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Erschienen in:

Open Access 01.10.2016 | Neurologie

Epilepsie – eine potenziell chirurgisch behandelbare Erkrankung

Über nichtinvasive und invasive Abklärung zum neurochirurgischen Eingriff

verfasst von: Harald Stefanits, Tim J. von Oertzen

Erschienen in: psychopraxis. neuropraxis | Ausgabe 5/2016

Zusammenfassung

Die Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen im Erwachsenenalter. Behandlung der ersten Wahl für fokale Epilepsien ist die medikamentöse Therapie. Allerdings sollte bereits nach einem nicht Ansprechen auf zwei First-line-Antikonvulsiva die Zuweisung in ein epilepsiechirurgisches Zentrum zur Evaluierung eines möglichen neurochirurgischen Eingriffs erfolgen. Die nichtinvasive prächirurgische Phase-1-Abklärung beinhaltet Anamnese inklusive Fremdanamnese, klinische Untersuchung, strukturelle und funktionelle Bildgebung, simultanes Video-EEG-Monitoring sowie eine neuropsychologische Untersuchung. Kann die epileptogene Zone nicht ausreichend eingegrenzt werden, kann eine invasive Phase 2 mit Implantation von subduralen Streifen- oder Plattenelektroden sowie stereotaktisch implantierten Tiefenelektroden angeschlossen werden. Wird die Indikation zum epilepsiechirurgischen Eingriff gestellt, ist eine penible Planung der Technik sowie des Resektionsausmaßes essenziell, um das bestmögliche Ergebnis für den Patienten zu erzielen. Bei Patienten mit Temporallappenepilepsie kann durch eine Operation in 60–80 % der Fälle Anfallsfreiheit erzielt werden.

Einleitung

Mit einer Prävalenz von 0,5–1 % stellt die Epilepsie eine der häufigsten chronischen neurologischen Erkrankungen des Erwachsenenalters in der westlichen Welt dar. Grundsätzlich unterscheidet man generalisierte von fokalen Epilepsien, wobei auch bei letzteren eine Eingrenzung der epileptogenen Zone nicht immer sicher vorgenommen werden kann. Ätiologisch können der Erkrankung genetische, metabolische, immunologische, vaskuläre oder strukturelle Ursachen zugrunde liegen.
Eine Sonderform der fokalen Epilepsien stellt die Temporallappenepilepsie (TLE) dar. Sie ist ein durch typische klinische, radiologische und elektrophysiologische Charakteristika gekennzeichnetes Syndrom. An Risikofaktoren für die TLE sind komplizierte Fieberkrämpfe im Kleinkindalter, Schädel-Hirn-Trauma, Meningitis, peripartale Asphyxie oder intrakranielle Tumoren zu nennen.
Etwa die Hälfte aller Patienten mit fokaler Epilepsie entwickeln im Laufe ihrer Erkrankung eine Therapieresistenz, welche per definitionem bereits ab einem Nichtansprechen auf zwei First-line-Antikonvulsiva erreicht ist. Liegt als Pathologie ein Kavernom vor, ist die medikamentöse Therapieresistenz bereits nach einem ausdosierten Antikonvulsivum gegeben. Therapieresistente Patienten sollten nach aktuellen Studienerkenntnissen in ein epilepsiechirurgisches Zentrum zur Evaluierung hinsichtlich eines epilepsiechirurgischen Eingriffs überwiesen werden. Gerade bei der Temporallappenepilepsie hat sich gezeigt, dass der neurochirurgische Eingriff dem Add-on eines dritten Antikonvulsivums überlegen ist.

Nichtinvasive Abklärung (Phase 1)

Die Grundpfeiler der nichtinvasiven Abklärung im prächirurgischen Setting bilden eine Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung, Elektroenzephalographie und Bildgebung.
Die detaillierte Anamnese muss auf jeden Fall Angaben zur Anfallshistorie, Anfallstypen und -frequenz, Familienanamnese hinsichtlich Epilepsie, Risikofaktoren sowie auslösende Faktoren wie Flackerlicht oder Schlafentzug enthalten. Die Fremdanamnese mit Angehörigen ist hier essentiell, da bei vielen Epilepsiesyndromen eine Amnesie für die Zeit des Anfalls und die postiktale Phase vorliegt. Außerdem ist ein ausführlicher neurologischer Status zu erheben.
Das simultane Video-EEG-Monitoring wird über mehrere Tage unter Reduktion der antikonvulsiven Medikation durchgeführt. Außerdem werden unter kontrollierten Bedingungen anfallsprovozierende Flackerlicht- und Hyperventilationsstimulationen vorgenommen.
Das Ziel des Monitorings ist es, zwei bis drei für den Patienten typische fokale Anfälle aufzuzeichnen, die schließlich auf klinische und elektrophysiologische Charakteristika hin untersucht werden. So soll einerseits das Epilepsiesyndrom definitiv charakterisiert und andererseits eine Lateralisation und Lokalisation der Anfallsursprungszone ermöglicht werden.

Strukturelle Bildgebung mittels 3T-MRT

Zur Detektion von anfallsauslösenden Läsionen im Gehirn ist eine Magnetresonanztomographie Mittel der Wahl, die nach aktuellem Stand der Wissenschaft mit einer Feldstärke von 3 Tesla durchzuführen ist. Bei der Sequenzauswahl sollte man sich an die „essential six“ halten, welche epileptogene Läsionen mit einer sehr hohen Sensitivität detektieren können. Für die Temporallappenepilepsie ist eine Ausrichtung der koronaren Schnittbilder orthogonal zur anatomischen Längsachse des Hippocampus erforderlich. Neben dem epilepsiespezifischen MRT-Protokoll ist auch die Befundung durch einen in Epilepsie erfahrenen Neuroradiologen von hoher Wertigkeit. Daher sollte diese Bildgebung vornehmlich in Epilepsiezentren durchgeführt oder dort zumindest befundet werden [13].
Ein besonderes Augenmerk wird von der Neuroradiologie auf Tumoren, Gefäßfehlbildungen, angeborene Hirnstrukturveränderungen, posttraumatische Narben und das typische Charakteristikum der Temporallappenepilepsie, die Ammonshornsklerose, gelegt (Abb. 12 und 3).

MR-Postprocessing

Trotz immer besser werdender Bildqualität und Detailtreue kann bei bis zu 35–40 % der Patienten keine epileptogene Läsion im MRT gefunden werden. Mithilfe spezieller Software kann ein MR-Postprocessing durchgeführt werden, das voll automatisiert Kortexdicke, Grau-Weiß-Differenzierung sowie die inselartige Verteilung von grauer Substanz misst und grafisch sowie numerisch suspekte Regionen definiert. Die anschließende kombinierte Analyse mit dem strukturellen MRT erhöht die Detektionswahrscheinlichkeit von Läsionen deutlich (Abb. 4).

Funktionelle Bildgebung

Eine interiktale FDG-PET (Positronenemissionstomographie mit 18F-Fluordesoxyglukose) weist in epileptogenen Arealen einen reduzierten Tracer-Uptake auf und kann somit in der Lateralisation und Lokalisation unterstützen.
Die SPECT (Single-Photon-Emissions-Computertomographie) kann ebenfalls bei der Eingrenzung der epileptogenen Zone unterstützen. Ein radioaktiv markierter Tracer wie HMPAO (99mTc-Hexamethylpropylenaminoxim), der während eines Anfalls intravenös verabreicht wird, reichert sich in der aktivsten Hirnregion an. Die resultierenden Bilder werden mit interiktalen SPECT-Bildern sowie mit einem strukturellen MRT digital verrechnet (SISCOM) [4].
Zur Lateralisation sowie Lokalisation von eloquenten Regionen wie Sprache, Motorik oder Gedächtnis kann eine funktionelle Magnetresonanztomographie durchgeführt werden.

Neuropsychologie/Psychiatrie

Eine neuropsychologische Testung erfasst den kognitiven Status der Patienten vor einer Operation, um einen Ausgangswert für die postoperative kognitive Entwicklung zu definieren. Eine psychiatrische Anamnese, insbesondere im Hinblick auf eine vergangene oder gegenwärtige Depression, kann Prädiktoren für das postoperative psychiatrische Ergebnis geben.

Invasive Abklärung (Phase 2)

Ergibt die gesamte Diagnostik der Phase 1 keine konklusive Anfallsursprungszone, die einem epilepsiechirurgischen Eingriff zugänglich ist, kann in ausgewählten Fällen zur Lateralisation oder zur Eingrenzung der Anfallsursprungszone eine invasive Abklärung angeschlossen werden. Dabei werden vom Neurochirurgen der Kortexoberfläche aufliegende subdurale Streifen- oder Plattenelektroden oder ins Hirnparenchym eingebrachte Tiefenelektroden temporär implantiert. Über diese wird – kabelgebunden – das EEG abgeleitet, welches direktere Informationen als das Oberflächen-EEG bietet, da Schädelkalotte und Galea als „Störfaktoren“ wegfallen. Bereits bei der Planung der Elektrodenlage muss penibel auf anatomische und funktionelle Gegebenheiten des individuellen Gehirns geachtet werden sowie eine Hypothese formuliert werden, die den Anfallsursprung bereits vor Implantation auf ein abgrenzbares Areal einschränkt.
Subdurale Streifen- und Plattenelektroden haben den Vorteil, dass sie große Kortexareale abdecken und durch die Elektrodenverteilung eine Ausbreitung in Ort und Zeit an der Hirnoberfläche aufzeichnen können. Subduralelektroden werden über Bohrlochtrepanationen oder – je nach Elektrodenanzahl – Kraniotomien auf die Hirnoberfläche aufgebracht.
Tiefenelektroden können eingesetzt werden, um tiefer gelegene Hirnbezirke wie etwa den medialen Temporallappen oder die Insel zu erreichen. Sie werden stereotaktisch neuronavigationsgestützt in zuvor definierte Hirnareale implantiert.
Postoperativ setzt sich die Phase 2 analog der Phase 1 mit Video-EEG-Monitoring fort. Die Elektroden können üblicherweise nach einigen Tagen – sobald ausreichend Anfälle abgeleitet wurden – entfernt werden. Durch kortikale Elektrostimulation kann zudem ein Mapping funktioneller Areale durchgeführt oder ein Auslösen von Nachentladungen oder Anfällen hervorgerufen werden.

Epilepsiechirurgie

Je nach Art des Epilepsiesyndroms sowie den Ergebnissen der prächirurgischen Evaluierung kann ein kurativer oder palliativer epilepsiechirurgischer Eingriff indiziert werden. Diese Operationstechniken sind epilepsiechirurgischen Zentren vorbehalten, da sowohl die Planung als auch die Durchführung der Operation viel Erfahrung und ausgereifte technische Fertigkeiten sowie ein eingespieltes Team und eine entsprechende technische Ausstattung im Operationssaal benötigen.

Standardtechniken

Das strukturelle Charakteristikum der Temporallappenepilepsie ist die mesiale temporale Sklerose, auch bekannt als Ammonshorn- oder Hippocampussklerose (AHS). Diese ist häufig sowohl im MRT als auch in der histologischen Untersuchung zu erkennen und durch einen Verlust von Nervenzellen und eine reaktive Astrogliose gekennzeichnet. Auch für die AHS werden verschiedene Subtypen (HS Typ 1–3 und no-HS) unterschieden, die eine unterschiedliche prognostische Aussagekraft im Hinblick auf die zu erwartende Anfallsfreiheit nach einer Operation haben. – Allerdings ist diese Aussage erst durch die Histologie nach der Operation möglich. Die beste Prognose weist schließlich die klassische Ammonshornsklerose (ILAE Typ 1) mit einem Nervenzellverlust in allen CA-Sektoren mit einer relativen Aussparung von CA2 auf, die schlechteste die nicht läsionelle Temporallappenepilepsie (ILAE no-HS) [5].
Die chirurgische Therapie der Temporallappenepilepsie mit und ohne mesiale temporale Sklerose konzentriert sich auf zwei Standardresektionstechniken, die je nach Ausdehnung der epileptogenen Zone zur Anwendung kommen. Die selektive Amygdalohippokampektomie wird über eine nach temporal fokussierte pterionale Kraniotomie und schließlich einen transsylvischen Zugang, also eine Spaltung der Sylvischen Furche, durchgeführt. Dabei werden Amygdala und Uncus und die gut erreichbaren, meist rostralen zwei Drittel des Hippocampus, entfernt. Diese Methode kommt häufig bei im MRT identifizierter Ammonshornsklerose mit einer elektrophysiologisch auf den mesialen Temporallappen eingrenzbaren Anfallsursprungszone zur Anwendung. Wenn diese über den Temporalpol auf den lateralen Temporallappen ausgedehnt ist, kann eine anteromediale Temporallappenresektion (AMTR) durchgeführt werden. Dabei werden über eine frontotemporale Kraniotomie und eine Kortikotomie der Temporalwindungen sowohl die medialen Anteile als auch der Pol und die rostral gelegenen Anteile des lateralen Temporallappens entfernt. Hier ist vor allem auf der sprachdominanten Hemisphäre speziell auf die Wernicke-Region und den Fasciculus arcuatus zu achten, da Verletzungen dieser Strukturen zu sensorischen oder Leitungsaphasien führen.

Individuell angepasste Resektionen und Diskonnektionen

Ergibt die prächirurgische Evaluierung eine fokale Epilepsie mit einer definierten epileptogenen Zone, ist in vielen Fällen ein resektiver Eingriff möglich. Handelt es sich bei der zugrundeliegenden Pathologie um einen Tumor, eine Gefäßfehlbildung oder eine umschriebene Störung der Kortexarchitektur, kann oft durch eine Läsionektomie Anfallsfreiheit erzielt werden.
Eine Sonderform der epilepsieassoziierten Tumoren stellen die sog. „long-term epilepsy associated tumors“ (LEATs) dar. Dabei handelt es sich um vorwiegend sehr langsam wachsende, hoch differenzierte neurogliale oder gliale Tumoren, die meist im Temporallappen wachsen und sehr häufig mit einem Anfallsleiden assoziiert sind. Beispiele hierfür sind das Gangliogliom oder der dysembryoblastische neuroepitheliale Tumor (DNET). Bei diesen hirneigenen Tumoren wird die Operation in einer überwiegenden Mehrheit der Fälle nicht aus onkologischen, sondern aus epilepsiechirurgischen Gesichtspunkten geplant und aufgrund des vorwiegend benignen Wachstumsverhaltens das Erreichen von Anfallsfreiheit als Ziel definiert. Die grundlegende Änderung der Betrachtungsweise vor allem niedriggradiger Gliome in der Neuauflage der WHO-Klassifikation der Hirntumoren aus 2016 wird die Sicht auf die LEATs in den kommenden Jahren sicherlich verändern. Rein histologische Charakteristika rücken in den Hintergrund, während molekulare Marker zunehmend an Bedeutung gewinnen [6].
Zu den häufig mit Anfällen assoziierten Gefäßfehlbildungen zählen unter anderem die Kavernome und die arteriovenösen Malformationen (AVM).
Die umschriebenen Architekturstörungen des Kortex werden als fokale kortikale Dysplasien (FCD) bezeichnet. Sie sind meist extratemporal, insbesondere frontal anzutreffen und werden von der ILAE in drei Kategorien eingeteilt, nämlich die reinen kortikalen Laminierungsstörungen (Typ 1), FCDs mit dysmorphen Nervenzellen (Typ 2a) und Ballonzellen (Typ 2b) sowie FCDs in Kombination mit assoziierten Läsionen (Typ 3) [7].
In speziellen Fällen muss das Resektionsausmaß schließlich der zugrundeliegenden Pathologie angepasst werden. Erstreckt sich das zu resezierende Areal auf der sprachdominanten Hemisphäre bis knapp an die Sprachregion oder ist ein Tumor oder eine FCD nahe einem eloquenten Areal, etwa dem Motorkortex der Präzentralregion, gelegen, kann auch eine Wachoperation durchgeführt werden. Dabei wird der Zugang zum Operationsgebiet in Vollnarkose durchgeführt, aus welcher der Patient schließlich während der Operation gezielt erwacht. Mit einer elektrischen Stimulationssonde können definierte Hirnregionen von etwa 0,5–1 cm² Größe für die Zeitdauer der Stimulation (wenige Sekunden) ausgeschaltet werden und die Funktion bzw. der Funktionsverlust direkt am wachen Patienten überprüft werden, bevor das Hirnareal entfernt wird. Nach der Stimulation werden die Patienten wieder in Vollnarkose versetzt und die Operation zu Ende gebracht. Damit kann sichergestellt werden, dass nur Areale reseziert werden, die keine unmittelbare Funktion innehaben. Eine gezielte Regionalanästhesie im Bereich des Hautschnitts sorgt für eine Schmerzfreiheit in der Wachphase.

Hemisphärotomie

Vor allem bei Epilepsiesyndromen des Kindesalters wie etwa der Rasmussen-Encephalitis, dem Sturge-Weber-Syndrom oder nach perinatalen Insulten kann eine Diskonnektion der betroffenen Hemisphäre bei bis zu 80 % der Patienten zu Anfallsfreiheit führen [8].

Palliative Verfahren

Neben der Kallosotomie, die eine Durchtrennung der die Hemisphären verbindenden Fasern beinhaltet und bei Kindern mit Sturzanfällen Anwendung findet, können bei Patienten mit multifokalen Epilepsien, die nicht einem resektiven Eingriff zugänglich sind, Techniken zur Neurostimulation zur Anwendung kommen. Die etablierteste Methode ist die Vagusnervstimulation. Dabei wird in einer Operation eine Elektrode um den Nervus vagus im Halsbereich gewickelt und mit einem in die Brust implantierten Impulsgenerator verbunden. Über eine pulsatile elektrische Stimulation kann die Anfallsfrequenz bei 30–70 % der Patienten um bis zu 50 % reduziert werden.
Bei der Oberflächen- oder Tiefenhirnstimulation werden Stimulationselektroden nach subdural oder als Tiefenelektroden in Unterkerne des Thalamus eingebracht. Über elektrische Stimulation kann eine Anfallsreduktion erreicht werden, wobei sog. responsive Systeme einer Dauerstimulation überlegen zu sein scheinen.

Postoperatives Follow-up und klinisches Ergebnis

Je nach zugrundeliegender Pathologie erfolgt ein mehr oder weniger engmaschiges Follow-up der Patienten. Bei niedriggradigen Tumoren ist in den ersten Jahren ein dreimonatiges Kontrollintervall mittels MRT einzuhalten, um ein Tumorrezidiv früh erkennen und behandeln zu können. Die epileptologischen Kontrollen erfolgen zumindest im Jahresrhythmus, wobei bei jeder Kontrolle die Anfallsfreiheit beurteilt und anhand der modifizierten Klassifikation nach Wieser (ILAE-Klassifikation) eingeteilt wird (Tab. 1; [9]). Nach einer entsprechend langen anfallsfreien Periode kann in Absprache mit dem betreuenden Facharzt für Neurologie auch über eine Reduktion oder ein langsames Ausschleichen der antiepileptischen Medikation nachgedacht werden.
Tab. 1
Ergebnis-Klassifikation der ILAE – beurteilt wird jeweils die Anfallssituation in den 12 Monaten vor dem Kontrolltermin (außer 1a)
Klasse
Definition
1a
Anfallsfrei seit der Operation, keine Auren
1
Anfallsfrei, keine Auren
2
Nur Auren, keine anderen Anfälle
3
1–3 Anfallstage pro Jahr, mit oder ohne Auren
4
4 Anfallstage pro Jahr; bis zu 50 % Anfallsreduktion, mit oder ohne Auren
5
<50 % Anfallsreduktion; bis zu 100 % Steigerung der Anfallsfrequenz, mit oder ohne Auren
6
>100 % Steigerung der Anfallsfrequenz, mit oder ohne Auren
Strukturelle Epilepsien aufgrund von LEATs, vaskulären Malformationen oder fokalen kortikalen Dysplasien sind im Falle einer Totalresektion vorwiegend kurabel. Die Erfolgsaussichten für Anfallsfreiheit bei Patienten mit Temporallappenepilepsie liegen bei 60–80 %.

Fazit für die Praxis

  • Fokale Epilepsien sind – auch wenn medikamentös therapierefraktär – potenziell kurativ behandelbare Erkrankungen.
  • Bei Versagen von bereits zwei antikonvulsiven Medikamenten, sollte die Zuweisung in ein epilepsiechirurgisches Zentrum zum stationären Video-EEG-Monitoring erfolgen.
  • Die therapierefraktäre Temporallappenepilepsie mit struktureller Veränderung im MRT weist eine postoperative Anfallsfreiheit von bis zu 80 % auf.
Open access funding provided by Medical University of Vienna.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

H. Stefanits gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. T.J. von Oertzen erhielt Honorare von Eisia GmbH, Wien, UCB Pharma GmbH, Wien, Novartis Pharma GmbH, Wien, Genzyme Austria GmbH, Wien, Reiseunterstützung von Biogen Idec Austria sowie finanzielle Unterstützung für wissenschaftliche Projekte von UCB Pharma GmbH, Wien.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Metadaten
Titel
Epilepsie – eine potenziell chirurgisch behandelbare Erkrankung
Über nichtinvasive und invasive Abklärung zum neurochirurgischen Eingriff
verfasst von
Harald Stefanits
Tim J. von Oertzen
Publikationsdatum
01.10.2016
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
psychopraxis. neuropraxis / Ausgabe 5/2016
Print ISSN: 2197-9707
Elektronische ISSN: 2197-9715
DOI
https://doi.org/10.1007/s00739-016-0343-9