In leuchtenden Farben begegnen die expressiv gemalten, weiblichen Figuren von Lucia Riccelli. Unter dem Titel „BodyScapes“ ist ein Ausschnitt des gemalten Werks ab 13. November im Kunstraum Dr. David in Wien zu sehen.
Hingetropfte Linien, angedeutete Konturen werden in der Interaktion des Schauens auf individuelle Weise vervollständigt. Die wie zufällig hingetupften Farbpunkte unterstreichen die Dynamik des Bildgeschehens, verweisen durchaus auf das Stilmittel des Action Painting, das Riccelli freilich in ihre eigene Arbeitsweise integriert, und sind gleichzeitig Ausdruck der multimedialen Herangehensweise der Künstlerin: Nicht nur in der Malerei ist Lucia Riccelli verwurzelt, sondern auch in Tanz, Performance und der Musik. Ein künstlerisches Leben in permanenter, ineinander übergreifender Bewegung, im Rhythmus und mit hoher Ausdruckskraft.
In Rom 1970 geboren und aufgewachsen, schloss sie das staatliche Kunstgymnasium mit Schwerpunkt Malerei ab, studierte anschließend Bühnenbild an der Akademie der Künste in Rom, absolvierte eine Ausbildung in klassischem und zeitgenössischem Tanz und ein Studium der Violine, bevor sie 1995 nach Wien übersiedelte. Ihr künstlerisches Werk umfasst daher Malerei, Videokunst, Kunstinstallationen, Choreografien, Live-Painting, Performance-Kunst und Musik. Die Übergänge sind fließend und die Darstellungsformen bedienen sich der ganzen Bandbreite des Riccellischen Repertoires.
Die Bewegung und Dynamik spiegelt sich auch in ihren wechselnden Lebens- und Arbeitsräumen in Wien, Zakynthos und Rom. Und als Anerkennung für ihr künstlerisches Werk erhielt Riccelli nicht nur den Titel „Offizier des Ordens vom Stern Italiens“ verliehen, sondern sie erhielt auch den offiziellen Portraitauftrag für den Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen.
Den „Körper als Landschaft“, als BodyScapes, macht Riccelli in der aktuellen Ausstellung im Kunstraum Dr. David zum Thema. Es geht um Beziehungen, um die Förderung von neuen Einsichten und Introspektion durch Reflexion verschiedener Perspektiven und Intentionen. Der Kopf ihrer weiblichen Protagonisten steht dabei im Zentrum.
Gesagtes und Ungesagtes
Mit Acryl und Öl auf roher Leinwand gemalt, mit wenigen eleganten Pinselstrichen, die Konturen sparsam begrenzend, Mund und Nase meist als das einzige stabile Element – vor allem der Mund ist in seiner sinnlich-plastischen Ausführung ein Kontrapunkt zur dominierenden Unbestimmtheit. Die Augen sind oft nur angedeutet, verdeckt, zu erahnen. Der Freiraum des Malgrunds, der in großen Flächen unbearbeitet bleibt, tritt mit den leuchtenden Farb- und Formkompositionen in einen Dialog. Gesagtes erhält durch Nicht-Gesagtes eine neue Bedeutung, Pausen und Stille sind Teil des Gesamten und Stille ist niemals absolut.
Den Händen kommt in Riccellis Bildern immer wieder eine Zusatzrolle zu, die die Situation der Protagonistin etwas näher definiert. Denn lassen die fokussierten Köpfe Zeit und Raum völlig offen, liefern die Hände neue Informationen: Sind grazil wie in einer tänzerischen Figur gehalten oder aneinander gelegt.
„BodyScapes“ nimmt Bezug auf „landscapes“ und lädt die Betrachtenden ein, sich ohne vorgefasste Meinung auf die Dargestellten einzulassen – so wie man einer neuen Landschaft begegnen sollte: Ohne Vorurteil, was man dort wohl zu sehen bekommt. Um den Besucherinnen und Besuchern Freiraum für den Blick aus unterschiedlichen Blickwinkeln und für den Austausch mit anderen offen zu lassen, gewährt Lucia Riccelli in der aktuellen Ausstellung auch viel Raum zwischen den Bildern.