie der Summer School mitzuwirken – die Arbeit mit den hoch motivierten Schülerinnen und Schülern des Stiftsgymnasiums Seitenstetten war von gegenseitiger Inspiration, Wertschätzung, sehr vielen neuen Ideen und einer riesigen Portion Spaß geprägt. So sollte Unterricht künftig aussehen – interaktiv, in der Natur und mit ausreichend Möglichkeiten, sich zu bewegen und den Gedanken buchstäblich freien Lauf zu lassen.
Es war überraschend, welch breites Wissen die Jugendlichen bereits mitgebracht haben. Umso wichtiger ist es, das bestehende Interesse an Gesundheitsthemen bereits im Kindesalter zu fördern, um letztlich gesundheitskompetent ins Erwachsenenalter überzugehen.
Im Rahmen der Abschlusspräsentation haben die Schülerinnen und Schüler einen Bewegungsparcours vorgestellt, bei dem alle für den menschlichen Entwicklungsprozess erforderlichen motorischen Grundeigenschaften trainiert wurden. Anhand des Parcours haben die Jugendlichen komplett eigenständig Übungen zu Kraft, Ausdauer, Koordination, Schnelligkeit und Flexibilität kreativ umgesetzt. Davon ausgehend haben wir schließlich gemeinsam Forderungen an die österreichische Politik, an die Gesellschaft, Stakeholder, an die Ärzte- und auch an die Lehrerschaft ausgearbeitet. Die Kernfragen unserer Überlegungen: Was wünscht sich die Jugend? Und wie muss Unterricht im Bewegungsbereich künftig gestaltet sein, um nachhaltig zu wirken."

Fundierter Ernährungsunterricht ist nötig

„Die Idee der Summer School, Wissenschaft an die Jugend zu vermitteln, hat mich sofort begeistert. Dieses Thema ist brandaktuell. Jugendliche werden mit Informationen geradezu überhäuft. Dabei ist es für sie nicht einfach, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse von Fake News zu unterscheiden. Zweifelsohne besteht in dieser Bevölkerungsgruppe ein starkes Interesse an fundiertem Wissen, allerdings – und das hat sich in der Summer School bestätigt – wünschen und erwarten sich Jugendliche, dass ihnen das Wissen so präsentiert wird, dass sie es auch verstehen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Begriff der Prävention – mit dem sie zu Beginn der Summer School wenig anfangen konnten. Wenn man ihnen aber erklärt und anhand wissenschaftlicher Belege zeigt, dass sie es bereits in jungem Alter selbst in der Hand haben, durch ihre Handlungsweise spätere Erkrankungen zu verhindern, und erläutert, welche Schritte dahingehend nötig sind, blüht das Interesse regelrecht auf.
Klar gezeigt hat sich, dass den Schülerinnen und Schülern basales Wissen über die Mechanismen des menschlichen Organismus und grundlegende Paradigmen der Ernährung fehlen. Sie werden zwar in ihrem Alltag laufend mit Begriffen aus diesen Themengebieten konfrontiert, haben diese aber nicht richtig verstanden. Wenn man ihnen diverse Themen, wie zum Beispiel den Energiestoffwechsel oder die Funktion von Eiweiß und Kohlenhydraten erklärt, dann sind sie – so mein Eindruck – sehr daran interessiert.
Daher auch nicht verwunderlich, dass die Schülerinnen und Schüler am Schluss der Summer School an die Politik appellierten, dass Ernährung ein Bestandteil des Schulunterrichts werden muss. Aus meiner Sicht braucht es dazu aber Lehrerinnen und Lehrer, die auf diesem Gebiet wirklich gut wissenschaftlich ausgebildet sind. Ein zweitägiger Kurs reicht sicher nicht aus, um Kindern und Jugendlichen fundierten Ernährungsunterricht zu bieten. Zumal dabei individuelle Faktoren wie Genetik, Unverträglichkeiten oder Dispositionen für bestimmte Erkrankungen wie Diabetes oder Übergewicht in Form von personalisierter Ernährungsmedizin berücksichtigt werden müssen.“  
Prof. Dr. Kurt Widhalm, Präsident des Österreichischen Akademischen Institutes für Ernährungsmedizin

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Metadaten
Titel
Fitter Geist, coole Körper
Publikationsdatum
04.07.2022
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 27/2022

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